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Begriff der Architekturqualität

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 119-124)

Kostenfeststellung nach DIN 276

3.3 Kommunikation zwischen Bauherr und Architekt .1 Kommunikationsprobleme als Ursache für Differenzen

3.3.2 Begriff der Architekturqualität

Innerhalb der oben aufgezeigten Kommunikationsdifferenzen führt insbeson-dere die unterschiedliche Assoziation des Wortes „Architekturqualität" bei Ar-chitekt und Bauherr zu Problemen. Dies kann vor allem darauf zurückgeführt werden, dass der Begriff der Qualität nicht eineindeutig zu definieren ist und zahlreiche Definitionsansätze existieren. Von einem einheitlichen, allseits ak-zeptierten Qualitätsbegriff kann nicht gesprochen werden 483 Die unterschiedli-chen Qualitätsauffassungen von Bauherr und Architekt werden im folgenden an Hand einer entsprechenden Differenzierung des Qualitätsbegriffs verdeutlicht.

Nach der Definition des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN) ist Qualität

„die Gesamtheit der Merkmale und Merkmalswerte eines materiellen oder im-materiellen Betrachtungsgegenstandes bezüglich seiner Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen".484 Darauf aufbauend werden in der Qualitätsliteratur fünf Qualitätsbegriffe differenziert: produktbezogener, kun-denbezogener, absoluter, herstellerorientierter und wertorientierter

Qualitäts-480 Drastischere Beispiele finden sich bei Wolfensberger, Architektendämmerung, S. 63-74.

Vgl. auch Werner, Titanic-Effekt, S. 14; Bächer, Phrasen, S. 1536.

481 Siehe hierzu auch die Untersuchungen von Hirche zur Architekturdarstellung und ihrer Wirkung auf Planungslaien. Vgl. Hirche, Architekturdarstellung, S. 73-130.

482 Franke/Kühlmann, Kommunikationsprobleme, S. 31.

483 Stauss/Hentschel, Dienstleistungsqualität, S. 238.

484 DIN 55350-Teil 11, S. 3, Nr. 5.

begriff.485 Eine Dienstleistung wie die des Architekten umfasst insbesondere den produktbezogenen wie den kundenbezogenen Qualitätsbegriff. Die Qualität der Architektenleistung setzt sich demnach u.a. aus der Qualität der Leistung des Architekten innerhalb des Planungs- und Bauprozesses sowie aus dem Ergebnis dieses Prozesses in Form des Entwurfes bzw. des fertigen Gebäudes zusammen. Die Ergebnisqualität wiederum kann in eine objektive Qualität, die Elemente wie Standort, Funktion und Ausführung umfasst, sowie eine subjek-tive Qualität, die sich in dem ästhetischen Nutzen, Gebrauchs- und Geltungs-nutzen widerspiegelt, differenziert werden.486

Aufgrund der Heterogenität von Dienstleistungen kann die Qualitätswahrneh-mung zwischen den Zielgruppen, aber auch zwischen dem Anbieter und dem Nachfrager, erheblich variieren.487 Während die Architekten die Qualität ihrer Leistung überwiegend an der Ergebnisqualität, insbesondere an der im obigen Sinn subjektiven Architekturqualität messen, besitzen die Bauherren eher ein prozessorientiertes Qualitätsverständnis. Bei der Beurteilung der Architektur-qualität halten sich die Bauherren zudem an mess- und zählbare Qualitäts-merkmale eines Bauwerkes. Dies sind für sie vor allem wirtschaftliche Mess-größen, wie Wirtschaftlichkeit in der Planung, Ausführung und Nutzung sowie Dauerhaftigkeit und Gebrauchsfähigkeit der Immobilie. Eine objektive Bewer-tung ermöglicht ihnen zugleich eine Vergleichbarkeit der Immobilien unterein-ander und gestaltet damit den Wettbewerb für sie transparenter. Ästhetische Qualität wird nur am Rande erwähnt und zudem anders interpretiert als von den Architekten. Unter anderem wird „Originalität" als Ausdruck der schöpferischen Kraft des Architekten verstanden488 oder von „Repräsentation" als Ausdruck der Bedeutung des Bauherrn gesprochen.

485 Bruhn, Qualitätssicherung, S. 25.

486 Vgl. hierzu Roth, Qualitätsfaktor, S. 93f. sowie Pfarr, Baumanagement, S. 204. Pfarr selbst spricht von Architekturqualität. Innerhalb des Kontextes der Qualitätsliteratur entspricht dies jedoch dem hier verwendeten Begriff der Ergebnisqualität.

487 Zu dem Problem der Qualitätsdivergenzen zwischen Anbieter und Nachfrager vgl. die umfassenden Betrachtungen bei BenkensteinAVeichelt, Qualitätswahrnehmung, S. 277-296 sowie Benkenstein/Güthoff, Qualitätsdimension, S. 81-91.

488 Vgl. Rösel, Baumanagement, S. 154f.

Für den Architekten hingegen reduziert sich seine Leistung oftmals auf das Er-gebnis, insbesondere die formal-ästhetischen Aspekte 489 Der Prozess der Leis-tungserbringung selbst wird nicht in die Qualitätswahrnehmung integriert. Dis-kussionen und Vereinbarungen zur Qualität der Architektenleistung mit dem Bauherrn werden dadurch erheblich erschwert. Darüber hinaus ist ihre Beurtei-lung des Leistungsergebnisses weit von dem des Bauherrn entfernt, da die Ar-chitekten durch ihre Ausbildung und ihre Erfahrungen mit Architektur ihre Re-zeptionsmuster verändert haben.490 Dennoch ist auch das Qualitätsverständnis der Architekten subjektiv geprägt und wird entscheidend über persönliche Er-fahrungen mit Architektur und individuelle Ästhetikvorstellungen491 bestimmt.

Dies zeigt sich in den nicht seltenen gegenseitigen Verunglimpfungen der Ar-chitekten und ihrer Leistungsergebnisse untereinander.492

Es existieren also durchaus Unterschiede im Qualitätsempfinden auch bei glei-chermaßen „vorgebildeten" Menschen.493 Unter dem Begriff „Bauqualität"

subsumieren die Beteiligten des Planungs- und Bauprozesses daher ihre ganz eigenen Vorstellungen. Erst aus der Gesamtheit dieser Vorstellungen ergibt sich die Komplexität und in der gleichmäßigen Erfüllung dieser unterschiedli-chen Ansprüche die Qualität am Bau 494

489 Vgl. u.a. Kister, Sparen, S. 674.

490 Untersuchungen aus Großbritannien zeigen, dass sich das Sehverhalten und die Beurtei-lungskriterien von Architekturstudenten während des Studiums verändern. Vgl.

Wilson/Cantor, development, S. 431-455.

491 Zur Frage der Ästhetik in der Architektur vgl. Meisenheimer, Ästhetik, S. 610-612;

Strodthoff, Architektur, S. 545.

492 Vgl. u.a. die Ausführungen von Alexander, Aufstand, S. 74. Die gegenseitigen Verunglimpfungen können natürlich auch auf konkurrierendes Verhalten und Erfolgsneid der Architekten zurückgeführt werden. Dennoch steht dahinter oftmals eine unterschiedli-che Auffassung bezüglich der Funktionen und Ausdrucksmittel von Architektur.

493 Christopher Alexander hat in seinem Buch „A Pattern Language" den Begriff der Architekturqualität und die Wirkung von Architektur untersucht. Er geht davon aus, dass es eine Ur-Mustersprache gibt, die von allen Menschen gleich empfunden wird. Jedoch sind die echten Empfindungen durch Regeln, Wertvorstellungen etc. überlagert. Vgl. Alexander, Language.

494 Kuchenmüller, Bedarfsplanung, S. 1589; Kuchenmüller, Berufsbilddiskussion Teil 2, S.

1073.

3.4 Zwischenfazit

In Abschnitt drei erfolgte eine detaillierte Betrachtung der institutionellen Rah-menbedingungen der Bauherren-Architekten-Beziehung, in der die geltenden Regelungen, ihre Besonderheiten und deren Auswirkungen auf die Beziehung zwischen Bauherr und Architekt als Grundlage für die institutionenökonomische Analyse in Abschnitt vier dargelegt wurden.

Insbesondere aus dem Freiberufler-Status und den damit zusammenhängen-den Besonderheiten hinsichtlich der Berufsausübung der Architekten ergeben sich Unterschiede zu anderen Dienstleistungs- bzw. Werkvertragsverhältnissen.

Der Staat greift hier regulierend in den freien Wettbewerb ein, indem er zu-nächst hoheitliche Befugnisse auf die Architektenkammern der einzelnen Län-der überträgt. Die von diesen erlassenen Berufsordnungen weisen dement-sprechend länderspezifische Unterschiede auf. Sowohl für die Architekten als auch für die Bauherren entsteht dadurch eine unübersichtliche Situation und Unsicherheit hinsichtlich der jeweils geltenden Regelungen.

Die wesentlichste Einschränkung des freien Wettbewerbs ergibt sich jedoch durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und die Bin-dung der Architektenhonorare an die dort festgeschriebenen Mindest- und Höchstsätze bei Projekten bis zu 50 Millionen DM anrechenbaren Baukosten.

Eine freie Preisbildung für Architektenleistungen wird so verhindert. Darüber hinaus sind die vorgegebenen Honorarsätze positiv an die Baukosten gekop-pelt. Eine Erhöhung der Baukosten lässt somit das Architektenhonorar steigen.

Die dadurch gegebenen Anreize laufen dem Treuhänderanspruch der Archi-tekten entgegen und verstärken die Vorbehalte der Bauherren hinsichtlich der wirtschaftlichen Verantwortungsbereitschaft der Architekten. Auch neu einge-führte Regelungen, wie der § 5 Abs. 4a HOAI zur vertraglichen Vereinbarung eines Erfolgshonorars, vermindern diese Wirkung nicht, sondern bergen in sich wiederum neue Rechtsstreitigkeiten.

Die Haftung des Architekten ist relativ unabhängig von seinem freiberuflichen Status zu betrachten und richtet sich nach den Haftungsbestimmungen des

BGB. Probleme ergeben sich hierfür den Bauherrn hinsichtlich des Nachweises von fehlerhaften Leistungen des Architekten. Diese können aufgrund der Kom-plexität des Planungs- und Bauprozesses nur schwer von anderen Einwirkun-gen differenziert werden. Kritisch ist hier insbesondere die Bausummenüber-schreitung zu sehen, deren Auswirkungen für den Bauherrn durch die Haftung des Architekten kaum gemindert werden können. Schwierig gestaltet sich zu-dem die genaue Definition der geschuldeten Leistung. Die bisher praktizierte Orientierung an den Leistungsbildern der HOAI zur Festlegung des erforderli-chen Leistungsumfangs wird dieser Aufgabe nicht mehr gerecht. Notwendig sind vielmehr detaillierte vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich der erwarte-ten Leistung des Architekerwarte-ten. Hierbei sind jedoch die in Kapitel drei herausge-arbeiteten Unterschiede in der Kommunikation von Bauherr und Architekt zu beachten. Gerade hinsichtlich der Qualitätsdefinition von Architektur herrschen unterschiedliche Vorstellungen, die die qualitative Auslegung der getroffenen Vereinbarungen erschweren und zu zusätzlichen Differenzen führen können.

Es kann demnach angenommen werden, dass die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen der Bauherren-Architekten-Beziehung diese zusätzlich erschweren. Innerhalb der im folgenden Abschnitt vorgesehenen in-stitutionenökonomischen Analyse ist daher insbesondere darauf zu achten, welche zusätzlichen Anreizwirkungen von den Rahmenbedingungen ausgehen.

4 Institutionenökonomische Analyse der Bauherren-Architekten-Beziehung

Auf der Grundlage der in den Kapiteln zwei und drei erfolgten Darstellung des Bauherrn und des Architekten und der Rahmenbedingungen ihrer Beziehung, wird diese in Kapitel vier institutionenökonomisch analysiert. Dafür werden zu-nächst wesentliche Annahmen getroffen und grundlegende Begriffe definiert. Im zweiten Abschnitt erfolgt eine detaillierte Analyse der Bauherren-Architekten-Beziehung auf der Grundlage der Prinzipal-Agenten-Theorie. Diese erfolgt an-hand der einzelnen Phasen des Planungs- und Bauprozesses wie sie in Kapitel zwei herausgearbeitet wurden. In einem ersten Schritt wird dabei die Beziehung zwischen Bauherr und Architekt auf grundsätzliche Probleme der Interessendi-vergenz und Informationsasymmetrie in der jeweiligen Phase untersucht. Dieser rein theoretischen Analyse folgt eine praxisbezogene Betrachtung einzelner Tätigkeiten des Architekten innerhalb dieser Phasen und möglicher Probleme der Verhaltensunsicherheit für den Bauherrn.

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