• Keine Ergebnisse gefunden

3. 7 Direkt progressiver Tarif

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 94-99)

In diesem Abschnitt wird überprüft, ob sich einige der in Abschnitt 3.5 zusammen-gefaßten Ergebnisse für den direkt progressiven Tarif T(B) auf der Bemessungs-grundlage B > 0 mit den Eigenschaften

0

<

T(B)

<

B 0

<

T'(B)

<

1 0 < T"(B)

verallgemeinern lassen. Der Abschnitt beschränkt sich auf die Untersuchung des optimalen Umfangs der hinterzogenen Steuer, die statt des hinterzogenen Einkom-mens als Entscheidungsvariable des Haushalts verwendet wird. Diese Substitution

3Es wird darauf verzichtet, die unbestimmten Resultate zu dokumentieren.

ist durch Abschnitt 2.1.3 motiviert, der gezeigt hat, daß bei einer direkten Pro-gression die Änderung der hinterzogenen Steuer besser vorhersagbar ist als die des hinterzogenen Einkommens. Da die hinterzogene Steuer die zentrale Größe in der Auseinandersetzung zwischen dem Stpfl. und der Finanzbehörde ist, wird der ökonomisch interessante Kern des Modells durch diese Substitution nicht berührt.

Sei N(B)

=

B -T(B) die Residualeinkommensfunktion: Versteuert der Haus-halt ein Einkommen B, bleibt ihm davon N(B). Diese Funktion vereinfacht die Darstellung. Ihre Eigenschaften sind

B

>

N(B)

>

0 1

>

N'(B)

>

0 0 > N"(B)

Wird der Stpfl. nicht geprüft, ist sein Konsum in Periode 2 G

=

w2

+ (1 +

r)(N(w1) - C) -T(w2

+

r(N(wt) - C))

+[T(w2 +

r(N(wt) - C)) - T(w2

+

r(N(w1) - C) - H))

=

N(wt) - C

+

N(w2

+

r(N(w1) - C))

+

S (3.11) Die eckige Klammer enthält die hinterzogene Steuer S. Gleichung (3.11) besagt, daß der Stpfl. seine Ersparnisse N(w1) - C, das tatsächliche Einkommen nach Steuer und die hinterzogene Steuer für den Konsum verwenden kann, falls er einer Prüfung entgeht. Im anderen Fall ist der Konsum in Periode 2 gleich

P

=

N(w1) - C

+

N(w2

+

r(N(wt) - C)) - o.S (3.12) wobei o.

>

0 der konstante Strafsatz ist. Das Problem des Haushalts ist

max c,s V(C)

+

qW(G)

+

pW(P)

u.d.N. 0 ;:;i; S ;:;i; T(w2

+

r(N(w1) - C)) - T(w2)

wobei G und P aus (3.11) und (3.12) eingesetzt werden. Die rechte Schranke für S ist die maximal hinterziehbare Steuerschuld. Sie ist gleich der Differenz zwischen der Steuer auf das tatsächliche Einkommen und der Steuer, die sich ergibt, wenn keine Zinsen deklariert werden. Den Betrag T( w;) kann der Haushalt nicht verkürzen, da die Löhne einer Lohnsteuer mit dem Tarif T(B) unterliegen.

Die Bedingungen erster Ordnung für eine innere Lösung sind

V'(C*) - (1

+

N'(w2

+

r(N(wt) - C*))r)(qW'(G)

+

pW'(P))

=

0

qW'(G) - pW'(P)o.

=

0

Die hinterzogene Steuer

s• =

S•(p, a, r, w1 , w2) ist von fünf Parametern abhängig.

Eine Intensivierung der Kontrollen und die Verschärfung der Strafen zeitigen hier wieder das erwartete Verhalten:

as•

/ßp,

as•

/ßa < 0 (Anhang 3.7). Der Effekt eines höheren Zinssatzes ist

as•

ßr

=

.:l-1(Ra(G) - Ra(P))qW'(G)[V"(C.)N'(N(w1) - c•) -(qW'(G)

+

pW'(P){N"(N(w1) - c•)r

+

N'

+

N12r }]

Die Ableitungen der Residualeinkommensfunktion sind mit N' und N" abgekürzt, da sie stets an derselben Stelle w2

+

r( N( w1) - C•) bewertet werden. Eine hin-reichende Bedingung für

as•

/ßr

>

0 ist ein positives Vorzeichen des Terms in der geschweiften Klammer. N" ist jedoch infolge der direkten Progression negativ.

Man muß daher Annahmen über das Verhältnis von N' und N" treffen. Gehen wir beispielshalber von einem Tarif mit konstanter Residualeinkommenselastizität p

=

N'(B)B/N(B) aus, der sich in der steuertheoretischen Literatur einer gewis-sen Prominenz erfreut (siehe Jakobsson, 1976). Bei einer Änderung von B bleibt p konstant, wenn

N"(B)B

+

N'(B) - N'(B)2B

=

0

gilt. Da in unserem Fall B

=

w2

+

r(N(wi) - C•) ist, hat die geschweifte Klam-mer ein positives Vorzeichen. Eine konstante Residualeinkommenselastizität wäre damit eine (mehr als) hinreichende Bedingung für ßS• /ßr > 0.

Der Ersatz des proportionalen durch einen progressiven Tarif führt nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen. Diese Eigenschaft des Modells mit endogenem Zinseinkommen war schon bei den Erweiterungen des Grundmodells in Kapitel 2 aufgefallen.

3.8 Zusammenfassung

Dieses Kapitel hat untersucht, in wieweit sich die aus dem Partialmodell mit exo-genem Einkommen bekannten Zusammenhänge verallgemeinern lassen, wenn man ein endogenes Zinseinkommen, eine in dem Konsum verschiedener Perioden additiv separable Nutzenfunktion und eine abnehmende absolute Risikoaversion annimmt.

Für einen Steuerpflichtigen, der nur einen Teil seiner Zinserträge hinterzieht, ist eine Verallgemeinerung zum Teil möglich. Sie stößt jedoch an zwei Punkten an Grenzen: (i) Die Reaktion des deklarierten Einkommens auf Parameteränderun-gen ist - im GeParameteränderun-gensatz zu dem hinterzoParameteränderun-genen Einkommen - auch mit einer ein-fachen Straffunktion kaum vorhersagbar. Dies hat zur Konsequenz, daß auch die Entwicklung des Steueraufkommens unbestimmt bleibt. Eine Erhöhung der Ent-deckungswahrscheinlichkeit etwa senkt zwar das hinterzogene Einkommen, ist aber

nicht unbedingt mit einem höheren Aufkommen aus der Besteuerung von Zins-erträgen verbunden, da die Sparbereitschaft möglicherweise sinkt. (ii) Die Strafe nach deutschem Recht, die von der hinterzogenen Steuer und dem Nettoeinkom-men des Steuerhinterziehers abhängt, läßt nicht einmal bei einer Änderung von Strafsatz und Entdeckungswahrscheinlichkeit eine Prognose zu.

Mit einem endogenen Zinseinkommen wird auch die Analyse eines Steuer-pflichtigen interessant, der seine gesamten Zinserträge hinterzieht. Die Ecklösung führt jedoch auch bei proportionalem Tarif und einer einfachen Straffunktion in aller Regel nicht zu eindeutigen Ergebnissen. Es ist daher wichtig zu wissen, ob

"der repräsentative Steuerhinterzieher" alle oder nur einen Teil seiner Zinserträge hinterzieht, wenn man über Wege zur Erfassung dieser Einkommen spricht.

Am Schluß dieses Kapitels soll ein schwacher Punkt des dargestellten Modells angesprochen werden: Es geht von einer einzigen Anlageform der Ersparnisse aus.

Im Zusammenhang mit der Hinterziehung von Kapitalerträgen ist jedoch die Un-terscheidung von In- und Auslandsanlagen bedeutsam. Die Wahrscheinlichkeit, daß eine Hinterziehung der Zinsen entdeckt wird, dürfte bei Auslandsanlagen oft geringer als bei Anlagen im Inland sein, da der Hoheitsbereich des Fiskus an der Grenze endet und von einer reibungslosen Zusammenarbeit der Steuerfahndung mit den entsprechenden ausländischen Stellen zumeist nicht ausgegangen werden kann 4 • Wenn ein Sparer Auslandsanlagen in Betracht zieht, die mit einem Wech-selkursrisiko verbunden sind, wäre das Modell dieses Kapitels zu erweitern: Eine zusätzliche, riskante Anlagemöglichkeit und die Hinterziehung der entsprechenden Erträge kämen dazu.

Neben Anlagen in ausländischer Währung gibt es jedoch auch DM-Auslandsan-leihen. Das Wechselkursrisiko entfällt hier, so daß als wesentlicher Unterschied zu einer Inlandsanlage eine eventuell geringere Entdeckungswahrscheinlichkeit übrig-bleibt, sofern die Auslandsanlagen keine Spuren auf Depotauszügen von Banken im Inland hinterlassen. Wenn die Senkung der Entdeckungswahrscheinlichkeit durch die Anlage im Ausland groß genug ist, um etwaige Zinsdifferenzen und andere zusätzliche Kosten aufzuwiegen, wird ein Stpfl., der nur an dem Erwar-tungsnutzen seines Nettoeinkommens interessiert ist, seine gesamten Ersparnisse in DM-Auslandsanlagen investieren. Damit wäre man im Ergebnis wieder bei einem Modell mit einer Anlageform angelangt.

Es soll hier nicht weiter ein Modell strapaziert werden, mit dem auf möglichst einfache Weise die Steuerhinterziehung bei einer endogenen Sparentscheidung ana-lysiert werden sollte. Neben der Berücksichtigung von Auslandsanlagen könnte man sich viele andere Erweiterungen vorstellen. Interessant wäre z.B.

festzustel-4Das gilt nicht für jedes Land. Die amerikanischen Finanzbehörden leiten von sich aus die Kontrollmitteilungen der Banken über Kapitalerträge von Ausländern an die entsprechenden ausländischen Behörden weiter (vgl. Bielsdorfer, 1989, S. 95).

len, welchen Einfluß ein Vererbungsmotiv des Sparers auf die Hinterziehung der Zinsen hat. Bei der Vererbung angesparten Vermögens entsteht für die Erben nämlich folgender Vorteil: Wenn die Hinterziehung der Zinsen erst nach dem Tode des Erblassers entdeckt wird - aufgrund der Mitteilungen der Banken und der Gerichte an die Erbschaftsteuerstelle, die nach der Untersuchung des Bundesrech-nungshofes (1985) nur zu 33 % an die für die Einkommensteuer des Erblassers zuständige Veranlagungsdienststelle weitergegeben werden -, müssen die Erben zwar die hinterzogene Einkommensteuer nachzahlen, nicht aber eine Strafe für die Steuervergehen des Erblassers aufbringen. In dem nächsten Kapitel soll es jedoch nicht um diese, sondern um eine andere Erweiterung gehen: die Quellensteuer auf Zinserträge.

Kapitel 4

Die Quellensteuer

Im Dokument Steuerhinterziehung und Finanzpolitik (Seite 94-99)