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Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 25. Juli 18

Chronologisches Briefverzeichnis

Falknern 8 dienstlich zugrüßen ich recommendire meinen sohn zum besten undt ver- ver-bleibe unter Christi schutz

C. Thomasium 13

68 Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 25. Juli 18

die Erläuterungen zum Titelkupfer wurden wahrscheinlich erst zu diesem Zeitpunkt zur Komplet-tierung des Bandes ausgeliefert; vgl. Thomasius’ Schreiben an Friedrich Adolph von Haugwitz vom 22.7.1688.

3 Den Wunsch nach „etlichen exemplaria“ hatte Pufendorf in seinem Brief an Thomasius vom 17.7.1688 geäußert.

68 Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 25. Juli 1688

Vorlage: Königliche Bibliothek Kopenhagen, Sammlung Thott 1276, o. Pag. (eigenhändig)

Weitere Überlieferung: Gigas (Hg.): Pufendorfs Briefe an Thomasius, 1897, Nr. X, S. 24–26; Döring (Hg.): Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, Nr. 139, S. 198–199.

Berlin den 25. Julij. Ao. 1688.

Edler und hochgelahrter, insonders hochgeehrter Herr und werther Freund,

Deßen geliebtes von 22. huius habe zusamt dem appendice

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, und den 6. exemplairen von der Epistel zurecht erhalten.

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Bedancke mich gar sehr für beyde. Was die Epistel anbelanget, so gefallet sie mir ie länger ie beßer, u. habe ich sie schon 4 mahl durchge-lesen, und lese abends ehe ich schlaffen gehe ein stücke davon umb gute dräume zu bekommen; und wundert sich meine frau

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alzeit, was ich doch zu lachen habe. Ich hal-te es für ein souverain remedium die latratores entlich stille zumachen, u. höre ich, daß die andern hn., so kein gut gewißen haben, schon laustern, ob dergleichen brief sich auch bey ihnen anmelden werde. Allein sie werden erst sehen müßen, was die Michae-lis meße bringen wird,

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u. wann sie denn nicht zu frieden seyn wollen, muß man den JCtum Nic. Beckmannum ansprechen seinen stylum noch mehr zu exerciren, denn es ist schade, daß man gut latein an diese leute wenden soll.

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Ich möchte wohl sonsten h.

dr. Pfeiffer

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fragen, ob er denn des Wildschütz schrift

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für ehrlich und löblich hält, u.

ob ich dazu stille schweigen, oder selbigen gesellen als einen ehrlichen menschen

trac-tiren soll. So möchte ich auch von seiner Hochwürdigkeit vernehmen, ob ich denn

nicht so viel recht auf der welt habe, als andere leute, meine ehre wieder calumnianten

zu defendiren? U. warumb wollen denn nun die guten hn. diese Epistel confisciren, da

sie des Pfanners scartecke in Leipzig drucken laßen.

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Er darf sich auch nicht bestehn,

daß er oder iemand von Leipzig wird in des königs von Dennemarck

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ungnade fallen,

bey dem dr. Schwartz nicht in so großer consideration ist.

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Und werde ich ihm anders

auf den peltz geben. Das scriptum ist schon unter der preße u. nicht mehr in meinen

händen, sonsten hette ich ihm etwas pillen mit geben wollen. Allein in genere haben

die ienigen gnugsam ihr theil bekommen, die mit ihren particulier dingen auf das

hölz-gen lauffen. Slevogd laßet per quartum bitten, ich möchte ihn doch publice keinen

hundesvogd nennen, weil er gehöret, daß ich gesaget, wenn man des gewesenen

Jenai-schen Professoris Hundeshagen u. seinen nahmen zusammen thete, und die helffte

un-ter sich vertauschete, so hieße der eine Schlehagen, u. er hundesvogd, so sich viel

be-ßer schicken würde.

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Non tamen impune abibit. M. Friderichs habe ich nur in schertz

Berlin, 25. Juli 1688

gedacht;

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er war für 30 jahren schon wie eine gebackene hutzel, ich glaube er ist nun gar ein ens entionis

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worden. Sonsten ist vor wenig tagen zu Regensburg ein scriptum von 4. bogen eines Anonymi vor tag kommen, mit dem titel: Historische Anzeig von den eigentlichen ursachen der privilegirung des Hauses Österreich.

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Darin er den gu-ten Monzambano hernimmet, ob hätte er von selbigen privilegien nicht recht judiciret, u. will beweißen aus dem Ottone Frisingensi, daß Fridericus I. solche privilegia zuerst ertheilet, so von den folgenden nur confirmiret, u. ampliciret worden.

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Allein man könte dem guten parasito leichtlich antworten, daß die ienige privilegia, so gemeldter keyser dem Marggrafen von Österreich Henrich damahls gegeben, darauf fundiret ge-wesen, weil dieser sein recht auf Bayern an Henricum Leonem cediret; welches aber Rudolfum Habspurgensem und u. seine familie nichts angegangen, der auch des letz-ten hertzogs von Österreich von selbiger linie, der zu Napoli enthauptet worden,

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erbe nicht gewesen, sondern als er hernach keyser worden, solches land als ein vacant lehn seiner familie conferiret, und nach der hand der vorigen familie personal recht sich auch angemaßet, cuius ratio in ipsum non cadebat.

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Allein weil ich itzo in Teutsch-land lebe, ist nicht rathsam sich hierüber auszulegen, es were denn daß sich eine gele-genheit gebe in einem andern scripto, da man diese questionem generalem könte aus-führen: wenn ein lehn erlediget, deßen vorigen besitzer aus sonderbaren personal ursachen gewißer privilegia genoßen, ob eben solche privilegia den ienigen folgen müßen, der solches feudum nachgehends bekomt, den doch die rationes selbiger privi-legien nicht beykommen. In übrigen bitte Seinen h. Bruder meinet wegen dienstl. zu grüßen, und ich bin lebenslang

Meines hochgeehrten herrn Dienstwilligster diener Sam. von Pufendorf.

1 Anhang zum Halbjahresband der „Monatsgespräche“ 1688, vgl. Beilage [1] zu Pufendorfs Brief an Thomasius vom 22.7.1688.

2 Es handelt sich um die „Epistola Beckmanni“, die im Vormonat erschienen war, vgl. Beilage [2] zu Pufendorfs Brief an Thomasius vom 22.7.1688.

3 Pufendorfs Ehefrau Catharina Elisabeth, geb. von Palthen, verwitwete Hedinger.

4 Pufendorfs für die Michaelismesse angekündigte Satire „Josuae Schwartzii Dissertatio Epistolica“, 1688.

5 Meint die „Epistola Beckmanni“ mit ihrem simplen ‚Scholastikerlatein‘. Zu einer möglichen, of-fenbar durchaus ernst gemeinten Weiterbeschäftigung ‚Beckmanns‘, d. h. Gottfried Thomasius’, als Satiriker vgl. auch Pufendorfs Briefe an Thomasius vom 11.8.1688 und vom 28.8.1688.

6 August Pfeiffer, außerordentlicher Professor an der Theologischen Fakultät zu Leipzig. Als einer der führenden orthodox-lutherischen Theologen griff er seit einigen Wochen Thomasius öffentlich an, vgl. Pufendorfs Schreiben an Thomasius vom 19.6.1688 sowie den Brief von Johann Jacob Stübel an Thomasius vom 26.8.1688.

7 Gemeint ist die von Pufendorfs ehemaligem Lunder Kollegen, dem Theologen Josua Schwartz, unter dem Namen seines Stiefsohns Severin Wildschütz im Herbst 1687 veröffentlichte Streit-schrift „Discussio calumniarum Samuelis Pufendorfii“. Pufendorfs im Erscheinen begriffene

„Schwartzii Dissertatio Epistolica“ sollte eine Antwort hierauf werden, vgl. dessen Brief an

Berlin, 25. Juli 1688

Thomasius vom 11.2.1688. Offenbar hatten sich Pufendorfs Absichten in Leipzig herumgespro-chen und Pfeiffer zu einer entspreherumgespro-chenden Mahnung veranlasst.

8 Tobias Pfanners anonyme Streitschrift „Samuel Pufendorfius Modestiae Castigatione Admonitus“

war um die Jahreswende 1687/1688 ohne Angaben zu Verlag oder Drucker erschienen. Zuständi-ger Zensor war Johann Benedict Carpzov, Ordinarius der Theologischen Fakultät, gewesen, s. dazu Pufendorfs Brief an Thomasius vom 16.10.1688. Vgl. ebenfalls Pufendorfs Brief an Thomasius vom 25.2.1688. Auch Pufendorfs Satire wurde in Leipzig gedruckt und fiel damit in den unmittel-baren Zugriffsbereich der kursächsischen Zensurbehörden, vgl. Pufendorfs Brief an Thomasius vom 11.8.1688.

9 Christian V. (1646–1699), seit 1670 regierender König von Dänemark und Norwegen.

10 Josua Schwartz war 1677 wegen seiner Parteinahme für den dänischen König mit seiner Familie aus Schweden nach Kopenhagen geflohen und dort 1680 zum Hofprediger ernannt worden, hatte sich dann allerdings mit seiner Art theologischen Polemisierens auch am dänischen Hof unbeliebt gemacht, s. Carstens: Josua Schwartz, 1891, S. 209. Vgl. auch Pufendorfs Briefe an Thomasius vom 11.2.1688 und vom 25.2.1688.

11 Dieses Wortspiel durch Verdrehung der Namen der beiden Jenaer Professoren Johann Philipp Slevogt und Johann Christoph Hundeshagen hatte Pufendorf bereits in seinem Brief an Thomasius vom 15.5.1688 gebraucht. Ob Pufendorf selbst oder Thomasius dieses Wortspiel in Umlauf brach-ten, lässt sich nicht mehr feststellen, auf jeden Fall war Slevogt auf beide nicht gut zu sprechen.

Thomasius hatte soeben im Juniheft der „Monatsgespräche“ (S. 720–722) ein paar spitze Kommen-tare gegen Slevogts kurzen Traktat gegen die Schmähsucht „Iudicium Sapientum“ gerichtet („ein-fältig“, „arena sine calce“), vgl. auch Pufendorfs Brief an Thomasius vom 15.5.1688. Slevogt glaubte, dass Pufendorf Thomasius „verhetzt“ habe, den Verriss zu schreiben, wie er im Übrigen auch davon ausging, dass Pufendorf die „Epistola Beckmanni“ verfasst habe, s. sein Schreiben an den Mediziner Günther Christoph Schelhammer vom 31.7.1688, in: Scheffel (Hg.): Virorum claris-simorum ad Schelhammerum epistolae selectiores, 1727, S. 169f. Tatsächlich aus Pufendorfs Feder stammte die „Schwartzii Dissertatio Epistolica“, darin gab es gegen Schluss auch eine auf „Sle-vogtius quidam Jenensis“ bezogene Passage, s. Palladini (Hg.): Samuel Pufendorf. Eris Scandica, 2002, S. 344f.

12 Gemeint ist Magister Valentin Friderici, vgl. Pufendorfs Brief an Thomasius vom 17.7.1688.

13 Wohl mit absichtlich falscher Genitivbildung für „ens entis“, die aus der scholastisch-aristo-telischen Philosophie kommende Bezeichnung für das von der Substanz einer Sache losgelöste, ak-zidentelle Wesen dieser Sache (das Sein eines Seins).

14 Gemeint ist die mit den Namensinitialen „P. W. v. H.“ gekennzeichnete Flugschrift „Historische Anzeig Von den Eigentlichen Ursachen Der Privilegirung Des Hoch-löblichsten Ertz-Hauses Oes-terreich“ (1688) des Juristen Philipp Wilhelm von Hörnigk (1640–1714). Hörnigk war seit 1680 Sekretär des österreichischen Gesandten in Berlin und anschließend als „kaiserlicher Sekretär“ dip-lomatisch tätig. Die kleine Schrift ist als Teil von Hörnigks Bemühungen um die Stelle eines Reichshistoriografen zu sehen und diente der rechtshistorischen Unterfütterung der Stellung Öster-reichs im Deutschen Reich. In diesem Rahmen wies Hörnigk Pufendorfs Kritik an einer eigensüch-tigen Privilegienpolitik des Hauses Habsburg zulasten der Stellung von Reich und Reichsständen scharf zurück, vgl. Brauleke: Leben und Werk des Kameralisten Philipp Wilhelm von Hörnigk, 1978, S. 105–111.

15 Otto von Freising, Zisterziensermönch, Bischof von Freising und bedeutender Geschichtsschreiber der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, behandelte in den „Gesta Friderici Imperatoris“ (1157/1158) die Taten seines Neffen Kaiser Friedrichs I. Barbarossa (ca. 1122–1190). Pufendorf spielt hier und im Folgenden auf die von Otto von Freising beschriebene Entstehung des „Privilegium minus“ von 1156 an, das die Loslösung der Markgrafschaft Austria vom Herzogtum Bayern und ihre Erhebung zu einem unabhängigen, erblichen Herzogtum zum Gegenstand hatte. Der bisherige bayerische