• Keine Ergebnisse gefunden

Die Administration einer Konsumsteuer

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 144-149)

5 .3 Konsumsteuer und Bankgeheimnis

5.4 Verzicht auf die Einsichtnahme in Sparkonten?

5.4.4 Die Administration einer Konsumsteuer

Bevor zusammenfassend die Maßnahmen skizziert werden, die eine direkte Kon-sumsteuer selbst unter der Nebenbedingung administrierbar erscheinen lassen, daß den Bürgern der Schutz ihrer Konten vor dem Fiskus garantiert wird, soll kurz auf drei weitere Punkte eingegangen werden. Es sind dies die Behandlung von

Erb-schaften, die Frage einer Erfassung von Vermögen im Zeitpunkt der Einführung einer Konsumsteuer und die Frage, wie ein Bankgeheimnis angesichts des organi-sierten Verbrechens zu bewerten ist.

Ein Großteil der Ersparnisse bzw. des ererbten Vermögens wird nicht kon-sumiert, sondern vererbt. Es ist umstritten, wie Erbschaften unter der Konsum-steuer behandelt werden sollen. Man kann sie als Konsum des Erblassers und/oder als Einkünfte des Erben ansehen, die dessen steuerliche Konsummöglichkeiten erhöhen. Man könnte es auch bei der bestehenden Erbschaftsteuer belassen und das resultierende Nettoerbe den Einkünften des Erben zuschlagen. Im Vergleich zu der Behandlung von Erbschaften unter unserer Einkommensteuer spart der Erblas-ser Steuern, da die Ersparnisse für die Nachkommen seinen Konsum vermindern;

der Erbe wird zusätzlich belastet, soweit er das Erbe ausgibt. Welche Gestaltung auch immer gewählt wird: Erhebungsprobleme ergeben sich bezügich inländischer Vermögen kaum, wenn an den §§ 33 und 34 Erbschaftsteuergesetz festgehalten wird. Danach sind Kreditinstitute verpflichtet, dem Finanzamt im Todesfall ei-nes Kunden dessen Vermögen anzuzeigen. Bei einem Export des Vermögens "in ein Gebiet außerhalb des Geltungsbereichs" des ErbStG können sie für die Erb-schaftsteuer haftbar gemacht werden (§ 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG). Standesämter, Gerichte und Notare informieren das Finanzamt über Sterbefälle, erteilte Erb-scheine und andere Tatsachen, die für die Erbschaftsteuer bedeutsam sind (siehe Bilsdorfer, 1989, S. 54 - 56 und S. 66 - 70 zu Einzelheiten der Mitteilungspflich-ten von Banken und staatlichen Stellen gegenüber den Finanzämtern). Im To-desfall erlischt also das Bankgeheimnis. Werden die §§ 33 und 34 ErbStG konse-quent angewendet, gibt es wenig Spielraum, anläßlich eines Übergangs inländischen Vermögens im Todesfall Steuern zu sparen. Wird das Vermögen zu Lebzeiten des Erblassers ins Ausland verbracht, kann eine Erbschaftsteuer zwar hinterzogen wer-den. Die vererbten Ersparnisse würden dann aber auch die Konsumsteuern des Erblassers nicht vermindern.

Bislang haben wir die Konsumsteuer immer unter der Prämisse diskutiert, daß sie bereits seit langem in Kraft ist. Der Übergang von einer Einkommen- zu einer Konsumsteuer ist der Literatur zufolge mit besonderen Problemen verbun-den (siehe u.a. Lodin, 1972, S. 123 - 127, Bradford, 1984, Kapitel 6). Kommen wir direkt zu dem Punkt, der das Bankgeheimnis betrifft: Meade (1978, S. 176) schreibt, der Regimewechsel "will require the widest degree of registration (of as-sets (R.H.)) in order to limit opportunities for subsequent expenditure without incurring a charge to tax" (siehe auch Lodin, 1972, S. 123). Ich glaube nicht, daß die Erfassung aller Vermögen notwendig ist. Erstens übersieht das Argument von Meade, daß das Vermögen im Zeitpunkt der Ablösung der Einkommensteuer aus (zum Teil) versteuertem Einkommen stammt. Eine zusätzliche Konsumsteuer bei der Ausgabe dieses Vermögens ist nicht einzusehen. Zweitens ist die Belastung

des Konsums, der mit (Nicht-Zins-)Einkünften finanziert wird, die nach dem Re-gimewechsel anfallen, nicht auf die Registrierung des Vermögens im Zeitpunkt des Übergangs angewiesen.

Die Garantie eines Bankgeheimnisses trifft dort auf eine Grenze, wo das organi-sierte Verbrechen beginnt. Ein Bankgeheimnis kann nur den im Prinzip gesetzes-treuen Bürgern garantiert werden. Wer sich dadurch verdächtig macht, daß er große Beträge in bar auf Konten einzahlt und abhebt, sollte damit rechnen müssen, daß die Banken Kontrolhnitteilungen an die Polizei und Finanzämter schicken und daß er die legale Herkunft seines Geldes beweisen muß. Ohne solche Maßnahmen besteht wenig Hoffnung, die Gewinne des organisierten Verbrechens zu beschla-gnahmen - was aus ökonomischer Sicht eine notwendige Bedingung ist, um die Ausbreitung dieses Geschäfts zu verhindern.

Ich hoffe, daß die Einwände gegen den Verzicht auf eine Einsichtnahme in pri-vate Sparkonten ausreichend diskutiert worden sind. Die vorgeschlagenen ( ergänz-enden) Maßnahmen zur Administration einer Konsumsteuer können nun zusam-mengefaßt werden:

1) Alle Einkünfte, die keine Erträge von Finanzanlagen darstellen, werden im Prinzip wie bisher erfaßt. Auf Lohneinkommen abzüglich der Rentenversi-cherungsbeiträge und abzüglich eines gewissen Anteils, der sich an der volks-wirtschaftlichen Sparquote orientieren könnte, wird eine Lohnsteuer erhoben.

Diese wird im Rahmen der jährlichen Konsumsteuerveranlagung, bei der die Lohnsteuerkarte vorzulegen ist, angerechnet. Die deklarierten Einkünfte (minus Einlagen) aus Gewerbebetrieb, Landwirtschaft und selbständiger Ar-beit werden durch Betriebsprüfungen, die regelmäßiger als bisher stattfinden, festgestellt. Wie bei der Einkommensteuer gibt es hier vierteljährliche Vor-auszahlungen auf die Konsumsteuer. Ob Mieten deklariert werden, wird mit Hilfe der Grundbucheintragungen und der existierenden Mietpreisspie-gel überprüft. Bei all diesen Einkünften ergeben sich bei einer Hinterziehung strafrechtliche Konsequenzen.

2) Das Bankgeheimnis für Lebende in § 30 a AO bleibt erhalten: Grundsätzlich erfolgt keine Überprüfung von Konten privater Haushalte. Sie erfolgt nur im Todesfall.

3) Bemessungsgrundlage der jährlichen Konsumsteuer mit direkt progressivem Tarif sind die unter 1) aufgeführten Nettoeinkünfte abzüglich der deklarier-ten Nettoeinzahlungen auf Sparkondeklarier-ten und Wertpapierdepots. Die maximal abziehbare deklarierte Ersparnis kann auf einen großzügig zu bemessenden Prozentsatz der unter 1) genannten Einkünfte beschränkt werden. Höhere Ersparnisse sind nachzuweisen.

4) Für Zwecke der Besteuerung wird monatlich eine Durchschnittsrendite öffent-licher Anleihen berechnet.

5) Auf Antrag des Stpfl. nimmt das Finanzamt einen interperiodischen Pro-gressionsausgleich vor. Das Verfahren ist oben in Abschnitt 5.3.3 dargestellt (siehe auch Fußnote 12). Es macht von den unter 4) angegebenen steuerli-chen Zinssätzen Gebrauch.

6) Der Progressionsausgleich wird auf Initiative der Finanzbehörde durchgeführt, wenn das deklarierte Vermögen, d.h. die aufgezinsten deklarierten Erspar-nisse eines längeren Zeitraums, im Vergleich zu.den während dieses Zeitraums erzielten Einkünften groß ist und der Stpfl. nicht zustimmt, zur Deckung der latenten Steuerschuld Wertpapiere sicherheitshalber in einem Depot zu hin-terlegen, von dem er sie nur mit Zustimmung des Finanzamtes abheben kann.

Der Progressionsausgleich wird zusätzlich am Ende des Erwerbslebens eines Stpfl. durchgeführt.

5.5 Abschließende Bemerkungen

Es ist traditionelles Vorgehen in der Volkswirtschaftslehre, die Präferenzen der Haushalte als gegeben anzunehmen und nach institutionellen Arrangements zu suchen, in denen sie zur Geltung kommen können. An diese Methodik hat sich Kapitel 5 gehalten. Die bundesdeutschen Haushalte haben eine ausgeprägte Präfe-renz dafür, ihre privaten Sparkonten vor den Einblicken Dritter - unter anderem des Fiskus - geschützt zu wissen. Es fragt sich aber, ob ein Bankgeheimnis nicht ein Hindernis für die direkte Besteuerung darstellt.

Für die erfolgreiche Administration einer Konsumsteuer wäre die Prüfung von Sparkonten nicht notwendig. Insbesondere auf Kontrollmitteilungen über Finan-zanlagen, die von Kaldor und anderen für unabdingbar gehalten wurden, kann verzichtet werden. Der Fiskus muß lediglich die Quellen der Ersparnisse eines Stpfl. feststellen können - eine Bedingung, die zum Beispiel für Haushalte, die überwiegend Lohneinkommen beziehen und von der Lohnsteuer erfaßt werden, erfüllt ist. Unter dieser Voraussetzung kann ein Stpfl. durch eine übertriebene Deklaration von Ersparnissen, die zunächst die jährliche Konsumsteuer mindern, auf die Dauer keinen Vorteil gewinnen, da die Finanzbehörden ihm auf der Basis der von ihm selbst angegebenen Ersparnisse in späteren Perioden einen höheren Konsum zurechnen werden.

Die bestehenden gesetzlichen Regelungen zur Steuersicherung in der Abgabe-nordnung stellen trotz des "Schutzes von Bankkunden" vor dem Fiskus in § 34 a AO eine ausreichende Grundlage dar, um eine persönliche Ausgabensteuer zu

erheben. Mieszkowski (1980, S. 180) ist zuzustimmen, wenn er feststellt, "the widely held view that the expenditure tax is too difficult to administer is simply false". Die Einkommensteuer stößt dagegen auf Probleme, wenn der Fiskus die Zinserträge der privaten Haushalte nicht feststellen kann, weil diese einfach be-haupten, sie hätten keine Ersparnisse. Ein Wechsel der Bemessungsgrundlage der direkten Besteuerung wäre jedoch nicht allein aus erhebungstechnischen Gründen zu befürworten, sondern auch aus Gründen der horizontalen und vertikalen Ge-rechtigkeit. Wenn man die intertemporale Budgetbeschränkung eines Haushalts als relevantes Kriterium eines Vergleichs von Steuerpflichtigen ansieht, schneidet die Einkommensteuer - mit und ohne Erfassung der Zinserträge - nicht gut gegen eine Konsumsteuer ab. Bei progressivem Jahrestarif bieten sich unter der Kon-sumsteuer einfache Verfahren an, um einen interperiodischen Progressionsausgleich herbeizuführen.

Die Konsumsteuer ist im Regierungsauftrag von Kaldor, Lodin und zwei Kom-missionen untersucht worden (Kaldor, 1956, Lodin, 1982, Meade-Kommission, 1978, Bradford, 1984). Alle Gutachten schlossen zwar mit einem positiven Vo-tum für die Konsumsteuer. In keinem Land ist sie aber ernsthaft umgesetzt wor-den (vgl. Thirlwall, 1987, Kap. 5, insbesondere S. 136 f., zu Kaldors Erfahrun-gen in Indien). Daß die Bundesrepublik hier zu einem Vorreiter werden könnte, klingt unwahrscheinlich. Mit der Einführung der Quellensteuer auf Zinserträge und ihrer Abschaffung nach halbjähriger Laufzeit hat sich die Finanzpolitik aber in eine Sackgasse gebracht, aus der ihr nur die Umstellung auf den Konsum als Be-messungsgrundlage der direkten Besteuerung hilft, wenn sie nicht zu intensiveren Kontrollen von Sparkonten oder/und höheren Strafen für die Steuerhinterziehung greifen will.

Kapitel 6

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 144-149)