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Bausummenüberschreitungen unter dem Aspekt von Moral Hazard Aus den Gesamtkosten des Bauvorhabens leitet sich in Abhängigkeit vom

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 164-167)

Kostenfeststellung nach DIN 276

4.2 Probleme der Informationsasymmetrie zwischen Bauherr und Architekt

4.2.2 Hidden Action und Hidden Information

4.2.2.5 Bausummenüberschreitungen unter dem Aspekt von Moral Hazard Aus den Gesamtkosten des Bauvorhabens leitet sich in Abhängigkeit vom

Ei-genkapitalanteil und der übrigen Finanzierung die laufende Belastung durch die Kredite ab. Kostensteigerungen führen bei konstantem Eigenkapitalanteil zu einer überproportionalen Belastungssteigerung des Bauherrn, die bis zur Grenze seiner finanziellen Leistungsfähigkeit führen kann.641 Der Bauherr möchte daher so kostengünstig wie möglich bauen, bei gleichzeitiger Verwirkli-chung seiner Vorstellungen. Hingegen führt eine Erhöhung der Baukosten zu einer Erhöhung des Architektenhonorars. Einsparungen zahlen sich für den Ar-chitekten daher kaum aus.642

Gerade im Baugeschehen kommt es immer wieder zu Problemen aufgrund ex-terner Einflüsse, wie Behinderungen durch schlechtes Wetter, Beschädigungen oder Zerstörungen durch höhere Gewalt.643 Über deren konkrete Auswirkungen ist der Architekt besser und schneller informiert als der Bauherr. Dieser ist auf die Informationen des Architekten angewiesen und erwartet daher von diesem als seinen Treuhänder, dass er Kostenerhöhungen verhindert bzw. frühzeitig feststellt und ihm mitteilt, um geeignete Gegenmaßnahmen treffen zu können.

Auch kann der Bauherr nicht einschätzen, inwiefern tatsächlich eingetretene Kostenerhöhungen auf die Handlungen des Architekten oder externe Faktoren

Honorarrechnung des Architekten vgl. Koeble, Prüfbarkeit, S. 785-791; Grams, HOAI, S.

40. Vgl. auch Scholtissek, Architektenvertrag, S. 999.

639 Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.01.1996, BauR 1996, S. 574.

640 Vgl. dazu ein Urteil vom OLG München, Urteil vom 21.7.1998, BauR 2000, S. 437f.

641 Möller/Kalusche, Wirtschaftslehre, S. 83.

642 Eine Ausnahme bildet der neu geschaffene § 5 Abs. 4a HOAI, der es dem Bauherren ermöglicht, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren. Dieser gilt jedoch nur für Besondere Leis-tungen und weist darüber hinaus weitere Probleme auf, die in Abschnitt 3.2.3.3.2 kurz er-läutert werden.

643 Rösel, Baumanagement, S. 224.

zurückzuführen sind. Die sich daraus ergebenen Handlungsspielräume kann der Architekt auf unterschiedliche Weise ausnutzen.

Bereits bei der Kostenkalkulation hat der Architekt ein großes Interesse daran, diese nicht zu hoch anzusetzen, da er befürchten muss, dass der Bauherr von seinem Vorhaben Abstand nimmt.644 Kommt es später zu Bausummenüber-schreitungen, muss der Architekt hingegen kaum mit negativen Folgen rech-nen.645 Für deren Ahndung wird vorausgesetzt, dass der Bauherr eine Kostenvorgabe in Form eines Kostenrahmens oder eines Kostenlimits aus-drücklich oder konkludent mit dem Architekten vereinbart hat.646 Da eine schriftliche Fixierung der angestrebten Bausumme in vielen Fällen in der Ver-tragsurkunde fehlt, besteht Unklarheit darüber, ob eine diesbezügliche Verein-barung getroffen wurde.647 Für den Architekten ist dies vorteilhaft, da der Bau-herr im Falle der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Architekten aus einer Bausummenüberschreitung das Vorhandensein einer Vereinbarung über die Baukosten beweisen muss.648 Ein weiteres Problem für den Bauherrn ergibt sich in dem Nachweis der schuldhaften Pflichtverletzung des Architekten, um einen Schadensersatzanspruch zu erwirken.649 Aufgrund externer Effekte ist dies oftmals schwierig. Eine Pflichtverletzung des Architekten ist zudem erst anzunehmen, wenn eine bestimmte Toleranzgrenze hinsichtlich der Baukosten überschritten wird, die in Abhängigkeit von den konkreten Umständen in der Regel zwischen 10% und 30% liegt.650

Es existiert zudem weder eine allgemeine Verpflichtung für den Architekten, so kostengünstig wie möglich zu bauen, noch besteht für ihn grundsätzlich die

644 Budnick, Architektenhaftung, S. 317.

645 Vgl. Abschnitt 3.2.2.3.4. Zu einer differenzierteren Begriffsbestimmung der Bausummenüberschreitung vgl. auch Budnick, Architektenhaftung, S. 87f.

646 Lauer, Haftung, S. 17; Werner, Haftung, S. 36f.

647 Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Bausummengarantie als Hold Up-Problem unter Punkt 4.2.3.3.

648 Budnick, Architektenhaftung, S. 111.

649 Ein Verschuldensnachweis entfällt lediglich bei Vorliegen einer Bausummengarantie, die jedoch selten die volle Haftung umfasst, sondern sich auf normale und vorhersehbare Preissteigerungen beschränkt. Buschmann, Recht, S. 76.

650 Werner, Haftung, S. 44; Dittert, Architekten, S. 125. Vgl. auch die Ausführungen zur Architektenhaftung für Bausummenüberschreitungen in Abschnitt 3.2.2.3.4.

Pflicht, den Bauherrn auf eine Steigerung der Baukosten hinzuweisen.651 Der Architekt erhält vielmehr durch die Rahmenbedingungen einen zusätzlichen Anreiz, die Kosten zu erhöhen. Durch die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ist die Höhe des Architektenhonorars an die Höhe der anrechenba-ren Baukosten gekoppelt. Teures Bauen wird damit belohnt.652 Allerdings hat der BGH darauf hingewiesen, dass vom Bauherrn als „Renditeobjekt" beauf-tragte Planungen vom Architekten unter diesem Gesichtspunkt zu planen sind.653 Dies muss jedoch wiederum vom Bauherrn ausdrücklich dokumentiert sein.

Für den Bauherrn ergibt sich dadurch ein wesentliches Moral Hazard-Problem.

Der Architekt hat einen immensen Einfluss auf die Baukosten, jedoch keinen Anreiz, diese niedrig zu halten und damit im Interesse des Bauherrn zu han-deln. Diese Problematik lässt sich durch zahlreiche Praxisbeispiele nicht uner-heblicher Kostenerhöhungen belegen.654 Dafür kann der Bauherr den Architek-ten nur sehr selArchitek-ten zur Verantwortung ziehen. Vielmehr muss er damit rechnen, auf die dadurch erfolgte Wertsteigerung seines Gebäudes hingewiesen zu wer-den,655 die von der Haftungssumme abgezogen werden kann, auch wenn der Bauherr bei Kenntnis der Höhe der Mehrkosten kleiner gebaut hätte.656 Darüber hinaus werden Ansprüche aus Bausummenüberschreitungen nicht durch die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten abgedeckt.657

Während Bausummenüberschreitungen für den Architekten sowohl einen finan-ziellen als auch künstlerischen Gewinn bedeuten können, werden Einsparun-gen kaum belohnt. Dabei ist weniger zu erwarten, dass der Architekt die Bau-summe absichtlich erhöht, um sein Honorar zu vergrößern. Problematisch ist

651 Vgl. OLG Köln, Urteil vom 27.01.1993, NJW -RR 1993, S. 986; OLG Köln, Urteil vom 24.11.1993, BauR 1994, S. 271.

652 Wolfensberger, Architektendämmerung, S. 132.

653 Vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1975, NJW 1975, S. 1657.

654 Dittert, Architekten, S. 123. Ein prominentes Beispiel für Baukostenerhöhungen stellt der Bau des Münchener Großflughafens dar. Während man 1985 von einer Bausumme in Höhe von 2 Milliarden DM ausgegangen war, hat der Flughafen letztendlich insgesamt 8,5 Milliarden DM gekostet. Zitiert nach Budnick, Architektenhaftung, S. 94. Zu weiteren Bei-spielen vgl. o.V., Zumthor, S. 41; o.V., Burda-Sammlung, S. 53.

655 Budnick, Architektenhaftung, S. 181; Falk (Hrsg.), Immobilienwirtschaft, S. 98.

656 Vgl. OLG Köln, Urteil vom 25.02.1994, NJW - R R 1994, S. 981.

657 Vgl. die Ausführungen zur Berufshaftpflichtversicherung unter Abschnitt 3.2.2.3.3.

hier vielmehr das fehlende Kostenbewusstsein des Architekten658 und deren Verstärkung durch die gegebenen Rahmenbedingungen. Bemühungen für Kosteneinsparungen erfordern vom Architekten zusätzliche planerische An-strengungen und zeitliches Engagement. Als Ergebnis reduziert sich damit je-doch sein Honorar. Es besteht demnach ein großer Anreiz für den Architekten, seine künstlerischen Zielvorstellungen über die Interessen des Bauherrn zu stellen.

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