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Die politischen Orientierungen verteilen sich grundsätzlich im Spannungsfeld von zwei Koordinaten: Die eine Koordinate hält das Ausmaß des Interesses, des Engage-ments und der Partizipation fest, die andere die Ausrichtung der Intentionen, Positio-nierung und Zielsetzung.

Immer weniger Interesse am politischen Geschehen

Unter den Studierenden ist zwischen 2001 und 2013 das Interesse an allgemeinen poli-tischen Themen stark zurückgegangen. Stuften 2001 noch 46% der Studierenden ihr Interesse an Politik als sehr stark ein, ist dieser Anteil bis 2013 auf 32% gefallen. Mit knapp einem Drittel politisch stark interessierter Studierender ist in dieser Hinsicht ein Tiefststand im betrachteten Zeitraum eingetreten.

Obwohl es um ihre Interessen geht, findet eine studentische Politik an der eigenen Hochschule unter den Studierenden wenig Resonanz. Sie stieß in allen Erhebungen im betrachteten Zeitraum nur bei einer kleinen Minderheit von höchstens 10% auf ein stärkeres Interesse. Das Interesse an studentischer Politik hat 2013 einen Tiefststand erreicht. Zum ersten Mal geben zwei Drittel (66%) der befragten Studierenden an, sich dafür nicht oder nur wenig zu interessieren.

Fachschaften finden am meisten Beteiligung

Für die Fachschaften zeigen die meisten Studierenden im Vergleich zu anderen Grup-pen und Gremien an den Hochschulen ein gewisses Interesse, und der Anteil, der an der Fachschaftsarbeit mitwirkt, ist vergleichsweise größer. Interesse daran äußern ins-gesamt 48% der Studierenden, eine Teilnahme und Mitwirkung bestätigen 14%.

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Mitwirkung in Hochschulgremien bleibt auf einen kleinen Kreis beschränkt Das Interesse der Studierenden an der Arbeit und den Entscheidungen von Gremien ihrer Hochschule bleibt gering. Für die studentische Vertretung (wie AStA) interessiert sich mehr als die Hälfte aller Studierenden gar nicht: 2013 haben 56% der Befragten ihr Desinteresse bekundet, der bislang höchste Anteil an Distanzierten in Bezug auf die eigene Interessenvertretung.

Das Desinteresse der Studierenden an den hochschulischen Gremien der Selbst-verwaltung wie Senat oder Konzil ist noch verbreiteter: Gut zwei Drittel (68%) geben sich unberührt darüber, was dort verhandelt und entschieden wird. Der Kreis der aktiv Teilnehmenden beläuft sich zu keinem Zeitpunkt auf mehr als 3% der Studierenden, hat sich zuletzt 2013 sogar auf 2% noch leicht abgeschwächt.

Interesse an politischen Vereinigungen und Aktionsgruppen: immer geringer An den politischen Studentenvereinigungen ist nicht einmal ein Drittel der Studieren-den überhaupt interessiert, nur ganz wenige (zwischen 4% und 5%) nehmen an ihren Treffen und Aktivitäten teil. Diese Verteilung von Desinteresse, Publikum und Aktiven hat sich für die studentischen politischen Vereinigungen in den letzten zwanzig Jah-ren wenig verändert.

Das studentische Interesse an informellen Aktionsgruppen ist in noch stärkerem Maße verloren gegangen. 1993 waren 39% der Studierenden an ihnen interessiert und sogar 14% waren zumindest fallweise aktiv. Danach aber gingen Interesse und Beteili-gung deutlich zurück: 2013 äußern sich nur noch 27% als interessiert und nicht mehr als 8% sind in irgendeiner Form in solchen Aktionsgruppen aktiv. Keine andere Mög-lichkeit zur politischen Mitwirkung hat einen solch großen Rückgang zu verzeichnen wie die informellen politischen Aktionsgruppen (um achtzehn Prozentpunkte).

Einstufung im Links-Rechts-Spektrum: Abnahme der „Linken“

Die Einstufung auf dem linken Flügel war unter den Studierenden stets weit häufiger als auf dem rechten Flügel. Insgesamt hat aber die Einordnung auf der linken Seite des Spektrums stärker nachgelassen: Sie ist von 59% insgesamt (1993 und 1995) über etwa 50% (2004 und 2007) auf noch 45% (2013) gefallen - ein erheblicher Rückgang um vier-zehn Prozentpunkte. In dieser Zeit hat eine Halbierung der sich als „extrem links“

ver-stehenden Studierenden von 8% auf 4% stattgefunden. Das „linke“ Potential hat in der Studentenschaft demnach stark abgenommen.

Auf der anderen Seite hat sich das „rechte“ Potential weit weniger verändert. Ins-gesamt betrug es in den 90er Jahren 13%, stieg dann 2004 etwas auf 15% an und ist im Jahr 2013 auf 12% wieder zurückgegangen. Es sind in allen Erhebungen zwischen 1993 und 2013 jeweils höchstens 2% der Studierenden, die ihre Position als eindeutig rechts charakterisieren.

Immer mehr Studierende wollen oder können sich nicht in das klassische Links-Rechts-Spektrum einordnen. In den 90er Jahren stieg dieser Anteil ohne Einordnung gering von 8% auf 10% an. Mit dem neuen Jahrtausend erhöhte er sich auf 16% und blieb bis 2010 weitgehend unverändert. In der Erhebung 2013 will oder kann jeder fünfte Studierende eine solche Einordnung nicht vornehmen (20%).

Sozialdemokratische und grün-alternative Position am häufigsten vertreten Unter den Studierenden weisen die sozialdemokratischen und grün-alternativen Posi-tionen die jeweils größte Anhängerschaft auf. 2013 sprachen sich 68% für die sozialde-mokratischen und 63% für die grün-alternativen Ansichten aus; dabei vertreten 36%

entschieden sozialdemokratische und 35% grün-alternative Überzeugungen.

Deutlich geringer ist die Anhängerschaft für christlich-demokratische und für li-berale Positionen. Für die christlich-demokratische Richtung sprechen sich 35% der Studierenden, für die liberale 29% aus. Überzeugte Vertreter dieser Positionen sind 15% für die christlich-demokratische und 10% für die liberale Haltung.

Wenig Anhänger findet sowohl die kommunistisch-marxistische als auch die nati-onal-konservative Grundrichtung, wobei letztere die bei weitem geringste Anhänger-schaft aufweist. Als einverstanden mit der kommunistisch-marxistischen Position be-zeichnen sich insgesamt 12% der Studierenden, darunter aber nur 3% als überzeugte Vertreter. Im Hinblick auf national-konservative Positionen geben sich insgesamt 6%

als Befürworter zu erkennen, 2% sehen sich als entschiedene Vertreter dieser politi-schen Richtung.

Die inhaltlichen politischen Überzeugungen der Studierenden haben sich in den letzten zwanzig Jahren in einigen Fällen verändert, aber nicht auffällig. Bei den

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len für Anhängerschaft und überzeugte Vertretung der einzelnen Grundrichtungen gibt es zwar einige, auch größere Ausschläge, aber alles in allem bleibt die Stufung der politischen Präferenzen über den Zeitraum von 1993 bis 2013 ähnlich.

Gewaltverzicht und Demonstrationsrecht: hohe Werte

In der Erhebung 2013 erhält unter den demokratischen Prinzipien der Gewaltverzicht die größte Zustimmung: Ihn befürworten 88% der Studierenden, 82% sogar ganz ent-schieden; nur 5% sind dagegen. In fast gleicher Intensität wird das Demonstrations-recht befürwortet: 83% sind für „das Recht, notfalls für seine Überzeugung auf die Straße zu gehen“. Allerdings ist der Anteil entschiedener Befürworter bei diesem Prin-zip mit 69% nicht ganz so groß wie beim Gewaltverzicht.

Haltung zu Interessenvertretung und Opposition uneinheitlich

Alle anderen Prinzipien eines demokratischen Zusammenlebens finden keine so um-fangreiche und gefestigte Zustimmung. Die pluralistische Interessenvertretung mit ihren Forderungen an die Regierenden findet zwar eine Mehrheit unter den Studie-renden, aber der Anteil entschiedener Verfechter ist mit 37% weniger umfangreich.

Außerdem geben sich 27% diesem Prinzip gegenüber unentschieden und 19% lehnen es sogar ab. Die gegenüber den Regierenden kritische Kontrollfunktion der Opposition findet unter den Studierenden mehrheitlich keine Unterstützung: 33% sprechen sich dagegen aus und meinen, die Opposition solle die Regierenden eher bei ihrer Arbeit unterstützen statt sie zu kritisieren; weitere 23% lassen ihr Votum offen.

Abnahme der „gefestigten Demokraten“

Die Stellungnahmen der Studierenden zu den einzelnen Prinzipien einer schen Gesellschaft lassen sich aufsummieren, um verschiedene Stufen der demokrati-schen Überzeugung zu erkennen. Im Zeitvergleich ist ein deutlicher Rückgang jener Demokraten unter den Studierenden zu verzeichnen, die durchgängig, entschieden und gefestigt die demokratischen Prinzipien verfechten. Anfang der 90er Jahre um-fasste dieser Typus einen Anteil von 30% unter den befragten Studierenden; mit 12%

fiel er dann Anfang des neuen Jahrtausends (2004) besonders niedrig aus. Seitdem hat sich die gefestigte Zustimmung wieder etwas erhöht und erreicht 2013 16%.

Ganz wenige Anti-Demokraten unter den Studierenden

Unter den Studierenden, die sich an den Befragungen des Studierendensurveys zwi-schen 1993 und 2013 beteiligt haben, war in allen Erhebungen der Anteil der Anti-De-mokraten, welche die demokratischen Prinzipien latent oder deutlich ablehnen, im-mer außerordentlich gering: Er hat die Marke von 1% nie überschritten. Zwar ist fest-zuhalten, dass auch bei den demokratischen Prinzipien die Haltung der Studierenden, wie in anderen Feldern der Politik, uneindeutiger und labiler geworden ist, ein stärke-res Abgleiten in anti-demokratische Haltungen ist jedoch nicht zu beobachten.

Politische Handlungsformen: zwischen Protest und Aggressivität

Die verschiedenen Handlungsformen, mit denen Kritik an politischen Entscheidun-gen oder EinrichtunEntscheidun-gen geübt werden können, reichen von sanften Formen der Aus-einandersetzung bis hin zu härteren Formen. Aus den Antworten der Studierenden er-gibt sich eine klare Stufung in der Akzeptanz und Ablehnung solcher Protestformen.

Nahezu einvernehmlich akzeptieren sie Diskussionen; allerdings hat sich die Ak-zeptanz im neuen Jahrtausend abgeschwächt und erreicht mit 92% nun 2013 den ge-ringsten Wert in der Zeitreihe. Ebenfalls ist das Einlassen der Studierenden auf Ausei-nandersetzungen mit Beiträgen in Zeitschriften als Form der Kritik im neuen Jahrtau-send gegenüber den 90er Jahren etwas zurückgegangen. Diese Kritikform wird 2013 von 74% voll akzeptiert, während es 1998 noch 85% waren. Die beiden argumentati-ven, in weiten Teilen reflexiven Formen der Auseinandersetzung wie Diskussion oder schriftlicher Artikel haben unter den Studierenden an Attraktivität etwas eingebüßt.

Bereitschaft zu aggressiveren Auseinandersetzungen wieder geringer

Sowohl Flugblätter als auch Demonstrationen haben stärker als andere Formen eine unterschiedliche Akzeptanz bei den Studierenden erfahren. So konnten Demonstrati-onen und Kundgebungen 2004 und 2010 mit jeweils 60% eine recht hohe Zustimmung erreichen; diese ging dann aber 2013 auf 47% zurück. Die Unterschiede in der studen-tischen Akzeptanz von Demonstrationen hängen offensichtlich auch davon ab, ob ak-tuell konkrete Auseinandersetzungen vorliegen, wie etwa 2010 um die Bologna-Re-form. Insofern ist im Jahr 2013 wieder eine deutliche Beruhigung eingetreten.

Die Einflüsse aktueller Kontexte mit ihren politischen Streitfragen werden eben-falls bei den beiden aggressiveren Kritikformen wie dem Boykott von Vorlesungen

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oder der Institutsbesetzung sichtbar. 2010 wurde die Institutsbesetzung mit 18% als Kritikform am meisten befürwortet. 2013 wird eine solche aggressive Form von den Studierenden wieder weniger akzeptiert: 13% halten sie grundsätzlich für berechtigt.

Der Boykott von Lehrveranstaltungen wurde 2010 von jedem fünften Studieren-den klar akzeptiert, 2013 nun sind es mit 17% etwas weniger. Daran lässt sich ablesen, dass die Auseinandersetzungen um die Studienbedingungen in den Jahren 2009 und 2010 sich deutlich beruhigt haben, aber noch nachklingen. Sowohl das Protestpotenti-al unter den Studierenden insgesamt ist demnach merklich zurückgegangen Protestpotenti-als auch die mögliche Schärfe und Aggressivität in den Kritikpunkten haben nachgelassen.