• Keine Ergebnisse gefunden

Haftung bei Bausummenüberschreitungen

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 104-108)

Kostenfeststellung nach DIN 276

3.2 Rechtliche Rahmenbedingungen

3.2.2 Architektenvertrag und Architektenhaftung .1 BGB und Vertragsfreiheit

3.2.2.3 Grundzüge der Architektenhaftung .1 Vertragliche Haftung des Architekten

3.2.2.3.4 Haftung bei Bausummenüberschreitungen

Die bisherigen Ausführungen zur Haftung des Architekten haben aufgezeigt, dass sich insbesondere im Kostenbereich Probleme für den Bauherrn ergeben können. Bausummenüberschreitungen werden weder durch die Berufshaft-pflichtversicherung noch über die deliktische Haftung gedeckt. Zudem ist die Haftung des Architekten wegen Bausummenüberschreitung im Gesetz nicht definiert und die Rechtsprechung dazu uneinheitlich.387 Es ist daher im Einzel-fall zu überprüfen, ob und mit welchem Verbindlichkeitsgrad eine Kostenabrede getroffen wurde. Danach können drei wesentliche Fallunterscheidungen ge-troffen werden: die Vereinbarung einer Bausummengarantie, die Absprache einer Kostenobergrenze sowie die Einigung auf einen Kostenrahmen als „Ori-entierung".388

Vereinbarung einer Bausummenqarantie

Verspricht ein Architekt gegenüber dem Bauherrn, für die Einhaltung einer be-stimmten Bausumme einzustehen, gibt er damit nicht automatisch ein Garantie-versprechen ab. Inwieweit solch eine Garantiegabe vorliegt, ist vielmehr eine Auslegungsfrage.389 Im Regelfall geht die Rechtsprechung jedoch davon aus, dass diese dann vorliegt, wenn zum Ausdruck kommt, dass der Architekt

per-385 Werner, Haftung, S. 40; Langen, Berufshaftpflichtversicherung, S. 61f.; Niestrate, Architektenhaftung, S. 150-156. Die Streichung der Ausschlussklausel wegen fehlerhafter Kostenermittlung kann durch einen Prämienaufschlag von 15% auf die Gesamtprämie der Berufshaftpflichtversicherung vor Abzug eines Schadensfreirabattes erwirkt werden.

Budnick, Architektenhaftung, S. 180.

386 Vgl. Neuenfeld, Rechtssprechung, S. 606; Littbarski, Überschreitung, S. 167f.

387 Fischer, Architektenrecht, S. 185; WirttVTheis, Architekt, S. 307.

388 Werner/Pastor, Bauprozeß, S. 680.

389 Niestrate, Architektenhaftung, S. 113.

sönlich für die Einhaltung der veranschlagten Baukosten einstehen will, und der Umfang der Bauleistungen festgelegt ist.390 Übernimmt ein Architekt ausdrück-lich solch eine Garantie, haftet er stets auf Erfüllung seiner vertragausdrück-lichen Zusa-gen. In Unterscheidung zu einer „normalen" Bausummenüberschreitung ist es dabei unerheblich, ob ihn ein Verschulden trifft.391 Ausgenommen ist lediglich der Fall, dass besondere Wünsche des Bauherrn oder dessen Verhalten zu einer Überschreitung der Garantiesumme geführt haben.392 Für den Architekten ergibt sich daraus ein erhebliches wirtschaftliches Risiko.393 In der Praxis hat die Bausummengarantie daher nur eine geringe Bedeutung.394

Absprache einer Kostenoberqrenze

Die Abgrenzung zwischen einer Bausummengarantie und der Vereinbarung einer Kostenobergrenze bzw. eines Kostenlimits wird im Einzelfall schwierig sein.395 In jedem Fall ist der Bauherr darüber darlegungs- und beweispflichtig, inwiefern er mit dem Architekten einen Baukostenbetrag verbindlich vereinbart hat.396 Auch dies stellt sich für den Bauherrn relativ schwierig dar. Nicht aus-reichend für das Vorliegen eines Baukostenlimits sind u.a. die Nennung einer bestimmten Bausumme im Bauantrag und deren Unterzeichnung durch den Bauherrn sowie die Festlegung eines Circabetrages im Bauvertrag.397 Darüber hinaus hat der Bauherr seinen Schaden darzulegen sowie dem Architekten dessen Verschulden nachzuweisen.398 Hat der Architekt die Überschreitung des vereinbarten Kostenlimits zu vertreten, so ist er nach § 635 BGB schadenser-satzpflichtig. Vor Geltendmachung seiner Rechte hat der Bauherr dem Archi-tekten nach § 634 Abs. 1 BGB eine Frist zur Nachbesserung mit Ablehnungs-androhung zu setzen, sofern der Mangel sich noch nicht im Bauwerk realisiert hat. Kann dem Architekten kein Verschulden nachgewiesen werden, steht dem

390 Werner/Pastor, Bauprozeß, S. 681.

391 Rauch, Architektenrecht, S. 185.

392 Werner/Pastor, Bauprozeß, S. 680.

393 Diehl spricht bei der Abgabe eines Garantieversprechens von „wirtschaftlichem Selbst-mord" des Architekten. Zitiert nach Wirth/Theis, Architekt, S. 308.

394 Fischer, Architektenrecht, S. 186; Geldmacher, Architektenrecht, S. 117.

395 Niestrate, Architektenhaftung, S. 115.

396 Vgl. BGH, Urteil vom 23.1.1997, BauR 1997, S. 494.

397 Niestrate, Architektenhaftung, S. 116.

398 Kniffka/Koeble, Baurecht, S. 553.

Bauherrn nach § 634 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Minderung des Honorars zu.

Strittig ist, inwiefern dem Architekten bei Vorliegen eines Kostenlimits eine Tole-ranz gewährt werden sollte.399 In etwas älteren Rechtsprechungen hat der Bau-herr keinen Erfüllungsanspruch gegenüber dem Architekten, selbst bei Vorlie-gen eines Kostenlimits.400 Dennoch billigt die Rechtsprechung dem Bauherrn in der Regel eine stärkere Position hinsichtlich der von ihm zu akzeptierenden Toleranzgrenzen zu.401 Nach neuester Rechtsprechung ist der Architekt sogar ohne Toleranzrahmen zur Einhaltung der vereinbarten Bausumme verpflich-tet.402 Da die Entscheidungen zeitlich relativ eng zusammenliegen, kann davon ausgegangen werden, dass die Rechtslage hier noch nicht eindeutig geklärt ist und im Einzelfall zu entscheiden ist.

Einigung auf einen Kostenrahmen als Orientierung

Ist zwischen Bauherr und Architekt weder eine Bausummengarantie noch ein Kostenlimit vereinbart worden, trifft den Architekten dennoch eine Verpflichtung, die Planung an den wirtschaftlichen Interessen des Bauherrn auszurichten, und die Kosten des Bauvorhabens sorgfältig zu ermitteln 403 Ansprüche daraus kön-nen vom Bauherrn jedoch nur schwer umgesetzt werden.

Anspruchsvoraussetzungen sind zunächst das Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung des Architekten, der beweisbare Schadenseintritt für den Bau-herrn sowie das Verschulden des Architekten.404 Darüber hinaus wird dem Architekten von der Rechtsprechung ein Toleranzrahmen zugebilligt, der sich nach dem Grad der zugrunde zulegenden Kostenermittlungsart unterscheidet.

Erst bei Überschreiten der Toleranzgrenze trägt der Architekt für sein

Nichtver-399 Kniffka/Koeble, Baurecht, S. 553.

400 Vgl. BGH, Urteil vom 16.12.1993, BauR 1994, S. 268; OLG Hamm, Urteil vom 22.4.1993, BauR 1993, S. 628.

401 Zahlreiche Beispiele finden sich bei Locher/Koeble/Frik, HOAI, S. 176f.

402 Vgl. BGH, Urteil vom 23.1.1997, BauR 1997, S. 497.

403 Geldmacher, Architektenrecht, S. 118.

404 Kniffka/Koeble, Baurecht, S. 549; Geldmacher, Architektenrecht, S. 123;

Locher/Koeble/Frik, HOAI, S. 170f.

schulden bei Kostenüberschreitungen die Beweislast.405 Bei der Kostenschät-zung wird ein Toleranzrahmen bis zu 40% gegeben, während bei der Kostenbe-rechnung im allgemeinen von 20-25% und beim Kostenanschlag von 10-15%

ausgegangen wird.406 Die Rechtsprechung ist hier jedoch sehr uneinheitlich.407

Für den Bauherrn ist es daher hilfreich, mit dem Architekten vertraglich eine Beschaffenheitsvereinbarung und einen geringen Toleranzrahmen zu vereinba-ren.

Die Bausummenüberschreitung wird nach neuerer Rechtsprechung als eine Hauptpflichtverletzung angesehen und richtet sich daher nach § 633 ff. BGB und beträgt fünf Jahre. Dies hat ferner zur Folge, dass der Bauherr dem Archi-tekten Gelegenheit zur Nachbesserung einräumen muss, soweit dies ange-sichts des Baufortschritts noch möglich ist. Erst dann kann er Schadensersatz verlangen.408 Schwierige Fragen ergeben sich im Zusammenhang mit der Fest-stellung des Schadenswertes 409 Stehen den Nachteilen der Bausummenüber-schreitung Vorteile gegenüber, kann der Bauherr gezwungen werden, sich diese als Vermögenszuwachs auf einen Schadensersatzanspruch anrechnen zu lassen 410 Eine solche Ausgleichspflicht für Mehrwert liegt auch dann vor, wenn dieser noch nicht realisiert ist.411

3.2.3 Architektenhonorarrecht

Wie bei anderen Freien Berufen sind die Preise für die Leistungen der Archi-tekten vom Gesetzgeber weitgehend reglementiert. Die Gebührentatbestände für die Berechnung der Architekten und Ingenieurhonorare werden daher im

405 Vgl. Buschmann, Recht, S. 75.

406 Motzke/Wolff, Praxis, S. 22; Locher/Koeble/Frik, HOAI, S. 172.

407 Diverse Beispiele finden sich bei Locher/Koeble/Frik, HOAI, S. 172f. Einen Überblick über die Haltung des juristischen Schrifttums zu dieser Frage gibt Budnick, Architektenhaftung, S. 128-130.

408 Wirth/Theis, Architekt, S. 308.

409 Fischer, Architektenrecht, S.. 185 sowie 193f.; Kniffka/Koeble, Baurecht, S. 550.

410 Budnick, Architektenhaftung, S. 139.

411 Werner/Pastor, Bauprozeß, S. 689.

wesentlichen durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geregelt.412

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 104-108)