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Fremd- und Selbstbild des Architekten

Im Dokument Die Bauherren-Architekten-Beziehung (Seite 75-78)

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2.3.3 Fremd- und Selbstbild des Architekten

Nur mit wenigen Berufen verbinden sich so viele gesellschaftspolitische und ästhetische Ansprüche, wie mit dem des Architekten. Das Selbst- wie das Fremdbild der Architekten orientiert sich dabei primär an den in den Medien gelobten oder auch kritisierten Freischaffenden.239 Dies sind überwiegend Star-Architekten, also bereits bekannte Selbständige und Architekturprofessoren. In der Öffentlichkeit verengt sich so das Bild vom Architekten auf den genialisti-schen Baukünstler und den prominenten Wettbewerbssieger.240 Nicht selten wird das Bild des Künstlers abgerundet durch selbstverliebte Äußerungen und extravagantes Auftreten der Architekten.241 Als Macher zwischen Kunst und Kommerz genießen sie in der breiten Öffentlichkeit noch immer ein hohes An-sehen. Dieses positive Image der Berufsbezeichnung „Architekt" wurde von den Medien aufgegriffen. Plötzlich gab es den „Architekt der Wiedervereinigung"

oder die „Architekten des Haushaltsplanes".242 Der Begriff steht damit für das Zusammenfügen von Getrenntem und der Umsetzung von Visionen. Jedoch verselbständigt er sich immer mehr und wird auch im negativen Zusammen-hang benutzt, z. B. „Architekt des Völkermordes". Damit wird die Bezeichnung

„Architekt" zunehmend wertneutral besetzt, im Sinne des Urhebers oder Ver-antwortlichen einer Veränderung.243

In der Baubranche ist das Bild vom Berufsstand der Architekten im Ganzen eher negativ. Insbesondere bei gewerblichen Bauherren aus der mittelständi-schen Wirtschaft fällt das Urteil vernichtend aus. Abbildung 4 zeigt entspre-chende Ergebnisse einer Umfrage unter Bauherren. Architekten gelten als be-sonders schwierige und eigensinnige Geschäftspartner, die an ihren Bauherrn höhere Ansprüche stellen als an sich selbst. Sie werden als arrogant, kompli-ziert und lebensfremd bezeichnet.244 Insbesondere das mangelnde Interesse

239 Feldhusen, Perspektiven, S. 40.

240 Wiesand, Fohrbeck/Fohrbeck, Beruf, S. 12 und S. 18; Haubrich, Baukünstler.

241 Liebs, Dirigent, S. 497.

242 Bächer, Universalarchitektur, S. 26; Büttner, Tempora, S. 792.

243 Vgl. hierzu ausführlicher, Flagge, Unwort, S. 521.

244 Hommerich, Chancen, S. 8. Zu den gleichen Ergebnissen kommt die vierjährige „Strategi-sche Studie" des Royal Institute of British Architects (RIBA), die 1995 fertiggestellt wurde.

Vgl. Kuchenmüller, England, S. 1809; Duffy, future, S. 1811-1814.

der Architekten an wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen wird kritisiert.245 Ihre Entwürfe seien aufgrund ihrer mangelnden Praxisbezogenheit für die Bauherren mit einem viel zu großen zeitlichen und finanziellen Risiko verbunden.246 Mit dem Image des Architekten verbinden sie daher das Überziehen von Kosten und Terminen sowie Ärger bei der Projektabwicklung durch mangelnde Koordi-nation.247 Immer häufiger werden daher Generalübernehmer beauftragt, die Termine, Kosten und Funktionalität garantieren. Die ästhetische Durchschnitts-qualität der so entstehenden Gebäude wird dabei in Kauf genommen.248

Das Bild vom Architekten aus der Sicht von Bauherren

praktisch- künstlerisch- zuverlässig- kompliziert- preiswert- kreativ- lebensfremd-Partner des Bauherrn-

wirtschaftlich-1.0 2.0 3.0 4.0 5.0

A A

trifft voll zu trifft gar nicht zu

Abbildung 4: Bild vom Architekten aus Sicht des Bauherrn249

Den Architekten selbst fällt es schwer, sich vom Mythos des Künstlers in der Gesellschaft zu lösen - nicht zuletzt weil ihm gerade dieses Selbstbild während

245 Vgl. Kyrein, Immobilien, S. 57; Werner, Titanic-Effekt, S. 18.

246 Marquart, Marketing, S. 31, S. 47f.; Hommerich/Küthe, Image, S. 7f., S. 18; Flagge, Gewerblichkeit, S. 193.

247 Werner, Haftung, S. 36; Fischer, Architektenrecht, S. 184.

248 Hommerich, Chancen, S. 7.

249 Quelle: Hommerich/Küthe, Image, S. 18.

des Studiums vermittelt wird.250 Der akademisch ausgebildete Architekt fühlt sich für s Schöne verantwortlich, als Baukünstler.251 Die eigentliche Durchfüh-rung gilt als niederer Dienst und wird gern den Bauingenieuren und Handwer-kern überlassen 252 Viele Architekten gehen zudem davon aus, dass ihre ästhetischen Bewertungsmaßstäbe als verbindliche Basis für Architekturein-schätzung und -bewertung gilt.253 Mit leichter Arroganz und Pauschalisierung treten daher einige Architekten den Kampf für eine „gute" Architektur an.254 In diesem Zusammenhang verstehen sie sich durchaus auch als Anwalt ihres Bauherrn. Jedoch stellt sich ihnen diese Verantwortung eher künstlerisch-ästhetisch und sozial dar, weniger im Bereich der kostenbewussten Planung und Objektüberwachung als Dienstleistung gegenüber dem Bauherrn. Sie füh-len sich nicht verpflichtet, ihre Leistung an den Zielvorstellungen des Bauherrn zu messen.255 Das Bild vom Architekten als Dienstleister und Unternehmer passt nicht zu dem beruflichen Selbstverständnis eines Kreativen.256 Mit Kreativität verbinden die Architekten vielmehr eine flexible, oftmals unsystema-tische Arbeitsweise. Fehlerbeseitigung und Doppelarbeit gehören für sie zum normalen Tagesgeschäft und werden kaum registriert.257 Weit verbreitet unter den Architekten ist zudem das Vorurteil, dass die Verknüpfung von Kunst und Kommerz die Architektur leiden lässt.258 Wie Abbildung 5 verdeutlicht stehen sie der betriebswirtschaftlichen Seite ihres Berufes daher eher geringschätzig ge-genüber.259

250 Jakubeit, Architekt, S. 628.

251 Ganser, Baukultur, S. 22. Vgl. auch Europäischer Architektenrat (Hrsg.), Zukunft, S. 83. So auch Peter Conradi, Präsident der Bundesarchitektenkammer, im Gespräch mit dem Deutschen Architektenblatt. Vgl. Kerstein/Hamm, Architektur, S. 22.

252 Hoffmann, Architekturwende, S. 735.

253 GerdesA/oigt, Laien, S. 20-23; Nerdinger/Nerdinger, Architekt, S. 15f.; Kluxen, Pluralismus, S. 12; Nerdinger, Erziehung, S. 511.

254 „Über Gestaltung reden wir nicht, Gestaltung machen wir; subversiv. Wir reden nur über Dinge, die verständlich sind wie Geld, Komfort, Prestige." Erler, Alltag, S. 558f. Thomas Dilger fragt hingegen, wie aus Investoren gute Bauherren werden könnten. Dilger, Partizipation, S. 908.

255 Duffy, Europa, S. 344; Steinhilber/Weis, Zukunft, S. 338.

256 Prof. Peter Kaup, Präsident der Bayerischen Architektenkammer zitiert nach Neuschäffer, Balance, S. V1/8.

257 Hessing, Managementsystem, S. 1487.

258 Gruhl, Architekt, S. 620.

259 Dies belegen die Ergebnisse der von Hommerich durchgeführten Studie. Vgl. Hommerich, Chancen, S. 9 sowie die Abbildung 5.

Die Architekten scheinen in ihrem eigenen Image zwischen Kunst und Kom-merz, zwischen Intellekt und Pragmatismus gefangen zu sein.260 Zwischen dem hohen Anspruch des Berufsstandes der Architekten und der Realität treten da-her immer mehr Widersprüche da-hervor.261 Dem Bild des dynamischen, kreativen und künstlerisch inspirierten Architekten steht die real oftmals verbaute Umwelt gegenüber.262

A A

sehr wichtig weniger wichtig

Abbildung 5: Selbstbild des Architekten263

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