• Keine Ergebnisse gefunden

4. DIE SPIELE DER DEUTSCHEN JUGEND 1 Verlag, Herausgeber und Allgemeines zur Reihe

4.3 Formale Aspekte

4.3.3 Wer soll die Stücke aufführen?

Aus den Personenverzeichnissen ist ersichtlich, wie viele (Sprech)Rollen ein Stück enthält, wie viele männliche und weibliche Figuren es gibt und ob es Statistenrollen, einen Chor oder ähnliche Gruppen gibt, durch die die Zahl der Mitspieler nach oben offen ist. Die Bandbreite der benötigten Spielgruppen ist groß. Das erste Stück der Reihe ist beispielsweise ein Spiel mit nur fünf männlichen Rollen, einem „Vorspruch“ und vier annähernd gleich ‚großen‘ Rollen.110 Das zweite Stück der Reihe, Goldmarie und Pechmarie von Hedwig von Olfers, wird schon im Untertitel als Mädelspiel bezeichnet.111 Neben vier größeren Rollen - der Mutter, Goldmarie, Pechmarie sowie Frau Holle – gibt es einige kleinere Rollen: die Mägde, die Brote, die Äpfel und den Hahn. Im weiteren Verlauf der Reihe zeigt sich eine noch größere Bandbreite. Der Diamant von Hermann Schulze (Heft 32) hat nur zwei (männliche) Rollen, Ewiges Volk von Wolfram Brockmeier (Heft 3) ist für eine gemeinsame Kundgebung mehrerer Einheiten von HJ, DJ und BDM gedacht. Die Zahl der Einzelsprecher ist zwar begrenzt, die Zahl der Chorsprecher und -sänger, die mit aufmarschieren können, ist jedoch nicht limitiert. Im Überblick ergibt sich, dass es nur wenige – genauer gesagt sieben112 – Stücke mit zehn oder weniger Rollen gibt. Die meisten Stücke sind für

109 Die Hinweise auf die Konditionen für die Erteilung der Aufführungsrechte finden sich vorne in jedem der Hefte.

110 Dem Vorwort zufolge zeige es, „wie wir uns ein wirkliches Jungenspiel denken.“ (Colberg, Erich: Das große Zeittheater (1936), S. 3.).

111 Olfers, Hedwig von: Goldmarie und Pechmarie (1936).

112 Die Stücke mit den Heftnummern 10, 13, 24, 26, 32, 35 und 36.

größere Gruppen gedacht, viele bieten die Möglichkeit, eine größere Anzahl zusätzlicher Mitspieler als Statisten zum Einsatz kommen zu lassen.

Nicht immer kann aus dem Rollenverzeichnis auf die nötige oder die vom Autor intendierte Besetzung geschlossen werden, hier geben die Vorworte oder Spielanweisungen weitere Hinweise.

Hinsichtlich des Geschlechts der Spieler geben auch die Untertitel manchmal Hinweise. So heißt beispielsweise Des Teufels Spießgesellen (Heft 27) im Untertitel Ein Jungenspiel, Die Sehnsucht (Heft 31) ist ein Spiel für Jungen und Mädchen und Der Prinz im blauen Mantel (Heft 28) trägt den Untertitel Ein fröhliches Mädchenspiel mit einem blauen Ball.

Das Stück Zirkus Freimauritius enthält in der Version von 1936 auch weibliche Rollen. Diese sollen jedoch unbedingt – aus Gründen der Komik – von männlichen Darstellern in Frauenkleidern gespielt werden.113 Andersherum erfordern Stücke mit männlichen Rollen nicht auch unbedingt für alle Rollen oder überhaupt männliche Mitspieler. So können z.B. laut Vorwort zu Die vergessene Braut (Heft 37) sämtliche Tiere und der König von Mädchen dargestellt werden, für die mögliche Darstellung der beiden Knaben in Die drei Waldfrauen (Heft 23) durch Mädchen statt Jungvolk-Jungen wird sogar ein alternativer Kostümvorschlag gemacht. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild:

14 Stücke114 sind für ausschließlich männliche Besetzung geschrieben bzw. vorgesehen, drei115 für ausschließlich weibliche und 20116 für gemischte Besetzung. Fünf davon117 können den Vorworten

113 Vgl. o. A.: Zirkus Freimauritius (1936), S. 6–7.

114 Die Hefte mit den Nummern 1, 4, 6, 7, 10, 11, 12, 15, 19, 26, 27, 32, 35 und 36.

115 Lediglich Goldmarie und Pechmarie, (Heft 2) weist ausschließlich weibliche Figuren auf (mit Ausnahme der ‚sächlichen’

Brote und Äpfel, deren Text von Mädchen hinter der Bühne gesprochen werden soll, und des Hahns, der aber auch nur aus dem Off zu hören ist). Da es zudem im Untertitel als „Mädelspiel“ bezeichnet wird, ist hier eindeutig, dass eine Aufführung ausschließlich durch Mädchen vorgesehen ist. Das Hasenhüten (Heft 25), bietet weibliche wie männliche Figuren. Im Vorwort wie in den Spielanweisungen ist jedoch nur von einer Aufführung durch Jungmädel – denn für eine Jungmädelgruppe wurde es verfasst – oder, mit einigen Modifizierungen in der Spielweise, auch durch ältere Mädchen die Rede. (Magiera, Georg Adalbert: Das Hasenhüten (1941), S. 3–5.) In Der Prinz im blauen Mantel (Heft 28) gibt es neben der Titelfigur noch den König und den roten Ritter als männliche Figuren, im Vorwort bezeichnet Förster das Stück dennoch als „ausgesprochenes Mädelspiel“ (Colberg, Erich: Der Prinz im (1942), S.

4.). Auch in den Hinweisen zum Spiel auf den beiden folgenden Seiten ist stets nur von Mädchen oder Mädeln als Aufführenden die Rede. Bei Heft 25 und 28 scheint eine Aufführung nur durch Mädchen also beabsichtigt zu sein, eine gemischte Besetzung wäre von der Rollenstruktur her jedoch jeweils möglich.

116 Zu dieser Kategorie gehören die Stücke mit den Heftnummern 3, 5, 8, 9, 13, 14, 16, 17, 18, 20, 21, 22, 23, 24, 29, 30, 31, 33, 34 und 37. Einige dieser Stücke haben jedoch nur wenige weibliche Rollen, bei vieren (8, 16, 18 und 22) ist es sogar nur jeweils eine Frauenrolle. Die Mutter (Heft 24) enthält nur eine männliche Rolle.

117 Die Hefte mit den Nummern 9, 23, 24, 30 und 37. Bei Die Waldfrauen (Heft 23) und Die Mutter (Heft 24) wird eine gemischte Besetzung eindeutig favorisiert. Im Vorwort zu Frau Rumpentrumpen (Heft 30) wird dagegen auf die Vorzüge einer Besetzung der männlichen Rollen durch Mädchen hingewiesen: „War ‚Die Schätze der Hexe‘ eine Aufgabe für gemischte Spielscharen, so ist das Spiel von der Frau Rumpentrumpen ein ausgesprochenes Mädelspiel. Die männlichen Rollen (König und Hütejungen) können durchaus von Mädchen gespielt werden, ja sie bieten jungen Darstellerinnen eine besonders schöne Gelegenheit zum beschwingten Sich-Ausspielen, wie die Praxis bereits gezeigt hat.“(Schultze, Hermann:

Frau Rumpentrumpen (1943), S. 3.)

oder Spielanweisungen zufolge auch mit rein weiblicher Besetzung gespielt werden, eines118 mit ausschließlich männlicher Besetzung.119

Das Alter der intendierten Spieler wird in den Rollenverzeichnissen nicht angegeben, hier liefern die Vorworte und Spielanweisungen Hinweise. Allerdings werden auch dort keine konkreten Altersangaben gemacht. Bei einigen anspruchsvolleren Stücken werden erfahrene Spielgruppen gefordert, z.B. für Gericht des Volkes (Heft 17): „Das vorliegende Spiel stellt eine größere Aufgabe dar und erfordert reife Spieler.“120 oder Der Birkenzweig (Heft 21): „Das Spiel ist mehr für reife Spielscharen geeignet. Es erfordert eine saubere Durcharbeitung.“121 Konkreter werden die Anforderungen, die das Stück an die darstellerischen Fähigkeiten stellt, im Vorwort zu Der Kaiser und die Banditen (Heft 36) formuliert:

Für die Rollen des Kaisers und der Banditen braucht es Spieler, die den Text sprachlich zu meistern verstehen und mit einer gewissen geistigen Überlegenheit zu spielen imstande sind. […] Obwohl das Spiel keinen äußeren Aufwand erfordert, ist es von der beschriebenen inneren Form her nicht leicht zu spielen. Es ist daher nur Spielscharen zu empfehlen, die vier Spieler von ausgeprägter Begabung besitzen, die sich an einen derartigen Vorwurf wagen können.122

Aber auch das Gegenteil, dass ein Spiel keine großen Anforderungen an die Spieler darstelle, wird formuliert: „Das Spiel ist leicht zu spielen.“123 Zur Altersstaffelung der Darsteller gibt das Vorwort zu Das böse Gewissen (Heft 11) Auskunft:

Es hat dazu den besonderen Vorteil, daß ältere und jüngere Spieler zugleich lohnende Aufgaben in ihm finden. Denn der Burgwart und die Fremden werden am besten von älteren, die Spießgesellen und die Jungens der Gruppe dagegen von Pimpfen dargestellt.124

Ältere und jüngere Jungen, Kinder und Jugendliche, sollen also gemeinsam auf der Bühne agieren, damit der für das Stück durchaus wichtige Altersunterschied zwischen den biederen

118 Die Jungen vom Steilen Hang (Heft 5). Im Vorwort heißt es: „Falls irgendwo keine Mädel zum Mitspielen zu haben sind, können die drei Ausreißer einfach in ein Jungenlager einbrechen. Freilich, mit einem Mädellager wird die Wirkung stärker sein.“ (Sand, Trude: Die Jungen vom (1936), S. 4.)

119 Es ließen sich also höchstens 15 Stücke mit einer rein männlichen Gruppe aufführen, acht mit einer rein weiblichen und für 14 Stücke ist eine gemischte Gruppe vorgesehen.

120 Simon, Martin: Gericht des Volkes. Ein Feierspiel. Leipzig: Arwed Strauch o.J. [1939] (=Spiele der deutschen Jugend 17), S. 3.

121 Koll, Kilian: Der Birkenzweig (1939), S. 4.

122 Schultze, Hermann: Der Kaiser und die Banditen. Ein Spiel. Leipzig: Arwed Strauch o. J. [1943] (=Spiele der deutschen Jugend 35), S. 3.

123 Seidat, Oskar: Der geläuterte Esel (1944), S.3.

124 Behrendt, Fritz: Das böse Gewissen (1937), S. 4.

Burgbesuchern und den Jungen der Gruppe offensichtlich wird. Für andere Stücke muss man als Spielleiter selber entscheiden, für welches Alter man ein Stück jeweils für geeignet hält, dies hängt vom Thema und seiner Komplexität, von der verwendeten Sprache und möglicherweise auch vom Umfang eines Textes ab. Das Stück Das Hasenhüten (Heft 25) entstand in der Jungmädelarbeit, es ist also als Spiel für Mädchen unter 14 Jahren entwickelt worden.125 Goldmarie und Pechmarie (Heft 2) ist in einer BDM-Spielschar entstanden, also in einer Gruppe von 14-18jährigen Mädchen.126 Vermutlich ebenso alte oder sogar ein wenig ältere Mädchen bzw. jungen Frauen haben das Stück Die Mutter (Heft 24) erarbeitet. Dieses sei in einem Lager von Mädelgruppenführerinnen entstanden.127

Insgesamt zeigt sich, dass die Reihe Stücke für Spieler unterschiedlichen Alters bietet. Nur sehr wenige sind dabei explizit als Stücke für Jungmädel oder Pimpfe ausgewiesen oder empfohlen.

Eine Adressierung an ‚Kinder‘ wird nie vorgenommen, sondern nur an Jungen oder Mädchen, Mädel oder Pimpfe, ohne direkten Hinweis auf das Alter. Es gibt kein Stück, dass sich (explizit) an Kinder richtet, die jünger als 10 Jahr sind. Dies ist nicht überraschend, wenn man berücksichtigt, dass die jüngsten Mitglieder im DJ oder JM 10 Jahre alt waren. Jüngere Kinder wurden von der HJ nicht erfasst. Es gibt etwa doppelt so viele Stücke, die sich an Jungen als Spieler wenden, wie Stück für Mädchen. Noch etwas größer ist die Menge der Stücke für gemischte Spielgruppen. Die Mehrzahl der Stücke wendet sich an größere Spielgruppen, mit mehr oder deutlich mehr als zehn Rollen, zu denen meist Statistengruppen gehören, so dass die Zahl der Mitspieler nicht festgelegt ist.