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Projektrealisierung .1 Objektüberwachung

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 160-164)

Kostenfeststellung nach DIN 276

4.2 Probleme der Informationsasymmetrie zwischen Bauherr und Architekt

4.2.2 Hidden Action und Hidden Information

4.2.2.4 Projektrealisierung .1 Objektüberwachung

Mit der Beauftragung des Architekten mit der Objektüberwachung verfolgt der Bauherr das Ziel einer möglichst termingerechten und mängelfreien Erstellung des Bauwerkes im Rahmen der veranschlagten Kosten. Auch der Architekt ist grundsätzlich an der qualitätsvollen Umsetzung seines Entwurfes interessiert.

Er profitiert jedoch von für diese Zielerreichung vermehrt anfallenden Kosten und Zeitverzögerungen.

622 Vgl. Wolfensberger, Architektendämmerung, S. 139f. Sogenannte Provisionsvereinbarun-gen sind innerhalb der Baubranche keine Seltenheit. Kniffka/Koeble, Baurecht, S. 457.

623 Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.), Zweiter Bericht, S. 32; Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.), Dritter Bericht, S. 37.

624 Vgl. Wolfensberger, Architektendämmerung, S. 119.

Für den Bauherrn wird es mit Beginn der Bauausführung noch schwieriger, die Entscheidungen des Architekten nachzuvollziehen. Er kann die angeordneten Maßnahmen des Architekten weder bezüglich des Bauablaufes noch in techni-schen Detailfragen kostenlos kontrollieren. Der Architekt ist daher über das Baugeschehen immer besser informiert als der Bauherr. Bei auftretenden Feh-lern oder Störungen während der Projektrealisierung sind deren Ursachen auf-grund der Vielzahl der beteiligten Gewerke und Fachplaner sowie dem häufigen Auftreten externer Effekte nur schwer auszumachen. Mit zunehmender Größe des Bauvorhabens wächst zudem die Komplexität und damit der Spielraum des Architekten.

Der Architekt muss parallel an anderen Aufträgen bzw. der Akquirierung neuer Aufträge arbeiten. Letzteres wird in der Regel über die zeit- und arbeitsintensive Teilnahme an Wettbewerben geschehen, die jedoch seinen Einsatz auf der Baustelle reduzieren.625 Zudem ist gerade die kreative Entwurfsarbeit wesentlich für das berufliches Selbstverständnis des Architekten,626 und er ist daher bemüht, seinen eigenen Arbeitseinsatz, der ihn davon abhält, so weit wie möglich zu minimieren.627 Er wird daher den ihm zur Verfügung stehenden Verhaltensspielraum für eine Einschränkung seiner Überwachungspflicht ausnutzen. Damit riskiert er Ausführungsfehler, die Haftungsansprüche des Bauherrn zur Folge haben können.628 Dieses Risiko wird er gegen den Nut-zenzuwachs aus dem möglichen Zeitgewinn abwägen. Gegenüber dem soforti-gen Nutzen aus der gewonnenen Zeit, z.B. in Form von Freizeit oder der Ver-gütung für Parallelbearbeitung anderer Aufträge, stehen vage Haftungsrisiken in der Zukunft. Ausführungsfehler, wie Planungsfehler, werden oftmals erst nach Jahren sichtbar. Inwieweit sie in die Verantwortlichkeit des Architekten, des Bauunternehmers oder externer Effekte fallen, ist dann kaum noch zu klären.

625 Vasconi, Zukunft, S. 351.

626 Marquart, Herren, S. 18.

627 Nach der Studie von Hommerich beklagen viele Bauherren das sinkende Interesse der Architekten an dem Projekt nach Fertigstellung der Entwurfspläne. Vgl. Hommerich/Küthe, Image, S. 10.

628 Neuenfeld schätzt, dass 70% der Baumängel aus Aufsichtsmängeln resultieren. Vgl.

Neuenfeld, Objektüberwachung, S. 23.

Der Anreiz für den Architekten, seine Überwachungspflicht zu vernachlässigen, wird verstärkt, da deren notwendiger Umfang nicht abstrakt definiert werden kann. Vielmehr ist er nur ungenau festzulegen und damit interpretationsfähig.629

Auf die Honorierung des Architekten bleibt es daher weitgehend ohne Einfluss, ob und in welchem Umfang er seiner Pflicht zur Objektüberwachung nachge-kommen ist.630

Die Realisierung des Bauvorhabens birgt deshalb für den Bauherrn ein hohes Maß an Unsicherheit hinsichtlich des Verhaltens des Architekten. Kommt der Architekt seiner Überwachungspflicht aus zeitlichen oder anderen Gründen nicht ausreichend nach, kann es zu teuren Nachbesserungen, aber auch zur erneuten Erbringung der Bauleistung kommen.631 Dem Architekten stehen vielfältige Erklärungsmöglichkeiten für Planungsänderungen und Bauverzöge-rungen zur Verfügung.632 Bei Bedarf kann er diese einsetzen, um Fehler durch mangelnden Einsatz oder Wissen seinerseits zu verdecken. Dem Bauherrn ist es nicht möglich, die Leistung des Architekten von der anderer Beteiligter und den Einflüssen externer Effekte zu differenzieren.

4.2.2.4.2 Rechnungsprüfung unter dem Aspekt von Moral Hazard

Für den Bauherrn bedeutet die Rechnungsprüfung eine wesentliche Maßnahme der Kosten- und Leistungskontrolle der an der Erstellung des Bauwerks Betei-ligten. Überflüssige und vorschnelle Zahlungen sollen so vermieden werden.633

Dem Architekten obliegt die Rechnungsprüfung im Rahmen der Leistungsphase

„Objektüberwachung" und umfasst die Kontrolle der Abschlags-, Teilschluss-und Schlussrechnungen.634 Er hat darin u.a. zu prüfen, ob die Leistungen er-bracht wurden, inwieweit sie überhaupt vereinbart wurden, und ob die abge-rechneten Preise den vereinbarten entsprechen. Darüber hinaus muss er die abgerechneten Massen mit den aufgemessenen vergleichen und schließlich

629 Rauch, Architektenrecht, S. 160; Niestrate, Architektenhaftung, S. 27.

630 BorgmannA/alerius, Architektenleistung, S. 145.

631 Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 31.10.1996, BauR 1998, S. 81 Of.

632 Typische Begründungen von Bauleitern für ihre schlechten Baustellenergebnisse sind nach Fuchs der desolate Baumarkt sowie die schlechten Baupreise. Vgl. Fuchs, Renditen, S. 40.

633 Portz/Rath, Architektenrecht, S. 40.

634 Rauch, Architektenrecht, S. 102.

auch die rechnerische Richtigkeit der Rechnungen, unter evt. Einbeziehung von Skonti, Rabatten etc. überprüfen.635 Der Architekt muss im Interesse seines Bauherrn die Unternehmer sorgfältig kontrollieren und zu nachprüfbaren Schlussrechnungen anhalten. Viele Architekten sehen jedoch in der Prüfung von Rechnungen nur eine zeitraubende und unwichtige Nebensache der Pro-jektrealisierung.

Der Architekt versucht, seinen Zeiteinsatz für die Aufgabe der Rechnungsprü-fung so stark wie möglich zu reduzieren. Dies kann durch unkritische Durchsicht und Bestätigung, aber auch durch willkürliche Kürzungen geschehen.636 Auf-grund fehlerhafter Prüfung von Schlussrechnungen kann dem Bauherrn ein nicht unerheblicher Schaden entstehen, z.B. weil bereits vorhergegangene Ab-schlagszahlungen nicht berücksichtigt wurden oder nicht erbrachte Leistungen abgerechnet wurden. Ungerechtfertigte Kürzungen der Rechnungen können darüber hinaus zu Klagen der Bauunternehmen auf Zahlung des zu Unrecht gekürzten Rechnungsbetrages führen. Zwar stellt die dadurch vom Bauherrn zu zahlende Restvergütung keinen eigentlichen Schaden für ihn dar, jedoch kann er für einen möglichen Verzugsschaden des Rechnungsstellers in Anspruch genommen werden. Nicht zuletzt hat er zunächst die Prozesskosten zu tragen.

Diese kann er wiederum gegen den Architekten wegen falscher Rechnungs-prüfung geltend machen.637 Es bleibt jedoch ein enormer Aufwand an Zeit und Geld, den vor allem der Bauherr zu tragen hat. Ebenso entstehen dem Bau-herrn Schäden durch unklare und nicht prüffähige Schlussrechnung des Archi-tekten selbst.638

Neben der Minimierung des Arbeitseinsatzes stellen auch zusätzliche finan-zielle Einnahmen für den Architekten einen Anreiz dar, die Informationsasym-metrie auszunutzen und bewusst entgegen den Interessen des Bauherrn zu handeln. So kann der Architekt einen Lieferanten dazu veranlassen, dem

Bau-635 Niestrate, Architektenhaftung, S. 82.

636 Wolfensberger, Architektendämmerung, S. 138.

637 BorgmannA/alerius, Architektenleistung, S. 161.

638 Theis, Architekten- und Ingenieurverträge, S. 8. Vgl. BGH, Urteil vom 30.09.1999, BauR 2000, S. 124 sowie BGH, Urteil vom 11.11.1999, BauR 2000, S. 589f. Zur Prüfbarkeit der

herm eine Rechnung ohne den vereinbarten Rabatt zu stellen, und den Rabatt-betrag an eine Firma des Architekten zu überweisen.639 Auch kann er einem Bauunternehmen gegenüber von den vereinbarten Einheitspreisen des Leis-tungsverzeichnisses abweichen, so dass dieses später erhöht abrechnen kann.640

4.2.2.5 Bausummenüberschreitungen unter dem Aspekt von Moral Hazard

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