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Gewerblicher Bauherr als Auftraggeber des Architekten .1 Definition des gewerblichen Bauherrn

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 52-56)

PROJEKTSTUFEN PROJEKTPHASEN

2.2 Gewerblicher Bauherr als Auftraggeber des Architekten .1 Definition des gewerblichen Bauherrn

Ohne einen Bauherrn gibt es keinen Bauauftrag und auch keine Architektur.

Bevor der Architekt überhaupt tätig werden kann, benötigt er einen Bauherrn, der über die finanziellen Mittel verfügt bzw. diese beschaffen kann und der vor allem einen Bauwillen hat.137 Trotz der Bedeutung des Bauherrn für die und Immobilienwirtschaft existiert keine allgemeingültige Definition des Bau-herrn.138

Die gesetzlichen Begriffsbestimmungen des Bauherrn im Bauordnungs-, Ge-werbe* und Steuerrecht sind vielmehr unterschiedlich. So heißt es in den Bau-ordnungen der Länder annähernd gleich: „Bauherrin oder Bauherr ist, wer rechtlich oder tatsächlich auf eigene Verantwortung ein Vorhaben nach § 1 Abs.

1 (bauliche Anlage) vorbereitet oder ausführt oder vorbereiten oder ausführen lässt oder als verantwortlich gegenüber der Bauaufsichtsbehörde auftritt."139

Dagegen wird im Gewerberecht auch derjenige als Bauherr bezeichnet, der ein Bauprojekt für fremde Rechnung vorbereitet oder durchführt. Dabei ist die Bau-herreneigenschaft nicht davon abhängig, wer das wirtschaftliche Bauherren-wagnis trägt.140 Im Steuerrecht heißt es: „Bauherr im Sinne des § 7 Abs. 5 des Gesetzes ist, wer auf eigene Rechnung und Gefahr ein Gebäude baut oder bauen lässt."141 Bauherr ist hier demnach lediglich derjenige, der das vollstän-dige Bauherrenwagnis trägt. Detaillierte Kriterien dafür nennt der Bauherrener-lass des Bundesfinanzministeriums vom 13.08.1981.142

136 Vgl. die detaillierten Ausführungen in Abschnitt vier.

137 Sack, Utopie, S. 1568.

138 Eine detaillierte Beschreibung des Bauherrenbegriffs findet sich bei Will, Bauherren, S. 9-14. Zu den unterschiedlichen Definitionsansätzen vgl. auch Gralla, Bauwirtschaft, S. 28-35.

139 Hessische Bauordnung, § 56 Abs. 1.

140 Will, Bauherr, S. 10.

141 Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung (EStDV), § 11c Abs. 3; Schmidt, Einkommenssteuergesetz, S. 1721.

142 Bundessteuerblatt (BStBl), 30. Jg. 1981, S. 604.

Innerhalb der oben aufgeführten Definitionen können drei Arten von Bauherren unterschieden werden:

• der private Bauherr, der für den eigenen Bedarf baut,

• der gewerbliche Bauherr, z.B. Wirtschaftsunternehmen, Projektentwickler, Institutionelle Investoren und

• der öffentliche Bauherr, also Bund, Länder, Landkreise und Gemeinden sowie gemeinnützige Einrichtungen.143

Im Vordergrund der nachfolgenden Betrachtung steht der gewerbliche Bauherr, der das Gebäude entweder zur Selbstnutzung oder für den Zweck der Vermie-tung oder des Verkaufs errichtet bzw. errichten lässt.

Wirtschaftsunternehmen, die über keine eigenen Bauabteilungen verfügen, rea-lisieren die zur Eigennutzung benötigten Gebäude, je nach Umfang des Pro-jektes, durch große Architekturbüros, Generalunternehmer/-übernehmer oder Projektentwickler144. Konzerne mit großem Baubedarf, wie z.B. die Einzelhandelskette Peek & Cloppenburg, verfügen hingegen über eigene Bau-abteilungen und sind dadurch in der Lage, die Bauprojekte selbständig zu koor-dinieren und zu überwachen.

Der Aufgabenbereich von Projektentwicklern reicht von der Initiierung des Pro-jektes und der Koordinierung und Überwachung des Planungs- und Bauprozes-ses bis zur Fertigstellung des Projektes und schließt häufig auch die Vermie-tung mit ein. Sie können entweder von fremden Bauherren für diese LeisVermie-tungs- Leistungs-erbringung beauftragt werden oder agieren selbst als Bauherren auf eigenes Risiko. Im letzteren Fall initiieren und realisieren sie Immobilienprojekte, um sie möglichst noch während der Bauzeit zu veräußern. Projektentwickler sind aber

143 Pfarr, Bauwirtschaft, S. 98f.; Will, Bauherren, S. 9f.

144 In der Literatur wird synonym der englische Begriff des Developers verwendet. Zum Begriff des Projektentwicklers existieren sehr unterschiedliche und oftmals unklare Vorstellungen.

Eine einheitliche Definition oder gar eine gesetzliche Regelung liegen nicht vor. Im Wohn-immobiliensektor wird der Projektentwickler auch als „Bauträger" bezeichnet. Ausführlicher zur Projektentwicklung siehe IsenhöverA/äth, Projektentwicklung, S. 151-228.

auch an der Revitalisierung und Modernisierung bestehender Immobilien betei-ligt.145

Immobilieninvestoren sind Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden, die diese als langfristige Kapitalanlage betrachten. Es können private und institutio-nelle Anleger sowie Unternehmen unterschieden werden.146 Zu den institutionellen Investoren gehören u.a. Versicherungen, Pensionskassen, of-fene und geschlossene Immobilienfonds, Leasinggesellschaften sowie Immobi-lienaktiengesellschaften.147 Nachdem sich institutionelle Investoren jahrelang vornehmlich auf das Investment in bestehende Immobilien konzentriert haben, beteiligen sie sich heute zunehmend als Bauherr an Projekten in der Entwick-lungsphase. Hierzu bauen zahlreiche institutionelle Investoren eigene Bauab-teilungen auf.

Für die weiteren Darlegungen wird jedoch auf die dargestellte Differenzierung des gewerblichen Bauherrn verzichtet. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass sich die Ziele gewerblicher Bauherren in den wesentlichsten Punkten verallge-meinern lassen und somit eine Erhöhung des Abstraktionsgrades erreicht wer-den kann. Als gewerbliche Bauherren werwer-den daher folgend alle Investoren und Unternehmen verstanden, die nicht gemeinnützig sind und die in eigenem Na-men, auf eigene Gefahr und Verantwortung, auf eigene oder fremde Rechnung, ein Bauprojekt durchführen oder durchführen lassen.148 Sie üben bestimmen-den Einfluss auf die Gesamtplanung und die Gestaltung des Gebäudes aus und vertreten die Belange des Bauprojektes gegenüber den Behörden und der inte-ressierten Öffentlichkeit.149

145 Bone-Winkel, Management, S. 40f.; Amelung, Gewerbeimmobilien, S. 37- 40.

146 Siehe dazu die Abbildungen in Bone-Winkel, Projektentwicklung, S. 431 sowie Bulwien, Immobilienanlagemarkt, S. 41. Zur Unterscheidung von privaten und institutionellen Inves-toren vgl. Schulte et al., Betrachtungsgegenstand, S. 38f.

147 Bulwien, Immobilienanlagemarkt, S. 41

148 Der Begriff des gewerblichen Bauherren wird in der nachfolgenden Betrachtung zudem synonym mit dem des Bauherren und Auftraggebers, später auch mit dem des Prinzipalen und Anreizgebers verwandt.

149 Schweizer, Planungs- und Bauprozeß, S. 71.

2.2.2 Aufgaben des Bauherrn

Der Umfang der Bauherrenaufgaben wird im wesentlichen bestimmt von der Organisationsform, in welcher der Bauherr das Bauprojekt errichtet. So hat er z.B. einen viel höheren Entscheidungs-, Koordinations- und Kontrollaufwand bei einzelner Leistungsvergabe als bei Vergabe von Leistungsbündeln an einen Generalplaner oder Generalunternehmer. Die Aufgaben des Bauherrn können grundsätzlich in originäre, also nicht delegierbare und delegierbare Bauherren-leistungen unterschieden werden. Zu den originären Aufgaben des Bauherrn zählen:

• die Festlegung der obersten Projektziele,

• die Grundstücksbeschaffung,

• die Sicherung der Finanzierung,

• die Beauftragung von Planern und ausführenden Firmen und

• die Bezahlung der Leistungen.

Delegierbare Leistungen sind u.a.

* die Formulierung und Fortschreibung der Soll-Vorgaben,

• die Koordination der an der Ausführung Beteiligten,

• die Kontrolle der Ergebnisse von Planern und ausführenden Firmen und

• Beratungs- und Informationsleistungen.150

In der nachstehenden Tabelle 2 werden die wesentlichen Bauherrenaufgaben, sowohl nicht delegierbare als auch delegierbare, entsprechend den unter Punkt 2.1.2.1 genannten Projektphasen, dem Planungs- und Bauprozesses zugeord-net. Da die genannten Bauherrenaufgaben keiner zwingenden zeitlichen Ab-folge unterliegen, kann hier kein Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhoben wer-den. Die Zuordnung soll lediglich eine übersichtliche Darstellung der umfangrei-chen und komplexen Aufgaben des Bauherrn erleichtern.151

150 Piepmeier, Bauprojektsteuerung, S. 8f.; Volkmann, Störungen, S. 1060; Homola, Bauherr, S. 171 f.

151 Die Darstellung erfolgt in Anlehnung an Will, Bauherren, S. 201-216.

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