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Variable Zinserträge

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 110-114)

und die Hinterziehung von Einkommensteuern

4.5 Variable Zinserträge

Bisher wurde eine gegebene Ersparnis vorausgesetzt. Diese Annahme wird jetzt aufgegeben: Der Stpfl. bestimmt durch seine Ersparnis die Höhe seines Zinsein-kommens und entscheidet über den Umfang der Hinterziehung aus diesem Ein-kommen. Diese Erweiterung des Modells hat eine einfache Begründung. Zwischen der Steuerbelastung bzw. den Möglichkeiten, der Besteuerung zu entgehen, und der Entstehung des Einkommens gibt es im allgemeinen einen Zusammenhang.

Ein Haushalt wird bei seiner Sparentscheidung die zu erwartende Steuerbelastung der Erträge berücksichtigen. Es fragt sich, wie sich dieser Zusammenhang auf die

Effekte der Quellensteuer auswirkt. Es wird zunächst die Reaktion der Erspar-nis und des hinterzogenen Zinseinkommens auf eine Erhöhung der Quellensteuer bestimmt. Der nächste Abschnitt wird dann das zu erwartende Aufkommen der Quellensteuer in dem Modell mit zwei Entscheidungsvariablen thematisieren.

Der Stpß. lebt zwei Perioden. In jeder Periode verdient er ein exogenes Lohn-einkommen von w1 bzw. w2 • Nach Abzug der Lohnsteuer erhält er w1(1 - t)

=

11

bzw. entsprechend 12 ausgezahlt. In Periode 1 entscheidet er über die Höhe seines Konsums C1 in dieser Periode. Die Ersparnis 11 - C1 ist damit endogen. Am Anfang der Periode 2 erzielt der Stpfl. Zinserträge nach Abzug der Quellensteuer in Höhe von r(l - b)(l1 - C1). Er muß dann sein Einkommen deklarieren und wird im Anschluß entweder steuerlich geprüft oder entgeht der Steuerfahndung. Zum Schluß seines Lebens kann er das Einkommen nach Steuer und Strafe der Periode 2 konsumieren. Ich gehe zunächst wieder von der Strafe 4°11 aus. Der Konsum des Stpß. ist entweder

C2lkeineKomrolle := G = (1 + r(l - t))(l1 - C1) + l2 + (t - b)H oder in dem weniger glücklichen Zustand

C2IKontrolle := P = (1 + r(l - t))(l1 - Ci)+ 12 - a(t - b)H

Der Stpß. hat eine strikt konkave Nutzenfunktion U(C1 , C2 ). Kürzt man C1 mit C ab, ist seine Optimierungsaufgabe

max L

=

qU(C, G)

+

pU(C, P)

+

A(r(l1 - C) - H)

C,H,~

wobei A der Lagrange-Multiplikator der Nebenbedingung ist.

Es wird angenomm,en, daß der Haushalt positive Beträge spart. Ein Stpfl., der sich verschuldet, hätte keine Gelegenheit, Zinserträge zu hinterziehen, und ist daher für die Analyse der Quellensteuer nicht von Interesse. Zweitens kann in einem intertemporalen Modell von einem positiven Konsum in jeder Periode ausgegangen werden, so daß Ecklösungen bezüglich C nicht zu befürchten sind.

Die Bedingungen erster Ordnung sind (vgl. Nikaido, 1968, S. 51 - 53) · qU1(C,G)

+

pU1(C,P)

-(1

+

r(l - t))(qU2(C, G)

+

pU2(C, P)) - Ar= 0 (4.3) qU2(C, G)(t - b) - pU2(C, P)(t - b)a - .X= 0 (4.4) A(r(l1 - C) - H)

=

0

A~O

U,,( ·, ·) bezeichnet die erste Ableitung nach dem x-ten Argument der Nutzenfunk-tion. ( 4.3) ist die Bedingung für eine optimale Allokation der Ressourcen des Haushalts über die Zeit. (4.4) bestimmt die Hinterziehung.

Die Sparer sind hier wieder in zwei Klassen zu unterteilen. Die einen deklarieren keine Zinseinkommen, die anderen hinterziehen sie nur zum Teil. In dem ersten Fall gilt A

>

0, im zweiten Fall A

=

0 4• Die Analyse beginnt mit einem Mitglied der zweiten Klasse.

Die implizite Differentiation des Gleichungssystems ( 4.3) und ( 4.4) mit A

=

0

ergibt

oll ll ob t- b

und

oc

=O

ob

Der Stpfl. verändert auch in dem Modell mit einer variablen Ersparnis seine ris-kante Position gegenüber den Finanzbehörden trotz einer höheren Quellensteuer nicht. Er hinterzieht gerade soviel mehr Einkommen, daß die hinterzogenen Steu-ern konstant bleiben. Kann der Haushalt durch eine höhere Hinterziehung von Zinsen dieselbe Wahrscheinlichkeitsverteilung des Konsums in der zweiten Peri-ode erreichen wie in der Ausgangssituation, besteht kein Grund, warum er seine Sparentscheidung revidieren sollte (vgl. Sandmo, 1985, S. 300, 1969, S. 597). Die Quellensteuer hat keine Auswirkung auf die Höhe der Zinseinkommen, da sie voll kompensiert wird.

Für eine diskrete Änderung von b und die Einführung einer Quellensteuer gel-ten entsprechende Ergebnisse. Die deutsche Straffunktion führt nicht zu anderen Reaktionen als cf>1 , solange eine innere Lösung vorausgesetzt werden kann, da beide die gleiche Bemessungsgrundlage ( t - b )ll haben.

Wenden wir uns nun einem Stpfl. zu, dessen Risikoaversion im Vergleich zu dem erwarteten Ertrag der Hinterziehung von Einkommensteuern so klein ist, daß er alle Zinsen hinterzieht. Dieser Stpfl. wird zwar auch mit einer marginal höheren Quellensteuer keine Zinsen deklarieren. Es kann sich aber die Ersparnis /1 - C ändern, so daß das hinterzogene Einkommen ll

=

r(/1 - C) variiert. Im folgenden wird oC/ob bestimmt. Die Reaktion des hinterzogenen Einkommens auf eine höhere Belastung an der Quelle folgt dann sofort als oll/ ob

=

-roC / ob.

Es wird statt U(C1, C2) zunächst die additiv separable Nutzenfunktion V(C1)+

W( C2 ) zugrundegelegt. Die Ecklösung ist damit durch

V'(C) - (1

+

r(l - t))(qW'(G)

+

pW'(P)) - Ar= 0 (4.5) qW'(G)(t - b) - pW'(P)(t - b)a - A

=

0 (4.6)

r(/1-C)-ll=0 (4.7)

A>0 (4.8)

4Der Fall~= 0 und r(/i -C) = H ist möglich, aber unwahrscheinlich und wird vernachlässigt.

charakterisiert. Einsetzen von ( 4.6) und ( 4. 7) in ( 4.5) liefert

V'(C) - (1 + r(l - b))qW'((l + r(l - b))(/1 - C) + 12) -(1

+

r(l - t - (t - b)a)) x

pW'((l

+

r(l - t - (t - b)a))(/1 - C)

+

12)

=

0

(4.9)

Diese Gleichung bestimmt das optimale C

=

C(b) für den Fall eines Stpfl., der alle Zinsen hinterzieht.

Setzt man C(b) in (4.9) ein, ergibt sich die Identität l(b,C(b))

=

0. Die

gesuchte Ableitung ist

öC

=

-(öl tlöl

öb öc öb

Das Vorzeichen von öl /öC ist negativ. Damit hängt die Richtung der Reaktion des Konsums der ersten Periode von öl /öb ab. Es gilt

öl

öb r[qW'(G) - pW'(P)a]

+r(/1 - C)[(l + r(l - b))qW"(G) -(1

+

r(l - t - (t - b)a))pW"(P)a]

( 4.10)

Der Term in der ersten eckigen Klammer ist gleich

>./(t -

b) > 0, wie man (4.6) und (4.8) entnehmen kann. Das Vorzeichen des Ausdrucks in der zweiten eckigen Klammer kann nicht bestimmt werden. Selbst Annahmen über die absolute Risi-koaversion -W"/W' helfen nicht weiter. Daher läßt sich nicht mehr als öC/öb ~ 0 feststellen. Folglich kann die Erhöhung der Quellensteuer sowohl zu einem Sinken als auch zu einem Steigen der deklarierten Zinserträge führen. Dies gilt auch für die Einführung einer Quellensteuer, wie man sich durch einen Blick auf (4.10) leicht überzeugen kann.

Eine Nutzenfunktion, die nicht additiv separabel ist, führt nicht dazu, daß das Ergebnis an Bestimmtheit gewinnt, da schon ihre Kreuzableitungen im allgemeinen nicht bestimmt werden können.

Der Ersatz der Straffunktion cl>1 durch die Geldstrafe nach deutschem Recht kann nicht zu besseren Ergebnissen führen. Denn es tritt ein zusätzlicher Effekt auf, der per se dafür sorgt, daß das Verhalten des Stpfl. nicht prognostiziert werden kann: Spart er z.B. mehr, steigt mit dem höheren Einkommen der Strafsatz 1((1-t}°r(/1 - C)

+

12 ). Das macht es jedoch weniger attraktiv, zu sparen und die Zinsen zu hinterziehen.

Dieser Abschnitt hat gezeigt, daß man auch mit einem endogenen Einkommen für beide Formen der Geldstrafe dieselben Resultate gewinnt. Dies ist die Aus-nahme in der Theorie der Steuerhinterziehung - im allgemeinen kommt man mit unterschiedlichen Straffunktionen zu verschiedenen Ergebnissen. Der Grund für

die Übereinstimmung ist die gemeinsame Bemessungsgrundlage der beiden hier behandelten Strafen.

Es waren zwei Klassen von Stpfl. zu unterscheiden, je nachdem ob eine Ecklösung oder eine innere Lösung bezüglich der Variablen H vorlag. Will man das Modell für die wirtschaftspolitische Diskussion auswerten, bleibt die Frage offen, welcher Fall denn der "relevantere" ist. Angesichts des begrenzten statistischen Materials zur Frage der steuerlichen Erfassung von Zinsen kann man nur die Antwort ge-ben, daß keiner der beiden Fälle als irrelevant ausgeschieden werden kann 5 • Die Analyse der Aufkommenswirkung der Quellensteuer im nächsten Abschnitt knüpft daher an die getroffene Fallunterscheidung an.

4.6 Die Aufkommenswirkung der Quellensteuer

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