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Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 19. Juni 1688

Chronologisches Briefverzeichnis

Falknern 8 dienstlich zugrüßen ich recommendire meinen sohn zum besten undt ver- ver-bleibe unter Christi schutz

C. Thomasium 13

60 Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 19. Juni 1688

S. 389) in Teilen scharf kritisiert und dem Autor, einem Freund des niederländischen Philosophen Baruch de Spinoza (1632–1677), die Verbreitung atheistischer und spinozistischer Lehren unter-stellt. Von der Verteidigungsschrift, die Tschirnhaus gegen den Verriss in den „Monatsgesprächen“

zum privaten Gebrauch verfasste, berichtete Thomasius Pufendorf offenbar ebenfalls in diesem Brief, er druckte sie dann – ergänzt um einen eigenen Kommentar – im Juniheft der „Monatsge-spräche“ ab, s. dazu Pufendorfs Brief an Thomasius vom 17.7.1688. Zur Kontroverse zwischen Thomasius und Tschirnhaus vgl. Wurtz: Tschirnhaus und die Spinozismusbeschuldigung, 1981, S. 61–75; Wollgast: Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, 1988, S. 34f., 48–54; Czelinski-Uesbeck:

Der tugendhafte Atheist, 2007, S. 136–141, und knapp Zenker: Spinoza und die Hallesche Früh-aufklärung, 2010, S. 68f. Allgemein zum Verhältnis von Thomasius zu Spinoza mit weiterführen-der Literatur Senn/Rass: War Thomasius Spinozist?, 2006, S. 55–73. Zur Druckgeschichte weiterführen-der

„Medicina Mentis“ s. Mühlpfordt: Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, 2009, S. 761–765.

4 Es handelte sich um die kommentierte Ankündigung zweier Veranstaltungen im anstehenden Sommersemester: einer Vorlesung über die „Christliche Sittenlehre“ und einer über das „Jus publi-cum“ (Staatsrecht).

60 Samuel von Pufendorf an Thomasius Berlin, 19. Juni 1688

Vorlage: Forschungsbibliothek Gotha, Chart. B. 670, Bl. 69r–71v (eigenhändig)

Weitere Überlieferung: Varrentrapp (Hg.): Briefe an Thomasius, 1893, Tl. 1, Nr. 9, S. 30–33; Döring (Hg.): Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, Nr. 137, S. 193–196

Berlin den 19. Jun. 1688.

Edler und hochgelahrter,

Sonders hochgeehrter herr und werther freund,

Deßen geehrtes vom 8. Junij nebenst dem Teutschen programmate habe wohl

erhal-ten,

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u. bedanke mich sehr für deßen communication. Ist mir auch lieb, daß Mh. seine

reyse nach Zell wohl abgeleget. Bilde mir ein, daß Mh. dieselben örter gegen Leipzig

nicht gefallen.

2

Das programma gefelt mir sonsten sehr wohl, u. wird Mh. sich wohl

meritiren, wenn er die darinn designirte materien wird ausarbeiten, welches aber auf

einmahl nicht wohl geschehen kan, sondern die gleichsam noch rauhe materie muß

durch viel tractation geschmeidig werden, biß man etwas rechts darauß formiren

kön-ne.

3

Es hat auch Mh. wohl gethan, daß er es Teutsch gemacht, denn so ist es bey hofe

angenehmer, alwo Mh. seinen rückenhalt suchen muß. U. thut Mh. am besten, er laß

die prediger nur rasen, u. kehre sich an sie nicht; u. laße nur Pfeiffern

4

pfeiffen tibiis

dextris et sinistris

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. Sie prostituiren sich nur selbst damit. Alzeit jammert mich des

pfeiffers, den sonsten ehe für ein fleutisten, als so schlechten sackpfeiffer angesehen

hette. Ich finde gleichsehr Matth. 25. nicht viel davon, daß man am Jüngsten tage sich

viel umb die logic bekümmern werde.

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Mhh. wird mir vergeben, daß mich unterstehe

etwas weniges dabey zuerinnern, welches nicht geschicht Mh. zu corrigiren, sondern

anlaß zu geben, der sachen weiter nachzudencken. Mh. praeferirt sectam Eclecticorum

allen andern in der Philosophie, und bin ich auch von der secte gewesen. Allein sie ist

nicht die beste an sich selbst, sondern so ferne man die scientiam noch nicht auß

rech-Berlin, 19. Juni 1688

ten principiis demonstrative deduciret hat. Wo dieses geschehen, hat sie keinen platz mehr v. g. in geometria.

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U. brächte man die moralem philosophiam, u. physicam zu rechten scientien, hörete selbige eclectica deßfals auch auf. Uber Aristotelis ethicam, u. undecim nomina virtutum habe ich mich vielmahl mit h. Weigelio zu Jena lustig gemachet,

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weil man aber gleich sehr Aristotelem für ein groß ingenium muß passiren laßen, habe ich drauf meditiret, ob man ihm nicht helffen könte, u. bin entlich, nach dem ich des Platonis u. seine schrifften genau angesehen auf solche gedanken gera-then, die ich in einem tractat, de Politica Graecanica vorstellen wolte,

9

nach dem ich mein werk de Jure Naturae et G.

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zu Lundh absolviret hatte, wo mich die latratores davon abgehalten, auch ich seithero keine bequeme zeit solches auszuführen finden können. Die gedancken aber giengen da hinaus.

Wenn man Platonis libros de rep. et LL.

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betrachtet, so befindet sich, daß er erst ge-schäfftig ist civitatem zu formiren u. einzurichten; quo facto accomodiret er hernach seine leges, oder praeceptum vivendi pro civibus nach selbiger forma civitatis, so daß nach Platonis methodo Politica prior est Ethica. Et haec ab illa dependet. Eben so ver-helt sichs mit Aristotele, deßen philosophiam moralem, wo man aus grund verstehen will, man à politicis anfangen muß, darinn er naturam civitatis mehr u. distinctius aus-fuhret als Plato, der nur circa idealem suam civitatem geschäftig ist, Aristoteles aber gehet mehr auf civitatem, wie sie actu constituiret befunden wird. Es befindet sich aber so wohl bey Aristotele, als allen Graecis, daß sie ihre democratias für die beste art von republiquen halten, und demnach auch ihre morale einrichten. Wie denn auch Cicero in libris de Officiis stets formam reip. Romanae für augen gehabt, wenn man nun die-ses pro hypothesi nimt, so kan man de ordine et numero virtutum Aristotelicarum zim-lich gute raison geben, nehmzim-lich wenn man supponiret, wie gesagt, daß Aristoteles in seiner ethic habe allen

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officia civis in aliqua democratia Graecanica dociren wollen.

In solchen civitatibus sind die vornehmsten die ienigen, so Plato custodes civitatis

nennet, deren amt war armis tueri civitatem. Darauß zu ersehen, warumb fortitudo

un-ter den tugenden vornan stehet, diese bürger wolte Plato, daß sie beysammen speisen

solten, u. deputirte dazu tertiam partem redituum civitatis. Ergo

temperantia13

illis

commendanda fuit, daß sie nicht der stadt einkünften alle auffraßen, oder sich inter

pocula bey den haren kriegten. So ist auch bekandt, daß in den griechischen Städten

die reichsten bürger musten auf ihre unkosten sacrificia ausrichten, ludos halten,

gale-ren ausrüsten, u. dergleichen. Es gab auch kleinere depensen. E. lehret virtus

magnifi-centiae et liberalitates, wie man sich so wohl bey großen ausgaben, als bey

mittelmäßi-gen verhalten solte. Bey allen democratien giebt es auch honores, magnos et modicos,

die man beym volcke ambiren muß. E. weiset magnanimitas u. modestia, wie sich

deß-fals halten soll. Es war auch in diesen republiquen commune onus civium

primari-orum, daß sie musten richter seyn; diesen wird ihr officium in virtute justitiae

ange-wiesen. Der ubrigen virtutum homileticarum

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raison muß man her deduciren à genio

Graecae nationis, denn Graeci waren iracundi, conversabel, u. railleurs, E. mußten sie

auch dießfals ihre virtutes in acht nehmen. So ist auch das summum bonum

Aristoteli-cum nichts anders, als daß ein bürger, der in vita perfecta das ist, in einer Graeca bene

constituta democratia lebet, allen obbesagten officiis eine gnüge thut. Denn von

kei-Berlin, 19. Juni 1688

nem höhern fine weis er. Wenn Mhh. diese gedancken nicht irraison[a]bel vorkom-men, so möchte ich wünschen, daß Mh. die muhe nehmen wolte, u. Platonem u. Aris-totelem einwenig selbst durchlauffen wolte, u. nach befindung diese hypothesin etwas weiter ausfuhrete, entweder in einer disputation, oder in einer monatlichen relation.

Denn damit könte man selbiger morale auf einmahl die kehle abschneiden, als die nur particuliere ist, u. auf gewiße formam civitatis eigentlich eingerichtet. Wir aber suchen ethicam universalem. Mh. laße mir hierüber seine gedanken wiederumb vernehmen.

Die hypothesis Monzambanaea de feudis oblatis ist so beschaffen, daß man außer der-selben unmöglich phaenomena status Germanici salviren kan, u. fehlet nur dann, daß man ex historia illorum temporum, da stirps Carolina übern hauffen gieng, einige tes-timonia könte beybringen.

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Wer h. Tschirnhausen sey ist mir gantz nicht bewust; habe vordießen auch seinen nahmen nicht gehöret, noch sein buch gesehen. Mag aber wohl seyn, daß er meinen Bruder in Engeland gekennet.

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Man muß ihm mascule begegnen, u. weißen, daß er ehrliche leute nichts von prügeln sagen soll.

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Habe aber keine zeit mich in selbiger controvers zu informiren, weil Fridericus Wilhelmus mir nichts mehr übrig leßet, als zeit zu eßen u. zu schlaffen.

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Spinosam habe ich gekennet, das war ein leichtfertiger vogel, deorum hominumque irrisor, und hatte das Novum testamentum u.

Alcoran in einem band zusammen gebunden.

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Ich finde auch nichts subtiles bey ihm;

ist aber schon der mühe werth, daß man ihn funditus destruire.

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Wenn mich die Alber-ini ungevexiret wolten laßen, hette ich vor horas subcisivas auf eine meditation zule-gen, von dem vernünftigen Gottes-dienst der Christen, der so wohl wieder die atheis-terey gienge, als wieder das unnütze gezäncke der protestirenden unter einander, damit der welt weisen könte, daß ich so viel sorge gehabt pro vera pietate, als die schwartz-mäntel.

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Ich verbleibe

Mhhh. herrn

Dienstwilligster diener Sam. von Pufendorf.

Bitte Seinen hn. Bruder, wie auch h. L. Rechenberg meinet wegen frl. zugrüßen. Si epistola Becmanni venit,

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quaeso ut illa ad nos advolet.

1 Thomasius: Von denen Mängeln der Aristotelischen Ethic, 1688; vgl. die Beilage zum Brief Thomasius’ an Pufendorf vom 8.6.1688.

2 Vgl. dazu die Bemerkungen zum Brief von Thomasius an Pufendorf vom 8.6.1688.

3 Die meisten der folgenden Überlegungen Pufendorfs beziehen sich auf Thomasius’ Programm-schrift.

4 Gemeint sind die öffentlichen Angriffe des Theologen August Pfeiffer auf Thomasius, vgl. Tho-masius’ Brief an Pufendorf vom 8.6.1688 sowie das Schreiben Johann Jacob Stübels an Thomasius vom 26.8.1688.

5 In der antiken römischen Musik wurden mit „tibiae dextrae et sinistrae“ Doppelflöten bzw. zwei von einem Musiker gleichzeitig gespielte Flöten verschiedener Tonlage bezeichnet, von denen der Spieler eine Flöte in der linken, die andere in der rechten Hand hielt (auch „tibiae impares“). Sie wurden häufig in Komödien verwendet.

Berlin, 19. Juni 1688

6 Mit der Bemerkung über die Irrelevanz der Logik für das Urteil Gottes über die Menschen beim Jüngsten Gericht (s. Matth. 25,31–46) greift Pufendorf offenbar Thomasius’ Polemik gegen eine

„Christliche Logic“ auf, s. Thomasius: Von denen Mängeln der Aristotelischen Ethic, 1688, S. 25f.

7 Pufendorf lässt erkennen, dass er das Prinzip eklektischen Erkenntnisgewinns, dem Thomasius zuneigt, in wissenschaftlich-methodischer Hinsicht letztlich für unzureichend hält, und vielmehr – in modifizierter Anlehnung an den euklidisch-geometrischen Rationalismus seines akademischen Lehrers Erhard Weigel – von der Möglichkeit wissenschaftlich eindeutiger Deduzierbarkeit aus-geht; vgl. Röd: Geometrischer Geist und Naturrecht, 1970, bes. S. 76–89; Behme: Samuel Pufen-dorf. Naturrecht und Staat, 1995, S. 30–36; Sprenger: Der Einfluß der Naturwissenschaften, 1996, S. 174–187. Zu Thomasius’ Eklektizismus vgl. Albrecht: Thomasius – kein Eklektiker?, 1989;

ders.: Eklektik, 1994, bes. S. 398–416.

8 Der Astronom, Schulreformer und Philosoph Erhard Weigel (1625–1699) war seit 1653 Professor der Mathematik an der Universität Jena. Pufendorf erwarb dort unter Weigel, den er wohl schon aus der Leipziger Studienzeit kannte, im August 1656 den Magistergrad und wohnte während eines weiteren Jenaer Studienaufenthalts im Jahre 1657 auch in dessen Hause, vgl. Döring: Samuel Pufendorf als Student in Leipzig, 2012, S. 13–15. Die Unzulänglichkeiten der „Nikomachischen Ethik“ des Aristoteles und ihrer elf ethischen Tugenden waren Gegenstand der von Thomasius für das Sommersemester geplanten Vorlesung über die christliche Sittenlehre, s. Thomasius: Von de-nen Mängeln der Aristotelischen Ethic, 1688, S. 11f., 17ff.

9 Das Vorhaben einer historischen Analyse der politischen Philosophie der Griechen, namentlich von Platon und Aristoteles, hatte Pufendorf bereits 1684 in der Vorrede zur 2. Auflage von „De Jure Naturae Et Gentium“ (S. XXXIII) angekündigt (dort bezeichnet als „Commentarium de politica graecanica“), s. Dreitzel: Samuel Pufendorf, 2001, S. 765, 796. Wenige Tage vor diesem Schreiben an Thomasius war Pufendorf bereits in einem Brief an Rechenberg vom 9.6.1688 auf seine Trak-tatpläne eingegangen (auch die hier nachfolgenden Überlegungen finden sich komprimiert im Schreiben an Rechenberg wieder), s. Döring (Hg.): Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, Nr. 136, S. 192f.

10 Pufendorfs großes Werk zum Naturrecht „De Jure Naturae Et Gentium“ war 1672 erschienen. Der folgende Hinweis auf die „latratores“ (Eiferer, Schreihälse), die ihn danach von der Arbeit abgehal-ten hätabgehal-ten, bezieht sich vor allem auf die ebenfalls in Lund tätigen Kollegen Josua Schwartz und Nikolaus Beckmann, die Pufendorf wegen dieses Werks bekämpften, vgl. den Brief Pufendorfs an Thomasius vom 11.2.1688 und Thomasius’ Antwort vom 18.2.1688.

11 „De re publica et legibus“ ist die lateinische Titelübersetzung der beiden Dialoge Platons: „Poli-teia“ über die Gerechtigkeit und „Nomoi“ über die normative Begründung und Ethik des politi-schen Gemeinwesens.

12 Unsichere Lesart. Die Entscheidung für „allen“ (im Sinne von „alle“) fiel aufgrund des Vergleichs mit dem erwähnten Brief Pufendorfs an Rechenberg vom 9.6.1688 (dort: omnia officia egregij ci-vis).

13 Wort „temperantia“ wohl von Pufendorf selbst unterstrichen.

14 „Virtutes homileticae“ meint die Tugenden des wechselseitigen Umgangs (Pflichten gegen andere).

15 Pufendorf spielt hier auf seine Hypothese an, die er in seiner unter dem Pseudonym Monzambano erschienenen Schrift „De Statu Imperii Germanici“ von 1667 aufgestellt hatte, dass mit dem Aus-sterben der Nachfahren Karls des Großen („Regia stirps Carolina“) auch die Reichsgewalt ihr Fun-dament verloren habe. Pufendorf begründete damit die Souveränität der deutschen Landesherren, das Wahlkönigtum sowie die Praxis der Fürsten, ihren eigenen Grund und Boden dem König zu Lehen aufzutragen (feuda oblata), der es ihnen als (kaiserliches) Reichslehen zurückgab (Cap. I,

§ 9, S. 14f. sowie Cap. III, § 4, S. 65–67). Thomasius plante für das Sommersemester 1688, die nicht unumstrittene Theorie Pufendorfs seiner Vorlesung über das „Jus publicum“ zugrunde zu le-gen, wie er es schon im Jahr zuvor in der Disputation „De feudis oblatis. Von auffgetragenen

Berlin, 19. Juni 1688

Lehen“ getan hatte, s. dazu Thomasius: Von denen Mängeln der Aristotelischen Ethic, 1688, S. 47f. Vgl. auch Wiebking: Recht, Reich und Kirche in der Lehre des Christian Thomasius, 1973, S. 141.

16 Pufendorfs Bemerkung bezieht sich hier auf Ehrenfried Walther Graf von Tschirnhaus und dessen Schrift „Medicina Mentis, Sive Tentamen genuinae Logicae“, die Thomasius im Märzheft der

„Monatsgespräche“ 1688 einer scharfen Kritik unterzogen hatte, vgl. den Brief von Thomasius an Pufendorf vom 8.6.1688. Eine persönliche Begegnung zwischen Tschirnhaus und Esaias von Pufendorf könnte Döring zufolge im Winter 1674/1675 stattgefunden haben, vgl. Döring (Hg.):

Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, S. 196, Anm. 9.

17 Tschirnhaus hatte zum Schluss seiner Erwiderung auf Thomasius’ Kritik an der „Medicina Mentis“

angedroht, er werde gegen den Verfasser der Besprechung seines Buches gegebenenfalls mit den Mitteln, „die mir GOtt/ Stand und Geburth an die Hand gegeben“, vorgehen. Siehe dazu Thomasi-us’ (unautorisierten) Abdruck von TschirnhaThomasi-us’ Gegendarstellung („Eilfertiges Bedencken wieder die Objectiones, so im Mense Martio Schertz und Ernsthaffter Gedancken über den Tractat Medi-cinae Mentis enthalten“) im Juniheft der „Monatsgespräche“, S. 746–792, hier S. 792, sowie Tho-masius’ Zurückweisung von Tschirnhaus’ Replik und Drohungen, ebd., S. 793ff.: Tschirnhaus hat-te, so Thomasius, Gerüchten zufolge verlauten lassen, den Kritiker seines Traktats während der Leipziger Messe durch seine Diener züchtigen zu lassen. Thomasius muss Pufendorf, dem das Ju-niheft zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorlag, Tschirnhaus’ Gegenposition vorab mitgeteilt oder sogar zugeschickt haben.

18 Gemeint ist die Arbeit an der Darstellung der Regierungszeit des Großen Kurfürsten Friedrich Wil-helm von Brandenburg.

19 Eine Begegnung zwischen Pufendorf und Spinoza ist sonst nicht bezeugt; Döring gibt als mögliche Datierung die Jahre 1660/1661 während Pufendorfs Studienaufenthalt in Leiden an, Döring (Hg.):

Samuel Pufendorf. Briefwechsel, 1996, S. 196, Anm. 10. Das erwähnte Exemplar aus zusammen-gebundenem Neuen Testament und Koran hat sich bisher für Spinozas Bibliothek, die sehr gut er-forscht ist, nicht nachweisen lassen; möglicherweise hatte Spinoza die beiden Bücher einfach nur in räumlicher Nähe aufbewahrt. Dies berichtete etwa Johann Christoph Sturm (1635–1703), seit 1669 Professor für Mathematik und Physik in Altdorf, der 1660/1661, etwa zur gleichen Zeit wie Pufen-dorf mit Spinoza zusammengetroffen war und auch dessen Bibliothek eingesehen hatte. Die Schil-derung der Begegnung befindet sich in einer gegen Spinoza und den Cartesianismus gerichteten Schrift Sturms aus dem Jahr 1677, s. Czelinski-Uesbeck: Der tugendhafte Atheist, 2007, S. 45, 47f.

20 Für seine Vorlesung zur christlichen Sittenlehre im Sommersemester 1688 hatte Thomasius in der Programmbroschüre eine Auseinandersetzung mit Spinozas posthumen Schriften zur Ethik und dem „gefährlichen“ darin enthaltenen „Gifft“ des Atheismus angekündigt, s. Thomasius: Von de-nen Mängeln der Aristotelischen Ethic, 1688, S. 30f. Den unmittelbaren Anstoß könnte seine Be-schäftigung mit Tschirnhaus’ „Medicina Mentis“ gegeben haben. Dem Verfasser hatte er im März-heft der „Monatsgespräche“ einen von Spinoza inspirierten Atheismus unterstellt. Zu Pufendorfs Kritik an Spinoza vgl. Czelinski-Uesbeck: Der tugendhafte Atheist, 2007, S. 143–145.

21 Pufendorf kündigt hier erstmals seine Arbeit an dem Buch „Jus feciale divinum“ an, das neben „De Habitu Religionis Christianae“ seine zweite größere publizistische Auseinandersetzung mit den Beziehungen der christlichen Konfessionen untereinander und dem Verhältnis zwischen Staat und Kirche darstellte. Das Werk erschien posthum 1695. Ausführlich hierzu sowie zu den gemeinhin unterschätzten theologischen Interessen Pufendorfs Döring: Pufendorf-Studien, 1992, S. 81–101;

vgl. ferner Dörings Einleitung zu ders. (Hg.): Samuel Pufendorf. Jus feciale divinum, 2004, S. VII–

LXXVIII. „Schwarzmäntel“ war ein Schimpfwort für Kleriker und Theologen, die häufig lange schwarze Übermäntel trugen.

22 Dieser letzte Satz befindet sich am linken Seitenrand. Die wahrscheinlich aus der Feder von Gott-fried Thomasius stammende „Epistola Beckmanni“, an deren Entstehung Pufendorf in den