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4. DIE SPIELE DER DEUTSCHEN JUGEND 1 Verlag, Herausgeber und Allgemeines zur Reihe

4.3 Formale Aspekte

4.3.8 Sprachliche Gestaltung der Figurenrede

4.3.8.1 Stücke in Versen

Über die sprachliche Gestaltung der Figurenrede können nur wenige generalisierende Aussagen getroffen werden. Auffällig ist jedoch, dass die Mehrheit der Stücke ganz oder teilweise in Versen abgefasst ist. Gänzlich in gebundener Sprache sprechen die Figuren in 21 von 37 Stücken.198 Häufigste Versform ist der Freie Knittelvers, dieser wird in vielen Stücken durchgängig verwendet, dazu in den meisten der Stücke, deren Figuren mal in Prosa, mal in Versen sprechen. Dies ist aus mehreren Gründen nicht überraschend. Zum einen stellt der Freie Knittelvers relativ geringe Anforderungen, neben der paarweisen Bindung der Verse durch den Endreim gibt es keine festen Regeln, die es zu erfüllen gäbe. Die Silbenanzahl kann zwischen sieben und elf, vereinzelt zwischen vier und sechzehn schwanken, die Anzahl der Hebungen liegt in der Regel bei vier, ist aber nicht zwingend vorgegeben.199 Tatsächlich wird diese ‚Freiheit’ in der Versgestaltung durchaus ausgenutzt – immer wieder gibt es in einzelnen Stücken zwischen ansonsten vierhebigen jambischen Versen einzelne mit nur drei oder fünf oder sechs Hebungen. Dies ist möglicherweise nicht immer ‚Absicht’, sondern gelegentlich auch der fehlenden Kompetenz der Verfasser geschuldet, denn einige Stücke entstanden ja in der Arbeit der Gruppen durch Improvisationen und Stegreifspiel. Auf die nicht immer ganz gelungenen Verse geht Wolfgang Förster im Vorwort zu Die Erfindung ein: „In der sprachlichen Form ist das Spiel in lustigen Polterreimen abgefaßt, die nicht als Dichtung gewertet werden wollen.“200 Ein weiterer Grund für die häufige Verwendung des Knittelverses dürfte sein, dass ihm eine archaisierende, ‚altertümliche’ Wirkung zugesprochen werden kann. Daher bietet sich diese Versart für die Gestaltung einer märchenhaften oder in einem mehr oder weniger genau definierten ‚Früher’ liegenden Welt an. Des Weiteren besitze der Freie Knittelvers, so Wagenknecht, einen „(scheinbar) unkünstlerische[n] Charakter“201, so dass er für

198 In den Heften 1, 2, 3, 6, 9, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 21, 23, 24, 25, 27, 29, 32, 34, 35 und 37.

199 Vgl. Wagenknecht, Christian: Deutsche Metrik. Eine historische Einführung. 4. Aufl. München: C.H. Beck 1999, S. 40. Zur vermeintlichen Erfordernis von vier Hebungen im Freien Knittelvers bemerkt Wagenknecht hier:

„Entgegen der Heuslerschen Lehrmeinung kann davon keine Rede sein, daß der Freie Knittelvers vierhebig (oder viertaktig) gebildet wäre; wenngleich sich eine solche Lesung trivialerweise in den meisten Fällen vornehmen lässt.

Das Metrum verlangt nicht mehr, als daß sich in faßlichem Abstand ein Reimklang wiederholt“. Erst in der Goethezeit und danach sei die Anzahl von vier Hebungen üblich geworden. Daneben sei aber auch die freiere Form in Gebrauch geblieben. (ebd., S. 45).

200 Scheu, Hans: Die Erfindung (1939), S. 3.

201 Wagenknecht, Christian: Deutsche Metrik (1999), S. 45.

die Verwendung in einem Laienspieltext, an den Forderungen wie Einfachheit und Volkstümlichkeit202 gestellt wurden, geradezu prädestiniert erscheint.

Einige Stücke weisen jedoch andere Versformen auf, dies sind meist eher ernsthafte, feierliche Spiele.203 Exemplarisch sei hier das Spiel Ewiges Volk von Wolfram Brockmeier (Heft 3) etwas ausführlicher dargestellt, da hier die sprachliche Gestaltung besonders dicht ist. Der Text weist unterschiedliche Reimschemata und Versfüße auf, so gibt es dreihebige jambische Verse mit Kreuzreim und abwechselnd weiblicher und männlicher Kadenz: „Nun ist der Tag zu Ende / und unser Dienst getan. / Im Schoße ruhn die Hände / das Dunkel will sich nah’n.“204 oder mit Paarreim: „Zweiter JV-Sprecher: / Daß nicht der alten Sünde / sich neue Schuld verbünde, / Erster JV-Sprecher: / hält Jugend straffe Wacht! / Alle Gruppen: / Hält Jugend straffe Wacht!“205 sowie vierhebige trochäische Verse mit Kreuzreim: „Fahne, die sich dir verschrieben, / bleiben stets in deinem Bann. / Unser Leben, unser Lieben, / alles Sein gehört dir an.“206 Der Variation in Rhythmus und Reimschema kommt in diesem Stück eine wichtige Funktion zu. Es handelt sich um ein Feierspiel, bei dem verschiedene Gruppen und Einzelsprecher sich zu Deutschland bekennen. Da es keine Spielhandlung gibt, liegt das Augenmerk stärker auf der sprachlichen Gestaltung. So sind die Änderungen in Metrum und Reim ein Mittel der abwechslungsreichen Gestaltung des Stückes und eine Möglichkeit, das Tempo zu variieren. Zwei Zeilen werden mehrfach an verschiedenen Stellen wiederholt: „Ruft, Kameraden, in der Winde Lauf! / […] / Ewiges Deutschland, dich rufen wir auf!“207 Sie sind durch Metrum und Reim (vier Hebungen, Paarreim) vom Rest der Verse abgehoben, wodurch ihre Bedeutung zusätzlich zur mehrfachen Wiederholung, betont wird.

Auch andere sprachliche Mittel lassen sich in der Gestaltung des Rollentextes nachweisen, die dazu beitragen, die Wirkung des Textes zu verstärken. Häufig sind Alliterationen, z.B. „die schweren Hämmer geschwungen“ (S.5), „ist ohne Sinn dein Sein!“ (S.13), „Was Deutschland widerfahren, / das wollen wir bewahren […].“ (S.16), „In der Kette strömt die Kraft“ (S.19). Durch die gleichen Anlaute wird eine Verbindung zwischen den einzelnen Wörtern hergestellt, die sich auch auf den Sprachrhythmus auswirkt. Daneben gibt es Anaphern: „Fünfter Sprecher: / ist jedem Tisch ein übler

202 Vgl. dazu die Forderungen in zahlreichen der Vorworte zu den Spielen der deutschen Jugend sowie auch in der – sowohl vor wie nach 1933 erschienenen – Ratgeberliteratur zum Laienspiel.

203 Das einzige heitere, in Versen gehaltene Stück, welches nicht den Knittelvers verwendet, ist Der Kaiser und die Banditen von Hermann Schultze (Heft 35).

204 Brockmeier, Wolfram: Ewiges Volk (1936), S. 5.

205 Ebd., S. 16.

206 Ebd., S. 23.

207 Ebd., z.B. 8-9, S.19.

Gast, / Sechster Sprecher: / ist wie ein Treibholz auf dem Meer!“ (S.11) oder „Wer sich nur liebt, / des Werk zerstiebt, / des Name wird vergessen!“ (S.12) und Anfangsreime: „Zweiter Sprecher: / Glut ward zum Brand geschürt, / Zweite Sprecherin: / Blut hat zutiefst gespürt:“ (S. 10). Das Mittel des Zeilenbruchs (Antilabe), das eigentlich die Auflösung des Versmaßes bewirkt oder bewirken kann, verdeutlicht an einer Stelle des Textes die Verbundenheit der deutschen Jugend:

Vierter Sprecher:

Wir sind der große Orden des jungen deutschen Seins.

Fünfter Sprecher: Ost, Sechster Sprecher: Süden, Siebenter Sprecher: West

Achter Sprecher: und Norden Alle:

sind uns worden eins!208

Erst wenn alle Sprecher gesprochen haben, ist der Vers vollständig, so wie die Gemeinschaft der Jugend erst entsteht, wenn alle daran mitwirken und die Herkunft des einzelnen nicht mehr von Bedeutung ist.

Auffällig ist, dass auch die Einzelsprecher des Stücks stets in der 1. Person Plural sprechen, die Worte ich, mir, mich oder mein tauchen nicht auf. Das wir meint zum einen die Gesamtheit der Sprecher bzw. der Spielenden, schließt darüber hinaus aber auch die gesamte deutsche Jugend mit ein bzw. alle, die sich angesprochen fühlen. Die Pronomen du, dir, dich und dein sind dagegen recht häufig. Mit ihnen werden zum einen Deutschland oder die Fahne ‚angesprochen’. An anderen Stellen kann das du als unpersönliches Pronomen im Sinne von man verstanden werden – aber auch der einzelne Zuschauer kann sich direkt angesprochen fühlen:

Du bist dir nicht zu eigen, noch dein, was du getan.

In des Geschlechtes Reigen bist Enkel du und Ahn.209

208 Ebd., S. 8. Die Zeilenumbrüche und Abstände folgen dem Druckbild des Originals.

209 Ebd., S. 13.

So transportiert die sprachliche Gestaltung des Rollentextes die zentrale Aussage des Stückes: das Volk in seiner Gesamtheit steht über dem Einzelnen, das Individuum geht in der Gemeinschaft auf.210

Neben Ewiges Volk gibt es unter den Spielen der deutschen Jugend weitere Stücke, die in Verse gesetzt sind, aber nicht den Knittelvers verwenden. Häufig werden Verse ohne Reim und mit einer wechselnden Anzahl von Hebungen verwendet, z.B. in Der Birkenzweig von Kilian Koll (Heft 21):

„Im Moore hause ich / und führe die Wandernden / lockend irre. / Blaues Flämmchen / züngelt vor ihnen her, / bis sie versinken.“211 oder in Der Diamant von Hermann Schultze (Heft 32): „Nein, nein, ich habe große Eile. / Muß auch schnellstens weiter, wenn Ihr / mir nicht die Auskunft geben könnt. / So war’s wohl ein Versehn, wie man mir riet. / Es wäre dann an mir, Euch um Entschuldigung zu bitten, / da ich zu ungelegner Stunde Euch gestört.“212 Innerhalb eines Stückes können Metrum und Reim wechseln. So gibt es in Brunhild von Erich Colberg (Heft 34) neben Passagen mit Versen ohne Endreim und ohne eine festgelegte Anzahl von Hebungen213 auch solche mit dreihebigen Versen mit Kreuzreim: „Sie blühen uns im Blute / und rufen von weit her / und künden von hohem Mute, / dunkel und groß und schwer.“214 Weiter gibt es ‚halbe Kreuzreime’, in denen nur jede zweite Zeile einen entsprechenden Reim hat: „Ich fordere seinen Tod. / Ich ward betrogen von euch allen / und entehrt. / Nun muß er fallen.“215 Daneben gibt es auch gelegentlich Paarreime: „Hundert Recken erschlug sie stumm. / Nun gehn hier nur die Stürme um / […].“216 Ein ähnliches Bild ergibt sich für das Stück Hagen desselben Autors (Heft 18), wo Reim, Metrum und Länge der Zeilen stark variieren. Passagen wie

Sie standen Tag und Nächte in Kampf und Feuerschein!

Von all den hundert Recken kam keiner an den Rhein!

Sie liegen all erschlagen von starker Recken Hand.

Davon kündet die Heldensage und singt das Land.217

210 Die Thematik der (Volks)Gemeinschaft in den Spielen der deutschen Jugend wird ausführlich in einem eigenen Teilkapitel behandelt.

211 Koll, Kilian: Der Birkenzweig (1939), S. 33.

212 Schultze, Hermann: Der Diamant (1943), S. 7.

213 Zum Beispiel: „So hol ihn dir von ihm [Hervorhebung im Original durch Sperrdruck, B.K.], / der jetzt von Burgunds Königstochter träumt / und der uns nicht mehr fortläuft, /jetzt nicht mehr! / Er hat nicht Kraft nur, sie für dich zu zwingen, / er hat auch andre Wundermittel mehr, / erzählt man, von dem Volk der Zwerge.“ (Colberg, Erich:

Brunhild. Ein feierliches Spiel. Leipzig: Arwed Strauch o.J. [1942] (=Spiele der deutschen Jugend 34), S. 10.)

214 Ebd., S. 5.

215 Ebd., S. 22.

216 Ebd., S. 11.

217 Colberg, Erich: Hagen (1938), S. 14.

stehen neben solchen:

Ich hör’s!

Ich kenn des Schwertes Klang!

Der Balmung!

Hagen schwingt ihn!218

Auch Erich Colbergs Die Söhne. Ein Spiel um die Mutter (Heft 6) und Der Kommandant. Ein heldisches Spiel (Heft 15) sowie Hertha Kramers Die Mutter (Heft 24) sind in Versen gehalten, bei denen Reimschema und Metrum variieren.

4.3.8.2 Stücke in Vers und Prosa

Elf Stücke219 sind jeweils zum Teil in Versen, zum Teil in Prosa geschrieben. Auch hier ist der Freie Knittelvers die häufigste Versform. In einigen Fällen werden Verse (nur) für den Beginn des Stückes verwendet, dies kann ein einführender Monolog durch eine der Hauptfiguren sein wie in Hans mit der Flöte (Heft 8) und Der geläuterte Esel (Heft 36), ein Dialog zweier Figuren wie in Betrogene Betrüger (Heft 10) oder es spricht eine eigene Sprecherfigur wie in Fiedel und Galgen (Heft 26)220 und Die Sehnsucht (Heft 31). Auch die ‚Lehre’ oder ‚Botschaft’ des Stücks wird gelegentlich in Versform durch eine der Figuren am Ende des Stückes präsentiert und dadurch vom übrigen Text abgehoben. Dies ist der Fall im Abschlussmonolog des Büttels in Hans mit der Flöte und im Schlussmonolog des Hans in Fiedel und Galgen. Im letztgenannten Stück ist dies die einzige Textstelle, wo die Figur des Hans in Versen spricht. Hans spricht ansonsten, wie auch der Bauer, das Waldmännlein und der Jude, in Prosa. In Verse gesetzt sind dagegen der Vorspruch sowie die Rollentexte des Richters, Henkers, Büttels und Schreibers. Die Personen aus den juristischen Berufen bzw. das ‚Gericht’ als Institution wird so deutlich von den übrigen Personen des Stücks unterschieden.

Zur Abgrenzung von Personengruppen dient die nebeneinander stehende Verwendung von Vers und Prosa auch in anderen Stücken. In Die Schätze der Hexe (Heft 20) sprechen die Seemänner Prosa, wenn sie unter sich sind, die Rollentexte der übrigen Figuren sind in paarweise sich reimende Verse gesetzt. Treffen die Seeleute aber auf den König und seinen Hofstaat, dann fügen sich auch

218 Ebd.

219 Die Hefte 7, 8, 10, 13, 20, 26, 28, 30, 31, 33 und 36.

220 Der Sprecher des Vorspruchs übernimmt im Stück die Rolle des Juden. Diese Figur ist aber deutlich von der ‚Figur’

des Vorspruchs unterschieden, durch die veränderte Sprechweise wie auch deutlich sichtbar durch das Anlegen einer falschen Nase, eines Bartes und einer Kappe auf offener Bühne während der Verwandlung in den Juden. Vgl. Seidat, Oskar: Fiedel und Galgen (1941), S. 8.

ihre Rollentexte in Versmaß und Reimschema ein. Auch die Hütejungen in Frau Rumpentrumpen.

Ein Spiel von den Schicksalsfrauen (Heft 30), sprechen, im Gegensatz zu allen anderen Figuren des Stückes, in Prosa. In Rapunzel (Heft 33) sprechen nur die Zauberin, Rapunzel und der Königssohn durchgängig in Versen. Die Figurenrede des Mannes und der Frau ist nur in Verse gesetzt, wenn sie mit der Zauberin reden. Die übrigen Figuren, also die Mutter und die beiden Kinder, sprechen ausschließlich in Prosa.

In allen genannten Fällen werden so einzelne Figuren oder eine Gruppe ‚einfacher Leute’ von z.B.

Angehörigen eines Königshofes oder Hexen, Zauberinnen und anderen ‚überirdischen’ Wesen abgegrenzt. Im Fall der Schätze der Hexe unterstützt die Verwendung von Prosa statt Vers die Typisierung der Seeleute als einfache, raue und auch etwas ungehobelte Kerle, die gerne mal ‚einen über den Durst trinken’221, grammatikalisch inkorrekte Sätze bilden222 und auf deren mögliche Herkunft aus küstennahen norddeutschen Regionen einzelne niederdeutsche Worte wie

„Dunnerlittken“223, „kiek“224 oder „Schipp“225 eingestreut sind.

Die Hütejungen in Frau Rumpentrumpen können dank ihrer Aufmerksamkeit der Königin den entscheidenden Hinweis zu Frau Rumpentrumpens Namen geben. Als Belohnung will der König ihnen einen Wunsch erfüllen, so sie einen haben. Diesen trägt der Erste Hütejunge als Sprecher der Gruppe vor – ausnahmsweise in Versen und, wie es in der Regiebemerkung heißt, „in schöner Unbeholfenheit“226. Nachdem er seine tatsächlich etwas unbeholfenen Verse (Paarreime gibt es zwar, das Metrum ist aber sehr unregelmäßig) gesprochen hat, erntet er entsprechend die Anerkennung der anderen Hütejungen: „Wo hast du plötzlich das nur her…?“ und „Der redet wie ein Buch!“227 In der Regiebemerkung heißt es: „(Er wischt sich mit einem bunten Tuch die Stirn.

Die Jungen staunen über seine rhetorische Leistung.)“228 Gerade das nur ansatzweise erfolgreiche Bemühen eines der Hütejungen, sich sprachlich an die Welt des Königshofes anzupassen, und die Tatsache, dass dies bei seinesgleichen für Bewunderung sorgt, kennzeichnet die Jungen noch

221 Vgl. Schultze, Hermann: Die Schätze der (1939), 15ff.

222 Wie z.B. „Wenn nämlich, ich sage, wenn nämlich das Schipp nich balde wieder fahren tun kann, als weil die Hexen uns hier die gute Brise vor die Nase wegfangen und hier das Steuer und… und alle Segel festhalten… […].“ (ebd., S. 16.) oder „Wenn ich nun… wenn ich nun doch die Tat tun können würde, he?! Und die kleine Funzel hier herüber auf unser Schipp holen tun würde, hm?“ (ebd., S. 18.).

223 Ebd., S. 22.

224 Ebd.

225 Ebd., 16 und öfter.

226 Schultze, Hermann: Frau Rumpentrumpen (1943), S. 71.

227 Ebd., S. 72.

228 Ebd.

einmal deutlich als Vertreter des einfachen Volkes, als Jungen, die ansonsten ein freies, unbändiges und ‚ungekünsteltes’ Leben auf ihren Kuhweiden führen. Im Zusammenhang der Entstehungsgeschichte des Stücks Frau Rumpentrumpen ist noch zu berücksichtigen, dass das Stück über Improvisationen innerhalb einer Mädchenspielgruppe entwickelt wurde.229 Schultze betont in seinen Anweisungen zur Aufführung, dass „die Stegreifszenen der Hütejungen […] als einzige noch von der Stegreifform her stehengeblieben“ seien. „Sie sollten und sollen ihren improvisatorischen Charakter auch in der festen Anlage des übrigen Spieles behalten. Das war von vornherein die Absicht.“230 Der Text solle nur Anregungen geben, wie die Szenen ausgestaltet werden könnten. Eine freie Gestaltung und Umgestaltung der Szenen ist natürlich einfacher möglich, wenn die Darstellerinnen sich nicht bemühen (müssen), in Versen zu sprechen. So bieten sich den Mädchen mehr Möglichkeiten „zum beschwingten Sich-Ausspielen“231, wie Förster er formuliert. Der stegreifartige Charakter dieser Szenen soll also unbedingt beibehalten werden.

In Betrogene Betrüger (Heft 10) sprechen nicht nur, wie oben erwähnt, zu Beginn des Stücks die beiden Landstreicher in Versen und danach in Prosa. In der Geisterszene, in der die betrogenen Kranken, der Wirt und der echte Arzt den betrügerischen Landstreichern Angst einjagen wollen, sprechen auch die angeblichen Geister in Versen. Es wird in der Regel Paarreim verwendet, die Verse sind jambisch mit zwei bis vier Hebungen. Hier ist der Grund für die Verwendung gebundener Sprache leicht erklärbar; die vermeintlichen Geister präsentieren sich so den Landstreichern gegenüber als ‚überirdisches’ Phänomen. Die gelegentliche Verwendung von Versen bereits im ersten Bild des Stückes, im Rollentext des Wirts und der Kranken, folgt jedoch keiner erkennbaren Logik oder Regelmäßigkeit. Der Reim ist stets ein Paarreim, das Metrum wechselt. Insgesamt scheint es, als würde die Verwendung von Vers und Prosa nicht immer klaren Kriterien folgen, als würde nicht immer ein klarer Gestaltungswille dahinterstehen. Offenkundig wird dies auf Seite 13. Während die Kranken den vermeintlich heilenden Zauberspruch vor sich hinmurmeln, geht der Erste Landstreicher und vermeintliche Arzt von der Bühne ab, was er mit einer kurzen Textpassage kommentiert. Diese ist in Prosa abgefasst:

So läuft die Sache richtig: Ich habe das Geld, habe die Schmiersalbe und das Bitterwasser an den rechten Mann gebracht und einen mordsmäßigen Spaß erlebt, über den man in der ganzen Gegend lachen wird. Jetzt wird es Zeit, daß ich mich aus dem Staube mache; es könnte sonst zu spät sein.232

229 Vgl. Försters Vorwort: ebd., S. 3.

230 Ebd., S. 5.

231 Ebd., S. 3.

232 Seidat, Oskar: Betrogene Betrüger (1937), S. 13.

Gleich darauf ist jedoch eine zweite Version dieser Textstelle abgedruckt, die als „Variation als 2.

Möglichkeit“ bezeichnet wird und in Versen abgefasst ist:

So läuft die Sache ganz famos, ich kann getrost verduften.

Das Geld im Sack, die Pillen los –

die dummen Kerle mögen weiterschuften.233

Abgesehen davon, dass die letzte Zeile sich nicht ans vorgegebene Versmaß hält, so dass die Teststelle nur holprig zu lesen und zu sprechen ist, zeigt der umstandslose Austausch von Prosa und Vers, dass ihrer Verwendung, zumindest an dieser Stelle, offensichtlich keine größere Aussagekraft beigemessen wird.

Teilweise wird der Wechsel von Vers und Prosa in Der geläuterte Esel (Heft 36) zur Kennzeichnung und Unterscheidung von Personen genutzt. Nach dem gereimten Anfangsmonolog des Eselhalters Niccolo sprechen die Figuren zunächst in Prosa. Wann immer Pilucca, der Niccolo gegenüber vorgibt, sein in einen Menschen verwandelter Esel zu sein, mit Niccolo spricht, geschieht dies jedoch in Versen. Bei der Analyse des Stücks Der Prinz im blauen Mantel (Heft 28) ist zu nicht immer entscheiden, ob die Hofdamen der Prinzessin noch in Versen oder schon in Prosa sprechen.

Dieses Problem tritt auf in Szenen, in denen mehrere Hofdamen nacheinander jeweils einzelne Sätze zur Unterhaltung beisteuern, z.B. in der „Sechsten Handlung“234. In Laterna magica oder Die zaubernde Laterne (Heft 13) wird nicht eine Person oder Personengruppe durch die Verwendung von Versen gekennzeichnet. Hier wird auf diese Weise der 12. Teil des Stücks, das Schattenspiel nach einer Vorlage von Goethe, sprachlich besonders gestaltet und ist so auch sprachlich besser als ‚Spiel im Spiel’ zu erkennen. Ebenfalls zur Kennzeichnung des Stücks im Stück dient der Einsatz von Versen in Peter Squenz (Heft 7). Das Spiel von „Piramus“ und „Thisbe“ ist in Knittelversen gehalten, das übrige Stück in Prosa.

4.3.8.3 Stücke in Prosa

Lediglich fünf Stücke der Reihe sind überwiegend in Prosa abgefasst und weisen höchstens kurze Textpassagen (Liedtexte, Gedichte, Sprüche) in gebundener Sprache auf. Es sind dies die Hefte 4 (beide Versionen), 5, 11, 12 und 22. Hier – und auch in der Figurenrede der Stücke, in der Prosa und Vers verwendet werden – bieten sich, da die Vorgaben durch Versmaß und Reimschema wegfallen, mehr bzw. andere Möglichkeiten der Gestaltung der Sprechweise der Figuren. In Fahrt

233 Ebd.

234 Colberg, Erich: Der Prinz im (1942), S. 16–17.

nach China von Erich Colberg (Heft 12) ist sichtbar das Bemühen vorhanden, die Rollentexte umgangssprachlich zu gestalten, indem z.B. typische Ausdrücke der Jugendsprache verwendet werden, so z.B., wenn Hasso und Fritz sich anerkennend über Schlups’ Plan äußern: „Hasso und Fritz: (Die kapiert haben.) Du bist ’ne Perle, ein Hund, ein Lump, Mensch, du bist knorke!!“235 Kein Blatt vor den Mund nimmt auch Werner, der Führer der Jungengruppe: „Werner: Maul halten, also ich verspreche euch, der Schlups wird heute noch so klein. [Hervorhebung im Original durch Sperrdruck, B.K.].“236 Umgangssprachlich ist auch Schlups’ Sprechweise, wenn er von seiner angeblichen abenteuerlichen Reise nach China berichtet. Sie ist geprägt von unvollständigen

nach China von Erich Colberg (Heft 12) ist sichtbar das Bemühen vorhanden, die Rollentexte umgangssprachlich zu gestalten, indem z.B. typische Ausdrücke der Jugendsprache verwendet werden, so z.B., wenn Hasso und Fritz sich anerkennend über Schlups’ Plan äußern: „Hasso und Fritz: (Die kapiert haben.) Du bist ’ne Perle, ein Hund, ein Lump, Mensch, du bist knorke!!“235 Kein Blatt vor den Mund nimmt auch Werner, der Führer der Jungengruppe: „Werner: Maul halten, also ich verspreche euch, der Schlups wird heute noch so klein. [Hervorhebung im Original durch Sperrdruck, B.K.].“236 Umgangssprachlich ist auch Schlups’ Sprechweise, wenn er von seiner angeblichen abenteuerlichen Reise nach China berichtet. Sie ist geprägt von unvollständigen