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Die Aufkommenswirkung der Quellensteuer und ihr Beitrag zu einer gleichmäßigeren

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 114-117)

und die Hinterziehung von Einkommensteuern

4.6 Die Aufkommenswirkung der Quellensteuer und ihr Beitrag zu einer gleichmäßigeren

Besteuerung

In der Bundesrepublik ist die Quellensteuer auf Zinserträge eingeführt worden, um die durch die Tarifreformen 1986 bis 1990 erwarteten Einnahmeausfälle zu einem Teil auszugleichen. Eine höhere Belastung der festverzinslichen Anlagen sollte gleichzeitig zu einer gleichmäßigeren Besteuerung von Lohn- und Kapitaleinkom-men führen. Es ist fraglich, ob die Quellensteuer diesen beiden Aufgaben hätte gerecht werden können. Diese Beurteilung wird durch die Auswertung des Modells in bezug auf das erwartete Steueraufkommen begründet.

Zunächst ist zu präzisieren, was im folgenden unter einer gleichmäßigen Be-steuerung verstanden werden soll. Wenn je zwei Stpfl. mit dem gleichen Einkom-men vor Steuer eine gleich hohe erwartete Steuerlast tragen, werden sie gleichmäßig besteuert. Zu dieser Definition sind zwei Bemerkungen angebracht. Wenn die Steuerschuld zumindest eines der beiden Stpfl. eine Zufallsvariable ist, sind die Steuerbelastungen nicht ohne weiteres vergleichbar. Ich schlage daher vor, die er-wartete Steuerlast als Vergleichsmaßstab zu wählen. Zweitens stellt die Definition auf die horizontale Gleichheit in bezug auf die Besteuerung des Periodeneinkom-mens ab, da die Quellensteuer mit dieser Vorstellung von Gerechtigkeit begründet wird und ich sie an ihrem eigenen Anspruch messen will. Die Frage, ob es nicht (horizontal) gerechter wäre, Kapitalerträge von Haushalten steuerlich zu befreien und das Lebenseinkommen zu besteuern, wird im nächsten Kapitel verfolgt.

Vergleichen wir Hauhalte mit identischem Einkommen vor Steuer, aber

unter-5Krischausky (1988), der die gründlichste Schätzung der insgesamt hinterzogenen Zinserträge vorgelegt hat, gibt keine Antwort darauf, wie die Haushalte auf diese zwei Klassen aufgeteilt sind.

schiedlichen Anteilen von Zins- und Lohneinkommen, so bevorzugt die geltende Besteuerung die Haushalte mit den größeren Zinseinkommen. Sie tragen die ge-ringere erwartete Steuerlast. Was ändert eine Quellensteuer auf alle Anlagen an dieser Situation? Sie berührt die Lohneinkommen nicht. Sie führt also zu einer gleichmäßigeren Besteuerung, wenn - bei gegebenem Einkommen - die erwartete Steuerlast auf Zinserträge steigt. Die Auswertung des Modells in bezug auf das erwartete Aufkommen pro Sparer aus der Besteuerung von Zinserträgen wird da-her sowohl die Fragen nach der fiskalischen Ergiebigkeit der neuen Steuer als auch nach ihrem Beitrag zu einem Mehr an Steuergerechtigkeit beantworten.

Da das oben angegebene Kriterium einer gleichmäßigen Besteuerung ein ge-gebenes Einkommen voraussetzt, gehen wir von einer exogenen Ersparnis s aus.

Das erwartete Aufkommen A aus der Quellen-, der Einkommensteuer und der Geldstrafe ist gleich

A

=

brs

+

q(t - b)(rs - H)

+

p(t - b)(rs

+

aH)

=

trs - (q - pa)(t - b)H

da die Bank den abzuziehenden Betrag brs in voller Höhe an den Fiskus weiterleitet

6 • Es wäre ein Fehler, das Aufkommen der Quellensteuer brs isoliert zu betrachten.

Denn sie beeinflußt die sich aus der Veranlagung zur Einkommensteuer ergebenden Zahlungen und die Geldstrafe. Es müssen vielmehr alle mit der Besteuerung der Zinserträge zusammenhängenden Zahlungen betrachtet werden.

Der Fall eines Stpfl. mit einer inneren Lösung bezüglich H zeigt dies ganz deutlich. Er kompensiert die Quellensteuer durch eine geringere Deklaration von Zinseinkommen. Mit einer höheren Quellensteuer steigt zwar das Aufkommen dieser selbst, die abschließende Einkommensteuerzahlung aber verringert sich um den gleichen Betrag. Mit 8H/8b

=

H/(t - b) erhalten wir 8A/8b

=

0. Die

Aufkommenswirkung der Quellensteuer ist gleich null 7• Sie führt nicht zu einer höheren Belastung der Zinseinkommen.

Für die Frage einer gleichmäßigeren Besteuerung von Kapital- und Lohnein-kommen ergibt sich direkt eine Schlußfolgerung. Da die Quellensteuer die Zinsein-kommen nach Steuer und Strafe nicht berührt, ändert sich die relative Belastung der beiden Einkommensquellen nicht. Die Einführung der Quellensteuer ändert nichts daran, daß gleiche - gemessen an dem Einkommen vor Steuer - ungleich behandelt werden. Ganz unabhängig davon jedoch, was man unter Steuergerech-tigkeit verstehen will, gilt: wenn sich nichts ändert, kann es nicht zu einem Mehr

6Yaniv (1988) gibt für den Fall einer Lohnsteuer die Annahme auf, daß sie von dem zum Abzug verpflichteten Unternehmen nicht zum Teil hinterzogen wird (siehe dazu auch Hagedorn, 1989).

7Eine höhere Belastung der Reingewinne des Investors aus Abschnitt 4.4 ergibt dagegen ein höheres erwartetes Aufkommen t(E(X) - r)a, wobei E(X) der Erwartungswert von X ist.

an Gerechtigkeit kommen.

Kommen wir zu der Ecklösung für den Fall einer gegebenen Ersparnis. Das Aufkommen kann nun als

A

=

brs

+

p(t - b)(l

+

a)rs

geschrieben werden. Es entwickelt sich bei einer Erhöhung von b wie folgt:

öS

öb = (1 - p(l

+

a))rs = (q - pa)rs > 0

Die Belastung der Zinsen steigt mit der Quellensteuer. Sie führt bezüglich der Stpfl., die alle Zinsen hinterziehen, zu einer gleichmäßigeren Besteuerung, wenn das Einkommen vor Steuer gegeben ist.

Diese Voraussetzung ist jedoch problematisch. Die Stpfl. können der Steuer ausweichen, indem sie weniger sparen. In dem Rest dieses Abschnitts wird daher die Aufkommenswirkung der Quellensteuer in dem Modell mit endogenen Zinsein-kommen betrachtet. Für den Fall einer inneren Lösung ist das Ergebnis schnell gefunden: Das erwartete Aufkommen bleibt konstant, da sich die Ersparnis und die hinterzogene Steuer nicht ändern.

Betrachten wir jetzt die Ecklösung. Mit ~1 ist das Aufkommen A

=

br(l1 - C)

+

p(t - b)(l

+

a)r(/i - C) Es entwickelt sich bei einer Erhöhung der Steuer wie folgt:

öA

öb

=

r(/i - C) - brßb -

ac

p(l

+

a)[r(l1 - C)

+

(t - b)rßb]

ac

=

r(l1 - C)(l - p(l

+

a))-(br

+

p(l

+

a)(t - b)r)ßb

öC

Wegen der Voraussetzung q-pa

=

1-p(l +a) > 0 ist der erste Summand positiv.

Das Vorzeichen des zweiten Summanden hängt von der Reaktion der Ersparnis ab. Nur mit 8C /8b ~ 0 ließe sich die Entwicklung des Aufkommens bestimmen.

Das zusätzliche Aufkommen der Quellensteuer isoliert betrachtet würde in diesem Fall die (nicht bestimmbare) Änderung der abschließenden Einkommensteuer- und Strafzahlung übertreffen. Die Quellensteuer würde über höhere Zinseinkommen zu insgesamt höheren Steuern aus Zinserträgen führen. Mit 8C / 8b > 0 bleibt die Aufkommenswirkung ungewiß. Denkbar ist es jedenfalls, daß der öffentlichen Hand Einnahmeausfälle entstehen.

Die Quellensteuer kann bei endogenen Zinseinkommen dazu führen, daß die (erwartete) Steuerlast eines Stpfl., der alle Zinsen hinterzieht, sinkt. Ob sie damit zu einem Mehr an Steuergerechtigkeit führt, muß dahingestellt bleiben. Es ist frag-lich, ob das oben angegebene Kriterium steuerlicher Gleichmäßigkeit anwendbar ist, wenn das Einkommen mit der Steuer variiert.

Mit der Strafe nach deutschem Recht ergibt sich im Fall der Ecklösung aus der Besteuerung von Zinsen das Aufkommen

A

=

1,,-(li - C)

+

p(t - b)[l

+

1((1 - t)r(l1 - C)

+

l2))r(l1 - C) Die gesuchte Ableitung ist

8A ob

=

r(/1 - C)[l - p(l

+

1((1 - t)r(/1 - C)

+

12))]

- (1,,-

+

pr(t - b)(l

+

1(2(1 - t)r(l1 - C)

+

l2))]8b

ac

( 4.11)

Für die Strafe nach deutschem Recht muß q-n((l -t)r(/1 - C)

+

12) > 0 voraus-gesetzt werden, damit das Einkommen nicht voll deklariert wird. Gilt 8C / ob ~ 0, ist der zweite Summand in (4.11) nichtnegativ. Da der erste Term positiv ist, ergibt sich - wie schon mit der Strafe ~1 - eine positive Aufkommenswirkung der Quellensteuer. Gegenüber ~1 erhalten wir hier nur wieder den zusätzlichen Effekt einer mit dem Einkommen steigenden Strafzahlung. Mit 8C / 8b > 0 kann freilich wieder nichts ausgesagt werden. Da die Reaktion der Ersparnis in Abschnitt 4.5 für die Ecklösung nicht bestimmt werden konnte, muß die Aufkommenswirkung der Quellensteuer ungewiß bleiben.

Wir haben die Anleger unter den Haushalten einer Wirtschaft in zwei Grup-pen geteilt und jeweils ein repräsentatives Mitglied analysiert. Man könnte nun versuchen, die relative Größe der Gruppen zu bestimmen. Eine kleine Wahrschein-lichkeit etwa, steuerlich geprüft zu werden, macht die Hinterziehung attraktiv und würde zu einer relativ großen Gruppe derjenigen führen, die die Ecklösung wählen.

Wäre das Verhalten jeder Gruppe bekannt, könnte aufgrund der relativen Größe beider Gruppen die Entwicklung des Aufkommens insgesamt geschätzt werden. Da die Reaktion einer der beiden Gruppen auf die Quellensteuer jedoch nicht vorher-sagbar ist, nützt dieses Verfahren nichts. Es kann hier nur noch einmal wiederholt werden, daß von der Quellensteuer nicht ohne weiteres erwartet werden kann, daß sie insgesamt höhere Steuereinnahmen bewirkt - auch wenn die neue Steuer isoliert betrachtet einen positiven Beitrag leistet.

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 114-117)