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Stochastisches Einkommen

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 174-177)

Verdächtiger: Modelle mit wiederholter Veranlagung

6.2 Rückwirkende Kontrollen

6.2.4 Stochastisches Einkommen

Wenn der Stpfl. ein festes Einkommen hat, ist es auf die Dauer nicht plausibel, daß er in jeder Periode mit einer gegebenen Wahrscheinlichkeit p < 1 geprüft wird, wenn man gleichzeitig sehr viele Veranlagungsperioden annimmt. Nach einigen Prüfungen "kennt" die Finanzbehörde das feste Einkommen Y. Sie könnte dann auf die naheliegende Idee kommen, den Stpfl. nur dann zu prüfen, wenn er nicht genau Y deklariert. Das Modell gewinnt an Plausibilität, wenn man das feste

durch ein zufälliges Einkommen ersetzt5• Dies soll in diesem Abschnitt für eine sehr einfache Verteilung geschehen. Einen komplizierteren Fall behandele ich nicht, da schon die Analyse dieses einfachen Falls und die Arbeit von Landsberger/Meilijson (1982) zu der Vermutung berechtigen, daß die Einführung eines stochastischen Einkommens den Kern der dynamischen Modelle nicht berührt (siehe dazu auch Abschnitt 6.4).

Das zu versteuernde Einkommen Y des Stpfl. nimmt in jeder Periode mit der Wahrscheinlichkeit h den Wert yh und mit der Wahrscheinlichkeit l

=

1 - h den Wert O an. Die Realisation seines Einkommens in der laufenden Periode kennt der Stpfl. im Gegensatz zu dem Finanzamt, wenn er seine Steuererklärung ausfüllt. Laut Tarif resultiert aus dem Einkomme~ yh eine Steuerschuld von 1 DM. Mit einem Einkommen von O entsteht keine Steuerschuld. Daher wird der Stpfl. in diesem Fall sein Einkommen wahrheitsgemäß angeben. Mit dem hohen Einkommen yh besteht jedoch die Versuchung, 1 DM Steuern zu hinterziehen.

Die Verjährungsfrist betrage ein Jahr. Statt der drei Zustände gibt es mit ei-nem zweipunktverteilten Einkommen sechs Zustände si, mi, ei, j

=

l, h, da der Stpfl. in jedem Zustand ein niedriges oder ein hohes Einkommen haben kann. Die Zustände geben neben der steuerlich relevanten Vergangenheit auch das Einkom-men der laufenden Periode an. In den Zuständen, die mit einem l indiziert sind, ist der Stpfl. ehrlich, so daß er in der nächsten Periode in s1 oder in sh landet. In sh und mh lohnt sich die Steuerhinterziehung auf jeden Fall. In eh stellt sich der Stpfl.

wieder die Frage, ob er nach einem Erfolg einmal sein tatsächliches Einkommen deklarieren sollte. Je nach der Antwort auf diese Frage sind zwei Politiken zu un-terscheiden. Die Übergangswahrscheinlichkeiten, die aus ihnen resultieren, enthält die folgende Matrix. In der sechsten Zeile gelten die Wahrscheinlichkeiten in den runden für den periodischen und die Wahrscheinlichkeiten in den eckigen Klam-mern für den notorischen Hinterzieher. Die Wahrscheinlichkeiten in den KlamKlam-mern des jeweils anderen Typs sind null. Die nicht eingeklammerten Wahrscheinlichkei-ten haben für beide Typen Gültigkeit. Die Erträge, die bei den Übergängen von einem Zustand in den anderen anfallen, entsprechen den in Abschnitt 6.2.1 ange-gebenen.

5Wenn man p mit Reinganum/Wilde (1986, S. 742) als die Wahrscheinlichkeit interpretiert, mit der es der Finanzbehörde gelingt, gerichtsverwertbare Beweise für die Steuerhinterziehung zu finden, obwohl sie selbst "weiß", daß der Stpfl. nicht ehrlich ist, sind auch die Modelle mit exogenem Einkommen plausibel.

SI s„ ml m„ el e„

SI h 0 0 0 0

s„ 0 0 lp hp lq hq

ml h 0 0 0 0

m„ 0 0 lp hp lq hq

el 1 h 0 0 0 0

e„ ( /) (h) (/p) (hp) (/q) (hq)

Ich lasse den Stpfl. in Zustand s„ starten. Die Kapitalwerte aller Erträge eines notorischen und eines periodischen Hinterziehers (N(s,.) und E(s,.)) werden aus den zwei entsprechenden Gleichungssystemen berechnet. Dieses lautet für den zuletzt genannten Fall

E(s,.)

=

E(m,.)

=

q - pa

+

'll1(hE(e,.)

+

/E(e1))

+

P11(hE(m,.)

+

/E(m1)]

E(s1)

=

E(m1)

=

E(e1)

=

E(e,.)

=

11(hE(s,.)

+

IE(s1)]

In den Zuständen s„ und m„ erzielt der Stpfl. einen laufenden Ertrag q - pa.

Anschließend geht er in einen von vier Zuständen über. In den Zuständen mit einem Index 1 ist der Stpfl. ehrlich und wartet darauf, in der nächsten Periode nach s„ zu kommen. Das gleiche gilt für den Zustand e,..

Löst man das Gleichungssystem nach dem Kapitalwert am "Start" in s„ auf, ergibt sich

E(s,.)

=

(q - pa)(l - 11(1 - h)) (l -11)(1

+

h11q)

Ich verzichte darauf, das Gleichungssystem wiederzugeben, mit dem der Kapital-wert des notorischen Hinterziehers

N(s,.)

=

(q - pa - qph(l

+

a))(l - 11(1..:.. h)) 1 - 11

berechnet werden kann. Eine Kontrolle der Richtigkeit der Rechnung erhält man, indem man h

=

1 setzt: Es ergeben sich die zwei aus Abschnitt 6.2.2 bekannten Kapitalwerte für den Fall eines festen Einkommens.

Unter welcher Bedingung wird der Stpfl. in Zustand e„ steuerehrlich? E(s,.) ist größer als N(s,.), wenn

1- p(l

+

a)(l

+

qh

+

11-1 )

<

O gilt. Für h

=

1 kennen wir diese Bedingung bereits.

Ich breche die Analyse des Falls, daß der Stpfl. ein stochastisches Einkommen mit den Realisationen O und yi. hat, an dieser Stelle ab. Die Botschaft des dyna-mischen Modells mit rückwirkenden Kontrollen wird durch die Einführung eines

zufälligen Einkommens nicht berührt: Der Stpfl. hat einen Anreiz, das dekla-rierte Einkommen in Abhängigkeit von seiner steuerlich relevanten Vergangenheit zu variieren. Die Realisation seines Einkommens ist eine zusätzliche Determinante seiner Entscheidung. Ist es sehr niedrig, lohnt sich seine Hinterziehung nicht. Mit einem hohen Einkommen besteht dagegen der Anreiz, die Steuer zu verkürzen, wenn die rückwirkende Strafe nicht zu schwer wiegt.

Nehmen wir jetzt an, das Einkommen Y sei wie folgt verteilt:

y

= {

Y" > Y1 mit der Wahrscheinlichkeit h Y1 > 0 mit der Wahrscheinlichkeit l

=

1 - h

Wenn auch das niedrige Einkommen positiv ist, wird der Stpfl. es möglicherweise ebenfalls nicht deklarieren. Nach einigen Prüfungen vermutet die Finanzbehörde zu Recht, daß der Stpfl. mindestens Y1 verdient. Sie kann daher die gegebene Kontrollwahrscheinlichkeit p durch folgende Regel ersetzen: Deklariert der Stpfl.

nicht mindestens Y1, wird er mit einer Wahrscheinlichkeit geprüft, die gleich 1/(1

+

a) ist. Wenn er mindestens Y1 angibt, wird er wie gehabt mit p < 1/(1

+

a)

kontrolliert. Der Stpfl. wird nach dieser Änderung der Spielregeln nur den Teil Y" - Y1 seines hohen Einkommens hinterziehen - womit wir wieder bei dem zuerst analysierten Fall sind.

Lernt die Finanzbehörde in der gerade beschriebenen Weise aus den Prüfungen vergangener Perioden, ergibt sich eine interessante Beobachtung: Bei gleichem erwarteten Einkommen hY"

+

lY1 (und gleichem h) profitiert der Stpfl. mit der größeren Variation des Einkommens (gemessen an der Differenz Y"-Y1) langfristig in höherem Maße von den sich bietenden Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung als ein Stpfl., dessen Einkommen weniger stark schwankt. Denn mit der Differenz der Steuern T(Y") - T(Y1), die mit Y" - Y1 steigt, müssen die Kapitalwerte multipliziert werden, die oben für den speziellen Fall T(Y" )-T(Y1)

=

1 angegeben worden sind.

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