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Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 16. Oktober 1688

Chronologisches Briefverzeichnis

Falknern 8 dienstlich zugrüßen ich recommendire meinen sohn zum besten undt ver- ver-bleibe unter Christi schutz

T. Nobilissimae Excellentiae deditissimum Clientem

80 Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 16. Oktober 1688

[3] Programma „Von denen Mängeln derer heutigen Academien, absonderlich aber der Jurisprudenz Zwey Collegia“, [1688]

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1 Welche der nachfolgend aufgeführten Aspekte Thomasius erst in diesem Brief behandelte oder schon im vorausgegangenen Schreiben Thomasius’ an Pufendorf vom 7.10.1688 thematisiert hatte, ist nicht feststellbar. Die kurze Aufeinanderfolge der beiden Schreiben lässt vermuten, dass es hier eher um die knappe Nachreichung einer aktuellen Information oder soeben erschienener Drucker-zeugnisse ging, das Gros der Themen aber bereits in Thomasius’ Brief an Pufendorf vom 7.10.1688 angesprochen worden war.

2 Siehe Kulpis’ Brief an Thomasius von Anfang Oktober.

3 Siehe Pufendorfs Brief an Thomasius vom 18.9.1688.

4 Ankündigung zweier Disputierübungen für das Wintersemester: einer zur Vernunftlehre auf der Basis der soeben erschienenen „Introductio Ad Philosophiam Aulicam“ und einer weiteren über die

„Institutiones Justinianeas“.

80 Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 16. Oktober 1688

Vorlage: Forschungsbibliothek Gotha, Chart B 670, Bl. 65r–67r (eigenhändig)

Weitere Überlieferung: Varrentrapp (Hg.): Briefe von Pufendorf, 1893, Tl. 1, Nr. 10, S. 34–37; Döring (Hg.): Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, Nr. 146, S. 208–211

Berlin, den 16. Octobr. 1688.

WohlEdler und Hochgelahrter,

Insonders hochgeehrter Herr und werther Freund,

Deßelben angenehmes von 7. und 10 dieses samt beygefügten sachen habe wohl

erhal-ten,

1

worfür mich zum höchsten bedanke, und bezeuge, daß ich dermaßen dardurch,

und durch so viele erweisung der sonderbaren affection gegen meine person obligiret

bin, daß wo ich so fort ad salvandum solte angehalten werden, ich mich nothwendig

umb einen eisernen brief

2

würde zubewerben haben. Soll gleichsehr unvergeßen seyn

meine erkändligkeit bey gelegenheit an tag zugeben, und werde, was Mhh. von Halle

gedenket, ad notam nehmen;

3

wiewohl ich glaube, daß man bey entstehenden itzigen

unwesen an neue Academias literarias aufzurichten so fort nicht gedenken werde, biß

man siehet, wie es sich mit dem krieg geben wird.

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Bekenne sonsten, daß Mhh. ein

hauffen leute von Leipzig abziehen solte. Sonsten sehe, daß noster Alberus hier u. dar

herbe Pillen bekommen: will sehen, was sie bey so einem corpori cacochymico

aper-iren werden. Ich hatte im sinn eine vorbitte bey ihm einzulegen, daß Mh. doch des

ar-men Herman schonen wolte, dem das podagra so plaget,

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allein seine überaus große

malice hat mein mitleyden gantz consumiret. U. finde ich unter andern diese

leichtfer-tigkeit alzu sensibel, daß er in seinen Judicio gesetzt von meinen guten freunde, der

von meiner antwort voraus hatte debitiret, u. solches mit meiner hand wollen

bewei-ßen, durch welches stratagema er vermeinet hat zuwege zubringen, daß Mhh. und

Berlin, 16. Oktober 1688

H. L. Rechenberg die correspondence mit mir abrumpiren solten, weil er wohl weis, daß ich sonsten in Leipzig niemand schreibe.

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Was sonsten Mhh. von H. Carpzov gedenket, kommt mir sehr probabel vor, weil er im gesichte mir was dockmäuserisch vorkahm, auch seines Bruders censur mit so kahler entschuldigung beimänteln wolte: Er hette des Pfanners pasquill nicht gelesen. Heißet das censiren, wenn man seinen nahmen unter eine scartecke setzet, die man nicht gele-sen?

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Er meinte auch, Alberti were ein frommer gotfürchtiger mann, und solte man billig den eigensinnigen Theologis etwas nachgeben; so were auch gefehrlich, in sol-chen haß und wiederwillen dahin zuleben. Ich antwortete ihm ausm Virgilio: Capiti cane talia demens Dardanio.

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Es were eine schöne sache, wenn man sich deswegen nicht verantworten solte, weil der calumniante einen langen mantel tragt.

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Was Mhh.

von Leti geschrieben, ist sehr wohl gethan. Ein iedweder alhier helt ihn für einen hauptsächlichen bärenheuter; u. ließ der hochSehl. Churfürst ihn 500 Rdr. geben, u.

andeuten, daß er das buch nicht solte drucken laßen; aber der miserable flatteur hat es

doch drucken laßen, und wie ich höre uber 500 exemplaria nach Italien geschicket, daß

die Italiener ursach haben sich über uns zu mocquiren, weil so viel thorheiten als

zei-len drinnen sind.

10

Mhh. hat nicht observiret, was er von der citadelle zu Berlin

schrei-bete, da doch so viel citadelle alhier ist, als zu Steteritz.

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Alberus hat auch gnug

be-kommen für den langen Fritzen, wiewohl es verdrießlich ist, daß man einen solchen

scherenschleiffer von diesen sachen soll raison geben.

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Und kann ich noch nicht

be-greiffen, woher er eigentlich anlaß genommen sein löschhorn zu rümpfen. Denn 1. ist

es wohl eine sache, so werth ist in der historie berührt zuwerden, daß man einem so

berühmten General den buckel voll wehetage geschlagen. 2. Sind in Teutschen kriege

verschiedene personen, deren eigentlichen rechten nahmen man nicht weis, u. die nur

mit ihrem gleichsam unechten zunahmen bekand sind, als da war der blinde Valentin,

Rittmeister Nimmernüchtern, der Oberste Beygott, und Kehrauß, derer eigentlichen

nahmen ich niemahls erfahren können,

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u. also diese vocabula militaria brauchen

mü-ßen. 3. So muß Alberus wohl die passage beym Tacito l. 1. Annal.

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nicht gelesen

ha-ben: et centurio Lucillius interficitur, cui militaribus facetiis vocabulum

Cedo al-teram15

indiderant, quod fracta vite in tergo militis alteram clara voce, ac rursus aliam

poscebat. Mhh. neu buch De prudentia cogitandi et ratiocinandi steht mir sehr wohl an,

und ist wohl gethan, daß Mh. es als lineas primas

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wollen ausgeben, denn ein so neu

werck, zum wenigsten quoad dispositionem et modum tradendi kan man unmöglich

auf erste mahl zu voller perfection bringen, u. wird Mh. ex lectione recentium, auch

aus dem was so wohl freunde als feinde meinen werden, gnugsam anlaß bekommen

solches in perfection zubringen. Wie denn auch es an meisten orten etwas weitleuftiger

u. deutlicher ausgeführet muß werden, weil es sonsten den jungen leuten, so Mh. nicht

gehöret, oder in diesen materien versiret sind an einigen orten concis oder obscur

vor-kommen wird. Meine zeit leidet nicht, wie gerne ich wolte, etwas zur illustration

die-ses galanten scripti zu conferiren. Nur erinnere mit einem worte für diedie-ses mahl, ob

Mh. ad cap. VIII. §. 4. beliebte zu conferiren,

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was h. Weigelius von der

demonstrati-on geschrieben so wohl in einen absdemonstrati-onderlichen tractat in 4to, so für etlich u. 20 jahren

herauskommen, als auch was er davon in seiner Sphaerica Euclidea meldet, welches

Berlin, 16. Oktober 1688

mich vor diesem sehr contentiret.

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Was Mh. in seinem programmate de defectibus Jurisprudentiae Romanae meldet, ist hauptsächlich gut, und were zuwünschen, das man die edle disciplin einmahl könte in formam artis redigiren.

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Ich habe vor diesem H. Kulpis

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meine gedancken hierüber entdecket, so dahin gingen, daß man in den In-stitutis und Pandectis eine separation anstellen solte dergestalt, daß man zu erst alles, was ad disciplinam juris universalis s. naturalis gehöret davon, und zu dieser disciplin thete. Aus den positivis aber ordentlich eine disciplinam juris seu fori Romani formire-te, so würde man da sehen, wie mager das jus Romanum ut tale seyn würde, u. wie wenig dasienige were, was davon ad nostra fora könte appliciret werden. Hingegen daß das erste gelten müße nicht weil es in des Justiniani fricassée stehet,

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sondern weil es juris perpetui ist. Mhh. beliebe doch diesen vorschlag nachzudencken, und mir seine meinung drüber zu eröfnen. Daß ich sonsten kein ander fundament von h. Kulpis etwas de mutato in me animo zu muthmaßen, als weil er in vielen stücken in seinem Commentario ad Monzambanum cavilliret hat,

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da es nicht nöthig gewesen. Denn ich selbst nicht alles probire, und deswegen eine editionem posthumam verfertige.

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Aber nun ist mirs lieb, was Mh. aus seinen brief mir communiciret;

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und kan ich leicht ley-den, ut suo sensu abundet. Bitte, wenn Mh. an Ihn schreibet, Ihn frl. meinet wegen zu grüßen. Autor templi pacis ist revera Jacob Otto und habe ich einen brief von ihm, da er dieses herrlichen Operis gedenket:

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so war noch ein studiosus von Ulm dieser tage bey mir, der ihn kennet.

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Ich glaube daß sein vater mit auf den Westphalischen Tractaten geweßen.

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Es ist eben Schwäbische arbeit. Ich will sehen, ob meine allatra-tores diese Meße nichts ausgebrütet haben. Ich höre daß Pfanner ein gar eigensinniger und garstiger Mann sey,

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deswegen wo er angestochen komt, muß man ihn en ridicule tourniren, denn so kan man solche kerls am besten vexiren. Ich bitte Mh. h. Bruder meinet wegen frl. zugrüßen, und ich verbleibe lebenslang

Meines hochgeehrten herrn ergebenster diener Sam. von Pufendorf.

1 Vgl. Thomasius’ Briefe an Pufendorf vom 7.10.1688 und vom 10.10.1688.

2 Bezeichnete eine Schutzurkunde, die zahlungsunfähige Schuldner mit ausreichender Kreditwürdig-keit für eine bestimmte Zeit vom Zahlungszwang befreite.

3 Spätestens seit Juni 1688 erwog Thomasius eine berufliche Zukunft außerhalb seiner Vaterstadt Leipzig, vgl. sein Schreiben an Pufendorf vom 8.6.1688 und dessen Antwort vom 19.6.1688 sowie Thomasius’ Brief an Johann Jacob Stübel von Ende Juli 1688. Thomasius verband diesen Schritt mit der Hoffnung, seine hochschulpolitischen Vorstellungen verwirklichen zu können. Erstmals spielte in diesem Zusammenhang nun auch Halle eine Rolle, wo Thomasius anderthalb Jahre später tatsächlich maßgeblich den Aufbau der Universität in die Wege leiten sollte, vgl. u. a. das Schrei-ben von Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg an Thomasius vom 4./14.4.1690. Pufendorf war für Thomasius vermutlich ein geeigneter Ansprechpartner, um seine Pläne bezüglich einer „acade-mia literaria“ brandenburgischen Regierungskreisen nahezubringen.

4 Im Neunjährigen Krieg (auch: Pfälzischer Erbfolgekrieg) von 1688 bis 1697 trat das Kurfürstentum Brandenburg unter Friedrich III. nach einer Phase der Doppeldiplomatie im Oktober 1688 offen der

Berlin, 16. Oktober 1688

antifranzösischen Allianz bei, s. Bellingradt: Das Entscheidungsmomentum 1688, 2006, S. 139–

170.

5 „Cacochymia“ = Schlechtigkeit der Säfte; Hermann = in ländlichen Gegenden gebräuchliche Be-zeichnung für einen Hirten, aber auch für Leithammel; „Podagra“ = Gicht an den Füßen. Pufen-dorfs ironische Mahnung zur Milde gegenüber dem Theologen Valentin Alberti bezog sich auf Vorwürfe, die Thomasius im Septemberheft der „Monatsgespräche“ (S. 363–365) – zwar nur ver-steckt und ohne Namensnennung, aber für Eingeweihte deutlich genug – gegen Alberti erhoben hatte. Dieser habe – so Thomasius – in einem „privat discours“ an Pufendorfs „Commentariorum De Rebus Suecicis Libri XXVI“ verschiedene „läppische Sachen“ moniert, etwa dass Pufendorf in dem Werk eine hochrangige Persönlichkeit des Diebstahls von 10 000 Talern bezichtigt habe.

Thomasius hatte sodann diese angeblichen Äußerungen Albertis zum Anlass genommen, dem The-ologen im Gegenzug vorzuhalten, er habe in seiner Funktion als Ephorus der Leipziger Stipendia-ten Gelder aus deren Kasse entwendet. Zum juristischen Nachspiel dieser Unterstellung s. die Schreiben von Thomasius an Pufendorf vom 24.11.1688 und von Pufendorf an Thomasius vom 1.12.1688.

6 Thomasius und Adam Rechenberg waren Pufendorfs wichtigste Bezugspersonen in Leipzig. In seiner jüngsten Streitschrift (Judicium de Nupero Scripto Pufendorfiano, 1688) hatte Alberti ver-sucht, einen Keil zwischen Pufendorf und seine Leipziger Freunde zu treiben; vgl. Döring (Hg.):

Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, S. 210, Anm. 3.

7 Der Leipziger Ratsherr Friedrich Benedict Carpzov hatte Pufendorf wenige Wochen zuvor in Ber-lin besucht, vgl. Pufendorfs Brief an Thomasius vom 18.9.1688. Carpzovs Bruder, der Theologe Johann Benedict (II), war für die Zensur der anonymen gegen Pufendorf gerichteten Streitschrift

„Modestiae Castigatio“ von Tobias Pfanner zuständig gewesen und hatte das Buch, obwohl es for-mal ein Pasquill war, anstandslos passieren lassen, s. auch das Schreiben Pufendorfs an Thomasius vom 25.7.1688 sowie Pufendorf: „Schwartzii Dissertatio Epistolica“, in: Palladini (Hg.): Samuel Pufendorf. Eris Scandica, 2002, S. 343.

8 Vergil: Aeneis, 11, 399f.: Nulla salus bello? capiti cane talia, demens, Dardanio, rebusque tuis.

9 „Langer Mantel“ meint hier wohl ähnlich wie „schwartzmantel“ (vgl. das Schreiben Pufendorfs an Thomasius vom 19.6.1688) den langen schwarzen Mantel von protestantischen Theologen und Klerikern.

10 Der italienische Historiograf Gregorio Leti (1630–1701), der im Ruf eines Viel- und Gefälligkeits-schreibers stand, hatte 1687 auf Italienisch eine Geschichte des Hauses Brandenburg veröffentlicht (Ritratti Historici, Politici, Chronologici, e Genealogici Della Casa Serenissima, & Elettorale di Brandeburgo, 2 Bde.). Einen kürzeren französischsprachigen Abriss des Buches aus demselben Jahr (Abregé De L’Histoire De la Maison Serenissime Et Electorale De Brandebourg) hatte Tho-masius im Septemberheft der „Monatsgespräche“ 1688 (2. Halbjahresbd., S. 319–353) ausführlich und negativ besprochen. Zu Letis Geschichte des Hauses Brandenburg, zu den Versuchen des kur-fürstlichen Hofes, die Veröffentlichung des Werks zu verhindern, sowie zu Pufendorfs nachmals freundlicherer Einstellung gegenüber Leti s. Palladini (Hg.): Samuel Pufendorf. Eris Scandica, 2002, S. XVI und 378. Vgl. auch das Schreiben des Juristen Johann Christian Langes an Tho-masius vom 28.12.1688.

11 Gemeint ist wahrscheinlich Stötteritz bei Leipzig. Das auf einer Anhöhe gelegene Dorf war im Dreißigjährigen Krieg von den verschiedensten Kriegsparteien besetzt und dabei schwer in Mitlei-denschaft gezogen worden.

12 Zu den „läppischen Sachen“, die Valentin Alberti – wie Thomasius im Septemberheft der „Mo-natsgespräche“ 1688 (S. 358f., 365f.) schrieb – an Pufendorfs „Schwedischer Geschichte“ moniert habe, gehörte der Vorwurf, dass der Verfasser historisch marginale Figuren wie den Soldaten Fri-dericus Longurio habe auftreten lassen. Longurio, auch „der lange Fritz“ genannt, war im Dreißig-jährigen Krieg ein schwedischer Offizier, der seinen Beinamen wegen seiner Körpergröße erhalten

Berlin, 16. Oktober 1688

hatte. Er soll in der Schlacht bei Leipzig, nahe Möckern, am 7.9.1631 den verwundeten Johann t’Serclaes Graf Tilly, den Anführer der katholischen Liga, angegriffen haben und wurde dabei selbst erschossen, s. Pufendorf: Sechs und Zwantzig Bücher Der Schwedisch- und Deutschen Kriegs-Geschichte, 1688, Buch III, § 29, S. 70; zuvor bereits in der lateinischen Edition: Commen-tariorum De Rebus Suecicis Libri XXVII, 1686, S. 52. Die Episode wird auch erwähnt in: Pufen-dorf: Continuirte Einleitung zu der Historie der vornehmsten Reiche und Staaten von Europa, 1686, S. 719.

13 Alle folgenden Personen waren Soldaten des Dreißigjährigen Krieges: Beim „blinden Valentin“

handelte es sich wahrscheinlich um den zunächst auf schwedischer, später für Polen auf antischwe-discher Seite kämpfenden Offizier Johann Lübecker; „Rittmeister Nimmernüchtern“ (auch „Im-mernüchtern“) bezeichnete den Freischärler Levin Zander. Keine „unechten Zunamen“ waren „der Oberste Beygott“ (dies war Oberst Daniel Beygott von Römerstatt) sowie „Kehrauß“ (Andreas Matthias Kehraus, auch Kerauß bzw. Kehrauß), ein protestantischer Oberst, der zunächst auf kur-sächsischer, dann auf kaiserlicher Seite stand.

14 Tacitus: Annales, Lib. I, cap. 23. Das folgende Zitat brachte Thomasius wenig später in den „Mo-natsgesprächen“ (1688, „Zugabe“ Nr. VI, S. 806f.) als ergänzende Information zu seinen Ausfüh-rungen über den „langen Fritz“ im Septemberheft.

15 „Cedo alteram“ in der Vorlage unterstrichen. Die Hervorhebung findet sich auch in den meisten Editionen der Tacitus-Annalen. Sie bezieht sich auf den Scherznamen für den wegen seiner Brutali-tät berüchtigten römischen Centurio Lucilius, der – wenn ihm beim Prügeln eines Soldaten der Stock brach – Ersatz forderte („Cedo alteram“ = noch einen).

16 Damit lag die „Introductio Ad Philosophiam Aulicam“ nun offenbar vollständig vor. Im Untertitel hieß das Werk: „Lineae Primae Libri De Prudentia Cogitandi Et Ratiocinandi“; „lineae primae“

stand für „Abriss“, „Entwurf“. Pufendorf greift Thomasius’ Begründung auf, dass es sich bei dieser Logik im Wesentlichen nur um einen Entwurf handelt, der summarisch das Programm einer viel größeren, noch zu schreibenden Logik darstelle (Praefatio, o. S.). Tatsächlich ist dieses Werk von einer stringenten Konzeption oder Durchführung relativ weit entfernt, einigen Themenkapiteln widmet sich Thomasius ausführlich, andere werden nur kursorisch behandelt, Näheres dazu bei Schneiders: Vorwort [zum Neudruck der Introductio Ad Philosophiam Aulicam], 1993, S. VI–IX.

Der Begriff einer „Hofphilosophie“ ist vordergründig und wohl nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Widmungsträger Friedrich Adolph von Haugwitz gewählt; im Kern versteht Thomasius seine Schrift als Plädoyer für eine auf den allgemeinen Nutzen zielende Lehre klugen Schlussfolgerns und Urteilens. Die Mängel seines Buches hat Thomasius offenbar bald erkannt, sodass er dieses Projekt nicht direkt weitergeführt hat. Stattdessen griff er die Praxisorientierung wieder auf und brachte in einem zweiten Anlauf – konsequenterweise auf Deutsch – eine neue Logik in zwei Tei-len heraus, und zwar als „Einleitung zu der Lehre“ und „Außübung der Vernunfft-Lehre“ (beide 1691).

17 Kap. 8 der „Introductio ad Philosophiam Aulicam“ ist betitelt mit „De Modo Rationandi“; § 4 gilt den verschiedenen Wahrheitsgraden wissenschaftlicher Beweisführung („propositiones“ und „de-monstrationes“).

18 Mit dem Traktat in Quart ist wahrscheinlich Weigels „De Demonstratione Aristotelico-Euclidea“

von 1662 gemeint. „Sphaerica Euclidea“ bezieht sich auf die 1657 in drei Büchern herausgekom-mene „Sphaerica, Euclidea Methodo conscripta“ (1688 in einem Band neu aufgelegt). Zur Bedeu-tung Weigels und seiner euklidisch geprägten Methodenlehre für Pufendorf vgl. das Schreiben von Pufendorf an Thomasius vom 19.6.1688. „Auf einrathen eines guten Freundes“, d. h. Pufendorfs, griff Thomasius dessen Anregung, den genannten Paragraphen in der Introductio Ad Philosophiam Aulicam um Weigels Methodenlehre zu ergänzen, im Dezemberheft der „Monatsgespräche“ 1689 (S. 1032–1038) auf, wo er u. a. Weigels „Sphaerica, Euclidea Methodo conscripta“ als methodisch vorbildlich würdigte. Zu Thomasius’ Wertschätzung der pädagogischen Arbeiten Weigels vgl. das