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Bausummengarantie unter dem Aspekt von Hold Up

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 170-174)

Kostenfeststellung nach DIN 276

4.2 Probleme der Informationsasymmetrie zwischen Bauherr und Architekt

4.2.3 Hidden Intention

4.2.3.3 Bausummengarantie unter dem Aspekt von Hold Up

Der Bauherr hat die Möglichkeit, eine Bausummengarantie zu vereinbaren, um sich vor überhöhten Baukosten zu schützen. Auch wenn dies für den Architek-ten ein hohes Risiko darstellt, ist es denkbar, dass er unvorsichtigerweise oder auch aus taktischen Gründen, um den Auftrag zu bekommen, solch eine Bau-summengarantie übernimmt.

Veränderungen in seiner persönlichen Kalkulation, aber auch später eintretende Änderungen im Planungs- und Bauprozess, können dazu führen, dass er ver-sucht, sich aus den daraus ergebenen Haftungsansprüchen zu befreien. Er-leichtert wird ihm dies durch die geltende Rechtsprechung, die sehr hohe An-forderungen an die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Preisga-rantieversprechens stellt.666 Nicht jede Erklärung eines Architekten, eine be-stimmte Bausumme werde eingehalten, stellt danach schon die Übernahme einer Baukostengarantie dar 667 Der Erklärung des Architekten muss zu entneh-men sein, dass er persönlich für die Bausumme einstehen wolle.668 Doch selbst wenn der Architekt erwiesenermaßen mündlich versichert hat, die vom Bau-herrn geforderte Bausumme nicht zu überschreiten, lehnt die Rechtsprechung die Übernahme einer Bausummengarantie ab.669 Erst wenn eine Bausummen-garantie nachweisbar dokumentiert ist, haftet der Architekt bei Überschreiten der vereinbarten Bausumme für den Mehrbetrag ohne Einschränkungen. Ein Verschulden des Architekten ist dann völlig unerheblich.670 Fraglich ist jedoch,

665 Lauer, Herausgabe, S. 813.

666 Budnick, Architektenhaftung, S. 169.

667 Buschmann, Recht, S. 76; Locher, Baurecht, S. 194f.

668 Vgl. die Urteilsbegründung des OLG Köln, Urteil vom 27.11.1992, NJW-RR 1993, S. 285.

Siehe auch OLG Hamm, Urteil vom 22.04.1993, NJW-RR 1994, S. 211.

669 Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.12.1991, BauR 1993, S. 356.

670 Rauch, Architektenrecht, S. 185.

inwieweit dieser die Haftungssumme auch aufbringen kann, da eine Deckung durch die Berufshaftpflichtversicherung des Architekten nicht gegeben ist.671

Hold Up liegt hier in dem Sinne vor, dass der Architekt eine Zusage gegenüber dem Bauherrn für diesen unerwartet nicht einhält, ohne dass dieser geeignete Gegenmaßnahmen treffen könnte.

4.3 Zwischenfazit

In Abschnitt vier erfolgte eine institutionenökonomische Analyse unter Einbe-ziehung der übergeordneten Rahmenbedingungen. Es konnte aufgezeigt wer-den, dass die Informationsverteilung zwischen Bauherr und Architekt im Laufe des Planungs- und Bauprozesses oftmals asymmetrisch verläuft und sich dar-aus vielfältige Probleme der Verhaltensunsicherheit für den Bauherrn ergeben können, durch die dessen Zielerreichung erheblich gefährdet wird. Der Bauherr muss sowohl mit Qualitätsunsicherheit vor Vertragsschluss als auch mit nach-vertraglicher Verhaltensunsicherheit der Form Moral Hazard und Hold Up rech-nen.

Mit Baubeginn steigen insbesondere die Risiken des Moral Hazard erheblich an. Dies liegt zum einen in der zunehmenden Komplexität und den damit ver-bundenen Verhaltensspielräumen als auch in der mangelnden Ausbildung der Architekten für diese Leistungsphasen und den daraus resultierenden Fehler-quellen. Die in der Analyse sichtbare Zunahme der Unsicherheit des Bauherrn mit Beginn der Bauphase wird durch deren Aussagen und das Ausweichen er-fahrener Bauherren auf andere Anbieter der Leistungsphasen 5-9 nach HOAI bestätigt.672

671 Vgl. die Ausführungen in Abschnitt 3.2.2.3.3.

672 Seil, Verfahren, S. 130. Bestätigt wird dies durch die Umfrageergebnisse von Hommerich.

Vgl. Hommerich/Küthe, Image, S. 10 sowie S. 60.

Die Auswirkungen der auftretenden Probleme hängen somit auch von dem Er-fahrungsgrad des Bauherrn ab. Ein Bauherr, der bereits über einen längeren Zeitraum auf dem Markt agiert und die hier beschriebenen Probleme kennt, wird innerhalb der existierenden Rahmenbedingungen versuchen, geeignete Ge-genmaßnahmen zu treffen. Dennoch kann er damit das Problem der Verhal-tensunsicherheit gegenüber dem Architekten nicht aufheben, sondern lediglich in seinen Auswirkungen begrenzen. Dies bedeutet für ihn zugleich zusätzliche Investitionen bzw. eine freiwillige Eingrenzung der Angebotsmenge, durch die auch der erfahrene Bauherr nicht sicher sein kann, mit dem für ihn bzw. für die entsprechende Aufgabe geeignetsten Architekten zusammenzuarbeiten. Die beschriebenen Probleme der Verhaltensunsicherheit können somit grundsätz-lich in allen Bauherren-Architekten-Beziehungen auftreten.

Durch die Analyse wurde jedoch deutlich, dass die Rahmenbedingungen wie ein Katalysator auf die bestehenden Probleme wirken können. Für Bauherren von Bauprojekten unter 50 Millionen DM anrechenbaren Baukosten, die an die Honorarordnung gebunden sind, verschärfen sich damit die Probleme der Ver-haltensunsicherheit. So entsprechen die in der HOAI beschriebenen Leistungen schon längst nicht mehr der Ausbildung des Architekten. Der Architekt kann daher mit Hilfe der HOAI dem Bauherrn ein Leistungsspektrum suggerieren, das er in der Regel nicht erfüllen kann. Dies verstärkt die Qualitätsunsicherheit des Bauherrn zusätzlich. Zur Abgabe eines entsprechenden Leistungsverspre-chens werden die Architekten durch die geringe Gewichtung der ersten drei Leistungsphasen in der HOAI jedoch gedrängt. Durch die in der Honorarord-nung vorgegebene Kopplung der Honorare an steigende Baukosten verschär-fen sich wiederum die Probleme des Moral Hazard. Es werden Verhaltensan-reize gesetzt, die die durch das Selbstverständnis der Architekten vielfach prak-tizierte Missachtung wirtschaftlicher Aspekte unterstützen. Mangelnde vertragli-che Festlegungen und die pauschale Orientierung des Leistungsumfangs an den Leistungsbildern der HOAI begünstigen darüber hinaus unfaires Verhalten der Form Hold Up.

Die Ausführungen sollten wie gesagt nicht in der Art und Weise interpretiert werden, dass alle Architekten entsprechend der hier dargestellten Art und Weise agieren. Jedoch müssen die Bauherren mit solch einem Verhalten Ein-zelner rechnen und entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. Die Antizipa-tion der Bauherren, dass sie durch das Verhalten der Architekten einen Wohl-fahrtsverlust erleiden können, veranlasst diese dazu, die erwarteten eigenen Verluste so gering wie möglich zu halten. Die Bauherren erreichen dies im ein-fachsten Fall, indem sie die Kosten für die Architektenleistungen über Kürzun-gen der Architektenhonorare minimieren. Des weiteren können sie auf andere, hinsichtlich der wirtschaftlichen Planung zuverlässigere Anbieter von Architek-tenleistungen, ausweichen. Das Bestehen von Informationsasymmetrien und die damit verbundenen Verhaltensunsicherheiten des Bauherrn haben somit auch für den Architekten schwer zu kalkulierende wirtschaftliche Einbußen zu-folge. Eine sich stetig verschlechternde Auftragslage bedeutet darüber hinaus, dass sie weniger Möglichkeiten zur beruflichen Selbstverwirklichung erhalten.

Informationsasymmetrie und die damit verbundene Gefahr opportunistischen Verhaltens bedeuten damit sowohl für die Bauherren als auch die Architekten einen Wohlfahrtsverlust. Es liegt daher im Interesse beider Seiten, die Prob-leme der Qualitätsunsicherheit, des Moral Hazard und Hold Up zu verringern.

Demnach ist zu klären, wie die Bauherren erreichen können, dass die Archi-tekten ihre Qualität offenbaren und die ihnen übertragenen Aufgaben korrekt ausführen, ohne dass sie den ihnen zur Verfügung stehenden Freiraum für ihre eigene Zielerreichung nutzen.673 Damit sind auch die Möglichkeiten zu betrach-ten, die den Architekten zur Verfügung stehen, um die herrschende Informati-onsasymmetrie zu verringern. Im folgenden werden daher mögliche theoreti-sche Lösungsansätze aufgezeigt und deren praktitheoreti-sche Umsetzungsmöglichkeit innerhalb der Bauherren-Architekten-Beziehung diskutiert.

673 In Übertragung der theoretischen Betrachtungen von Pratt/Zeckhauser, Principals, S. 2.

5 Theoretische Lösungsansätze unter Berücksichtigung institutioneller Rahmenbedingungen

Nach der institutionenökonomischen Analyse der Bauherren-Architekten-Bezie-hung im vierten Kapitel gilt es nun, für die beschriebenen Probleme theoreti-sche Lösungsansätze zu entwickeln, und diese auf ihre praktitheoreti-sche Umsetzbarkeit unter den herrschenden Rahmenbedingungen zu analysieren. In einem ersten Schritt wird der Markt für Architektenleistungen als first-best Lösung diskutiert, der jedoch verschiedene Fehlfunktionen aufweist. Die weiteren Betrachtungen widmen sich daher möglichen second-best Lösungen.

Diese umfassen sowohl Maßnahmen zum Abbau der Informationsasymmetrie, wie Signalling/Screening, Reputation und Monitoring, als auch Anreizsysteme zur Interessenangleichung. Auf dieser Grundlage wird ein Anreizsystem für Architekten entworfen, dass vor allem durch seine Honorargestaltung den in Kapitel vier aufgezeigten Problemen entgegenwirken soll. Mögliche Restriktionen der Umsetzung des erarbeiteten Anreizsystems werden abschließend dargestellt und diskutiert.

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 170-174)