• Keine Ergebnisse gefunden

Vorbereitung der Projektrealisierung .1 Ausführungsplanung und Vergabe

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 156-160)

Kostenfeststellung nach DIN 276

4.2 Probleme der Informationsasymmetrie zwischen Bauherr und Architekt

4.2.2 Hidden Action und Hidden Information

4.2.2.3 Vorbereitung der Projektrealisierung .1 Ausführungsplanung und Vergabe

Ein wesentliches Ziel dieser Projektphasen besteht für den Bauherrn in der Auswahl des kostengünstigsten Bauunternehmers. Dafür benötigt er fehlerfreie und vollständige Ausführungsplanungen und Vergabeunterlagen. Der Architekt sieht hingegen bereits einen wesentlichen Nutzen innerhalb der Bauherren-Architekten-Beziehung durch die Entwurfserstellung als erfüllt an. Sein Ziel reduziert sich in den Phasen der Ausführungsplanung und der Vorbereitung und Durchführung der Vergabe auf sein Honorar und die Reduzierung seines Arbeitseinsatzes.

Die Informationsasymmetrie der Form Hidden Information bezieht sich in dieser Phase vor allem auf technische Fragestellungen. Der Bauherr besitzt nur unge-nügendes Wissen über Erfordernisse des Entwurfes hinsichtlich der Konstruk-tion, des Materials oder besonderer Ausführungstechniken. Die ihm vorgelegten Ausführungsplanungen sowie die darauf aufbauenden detaillierten Leistungs-verzeichnisse kann er qualitativ und quantitativ zumindest nicht kostenlos kon-trollieren. Der Bauherr bleibt daher über den Wissensstand des Architekten im unklaren, und auch die Handlungen des Architekten können von ihm in ihrem Umfang und ihrer Angemessenheit nicht eingeschätzt werden. Das Ergebnis ist für ihn daher weder vom dafür benötigten Arbeitsaufwand noch in seiner Quali-tät einschätzbar.

Das Problem der Informationsasymmetrie wächst in der Vergabephase, da der Bauunternehmer als ein weiterer Akteur hinzutritt. Auch er befindet sich in einer Prinzipal-Agenten-Beziehung zum Bauherrn, innerhalb derer er als Agent des Bauherrn bezeichnet werden kann. Der Bauunternehmer steht daher sowohl mit

610 Vgl. u.a. Fischer, Architektenrecht, S. 173. Detaillierter zu den Aufklärungspflichten des Architekten bezüglich der Vergütung seiner Leistungen vgl. Pauly, Architektenrecht, S.

808-812.

dem Bauherrn als auch mit dem Architekten als dessen Sachwalter in Interes-senkonflikt. Für den Bauherrn resultiert daraus erneut das Problem der Quali-tätsunsicherheit. Er muss sich für einen Bauunternehmer entscheiden, ohne vollständig über dessen Leistungsqualität informiert zu sein. Die Bauherren-Ar-chitekten-Beziehung berührt dies insofern, dass der Bauherr die Lösung des Problems weitgehend dem Architekten überträgt, dieser jedoch keinen Anreiz hat, das Problem der Qualitätsunsicherheit für den Bauherrn zu lösen.

Der Anreiz, den ihm zur Verfügung stehenden Verhaltensspielraum auszunut-zen, besteht für den Architekten in der Minimierung seines Arbeitsleides und der Möglichkeit, zusätzliche finanzielle Vorteile zu erlangen. Seinen in der Ent-wurfsphase erhöhten Arbeitseinsatz und Kostenaufwand kann er nun wirt-schaftlich kompensieren. Die gewonnene Zeit wird er in der Regel für parallel laufende Aufträge verwenden. Begünstigt wird opportunistisches Verhalten des Architekten u.a. durch die ungenaue Festlegung hinsichtlich des zu erbringen-den Umfanges der Ausführungsplanung. Es ist rechtlich noch nicht vollständig geklärt, inwieweit Architekten dazu verpflichtet sind, eine vollständige zeichneri-sche Ausführungsplanung einschließlich textlicher Beschreibungen zu erstel-len.611 Einfache und selbstverständliche Ausführungsarbeiten können in der Regel auf der Baustelle direkt angeordnet werden. Problematisch erscheint hierbei die Differenzierung nach einfachen und schweren Ausführungsarbei-ten.612

Auch eine Vernachlässigung der Bauherreninteressen während des Vergabe-prozedere, z.B. durch fehlerhafte Erstellung des Preisspiegels, ist für den Bau-herrn nur schwer erkennbar. Mögliche Schadensersatzansprüche an den Ar-chitekten wegen unzureichender Einholung und Überprüfung von Angeboten613

sind eher selten, da der Bauherr nur ungenügend über das Zustandekommen

611 Kniffka/Koeble, Baurecht, S. 537f. In einer Studie zur Situation des Projektmanagements in mittelständischen Unternehmen wurden neben inhaltlichen Planungsfehlern vielfach ein viel zu geringer Detaillierungsgrad und ein zu geringer Umfang an Detailplanungen als Ur-sache für unbrauchbare Ausführungspläne genannt. Vgl. Iwan/Koch, Schäden, S. 17.

612 Vgl. Rauch, Architektenrecht, S. 160f. Beispiele nennt Niestrate, Architektenhaftung, S. 28-30.

613 Zu Schadensersatzansprüchen des Bauherren gegenüber dem Architekten bezüglich Feh-lern bei der Vergabe vgl. Niestrate, Architektenhaftung, S. 25-27.

informiert ist. Selbst bei Vorliegen von Anhaltspunkten für den Tatbestand der Begünstigung hat der Bauherr nachzuweisen, dass er bei ordnungsgemäßer Ausschreibung ein günstigeres Angebot hätte einholen können.614 Die Erstel-lung der Ausführungsplanung und Vergabeunterlagen und nicht die Qualität derselben liegt daher im Interesse des Architekten.

Im Gegensatz zur Genehmigungsplanung, wo durch die Baubehörde bereits viele kritische Punkte aufgedeckt werden können, werden Fehler in der Ausfüh-rungsplanung und den Vergabeunterlagen oftmals erst mit der beginnenden Realisierung der Planungen sichtbar. Für den Bauherrn entsteht durch die Ge-fahr von Planungsänderungen und Nachtragsaufträgen ein höheres Kostenri-siko. Der Bauherr kann sich nicht sicher sein, ob er in Zusammenarbeit mit dem Architekten die Bauleistungen tatsächlich zu angemessenen Preisen an zuver-lässige und leistungsstarke Bauunternehmen vergeben hat.

4.2.2.3.2 Ausschreibung unter dem Aspekt von Moral Hazard

Die durch den Architekten erstellten Ausschreibungsunterlagen bilden die Kal-kulationsgrundlage für die Angebote der Bauunternehmen und sind damit für das Gelingen des Bauvorhabens entscheidend.615 Für den Bauherrn ist eine qualitätsvolle Erstellung von größter Bedeutung. Aus den oben beschriebenen Zielkonflikten und Informationsasymmetrien der Form Hidden Action und Hid-den Information können dem Bauherrn hier jedoch vielfältige Probleme erwach-sen.

Der Architekt wird den Arbeitseinsatz so knapp wie möglich kalkulieren, da ihm andere Leistungen mehr Nutzen versprechen. Aus dem dadurch entstehenden hohen Zeitdruck können für den Bauherrn teure Fehler entstehen, für die der Architekt nicht immer haftbar zu machen ist. Gerade im Bereich der Massen-und Kostenkalkulation fehlt es oftmals an der notwendigen Sorgfalt der

Archi-614 Borgmann/Valerius, Architektenleistung, S. 143.

615 Neuenfeld, Architekt, S. 63.

tekten und besteht zugleich der Anreiz der Manipulation.616 Häufig führen Aus-schreibungsfehler, wie mangelhafte Leistungsverzeichnisse, daher zu gerichtli-chen Auseinandersetzungen617 und können für den Bauherrn zusätzliche Kos-ten verursachen. Nachtragsaufträge werden in der Regel nicht neu ausge-schrieben, sondern an die Bauunternehmen vergeben, die schon auf der Bau-stelle tätig sind. Diese sind in der Preisbestimmung der Nachtragsaufträge nicht mehr an die in ihren Angeboten festgelegten Preise gebunden. Indem sie ihre zusätzlichen Leistungen zu hohen Preisen verkaufen, können sie ihre knappe Kalkulation für die Auftragsvergabe nachträglich verbessern.618 Die dargelegten Unregelmäßigkeiten können letztendlich zur Aufhebung der Ausschreibung und zu Schadensersatzansprüchen der Bauunternehmer an den Bauherrn führen.619

Dieser kann zwar den ihm entstandenen Vermögensnachteil, sofern dieser nachweisbar auf einem Ausschreibungsfehler des Architekten zurückzuführen ist, gegenüber seinem Planer als Schaden gemäß § 635 BGB geltend ma-chen.620 Dennoch bedeutet dies für den Bauherrn zeitliche Verzögerungen im Bauablauf.

Die Existenz von Preisabsprachen innerhalb der Baubranche ist kein Geheim-nis.621 Der Architekt sollte dem im Interesse des Bauherrn entgegenwirken.

Preisabsprachen minimieren jedoch nicht den Nutzen des Architekten, seine Arbeit kann dadurch im Gegenteil sogar erleichtert werden. Ein Mitwirken bei Preisabsprachen kann das Nutzenniveau des Architekten erhöhen. Denkbar sind finanzielle Anreize in Form von Provisionen oder in Aussicht gestellter Empfehlung des Architekten durch den Bauunternehmer, aber auch der Nutzen durch die Festigung freundschaftlicher Beziehungen zu Bauunternehmern. Für den Architekten wäre es sehr einfach, einen bestimmten Bauunternehmer zu

616 Langen, Berufshaftpflichtversicherung, S. 53; Budnick, Architektenhaftung, S. 176f. Vgl.

hierzu u.a. OLG Koblenz, Urteil vom 13.06.1997, BauR 1998, S. 169f.; BGH, Urteil vom 26.10.1999, BauR 2000, S. 254f.

617 Rauch, Architektenhaftung, S. 149.

618 Bei angespannter Marktlage kann wirtschaftlicher Erfolg der Bauunternehmen ausschließ-lich über Nachträge erzielt werden. Derks, Risikomanagement, S. 254, Fußnote 28. Über-höhte Nachtragsaufträge stellen demnach für den Bauherrn ein Verhaltensrisiko der Form Hold Up gegenüber dem Bauunternehmen dar.

619 Neuenfeld, Architekt, S. 64-66.

620 Osenbrück, Haftung, S. 28.

621 Vgl. Riemer/Ewert, Strategien, S. 29. Zu Mängeln in der Ausschreibungs- und Vergabepra-xis vgl. auch Pfarr, Trends, S. 91 f.

bevorzugen, zumal er durch sein Vorschlagsrecht eine starke Position be-sitzt.622 Er kann diesem Informationen über die anderen Angebote zukommen lassen sowie die Preisspiegel mit entsprechenden Rechenfehlern so gestalten, dass der bevorzugte Unternehmer das günstigste Angebot macht.

Finanzielle Anreize oder andere in Aussicht gestellte Vergünstigungen, ebenso die Steigerung seines eigenen Honorars durch eine Erhöhung der Baukosten können den Architekten auch veranlassen, überteuerte Produkte auszuschrei-ben bzw. die Beschreibung eines auszuschrei-benötigten Produktes so eng zu fassen, dass nur noch ein Produkt diese Anforderungen erfüllt. Gleichwertige, günstigere Produkte würden so dem Bauherrn vorenthalten. Auch der Wunsch nach ei-nem, seinem Ermessen nach unverzichtbaren Material für seinen Entwurf, kann ihn dazu motivieren. Neue Materialien und Bauteile werden so oftmals ohne ausreichende wissenschaftliche Untersuchungen und Erprobungen einge-setzt.623 Die durch sein Handeln erhöhten Kosten kann der Architekt mit einer dementsprechenden Entwicklung der Baupreise bzw. mit technischen Erfor-dernissen erklären. Nachprüfen kann dies der Bauherr nur mit einem erheblichen Zeitaufwand.624

4.2.2.4 Projektrealisierung

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 156-160)