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Informationsasymmetrie nach Vertragsabschluss

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 137-141)

Kostenfeststellung nach DIN 276

4.1 Annahmen und begriffliche Grundlagen

4.1.2 Bauherren-Architekten-Beziehung als Prinzipal-Agenten-Problem Bisher wurde davon ausgegangen, dass das Kooperationsverhältnis zwischen

4.1.3.2 Formen der Informationsasymmetrie

4.1.3.2.2 Informationsasymmetrie nach Vertragsabschluss

Auch umfangreiche vertragliche Regelungen können opportunistisches Verhal-ten aufgrund asymmetrischer Informationsverteilung nach Vertragsabschluss nicht vollständig verhindern. Nachvertragliche Informationsasymmetrien werden im folgenden in drei Arten unterteilt: Hidden Action und Hidden Information so-wie Hidden Intention.554 Indem Hidden Information als Fall der Informationsasymmetrie nach Vertragsabschluss eingeordnet wird, können nun auch Probleme „versteckter Information" ex post näher betrachtet werden.

Hidden Action und Hidden Information

Im Fall von Hidden Action sind die Informationen asymmetrisch hinsichtlich der Handlungen des Agenten. Dieser ergreift oder unterlässt nach dem Vertragsab-schluss willentlich Maßnahmen, die ihm selbst auf Kosten des Prinzipalen einen Vorteil verschaffen bzw. einen Nachteil ersparen.555 Hidden Information kenn-zeichnet hingegen den Fall, dass der Prinzipal die Handlungen des Agenten

553 Spremann, Information, S. 567f.; Trost, Anreizkompatibilität, S. 4.

554 Damit wird der Argumentation von Picot/Dietl/Franck, Organisation, S. 88f. gefolgt.

555 Kaas, Hierarchie, S. 25; Schenk-Mathes, Informationsasymmetrie, S. 39.

zwar beobachten, aber aufgrund seines fehlenden Fachwissens und mangeln-der Kontextinformationen nicht beurteilen kann.556

In beiden Fällen kennt der Prinzipal zwar das Handlungsergebnis, jedoch kann dieser daraus allein keine Rückschlüsse auf die Qualität der vom Agenten ge-troffenen Entscheidungen ziehen. Insbesondere kann der Prinzipal nicht zwi-schen dem exogenen Risiko und dem Verhalten des Agenten differenzieren.557

Sorgfältige und zeitintensive Arbeit des Agenten kann in Verbindung mit un-günstigen Witterungszuständen oder auch schlechter Arbeit anderer an der Leistungserstellung Beteiligter zu dem gleichen beobachtbaren Ergebnis füh-ren, wie Müßiggang des Agenten in Verbindung mit Glück.558 Auch eine Soll-Ist-Kontrolle ist im allgemeinen nur bedingt zu realisieren. Das Problem ist ja ge-rade, dass der Prinzipal auf das Fachwissen des Agenten angewiesen ist. Eine Soll-Größe ist daher oftmals nur schwer zu bestimmen.559 Eine exakte Beurtei-lung der Leistung des Agenten ist somit kaum möglich. Den dadurch entste-henden diskretionären Handlungsspielraum kann dieser durch opportunisti-sches Verhalten ausnutzen. Das Risiko des Prinzipalen, durch Hidden Action bzw. Hidden Information Nachteile zu erlangen, wird in der Prinzipal-Agenten-Theorie als Moral Hazard bezeichnet.560 Diesem Risiko kann der Prinzipal durch Maßnahmen zur Reduzierung der Informationsasymmetrie, z.B. ver-stärkte Kontrollen, sowie der Interessenangleichung, etwa durch eine Ergebnis-beteiligung des Agenten, begegnen.

Die Ursachen für Moral Hazard können weder allein in den Handlungsspielräu-men des Agenten noch in der Delegation an sich gesehen werden. Die Gefahr des Moral Hazard steigt vielmehr mit der Plastizität561, Komplexität und

Spezifi-556 Picot/Dietl/Franck, Organisation, S. 89; Wolff, Organisation, S. 50; Hartmann-Wendels, Informationsverteilung, S. 716.

567 Spremann, Information, S. 571.

558 Picot, Organisation, S. 151f.

569 Laux/Liermann, Organisation, S. 471f.

660 Zur Abgrenzung der Begriffe Moral Hazard und Opportunismus siehe Williamson, Kapitalismus, S. 58.

561 Unter Plastizität verstehen Alchian/Woodward den Grad des Handlungsspielraumes auf-grund technologisch und organisatorisch bedingter Freiheiten. Vgl. Alchian/Woodward, Firm, S. 69. Dienstleistungen, die auf menschliche, nicht operative Arbeitsleistungen als wesentliche Ressource zurückgreifen müssen, weisen demnach eine höhere Plastizität auf

tat der zu erbringenden Leistung sowie mit der Höhe des Auftragswertes.562 Der Planungs- und Bauprozess ist somit prädestiniert für durch Moral Hazard verur-sachte Probleme. Pfarr spricht in einem ähnlichen Zusammenhang von günsti-gen Gelegünsti-genheiten innerhalb des bauwirtschaftlichen Alltags, um „ins Delikti-sche abzugleiten". Als Motive nennt er u.a. deliktfördernde Strukturen, Überfor-derung und Konkurrenzkampf.563 Nach der Prinzipal-Agenten-Theorie sind die Ursachen in der Neigung der beteiligten Akteure zu opportunistischem Verhal-ten und den diskretionären Spielräumen innerhalb des Planungs- und Baupro-zesses zu sehen. So ist es dem Bauherrn564 nicht möglich, alle auf einer Groß-baustelle tätigen Gewerke gleichzeitig und ohne Unterbrechung zu kontrollie-ren. Darüber hinaus kann nur schwer zwischen mangelnder Leistungsbereit-schaft einzelner Akteure, verspäteten bzw. mangelhaften Vorleistungen und Witterungseinflüssen als Ursache für Bauverzögerungen differenziert wer-den.565

Hidden intention

Kooperationsbeziehungen sind vielfältigen äußeren Einflüssen ausgesetzt. Da-her ist es schwer, alle möglichen Entwicklungen vorDa-herzusehen und vertraglich zu regeln. Es gibt also für beide Partner immer einen gewissen Spielraum für die Ausgestaltung ihrer Leistungen. Informationsasymmetrie liegt bei Hidden Intention insofern vor, dass die Beteiligten bei Vertragsabschluss Zusagen über Inhalte und Folgen der Kooperation machen, ohne die Glaubwürdigkeit des je-weils anderen eindeutig beurteilen zu können. Dies betrifft vor allem Grundein-stellungen im Verhalten wie Fairness, Kulanz, Fleiß ect.566 Zudem ist es mög-lich, dass der Prinzipal ein bestimmtes Verhalten vom Agenten erwartet, ohne dass dieses explizit vereinbart wurde. Seine Ansprüche können dabei seine eigenen Vorstellungen, aber auch vom Agenten geweckte Erwartungen

wider-als Dienstleistungen, die sich auf maschinelle, operative Ressourcen stützen. Vgl. Schenk-Mathes, Informationsasymmetrie, S. 40f.

562 Kaas, Kontraktgütermarketing, S. 887 sowie Kaas, Hierarchie, S. 25.

563 Vgl. Pfarr, Trends, S. 59.

564 Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff des Bauherrn hier auch seine in Abschnitt 2.1.2.2 aufgeführten Vertreter subsumiert werden.

565 Die sich daraus ergebenen Probleme des Moral Hazard detaillierter unter Punkt 4.2.2.

566 Scholtis, Vertragsgestaltung, S. 17.

spiegeln.567 Für den Agenten besteht in beiden Fällen die Möglichkeit, Vertragslücken auf Kosten des Vertragspartners auszunutzen.568 Dies kann aus bewusstem Opportunismus sowie für den Agenten unbewusst, aus mangelnder Kommunikation mit dem Prinzipalen geschehen. Der Agent kann den Verhaltensspielraum auch zur Risikoabwälzung einsetzen. Wird seine Leistung durch exogene Risiken beeinflusst, kann er seine Gegenleistung davon abhängig machen, welcher Umweltzustand eintritt.569

Der Prinzipal kann das Verhalten des Agenten zwar ex post beobachten und auch werten, jedoch kann er ihn weder juristisch noch physisch zwingen, die Gegenleistung entsprechend seinen Vorstellungen auszuführen. Diese Verhal-tenssituation wird daher auch mit dem Begriff Hold Up beschrieben. Der Agent

„überfällt" den Prinzipalen mit seinem Verhalten und fügt ihm offen sichtbar Schaden zu.570 Der Prinzipal hat bereits Vorentscheidungen und Investitionen getroffen, die von ihm nicht ohne Verlust rückgängig zu machen sind. Er ist so-mit in einem gewissen Grad an den Agenten gebunden.571 Als Gegenmaßnah-men bieten sich hier ebenfalls MaßnahGegenmaßnah-men zur Interessenangleichung an. Ins-besondere die Vereinbarung von Sicherheiten kann das Risiko von Hold Up verringern.

Als ein klassisches Beispiel für Hold Up während des Planungs- und Baupro-zesses kann die überhöhte Abrechnung von Nachtragsaufträgen gesehen wer-den. Ursachen hierfür sind unvollständige Leistungsverzeichnisse als Grund-lage für die Vergabeverhandlungen. Die dadurch notwendig werdenden Nach-tragsarbeiten werden in der Regel an den bereits beauftragten Bauunternehmer übertragen. Dieser kann nun, ohne eine günstigere Konkurrenz befürchten zu müssen, sich diese Leistungen teuer bezahlen lassen. Hold Up seitens des Bauherrn liegt oftmals auch dann vor, wenn dieser nicht bereit ist, die

verein-567 Spremann, Information, S. 569.

568 Mattmüller/Tunder, Marketingwissenschaft, S. 41.

569 Spremann, Information, S. 570.

570 Spremann, Information, S. 568.

571 Schenk-Mathes, Informationsasymmetrie, S. 48; Trost, Anreizkompatibilität, S. 4. Die Höhe der durch die irreversiblen Investitionen anfallenden Kosten für den Prinzipalen verdeutlicht das Ausmaß des Hold Up Problems. Vgl. Spremann, Information S. 563 und S. 569.

barten Leistungsentgelte zu zahlen bzw. dies so lange wie möglich hinauszö-gert, um sich selbst einen Zinsvorteil zu verschaffen.

Die für die folgende Untersuchung relevanten Formen der Informationsasym-metrie und ihre wesentlichsten Unterscheidungsmerkmale sind in Tabelle 6 noch einmal tabellarisch aufgeführt.

kriterien ^ s «

Hidden Action 1 Hktden

Information Hktden Intention

Informationsproblem des

Vertialtensspielraum des Agenten vor Vertragsabschluss nach Vertragsabschluss nach Vertragsabschluss

Problem Adverse Selection Moral Hazard Hold Up

Problembewältigung Reduzierung der Infomnationsasymmetrie und

Tabelle 6: Übersicht über Formen der Informationsasymmetrie572

Innerhalb der Analyse sollen die herrschenden Informationsasymmetrien sowie die sich daraus für den Architekten ergebenden diskretionären Handlungsspiel-räume innerhalb des Planungs- und Bauprozesses detaillierter herausgearbeitet werden. Des weiteren wird untersucht, welche Anreize den Architekten veran-lassen, diese auszunutzen und welche Wirkungen dabei von den institutionellen Rahmenbedingungen ausgehen.

4.2 Probleme der Informationsasymmetrie zwischen Bauherr und

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