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Spiel als Medium des Denkens – How to do things with games

Spielsituation 5 (idealisiert) Boss-Fight, beliebiges Spiel

VI. Wider den Definitionszwang

2. Spiel als Medium des Denkens – How to do things with games

Im Höhepunkt seines Modells des Lesens lieferte Wolfgang Iser in ‚Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie‘303 eine eindrückliche Verarbeitung dessen, was es bedeuten kann, das Spiel als Medium des Denkens zu erschließen. Wir nähern uns diesem zentralen Text und dem Thema dieses Unterkapitels über einen Umweg, den Iser selbst gewählt hatte.

In einer grandiosen Aufwertung des ‚Lesens‘ wagte Iser den Vergleich zum freilich noch komplexeren ‚Leben‘ an sich. Für diesen Vergleich berief er sich auf Gregory Batesons

‚Metalogue: About Games and Being Serious‘:304 „Lesen, so könnte man in einer Formulierung Batesons sagen, ‚ist wie das Leben – ein Spiel, dessen Zweck darin besteht, die Regeln herauszufinden, wobei sich die Regeln andauernd verändern und immer unentdeckbar bleiben.‘“305 Iser übertrug die Merkmale der Welt auf den Text als gemachte oder eben

‚fingierte‘ Welt. Den Menschen bestimmte er in der Analogie von Lesen und Leben darin über eine Praxis, über einen Prozess, der sich in einer mindestens doppelt angelegten Welt verortet.

Iser verschweigt, auf welchen Ursprung Bateson seinen Vergleich bezieht. Bei Bateson geht es um ein Gespräch zwischen Vater und Tochter, das beide als Spiel verstehen. Obwohl die Tochter Spaß bei diesem ‚Gespräch als Spiel‘ hat, beschwert sie sich darüber, dass ihr Vater in seinen Erklärungen zum Spiel offensichtlich nicht dem folgt, was er als ‚logisch‘

bezeichnet und damit die Regeln verletzt, beziehungsweise diese selbst permanent verändert. Die Tochter sagt, sie würde es bevorzugen, wenn ihr Vater ihr die Regelände-rungen jeweils mitteile: „I wish I could“, entgegnet der Vater, „But it isn't like that. If it were like chess or canasta, I could tell you the rules, and we could, if we wanted to, stop

300 Vgl. Mersch: Medientheorien zur Einführung, S. 157.

301 Vgl. Kapitel V.3.

302 Für eine ernsthafte Aufarbeitung der historischen Entwicklung des Spielbegriffs vor dem Hintergrund der Literaturwissenschaft und Literaturgeschichte vgl.: Stefan Matuschek: Literarische Spieltheorie: Von Petrarca bis zu den Brüdern Schlegel, Heidelberg 1998.

303 Wolfgang Iser: Das Fiktive und das Imaginäre. Perspektiven literarischer Anthropologie, Frankfurt a. M. 1993.

304 Gregory Bateson: „Metalogue: About Games and Being Serious“, in: ders. Steps to an Ecology of Mind, S. 14-20.

305 Iser: Das Fiktive und das Imaginäre, S. 468.

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playing and discuss the rules. And then we could start a new game with the new rules. But what rules would hold us between the two games? While we were discussing the rules?”306 Die Tochter versteht nicht und jeder wird sich hier schwertun. Der Vater zieht jenen Vergleich mit dem Leben heran, den Iser für das Lesen beanspruchte:

F: Yes. The point is that the purpose of these conversations is to discover the rules.‘ It’s like life – a game whose purpose is to discover the rules, which rules are always changing and always undiscoverable.

D: But I don’t call that a game, Daddy.

F: Perhaps not. I would call it a game, or at any rate play.‘ But it certainly is not like chess or canasta. It’s more like what kittens and puppies do. Perhaps. I don’t know.

D: Daddy, why do kittens and puppies play?

F: I don’t know—I don’t know.307

Die Sinnfrage der W-Fragen kann der Vater nicht beantworten – man hatte es bereits befürchtet. Doch er identifiziert den Zweck, das Spielziel des Lebens damit, dessen Regeln herauszufinden, aber dabei niemals im eigentlichen Sinne eines Spiels zu gewinnen. Um über die Regeln eines Spiels zu sprechen, vor allem wenn man sie ändern möchte, müsse man das Spiel verlassen, meint der Vater. Möglich erscheint dies noch nach einer Partie Schach oder Canasta, also einem systematisch durch explizit (von Menschen) formulierte Regeln definiertem Spiel – ein Teilsystem der Welt demnach, das man über die bekannten Regeln auch kontrollieren kann.308

Doch eine Ebene über diesem Spiel, im Gespräch über das Spiel, ist sich der Vater über die herrschenden Regeln nicht mehr im Klaren. Dann sind die Regeln nicht mehr kontrollier-bar, schon allein weil sie unentdeckt bleiben beziehungsweise nicht als eindeutig in einer klaren Ordnung auflösbar erscheinen können. Die beiden Gesprächspartner nennen dies passender Weise immer wieder „a muddle“309, also ein ‚Durcheinander‘: „But it doesn't make sense, Daddy. It’s an awful muddle.” Darauf der Vater: „Yes – a muddle – but still a sort of sense.”310 Diesen Sinn des Spiels aber kann der Vater nicht bestimmen. Aus dem Gespräch heraus, das Bateson über das Spiel hinaus als Modell des Lebens aufbaut, kann nicht vollständig auf eine höhere Ebene gewechselt werden, um die Regeln zu diskutieren.

Es ist unmöglich, sich gänzlich von den Regeln des Lebens zu entbinden, da es schlicht unmöglich erscheint, aus dem Leben selbst herauszutreten – es sei denn es wäre wiederum ein Spiel. In einem Moment günstiger Außenbetrachtung wäre in diesem Fall eine ungünstige Situation für die Beurteilung der Regeln erreicht, da die übergeordnete Ebene ungewiss und vom Tod bestimmt ist. Von den Regeln des Lebens kann sich also niemand wirklich in Gänze entbinden. Dass das Spiel genau dieses Dilemma immer wieder zentral aufgreift, überrascht nicht mehr wirklich – es ist dafür prädestiniert.311

In Batesons Spielbeobachtung erkennt man leicht das enthaltene philosophische Projekt, wie es hier bereits beschrieben wurde: Der Horizont der Fragen verschiebt sich permanent, das Spielziel und damit der Weg zum Ziel orientiert sich mehr an der Suche nach den Regeln

306 Bateson:, „Metalogue: About Games and Being Serious“, S. 19.

307 Ebd.

308 Wir erinnern uns an den Versuch einer Definition, der in Kapitel V.2 über Eigenschaften der Kontrolle (über Regeln) und abgeschlossenen (Teil-)Systemen der Welt vollzogen wurde.

309 Bateson: „Metalogue: About Games and Being Serious“, S. 15-19.

310 Ebd., S.15.

311 Vgl. Kapitel VIII.2 zur Grenze des Todes in Spielen.

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als an dem Finden. Das Leben und auch das Gespräch zwischen Vater und Tochter als Modell des Lebens (vielleicht in Isers Sinne auch ‚des Lesens‘) ist durch den unvollständi-gen und sogar variablen Satz an nicht ‚herauslesbaren‘ Regeln nicht vollständig einer Ordnung zuführbar. Damit ist beides prinzipiell auch nicht (vollständig) kontrollierbar als Sinnsystem – „but still a sort of sense“.

Bateson liefert uns unterschiedliche Interpretationen dessen, was man unter Spiel verstehen kann: unkontrollierbare Kontingenz versus kontrollierbare Ordnung. Er markiert damit auch einen Grenzfall von Spiel, der gleichzeitig ein Grenzfall zwischen regelbasiertem game und freierem play darstellt – zwischen denen das Englische begrifflich unterscheidet. Die Grenzen sind hier fließend, nämlich genau dann, wenn Spiele über klare Regeln kein in sich geschlossenes System definieren, sondern auf ‚Außenbezüge‘ setzen, mit denen sie beispielsweise den Erfahrungshorizont der Spieler aus anderen ‚Sphären‘ einbeziehen. Dies kann die, wie auch immer geartete tatsächliche ‚Lebenswelt‘ des Spielers sein, aber auch aus Medien wie Film, Fernsehen, Literatur, anderen Spielen Erfahrenes, Gelerntes und Erlebtes. Die Liste möglicher Welten ist so unbegrenzt, wie die Liste sinnvoller, passender Begriffe für die Bezeichnung dieser Welten begrenzt ist. Selbst ein so wohldefiniertes Spielsystem wie Schach setzt auf symbolische Außenbezüge oder auch auf Kompetenzen zur Orientierung im Raum, die das Spiel nicht definiert, liefert, auch nicht liefern muss.312 Wenn Iser mit Bateson das Lesen so unbestimmbar macht wie das Leben an sich, dann erkennen wir hier unter anderem die anthropologische Wende – wenn auch freilich nicht ausschließlich an dieser Stelle. Sobald die Unbestimmbarkeit des Lebens auf den Menschen verweist, und überhaupt die am (spiel)philosophischen Projekt ausgerichtete Unbestimm-barkeit ins Zentrum des Denkens gerückt wird, so ist der Schritt, das eigene Denken im Spiel zu begründen nicht mehr weit. Dann wird aber nicht das Spiel beschrieben, sondern im Sinne des oder der Art eines Spiels geschrieben.

Dieser Beobachtung folgend charakterisierte Aleida Assmann einmal das Werk zweier so unterschiedlicher Denker wie Derrida und eben Iser, die die Kategorie Spiel weniger zum Gegenstand ihrer Gedanken machten als vielmehr zum Medium ihres Denkens.313 Hier konturiert sich die Tragweite des Spielbegriffs weit über bloße Metaphorik hinaus: Er wird praxisrelevant.

Für Iser erscheint das Spiel als Schlüsselbegriff in ‚Das Fiktive und das Imaginäre‘, jenem schon in Bezug auf Bateson erwähnten, wegweisenden Beitrag zu einer fundierten literarischen Anthropologie, bei dem die meisten Rezipienten seiner Wirkungsästhetik nicht mehr mitspielen wollten. In dem 1991 erschienenen Werk durchsetzt das Spiel den Text und bindet ihn zusammen, wie Assmann beschreibt: „In the vocabulary of play, Iser has re-described a number of central literary categories, including polysemy, fictionality, and imagination.”314 Spiel besetzt in Isers Theorie eine zentrale Scharnierfunktion; Spiel wird zur generativen Matrix und Grundvoraussetzung der Ästhetik. Iser geht es selbst bei den genauesten Analysen der Literatur immer darum, Literatur keineswegs vollständig zu erklären, sie vielmehr im Zustand eines unergründlichen Mysteriums zu belassen – genauso

312 Wir haben in Kapitel V.4 bereits Formen dieses Zusammenwirkens – dieses ‚Zusammenspiels‘ – eingehender betrachtet.

313 „For writers and theoreticians like Derrida and Iser, the category of ‚play‘ is less a topic of their thought than a medium of their thinking. They don't write about play; they write in the spirit of play. The word doesn't necessarily appear in the title of their books, but it is omnipresent in their texts”, in: Aleida Assmann: „No Importance in Being Earnest? Literary Theory as Play Theory“, in: REAL 1997, S. 175-183: 176.

314 Ebd., S. 179.

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wie den Menschen selbst. Dies ist zentraler Teil der von ihm entwickelten anthropologi-schen Perspektive für die Literaturtheorie:

For Iser, the step from literary theory to literary anthropology is a step from increasingly complex models of reading to a more general celebration of human potential. In doing so, he shifts literary theory towards play theory and play theory towards anthropology. […] For him, the play of the text presents an invitation to constant transformations and ever-renewed combinations of possibilities, which also means: to a state of prolonged virtuality. In this state of virtuality or transcendence, we are forgetting our human condition so that we can remember our anthropological potential.315

Die Scharnierstelle, die das Spiel in Isers Theorie besetzt, lässt sich auch konkret benennen, auch wenn man dadurch nicht auf Anhieb eine konkretere Vorstellung des herrschenden Spielbegriffs erhalten mag und auch den Verdacht hegt, die Verwendung des Spielbegriffs sei hier abermals nur rein metaphorisch zu verstehen, was ihn gegebenenfalls für konkrete Spielbetrachtungen unbrauchbar machen würde. Der Kontext für das Spiel sieht in Isers Theorie wie folgt aus:

Das Imaginäre wird zusammen mit dem Fiktiven und dem Realen zu einer Triade aufgebaut, die die damals und auch heute noch etablierte Opposition von Fiktion und Wirklichkeit zur Klassifikation von Texten zugunsten eines operationalen, mitunter hyperdynamischen Modells der Verschiebung von Sinnebenen ablösen sollte. Dabei stellte Iser die entscheidende Frage nach den realen Elementen in fiktionalen Texten. Die Einführung der

‚Akte des Fingierens‘ ermöglichte ihm eine Beschreibung der Verfahren, durch die die so genannte ‚lebensweltliche‘ Realität im Text wiederkehrt. Das Fingieren ist zweckorientiert und bändigt gewissermaßen das Imaginäre, beziehungsweise führt es in eine bestimmte Gestalt. Das Imaginäre findet im Akt des Fingierens seine Bestimmtheit und erhält dadurch ein Realitätsprädikat; dies bedeutet, dass das Imaginäre zwar nicht zum Realen wird, es aber den Anschein des Realen soweit erlangt, als es durch diesen Anschein dann in gegebene Welt einzudringen und wirksam zu werden vermag.

Innerhalb dieses Modells – hier grenzwertig knapp skizziert – muss jeder Versuch scheitern, der die Kategorie ‚Text‘ an einer Stelle im Spannungsfeld zwischen Fiktivem, Realem und Imaginärem konkret zu verorten sucht. Schon ein statisches Diagramm der Triade zu zeichnen genügt keiner Repräsentation von Isers Textmodell. Iser erlag auf konsequente Weise nie einem derartigen Versuch, zumindest in veröffentlichten Arbeiten nicht. Das Modell ist nicht hinsichtlich ontologischer Bestimmungen interpretierbar. Es ist vielmehr ein Modell der permanenten Verschiebung von Eigenschaften und der Erzeugung von Unschärfen und Unbestimmtheiten – noch ganz im Sinne von Isers Wirkungsästhe-tik,316 die er in ‚Das Fiktive und das Imaginäre‘ erfolgreich konzeptionell radikalisieren konnte.317 Für Iser ist das Imaginäre das menschliche Potential, das durch Variation und

315 Ebd., S. 183

316 Am deutlichsten formuliert in Iser: Der Akt des Lesens und in gewisser Weise ‚rückwirkend‘ ergänzt durch Wolfgang Iser: Der implizite Leser. Kommunikationsformen des Romans von Bunyan bis Beckett, München 31994 (11972).

317 Wolfgang Iser/Richard van Oort : „The Use of Fiction in Literary and Generative Anthropology: An Interview with Wolfgang Iser“, in: Anthropoetics III, no. 2 (Fall 1997/Winter 1998) liefert den Beleg, dass dies im Sinne Isers war: „Reader-response criticism needed an underpinning because it was concerned with text processing, that is, the way in which readers relate to texts. Consequently, a psychological aspect was involved, which I tried to develop at the time along the lines of Gestalt psychology. Reading as text

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Anwendung von ‚Erfahrungssedimenten‘ Nicht-Gegebenes gegenwärtig zu machen vermag. Es hat jedoch außerhalb der Triade keine Existenz.

Mit Isers Modell ist die Frage nach dem, was letztendlich einen Realitätscharakter für virtuelle Welten konstituiert, auch für die Medien insgesamt in besonderer Weise gestellt.

Sein Modell geht über die Literatur als Gegenstand an sich weit hinaus. Eine herausragende Leistung dieses Modells, die mitten in unser ‚Definitionsvermögen‘ zielt, ist die (mehr oder weniger elegante) Auflösung einer binären Logik, also einer Entscheidungs- oder Unterschei-dungssituation beispielsweise zwischen ‚wahr‘ und ‚falsch‘ oder ‚ja, das hier‘ und ‚nein, das nicht‘, die jeder vernünftigen Definition im klassischen Sinne vorauszugehen hat. Iser gewährleistet dies in seinem Modell durch die Einsetzung einer dritten, vermittelnden Instanz, die die Sinnkonstitution von Texten durch die Triade beschreibt. Er geht sowohl beim künstlerischen und ästhetischen Pol des Texts, als auch beim ‚Fiktiven‘ und ‚Realen‘

von einem nicht erschöpfenden binären Verhältnis zweier Kategorien aus. Iser erklärt in einer polemischen Auseinandersetzung mit Elisabeth Strökers Frage, was denn nun das Imaginäre in Isers Fiktionalitätstheorie sei,318 ausdrücklich, dass das „Imaginäre kein isolierbares Phänomen“ darstelle und es sich „bei den drei genannten ,Entitäten‘ weniger um deren isolierte Thematisierung als vielmehr um ein Zusammenspiel von Komponenten handelt. Daraus folgt 2., daß Imaginäres nur in solchen Verbindungen existiert oder, anders gewendet, daß es für den Diskurs immer nur in solchen ‚Legierungen‘ greifbar wird“.319 Wenn Spiel die Unbestimmtheit markiert, die in einem Modell erzeugt wird, das erstens Oppositionen abbauen soll und zweitens am Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit operiert, so ist dies kein Zufallsprodukt einer metaphorischen oder gar willkürlichen Begriffswahl: Iser hat zum Imaginären bemerkt, dass es sich einer diskursiven Definition entzieht, da es nicht isoliert werden kann und ausschließlich in Verbindung mit etwas anderem existiert und eben eine untrennbare Legierung formt. Die Verbindungen geht es mit dem Fiktiven/Fiktionalen und dem Realen ein. Das Imaginäre ermöglicht die Beschreibung, wie Reales im Fiktiven wiederkehren kann. Auf diese Weise ist das Zusammenspiel – im Englischen ‚interplay‘ – von Fiktionalem und dem Imaginären die grundlegende Heuristik für eine literarische Anthropologie, so Iser. Das Mit- und Gegeneinander von Fiktivem und Imaginärem ist als Spiel gekennzeichnet, Spiel (‚play‘) entsteht aus der Koexistenz des Fiktiven und des Imaginären. Das Spiel versteht Iser in fast schon physikalischen Sinn als bindende Kraft der Triade, die durch Wechselwirkung der einzelnen Pole in einem Austauschprozess aufgebaut wird, der als nichts anderes zu beschreiben ist als eben das ‚Spiel‘.

Assmann skizziert die schier grenzenlose Produktivität, mit der das Spiel in Isers Modell und Denken wirkt, folgendermaßen in einigen ihrer Facetten:

Iser follows Roger Caillois in his typology of games derived from elementary human disposi-tions (agon, alea, mimicry, illinx). For Iser, these various types represent modes which can be traversed, exchanged, substituted, combined. More important, however, is the encompassing processing also means – and this was an implication which may not have come sufficiently to the fore –

finding out something about the human makeup: namely, the way in which the letters we perceive translate into a stream of imagery in our minds. Therefore reader-response criticism needed further exploration in order to find out something about human dispositions by means of literature.“

318 Elisabeth Ströker: „Was ist das Imaginäre in Isers Fiktionalitätstheorie?“, in: Wolfgang Iser/Dieter Henrich (Hrsg.): Funktionen des Fiktiven, München 1983.

319 Wolfgang Iser: „Das Imaginäre: kein isolierbares Phänomen“, in: ders./Dieter Henrich (Hrsg.): Funktionen des Fiktiven, S. 479.

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category of absolute play that makes all these constant transformations possible. Iser then moves from a typology of games to absolute‘ play as both a literary and an anthropological category. Play, the non-instrumental category par excellence, becomes for him the privileged instrument for exposing anthropological potential: The attitudes concerned unfold their multifarious features when, by being acted out, they permit a form of self-experience that is freed from the constraints of consciousness. This is what makes games enjoyable, for they break all the bounds of everyday pragmatic needs that otherwise hold our attitudes in check. Play, then, stages anthropological dispositions that, because they can never be disclosed in their entirety, can assume presence only through a range of their different aspects.320

Wir erkennen hier, wie das Spiel symbolisch für die Unbestimmbarkeit und Freiheit des Menschen gesetzt wird und damit selbst unbestimmbar wird.

Es steht zu vermuten, dass Isers Modell für die definitionsaffine Fraktion der game studies kein besonders attraktives ist – dies leuchtet ein, beziehungsweise erscheint auf frappierende Weise evident. Dennoch gibt es Versuche, die die Permanentverschiebungen in Isers Modell in ‚definitionskonforme‘ Formen binden wollen. So hat Julian Kücklich in seinem Beitrag ‚The Playability of Texts vs. the Readability of Games: Towards a Holisitic Theory of Fictionality‘321 einen Versuch in dieser Richtung unternommen. Kücklich zeichnet hierzu Teile von Isers Werk – inklusive ‚Der Akt des Lesens‘ und ‚Das Fiktive und das Imaginäre‘ – nach. Aufschlussreich bleibt ein Unterkapitel, das Kücklich der Idee einer philologisch geprägten ‚Readbility of Games‘ speziell widmet und unter dem Zeichen der von ihm so bezeichneten ‚Postmodern Temptation‘ bespricht. Worin besteht nach Kücklich die

‚postmoderne Versuchung‘?

Kücklich fühlt sich zunächst offenbar von Iser in Versuchung geführt, da er uns, wie er sagt, ein geeignetes Modell für die Analyse von „game-fiction“ anzubieten scheint. Dies erstaunt, da man Isers Modellen in der Vergangenheit eher das Gegenteil nachgesagt hatte und diese eher als nicht anwendbar für jegliche Analyse konkreter Gegenstände eingestuft wurden – ein Vorwurf, mit dem fast jedes anthropologisch fundierte Theoriemodell irgendwann konfrontiert wird. Kücklichs Beobachtung orientiert sich zunächst an einer allgemeinen Ebene, auf der die Wichtigkeit des Spiels noch einmal betont wird, ohne dabei eine Perspektive für etwaige Analyseinstrumente erahnen zu lassen. Es wird die entscheidende Frage gestellt:

But does it make sense to use Iser’s model for the analysis of games? One objection that comes to mind is the fact that an expansion of the meaning of the term ‚game‘ might cause it to lose its analytical power, similar to the way the term ‚text‘ lost much of its critical potential through the way it was used in the heyday of postmodernist literary theory. Therefore, the

But does it make sense to use Iser’s model for the analysis of games? One objection that comes to mind is the fact that an expansion of the meaning of the term ‚game‘ might cause it to lose its analytical power, similar to the way the term ‚text‘ lost much of its critical potential through the way it was used in the heyday of postmodernist literary theory. Therefore, the