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4. DIE SPIELE DER DEUTSCHEN JUGEND 1 Verlag, Herausgeber und Allgemeines zur Reihe

4.3 Formale Aspekte

4.3.1 Wer hat die Stücke geschrieben?

Die 37 Stücke der Reihe wurden von 21 verschiedenen Autoren geschrieben, wobei Franz Kröger und Günther Boehnert Co-Autoren eines Stückes sind. Zirkus Freimauritius (Heft 4) erschien in zwei unterschiedlichen Varianten unter gleichem Titel und mit der gleichen Reihennummer, äußerlich unterschieden sie sich lediglich durch den Untertitel, das Vorwort und natürlich das Erscheinungsjahr.52 Männliche Autoren sind in der Mehrheit, unter den 21 Autoren finden sich fünf Frauen (Ria Bade, Hertha Kramer, Lore Reinmöller, Trude (Gertrud) Sand und Hedwig von Olfers), die zusammen sieben Stücke verfasst haben. Vier Autoren und eine Autorin haben mehr als ein Werk dieser Reihe verfasst. Georg Magiera ist mit zwei Texten vertreten, Hedwig von Olfers mit drei, Hermann Schultze und Oskar Seidat mit jeweils fünf Texten. Die meisten Werke hat Erich Colberg zu den Spielen der deutschen Jugend beigetragen, sieben Stücke von ihm wurden in der Reihe veröffentlicht.

Gerade Erich Colberg dürfte im Laienspielbereich sehr bekannt gewesen sein, neben den sieben Titeln in dieser Reihe veröffentlichte er zahlreiche Texte in unterschiedlichen Spielreihen verschiedener Verlage. So ist er der einzige Autor, der mindestens ein Stück in jeder der drei in dieser Arbeit untersuchten Spielreihen veröffentlicht hat bzw. jeweils mindestens eines, dass in die Untersuchung einbezogen wurde.53 Colberg (1901-1966) wurde in Gelsenkirchen geboren, wuchs aber in Pommern auf. Dort arbeitete er als Lehrer. Colberg ist der Autor zahlloser dramatischer Texte für Kinder, Jugendliche und auch erwachsene Laienspieler, die in verschiedenen Reihen in unterschiedlichen Verlagen erschienen, sowohl vor, während als auch nach der Zeit des ‚Dritten Reiches‘. 1945 zog Colberg für kurze Zeit als Märchen- und Geschichtenerzähler durch Schleswig, bis er eine Anstellung als Dorfschullehrer in der Lüneburger Heide fand. Ab 1949 gab er,

52 o.A.: Zirkus Freimauritius (1936). Und o. A.: Zirkus Freimauritius. Ein politisches Spiel. Neu bearbeitet von Siegfried Raeck. Leipzig: Arwed Strauch o. J. [1937] (=Spiele der deutschen Jugend 4). Hierbei handelt es sich um ein Stück, das von einer Gruppe gemeinsam entwickelt wurde und Raum für Veränderung und Improvisation lässt. So lässt sich die zweite Fassung erklären – das Stück hatte sich in der praktischen Arbeit noch verändert.

53 Da in der Reihe Münchener Laienspiele auch Texte für erwachsene Laienspieler erschienen, wurde nicht die komplette Reihe in die Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit einbezogen.

gemeinsam mit Margarethe Cordes, die Reihe Münchener Laienspiele heraus, ab 1950 war er auch Herausgeber der Spielreihe Die Schulreihe, die, wie die Münchener Laienspiele, im Deutschen Laienspiel-Verlag erschien.54

Zu den übrigen Autoren der Reihe lassen sich unterschiedlich viele Informationen zu Leben und Werk finden. Relativ viel weiß man über Trude Sand, Hermann Schulze und Martin Simon, außerdem über Walter Julius Bloem. Letzterer veröffentlichte unter seinem Pseudonym Kilian Koll das Stück Der Birkenzweig als Heft 21 der Spiele der deutschen Jugend. Bloem wurde 1898 als Sohn des Schriftstellers Walter Julius Gustav Bloem (1868-1951) geboren.55 Um sich von diesem abzusetzen verwendete Bloem das Pseudonym Kilian Koll. Seit früher Jugend hatte Walter Julius Bloem einen irreparablen Hörschaden. Dennoch meldete er sich, im Jahr 1915, im Alter von 16 Jahren als Kriegsfreiwilliger an die Front. Im Krieg wurde er mehrfach ausgezeichnet, allerdings auch mehrmals verwundet. Sein Hörschaden verschlechterte sich so sehr, dass er nun fast taub war. Mit seiner Frau ließ er sich als Siedler in Nikolaiken in Ostpreußen nieder. Das Stück Der Birkenzweig, in dem es um Deutsche im ‚Grenzland‘ geht, ist also möglicherweise durch die Erfahrung als Siedler inspiriert. Neben Der Birkenzweig veröffentlichte Koll/Bloem keine weiteren Laienspieltexte, stattdessen aber einige Romane und Erzählungen, die sich mit dem Ersten Weltkrieg beschäftigen. Außerdem interessierte er sich für das neue Medium Film, was bis Ende der 1920er Jahre Stummfilm meinte. Denkt man an seine Hörbeeinträchtigung ist diese Begeisterung verständlich. Unter dem Titel Die Seele des Lichtspiels - Ein Bekenntnis zum Film erschien 1922 eine Arbeit zum Thema. Bloem begrüßte die ‚Machtergreifung‘ der Nationalsozialisten, in Hitler sah er den Retter Deutschlands. In seinen Werken verherrlichte er nationalsozialistisches Gedankengut. Bloem, der das Segelfliegen liebte, konnte 1938 trotz seines Gehörschadens als Offizier der Luftwaffe beitreten. Im Zweiten Weltkrieg flog er Einsätze gegen Polen und

54 Vgl. Ram, Detlef: [Artikel] Colberg, Erich. In: Lexikon der Kinder- und Jugendliteratur. Personen-, Länder- und Sachartikel zu Geschichte und Gegenwart der Kinder- und Jugendliteratur. In drei Bänden (A-Z) und einem Ergänzungs- und Registerband. Ergänzungs- und Registerband. Hrsg. von Klaus Doderer. Weinheim, Basel: Beltz 1982. S. 125–126. Biographische Informationen sowie eine – allerdings unvollständige – Auflistung seiner Publikationen finden sich in Dorpus, Karl (Hrsg.): Erich Colberg. Der Pionier des deutschen Schulspiels. Zum 60.

Geburtstag am 21. März 1961. Weinheim: Deutscher Laienspiel-Verlag o. J. [1961]. Eine umfassendere Bibliographie zu Colbergs umfangreichem Werk bietet der entsprechende Artikel im 4. Band des Westfälischen Autorenlexikons ([Artikel] Erich Colberg. In: Westfälisches Autorenlexikon. Band 4: 1900 bis 1950. Hrsg. von Walter Gödden u. Iris Nölle-Hornkamp. Paderborn: Schöningh 2002. URL: http://www.literaturportal-westfalen.de/main.php?id=00000156&article_id=00000371&author_id=00001067&p=1 (13.12.2016).). Siehe auch die Ausführungen zu einigen seiner Stücke in den Kapiteln 5 und 6 dieser Arbeit.

55 Zum Vater Walter Bloem vgl. Werner, Gerhart: [Artikel] Bloem, Walter Julius Gustav. In: Neue deutsche Biographie.

Band 2: Behaim-Bürkel. Hrsg. von Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Berlin: Duncker & Humblot 1955. S. 312. Und kurz und knapp Hillesheim, Jürgen u. Elisabeth Michael: Kilian Koll (Pseudonym für Walter Julius Bloem) (1898-1945). In: Lexikon nationalsozialistischer Dichter. Biographien, Analysen, Bibliographien. Hrsg. von Jürgen Hillesheim u. Elisabeth Michael. Würzburg: Königshausen & Neumann 1993. S. 301–308. Hier: S. 301.

Frankreich. Im Mai 1940 wurde er abgeschossen, konnte sich aber mit dem Fallschirm retten.

Nach kurzer französischer Gefangenschaft kehrte er nach Deutschland zurück. Er trat in die Waffen-SS ein und gilt seit Mai 1945 als vermisst.56

Trude Sand (1905-1991), Verfasserin von Die Jungen vom Steilen Hang (Heft 5), war eine Freundin der Journalistin Marta Hillers (auch bekannt als Marta Dietschy-Hillers), der Verfasserin des in den 1950er Jahren anonym veröffentlichten Buches Eine Frau in Berlin.57 Darin berichtet Hillers als Anonyma vom Leben während der sowjetischen Besatzung Berlins kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges, insbesondere von den Vergewaltigungen deutscher Frauen durch sowjetische Soldaten. Sand ist möglicherweise als „Gisela“, die Freundin der Anonyma, zu identifizieren.58 Sie wurde in Augsburg geboren und wuchs in einem linksliberalen (sozialdemokratischen) Haushalt auf. Sand, die zunächst Schauspiel und Tanz studiert hatte, arbeitete Anfang der 1930er Jahre als Lehrerin an der Marxistischen Arbeiter-Schule in Berlin und war ansonsten als Journalistin tätig.59 Sie war keine überzeugte Nationalsozialistin, arrangierte sich aber mit den Machthabern. So arbeitete sie z.B. 1935 als Betreuerin eines Landjahrheims, 1942 wurde sie Schriftleiterin (Redakteurin) der NS-Schüler-Zeitschrift Hilf mit.60 Weitere Laienspieltexte von Sand erschienen nicht, auch wenn sie gelegentlich mit Kindergruppen Theaterstücke erarbeitete.61 Es wurden aber ein Mädchenroman und Reiseberichte von ihr veröffentlicht. 1962 heiratete Sand den Künstler Hermann Gross, mit dem sie gemeinsam nach Schottland ging, wo sie an der Camphill Community, einem Zentrum für Menschen mit geistiger Behinderung, Schauspieltherapie unterrichtete und von ihren praktischen Erfahrungen aus der Theaterarbeit mit Kindern und Jugendlichen profitieren konnte.62

Hermann Schultze (1905-1985) beschäftigte sich sowohl wissenschaftlich als auch durch das Verfassen eigener Spieltexte mit dem Kinder- und Jugendtheater bzw. Laienspiel. Seine Dissertation Das deutsche Jugendtheater, in dem er die Entwicklung des Jugendtheaters vom

56 Die Informationen zu Bloems Leben und Karriere entstammen dem entsprechenden Eintrag im Lexikon nationalsozialistischer Dichter: ebd.

57 Vgl. die neueste Ausgabe: Anonyma: Eine Frau in Berlin. Tagebuchaufzeichnungen vom 20. April bis 22. Juni 1945.

Berlin: AB - Die Andere Bibliothek 2015 (=Frauen in Geschichte und Gesellschaft). Das Buch wurde auch verfilmt:

Färberböck, Max: Anonyma - Eine Frau in Berlin 2008.

58 Vgl. Schnabel, Clarissa: Mehr als Anonyma: Marta Dietschy-Hillers und ihr Kreis. 2., korrigierte und erweiterte Aufl.

Norderstedt: Books on Demand 2015, S. 101.

59 Vgl. ebd., S. 40–41.

60 Vgl. ebd., S. 60 und S. 83.

61 Vgl. ebd., S. 42.

62 Vgl. ebd., S. 167–168.

Schultheater des 16. Jahrhunderts bis zu zeitgenössischen Spielen untersuchte, erschien 1941.63 Daneben verfasste er weitere Bücher, die sich theoretisch mit Laien- und Volksspiel beschäftigten, sowie Puppen-, Laien- und Volksspiele.64 Schultze gründete 1947 eine Landhochschule für Bühnenkunst in Nettelstedt, einem Ort im Kreis Minden-Lübbecke in Westfalen. Diese bezeichnete er selber als „Neugründung im Aufgabenfeld eines modernen Jugendtheaters“.65 An der Freilichtbühne in Nettelstedt hatte Schultze bereits als Germanistikstudent im Jahre 1930 assistiert und 1935, inzwischen als Dramaturg und Dozent in Berlin tätig, die Spielleitung übernommen. Der Freilichtbühne blieb Schultze nach dem Krieg jahrzehntelang verbunden, er inszenierte ab 1949 immer wieder und war Vorstandsmitglied des Vereins, der für die Freilichtspiele verantwortlich zeichnete.66 Außerdem arbeitete Schultze in den 1950er/60er Jahren mindestens zeitweise als Chefdramaturg und Regisseur an den Städtischen Bühnen in Osnabrück.67 Ebenfalls eine Verbindung zu Nettelstedt hatte Martin Simon (1909-1942), Verfasser von Das Gericht des Volkes (Heft 17). Simon ließ sich ab 1931 in Dortmund zum Volksschullehrer ausbilden.68 Ab 1934 lebte er als freier Schriftsteller in Nettelstedt, zur Sicherung seines Unterhalts musste er zusätzlich Nachhilfestunden geben und einen kleinen Garten bewirtschaften. Trotz bestandener Lehramtsprüfung wurde ihm nämlich ab Februar/März 1933 die Aushändigung des Prüfungszeugnisses verweigert. Der Auslöser war, dass er in seiner Zeit als Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses Stellung gegen nationalsozialistische Übergriffe bezogen hatte.

Einen ‚freiwilligen‘ Arbeitsdienst zur Bewährung, den er eigentlich im Nettelstedter Kinderheim hatte ableisten wollen, musste er an anderer Stelle antreten. Grund dafür war ein Brief von ihm vom 1. März 1933 an den Nettelstedter Schulrektor. Das Schreiben war von einer Denunziantin an die Gestapo weitergegeben worden. Darin hatte Simon sich offen und in deutlichen Worten ablehnend gegenüber den neuen Verhältnissen geäußert. Seinen Ersatzarbeitsdienst brach er schon nach wenigen Tagen ab, da er keinen Vortrag zum Thema ‚Volk und Rasse‘ unter besonderer Berücksichtigung der ‚Judenfrage‘ halten wollte. Erst 1937 erhielt Simon eine Stelle in Nettelstedt.

Dabei half ihm, neben seinem Eintritt in die SA, den er auf Anraten des

63 Schultze, Hermann: Das deutsche Jugendtheater (1941).

64 Eine Bibliographie bietet der Artikel über Schultze in Band 4 des Westfälischen Autorenlexikons ([Artikel] Hermann Schultze (2002).).

65 Schultze, Hermann: Das deutsche Jugendtheater (1960), S. V.

66 Zu Schultzes Wirken an der Freilichtbühne Nettelstedt vgl. http://www.freilichtbuehne-nettelstedt.de/index.php/uber-uns/chronik/13/.

67 Schultze, Hermann: Das deutsche Jugendtheater (1960), S. VI.

68 Diese und alle weiteren Informationen zu Martin Simon entstammen Gaertringen, Julia Freifrau Hiller von:

Zwischen Zeitferne und Weltnähe: der Nachlass des Schriftstellers Martin Simon. Beilage zum Mindener Tageblatt 136 vom 14.06.2003. In: Mindener Heimatblätter 75 (2003) H. 4.

Ortsgruppenleiters vollzogen hatte, die Unterstützung örtlicher Parteifunktionäre. In Nettelstedt hatte Simon sich nämlich gut integriert, insbesondere an der dortigen Freilichtbühne war er dank seiner führenden Mitarbeit an den Inszenierungen unverzichtbar geworden. Als Kriegsfreiwilliger diente Simon später unter anderem an der Ostfront, wo er 1942 fiel. Zu seinem literarischen Werk gehören Lyrik und Erzählungen, die sich u.a. mit Notzeiten nach dem Ersten Weltkrieg und später auch mit Kriegserlebnissen auseinandersetzen. Außerdem verfasste Simon zwei mundartliche Stücke für Aufführungen auf der Nettelstedter Freilichtbühne und, für denselben Zweck, eine Bühnenfassung des Romans Der Wehrwolf von Hermann Löns. Sein Gericht des Volkes, das in den Spielen der deutschen Jugend veröffentlicht wurde, ist ein völkisches Feierspiel, das mit einem Schwur auf Deutschland endet, den Darsteller und Zuschauer gemeinsam sprechen sollen. In seiner Einstellung dem nationalsozialistischen Regime gegenüber hat Simon also eine 180°-Wendung vollzogen. Von anfänglicher entschiedener Ablehnung der nationalsozialistischen Herrschaft69 war er nicht nur zu einem Mitläufer, sondern sogar zu einem Befürworter und Unterstützer des Regimes geworden. Dies führte auch zur Entfremdung zwischen ihm und einigen anders eingestellten alten Freunden.70

Georg Adalbert Magiera, Verfasser von Prinzessin Tausendschön (Heft 29) und Das Hasenhüten (Heft 25), veröffentlichte mit Die goldenen Träume ein Stück in der Reihe Münchener Laienspiele (Heft 175), das im Rahmen dieser Arbeit ebenfalls untersucht wird. Er wurde 1911 in Schlesien geboren und absolvierte eine Ausbildung zum Jugendmusikerzieher. Als Soldat geriet er in Kriegsgefangenschaft, danach lebte er ab 1947 in Salzgitter. Dort war er als Journalist beim Salzgitter-Kurier tätig. Außerdem baute er eine Volksbühne auf, an der er inszenierte, aber auch selber spielte. Magiera war an der Gründung der Landsmannschaft Schlesien beteiligt, die Bewahrung des kulturellen Erbes war ihm nach eigener Aussage ein wichtiges Anliegen. Zu seinem literarischen Werk gehören, neben Bühnenstücken, Gedichte, Jugendbücher und Hörspiele.

Außerdem veröffentlichte er das Liederbuch Schlesien singt.71 Noch heute werden sechs Stücke von

69 In seinem Brief vom 1. März 1933 (dem Tag, an dem die „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ erlassen wurde) schrieb er laut Gaertringen u.a., er befände sich „in einer dumpfen Verzweiflung, angefüllt mit Ekel bis zum Halse über das, was jetzt geschieht“ (ebd., S. 4.).

70 Alle hier verwendeten Informationen sind, wie oben schon erwähnt, dem Artikel von Gaertringen entnommen.

(ebd.). Vgl. außerdem [Artikel] Martin Simon. In: Westfälisches Autorenlexikon. Band 4: 1900 bis 1950. Hrsg. von Walter Gödden u. Iris Nölle-Hornkamp. Paderborn: Schöningh 2002. URL: http://www.literaturportal-westfalen.de/main.php?id=00000173& article_id=00000389&author_id=00002397&p=1 (11.2.2017).

71 Vgl. o. A.: Georg-Adalbert Magiera. In: Salzgitter: 12 Porträts aus einer deutschen Stadt. Fotografiert von Christoph Morok, beschrieben von Andreas Schwarz, gestaltet von Martha Bilger. Hrsg. von Stadt Salzgitter. o. O. [Salzgitter?]

1992. S. 11–12.

Magiera im Impuls-Theaterverlag, einem Verlag für Theaterstücke und Fachliteratur für Amateurtheater, verlegt.72

Wolfram Brockmeier (1903-1945), von dem das Stück Ewiges Volk (Heft 3) stammt, war zeitweise Leiter des Hauptreferates Schrifttum im Kulturamt der HJ. Ursprünglich war er Lehrer gewesen, er hatte u.a. Geschichte und Literaturgeschichte studiert. Ab 1932 war Brockmeier freier Schriftsteller, 1934 wurde er Referent im Reichsverband deutscher Schriftsteller. Im Dezember 1934 kam er in die Reichsjugendführung. Dort hatte er im Laufe der Jahre verschiedene Posten und Aufgaben, außerdem arbeitete er u.a. für das RMVP und den Reichsarbeitsdienst.

Zwischenzeitlich (1937-1940) lebte Brockmeier auch wieder als freier Schriftsteller. Für seine schriftstellerische Arbeit, zu der hauptsächlich Gedichte, aber auch Erzählungen und chorische Spiele gehören, wurde er 1934 mit dem Dichterpreis der Stadt Leipzig und 1939 mit dem Sächsischen Staatspreis für Dichtung ausgezeichnet.73 Ebenfalls in der Reichsjugendführung tätig war Siegfried Raeck, der an der Entstehung des Stückes Zirkus Freimauritius (Heft 4) beteiligt war.

Raeck war zunächst Leiter des Hauptreferates Feier- und Freizeitgestaltung, dann stellvertretender Amtschef unter Rainer Schlösser und später (bis 1943) sogar für einige Zeit Chef des Kulturamtes.74

Franz Kröger und Günther Boehnert waren beim Verfassen ihres Stückes Peter Squenz (Heft 7), das 1936/37 erschien, vermutlich Mitglieder einer Spielschar, denn neben Heinz Ohlendorf danken sie im Vorwort auch ihrem Spielscharführer für seine Unterstützung.75 Boehnert, geboren 1903 in Danzig, war ausgebildeter Schauspieler und arbeitete von 1933-35 als Oberspielleiter an den Leipziger Kammerspielen, danach als Spielleiter beim Reichssender Leipzig. Er trat bereits 1932 der NSDAP bei. Ab 1938 arbeitete Boehnert in unterschiedlichen Positionen in der RJF, z.B.

als Abteilungsleiter der Hauptabteilung Darstellende Kunst. Außerdem war er ab November 1938 Führer der Rundfunkspielschar der RJF am Deutschlandsender, führte 1939 Regie bei zwei Propagandafilmen und wurde HJ-Verbindungsoffizier zur Reichstheaterkammer, zur Reichsfilmkammer und zum Reichsfilmdramaturgen. Ab 1940 war er freiwillig bei der

72 Vgl. http://theaterverlag.eu/MagiG (9.2.2017)

73 Die Informationen zu Brockmeier sind entnommen aus: Stoverock, Karin: Musik in der (2013), S. 87 und S. 404.

Und Buddrus, Michael: Totale Erziehung für (Teil 2) (2003), S. 1128–1229. Dort auch eine Teilbibliographie zu Brockmeiers Werk.

74 Vgl. Buddrus, Michael: Totale Erziehung für (Teil 1) (2003), S. 148. Und ders.: Totale Erziehung für (Teil 2) (2003), S. 1077.

75 „Wir danken dem Kameraden Heinz Ohlendorf vom Kulturamt und unserem Spielscharführer Karl-Heinz Richter für ihre Anregungen. [Hervorhebungen im Original im Sperrdruck, B.K.]“ (Kröger, Franz u. Günther Boehnert: Peter Squenz (1936), S. 6.).

SS.76 Boehnert darf also mit vollem Recht als überzeugter Nationalsozialist bezeichnet werden.

Über Krögers Leben und Karriere gibt es keine weiterführenden Informationen.

Lore Reinmöller (1912-1980) war, wie oben bereits erwähnt, keine etablierte Autorin, sie hatte vor dem Erscheinen von Rapunzel (Heft 33) im Jahr 1942 kein Stück veröffentlicht: „Mit Lore Reinmöller, der Verfasserin, tritt eine neue aus der Führung des BDM. hervorgegangene Spieldichterin in den Kreis unserer Volksspielautoren.“77 Vermutlich war sie BDM-Führerin. Ihr Name lautete eigentlich Lore Breuer-Reinmöller78, sie veröffentlichte 1938 ihre Dissertation mit dem Titel Die Grundlagen von Nietzsche's Geschichtsauffassung.79 Es gibt keine weiteren veröffentlichten Laienspieltexte von ihr, im Jahr 1943 erschien allerdings ein Roman mit dem Titel Die Werkstudentin im Berliner Verlag Junge Generation. Nach 1945 veröffentlichte Breuer-Reinmöller Schriften zu verschiedenen Themen, z.B. über die Künstler Paul Wellershaus und Heinrich Moshage.80 Außerdem war sie Herausgeberin von Festschriften für den Kulturwissenschaftler, Pädagogen und FDP-Politiker Paul Luchtenberg.81 Laienspiele oder andere dramatische Texte von ihr wurden nicht mehr veröffentlicht. Franz Lorenz (1901-1983) war ein aus dem Sudetenland stammender Autor.82 Neben Landgraf werde hart (Heft 22 der Spiele der deutschen Jugend) veröffentlichte Lorenz auch zwei Texte in der Reihe Münchener Laienspiele83 sowie Stücke in anderen Reihen und Verlagen, vor, während und nach der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft.84 Er war als junger Mann im katholischen Jugendverband im Sudetenland aktiv. 85 Oskar Seidat veröffentlichte ebenfalls

76 Vgl. zu Boehnert: Buddrus, Michael: Totale Erziehung für (Teil 2) (2003), S. 1125.

77 Reinmöller, Lore: Rapunzel (1942), S. 3.

78 Unter diesem Verfassernamen ist Rapunzel auch im Katalog der DNB zu finden.

79 Reinmöller, Lore: Die Grundlagen von Nietzsche's Geschichtsauffassung. Zugl.: Dissertation. Köln 1937.

Düsseldorf: Nolte 1938.

80 Breuer-Reinmöller, Lore: Paul Wellershaus. Wegbahner moderner Malerei. [Remscheid]: Loose-Durach 1966 (=Bergische Bildbände 2). Und: dies.: Heinrich Moshage. Remscheid: Loose-Durach 1971.

81 Breuer-Reinmöller, Lore (Hrsg.): Kulturpolitik und Menschenbildung: Beiträge zur Situation der Gegenwart.

Festschrift für Paul Luchtenberg. Neustadt/Aisch: Ph. C. W. Schmidt 1965. Und: dies. (Hrsg.): Das Wagnis der Mündigkeit: Beiträge zum Selbstverständnis des Liberalismus. Festschrift für Paul Luchtenberg. Neustadt/Aisch:

Schmidt 1970.

82 Auf Lorenz‘ Herkunft weist Förster im Vorwort zu dessen Stück Landgraf werde hart (Heft 22) hin: „Das vorliegende Spiel von Franz Lorenz stellt den ersten Beitrag eines Sudetendeutschen in unserer Reihe dar.“ (Lorenz, Franz:

Landgraf werde hart (1939), S. 3.).

83 Lorenz, Franz: Die Brüder. Ein sudetendeutsches Heldenspiel. München: Christian Kaiser 1935 (=Münchener Laienspiele 124); Lorenz, Franz: Die verstorbene Gerechtigkeit. Ein Bauernspiel. 9. - 12. Tausend. München:

Christian Kaiser 1936 (=Münchener Laienspiele 65). (Erste Auflage 1930).

84 Dazu zählen: Lorenz, Franz: Die Verwandlung. Ein Festspiel in 2 Aufzügen. Reichenberg [Böhmen]: Verlag des Reichsbundes der katholischen deutschen Jugend 1925; Lorenz, Franz: Die Kornbraut. Ein Volksspiel aus sudetendeutscher Landschaft. München: Buchner 1938; Lorenz, Franz: Knopf und Klingelbeutel. Ein Traumspiel.

Bilder von Fritz Kruspersky. München: Höfling 1951 (=Regensburger Volksspiele 33).

85 Vgl. zu Franz Lorenz die entsprechenden Informationen, die der Katalog der DNB bietet:

https://portal.dnb.de/opac.htm?method=simpleSearch&cqlMode=true&reset=true&referrerPosition=0&referrer

Texte in der Reihe Münchener Laienspiele des Christian Kaiser Verlags.86 Nach dem Zweiten Weltkrieg (ab 1949) erschienen weitere Laienspiele von Seidat im Deutschen Laienspiel-Verlag87, darunter auch Neuauflagen älterer Stücke. Zu letzteren zählen Der geläuterte Esel, das 1944 als Heft 36 der Spiele der deutschen Jugend erschienen war, und Die Schmiede ihres Glücks, ursprünglich 1935 als Nummer 123 der Münchener Laienspiele erschienen.88 Seidat war vermutlich Lehrer, denn Förster bezeichnet ihn einmal als „Schulmeister Seidat“89. Über die weiteren Autoren der Spiele der deutschen Jugend – Ria Bade, Fritz Behrendt, Herbert Briese, Heinrich Grahl, Hertha Kramer, Ulrich Sachse, Hans Scheu und Hedwig von Olfers – lassen sich keine Informationen finden, teilweise sind die Titel einzelner weiterer veröffentlichter Werke zu finden. Fritz Behrendt und Hedwig von Olfers haben ‚Namensvettern‘, die aber nicht mit den Verfassern der in den Spielen der deutschen Jugend veröffentlichten Stücke identisch sein dürften. Der bekannte deutsch-niederländische Karikaturist Fritz Behrendt (1925-2008) emigrierte mit seinen Eltern 1937 in die Niederlande und war später dort im Widerstand aktiv. Auch ein ebenfalls gleichnamiger jüdisch stämmiger Architekt, der 1939 nach Argentinien auswanderte, dürfte schwerlich der Verfasser von Das böse Gewissen (Heft 11) von 1937 sein. Hedwig von Olfers, Verfasserin von Goldmarie und Pechmarie (Heft 2), Die Gänsemagd (Heft 9) und Die Sehnsucht (Heft 31), trägt denselben Namen wie eine deutsche Schriftstellerin, die

Texte in der Reihe Münchener Laienspiele des Christian Kaiser Verlags.86 Nach dem Zweiten Weltkrieg (ab 1949) erschienen weitere Laienspiele von Seidat im Deutschen Laienspiel-Verlag87, darunter auch Neuauflagen älterer Stücke. Zu letzteren zählen Der geläuterte Esel, das 1944 als Heft 36 der Spiele der deutschen Jugend erschienen war, und Die Schmiede ihres Glücks, ursprünglich 1935 als Nummer 123 der Münchener Laienspiele erschienen.88 Seidat war vermutlich Lehrer, denn Förster bezeichnet ihn einmal als „Schulmeister Seidat“89. Über die weiteren Autoren der Spiele der deutschen Jugend – Ria Bade, Fritz Behrendt, Herbert Briese, Heinrich Grahl, Hertha Kramer, Ulrich Sachse, Hans Scheu und Hedwig von Olfers – lassen sich keine Informationen finden, teilweise sind die Titel einzelner weiterer veröffentlichter Werke zu finden. Fritz Behrendt und Hedwig von Olfers haben ‚Namensvettern‘, die aber nicht mit den Verfassern der in den Spielen der deutschen Jugend veröffentlichten Stücke identisch sein dürften. Der bekannte deutsch-niederländische Karikaturist Fritz Behrendt (1925-2008) emigrierte mit seinen Eltern 1937 in die Niederlande und war später dort im Widerstand aktiv. Auch ein ebenfalls gleichnamiger jüdisch stämmiger Architekt, der 1939 nach Argentinien auswanderte, dürfte schwerlich der Verfasser von Das böse Gewissen (Heft 11) von 1937 sein. Hedwig von Olfers, Verfasserin von Goldmarie und Pechmarie (Heft 2), Die Gänsemagd (Heft 9) und Die Sehnsucht (Heft 31), trägt denselben Namen wie eine deutsche Schriftstellerin, die