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Netzplantechnik und Anordnungsbeziehungen .1 Netzplantechnik

3 Organisation in der Bauwirtschaft

3.3 Netzplantechnik und Anordnungsbeziehungen .1 Netzplantechnik

Die Termin- und Ablaufplanung im Bauwesen greift auf die allgemeine Netzplantechnik zurück.

Zur Darstellung von Termin- und Ablaufplänen bedient man sich verschiedener Softwarepro-gramme, die verschiedene Darstellungsformen, wie Balkenpläne, Gantt-Diagramme etc. ver-wenden. Diese Programme bedienen sich zur Berechnung ebenfalls der in Kapitel 2.5.3 und 3.2.5.6 dargestellten Methoden der Netzplantechnik. Über die Vorwärtsrechnung können der früheste Anfang und das früheste Ende eines jeden Vorgangs und die Projektdauer als frühes-tes Ende des letzten Vorgangs ermittelt werden. Über die Rückwärtsrechnung können jeweils der späteste Anfang und das späteste Ende bestimmt werden. Mit der Berechnung der Freien Puffer und der Gesamtpuffer lässt sich der kritische Weg ermitteln.365, 366

3.3.2 Puffer und Reserven

In der Literatur werden die Begriffe Puffer und Reserve sehr unterschiedlich aufgefasst. Das Oberlandesgericht Düsseldorf367 sowie VYGEN ET AL.368 verwenden diese beiden Begriffe sy-nonym. KAPELLMANN & SCHIFFERS369 unterscheiden zwischen Puffer und Reserve, jedoch verwenden sie Zeitreserven als übergeordnete Bezeichnung, die Pufferzeiten, die entsprechend der DIN 69900 definiert sind, umfassen. Weitere Autoren differenzieren zwar zwischen Puffer- und Reservezeiten, verwenden aber im weiteren Verlauf ihrer Darstellungen nicht diese Ab-grenzung, wie etwa DRITTLER370 oder ROQUETTE ET AL.371.

ZIMMERMANN372 grenzt die beiden Begriffe Puffer und Reserve klar voneinander ab. Puffer, d. h. Freie Puffer und Gesamtpuffer sind nach Zimmermann „das Ergebnis der Vorwärts- und Rückwärtsrechnung des Ablaufplanes […], also die Differenz der frühen und späten Lage der Ablaufelemente (im Netzplan). Diese Puffer werden vom AN nicht bewusst eingeplant, sondern ergeben sich aufgrund der Anordnung der Leistungsprozesse allein aus der Anwendung der Methode der Netzplantechnik (Vorwärtsrechnung, Rückwärtsrechnung).“373 Nach ZIMMER-MANN sieht der Auftragnehmer zur Risikoreduzierung „bewusst geplante Zeitreserven“374 vor, um „Ablaufschwankungen, die sich aus seiner eigenen Sphäre ergeben können, zu

365 Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 69900 Projektmanagement - Netzplantechnik; Beschreibung und Begriffe. Januar 2009. Berlin. 2009, S. 17-29.

366 Vgl. Heeg, Franz J.; Frieß, Peter M.: 3.1 Projektstrukturierung. In: Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement GPM e. V.: Projektmanagement Fachmann. Band 2. 6. Aufl. RKW-Verlag. Eschborn. 2001, S. 533-556.

367 Vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.07.2011, Aktenzeichen U (Kart) 11/11.

368 Vgl. Vygen, Klaus; Schubert, Eberhard; Lang, Andreas: Bauverzögerung und Leistungsänderung. Rechtliche und baubetriebliche Probleme und ihre Lösungen. 5. Aufl. Werner Verlag. Neuwied 2008, S. 116.

369 Vgl. Kapellmann, Klaus D.; Schiffers, Karl-Heinz: Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauver-trag. Band 1: EinheitspreisverBauver-trag. 6. Aufl. Werner Verlag. Neuwied 2011, S. 707.

370 Vgl. Drittler, Matthias: Nachträge und Nachtragsprüfung beim Bau- und Anlagenbauvertrag. Werner Verlag. Köln 2010, S. 354-359.

371 Vgl. Roquette, Andreas J.; Viering, Markus; Leupertz, Stefan: Handbuch Bauzeit. 2. Aufl. Werner Verlag. Köln.

2013, S. 17-18, 199-208.

372 Vgl. Zimmermann, Josef: Prozessorientierter Nachweis der Kausalität zwischen Ursache und Wirkung bei Bauab-laufstörungen. Abschlussbericht Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumord-nung. Aktenzeichen Z 6 – 10.08.18.7-08.01 / II 2 - F20-07-13. München. 2009, S. 65-66.

373 Ebenda, S. 65.

374 Ebenda, S. 65.

ren“375. Somit können mit diesen bewusst eingeplanten Ausgleichszeiten auch eigenverantwort-lich verursachte Verzögerungen ausgegeigenverantwort-lichen werden.

3.3.3 Anordnungsbeziehungen in Bauprojekten

Für die Realisierung von Bauprojekten werden im Rahmen der Ablaufplanung Vorgänge durch Anordnungsbeziehungen miteinander verknüpft. Die Dauern der Vorgänge werden mittels oben beschriebener Verfahren und Verwendung von Aufwandswerten i. d. R. mittels Produktions-funktion bestimmt. Als Anordnungsbeziehungen werden die vier vorgestellten Arten der Anord-nungsbeziehung ggf. mit zeitlichen Abständen angewendet. Die Detaillierung der Termin- und Ablaufplanung hat gezeigt, dass mit zunehmender Planungstiefe auch der Detaillierungsgrad ansteigt. Jedoch gibt es keine allgemeingültige Systematik und Detaillierungsempfehlung, so dass verschiedene Autoren zu unterschiedlichen Empfehlungen kommen. Nach ZIMMERMANN

& GREITEMANN376 muss die Detaillierung der Termin- und Ablaufplanung den Anforderungen an die geometrische Projektstruktur je Vergabeeinheit genügen, für die dann die Abhängigkei-ten und Anordnungsbeziehungen erarbeitet werden müssen.

Das LBB gibt bspw. Standardablaufpläne als grundsätzliche Ablaufschemata an, die als

„Grundlage für Arbeiten, die in gleicher oder ähnlicher Weise immer wieder auftreten“377, die-nen. Ähnlich einem Baukastensystem setzt sich das Generalnetz aus detaillierten Standardab-laufplänen für den Rohbau, den Ausbau und die Gebäudetechnik zusammen. Einzelne Knoten des Generalnetzes, wie bspw. die Ausbauarbeiten, können separat in den standardisierten Ab-laufplänen für den Ausbau betrachtet werden.378

Im Anhang A ist schematisch der Gesamtablauf der Leistungsbereiche in einem Bauprojekt nach KILICASLAN379 dargestellt. Neben der schematischen Darstellung auf Ebene der Leis-tungsbereiche ist ein Gesamtablauf auf Ebene von Vorgängen erarbeitet worden. Weiter sind bedingt durch unterschiedlich mögliche Bauverfahren sowie aus Anforderungen des Bauherren verschiedene Optionen bzw. Varianten von Teilen des Ablaufes möglich. So ändert sich bspw.

im Bereich der Spezialtiefbau- und Erdarbeiten die Abfolge der Vorgänge bei einer Trägerbohl-wand oder einer BohrpfahlTrägerbohl-wand ohne Ankerung. Durch Anforderungen des Bauherren an den Schallschutz oder an die Nutzungsflexibilität werden der Ablauf von Trockenbau- und Estrichar-beiten beeinflusst. Werden erhöhte Schallschutzanforderungen gestellt, so werden die Tro-ckenbauwände direkt auf die Rohbaudecke gestellt, anschließend wird der Estrich verlegt. Bei einer erhöhten Nutzungsflexibilität werden hingegen die Trockenbauwände auf den Estrich ge-stellt.380

375 Zimmermann, Josef: Prozessorientierter Nachweis der Kausalität zwischen Ursache und Wirkung bei Bauablauf-störungen. Abschlussbericht Forschungsvorhaben im Auftrag des Bundesamtes für Bauwesen und Raumord-nung. Aktenzeichen Z 6 – 10.08.18.7-08.01 / II 2 - F20-07-13. München. 2009, S. 65.

376 Vgl. Zimmermann, Josef; Greitemann, Peter: Anforderungen an Struktur und Detaillierung von Termin- und Ab-laufplanung zur Steuerung von Bauprojekten - Teil 2: Anwendung auf die Realisierung von Bauprojekten. In: Bau-ingenieur Januar 2016. Band 91. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2016, S. 22-24.

377 Landesinstitut für Bauwesen und angewandte Bauschadensforschung LBB des Landes Nordrhein-Westfalen:

Terminplanung. Zeitbedarfswerte für Bauleistungen im Hochbau. Heft 13. Aachen. 1989, S. 18.

378 Vgl. ebenda.

379 Vgl. Kilicaslan, Damla: Analyse der Abhängigkeiten im Bauablauf. Masterarbeit am Lehrstuhl für Bauprozessma-nagement und Immobilienentwicklung der Technischen Universität München. München. 2016, S. 74.

380 Vgl. ebenda.

Die in der Literatur dargestellten Abhängigkeiten und Anordnungsbeziehungen zwischen Vor-gängen bei der Realisierung von Bauprojekten beziehen sich i. d. R. auf komplette Leistungsbe-reiche oder Gewerke. Die Anforderung an die Detaillierung der Termin- und Ablaufplanung ist nicht nur vergabeeinheitsweise, sondern vielmehr richtet sie sich auch nach der geometrischen Projektstruktur je Vergabeeinheit. Die Dauerbestimmung mittels Produktionsfunktion bezieht sich auf einzelne Vorgänge innerhalb eines Leistungsbereiches und nicht auf das gesamte Ge-werk. Somit ergibt sich aus den Anforderungen an die Detaillierung der Termin- und Ablaufpla-nung und dem gängigen Verfahren der Dauerbestimmung mittels Produktionsfunktion der Grad der Detaillierung und die Anzahl der Vorgänge. Die Vorgänge, die sich aus den Leistungen ei-ner Vergabeeinheit und den Anforderungen an die geometrische Projektstruktur ergeben, müs-sen auch durch entsprechende Anordnungsbeziehungen bzw. Abhängigkeiten verknüpft wer-den. Anordnungsbeziehungen auf Ebene der Gewerke sind an dieser Stelle sehr grob.

3.3.4 Zeitliche Abstände der Anordnungsbeziehungen

Neben den oben dargestellten Anordnungsbeziehungen, die sich i. d. R. in Normalfolgen aus-drücken, sind die zeitlichen Abstände zu berücksichtigen. Bei der Errichtung eines Bauwerkes sind insbesondere die minimalen Zeitabstände381 von Bedeutung und notwendig, um bspw.

Aushärte- und Trocknungszeiten zu beschreiben.

Für die Betonarbeiten sind im Rahmen der Ablaufplanung neben der Betondruckfestigkeit382, die i. d. R. nach 28 Tagen erreicht ist, die Ausschalfristen relevant. Die Ausschalfristen sind nicht in Normen geregelt, da sie von vielen Faktoren, wie der Betonrezeptur, der Bauteil- und Umgebungstemperatur etc. abhängig sind und durch die verantwortliche Bauleitung festzulegen sind.383 Der Deutsche Beton- und Bautechnik-Verein hat in seinem Merkblatt Anhaltswerte für Ausschalfristen in Abhängigkeit der Bauteiltemperatur und der Festigkeitsentwicklung des Be-tons angegeben (siehe Tabelle 3-12). Die Bauteiltemperatur darf vereinfachend mit der mittle-ren Lufttemperatur angesetzt werden. Die Ausschalfrist ist bei Temperatumittle-ren unterhalb von 5 °C zu verlängern.384

Tabelle 3-12: Anhaltswerte für Ausschalfristen gemäß DBV-Merkblatt Betonschalung und Ausschalfris-ten385

Die aktuellen Normen zu Tragwerken aus Beton, wie die DIN 1045-2386 oder DIN 1045-3387, beinhalten keine Angaben zu Ausschalfristen. Erfahrungswerte für Ausschalfristen wurde

381 Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 69900 Projektmanagement - Netzplantechnik; Beschreibung und Begriffe. Januar 2009. Berlin. 2009, S. 9.

382 Vgl. Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V.: DBV-Merkblatt „Betonschalungen und Ausschalfristen“. Juni 2013. Berlin. 2013, S. 16-18.

383 Vgl. Verein Deutscher Zementwerke e. V.: Überwachen von Beton auf Baustellen. Zement-Merkblatt Betontech-nik B 5. Ausgabe 10/2014. Düsseldorf. 2014, S. 2-3.

384 Vgl. ebenda, S. 3.

385 Vgl. Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V.: DBV-Merkblatt „Betonschalungen und Ausschalfristen“. Juni 2013. Berlin. 2013, S. 16-18.

schnell mittel langsam

r ≥ 0,50 r ≥ 0,30 r ≥ 0,15

ν ≥ 15 4 8 14

15 ≥ ν ≥ 5 6 12 20

Bauteiltemperatur ν [°C]

Festigkeitsentwicklung des Betons r = fcm2 / fcm28

gegen in der DIN 1045 aus dem Jahr 1988 für unterschiedliche Bauteile in Abhängigkeit der Festigkeitsklasse des Zements gegeben (vgl. Tabelle 3-13).388 Durch die Zugabe von Betonzu-satzmitteln, wie Beschleuniger, kann die Festigkeitsentwicklung und damit die Ausschalfrist re-duziert werden. Für diese Arbeit wird eine Ausschalfrist für Wände, Stützen und Decken (außer weit gespannte Deckenplatten) von 2 Tagen angenommen. Grundsätzlich liegt die Bestimmung des Zeitpunktes des Ausschalens in der Verantwortlichkeit der zuständigen Bauleitung.389

Tabelle 3-13: Erfahrungswerte für Ausschalfristen gemäß der DIN 1045: 1988-07390

Für Estriche sind die Aushärt- und Trockenzeiten ebenfalls nicht in einer Norm geregelt. Insbe-sondere für Zementestriche hat das InformationsZentrum Beton Anhaltswerte für den Nut-zungsbeginn und die Belegreife veröffentlicht. Ein Zementestrich ist i. d. R. nach ca. zwei bis drei Tagen begehbar, nach ca. zehn Tagen belastbar und nach etwa 28 Tagen belegbar. Dabei sind Feuchtegrenzen für die Belegreife in Abhängigkeit des Bodenbelages in jedem Fall einzu-halten. Durch die Zugabe von Zusätze können die Fristen sowohl für die Begehbarkeit als auch die Belegreife des Zementestrichs deutlich verringert werden, in jedem Fall ist eine Feuchtig-keitsgehaltsmessung sinnvoll.391

Im Bereich der Putzarbeiten, insbesondere beim Außenputz, sind Stand- bzw. Wartezeiten bis zum Auftrag der nächsten Putzlage gemäß der Tabelle 3-14 einzuhalten.

386 Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 1045-2: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206. Au-gust 2014. Berlin. 2014.

387 Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 1045-3: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung - Anwendungsregeln zu DIN EN 13670. März 2012. Berlin. 2012.

388 Vgl. Funk, Peter (Hrsg.) im Auftrag von: DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: Hilfsmittel für die Arbeit mit Normen des Bauwesens. DIN 1045. Beton und Stahlbeton - Bemessung und Ausführung. Juli 1988. Beuth Ver-lag. Berlin. 1988, S. 69.

389 Vgl. Verein Deutscher Zementwerke e. V.: Überwachen von Beton auf Baustellen. Zement-Merkblatt Betontech-nik B 5. Ausgabe 10/2014. Düsseldorf. 2014, S. 2.

390 Vgl. Funk, Peter (Hrsg.) im Auftrag von: DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: Hilfsmittel für die Arbeit mit Normen des Bauwesens. DIN 1045. Beton und Stahlbeton - Bemessung und Ausführung. Juli 1988. Beuth Ver-lag. Berlin. 1988, S. 69.

391 Vgl. InformationsZentrum Beton GmbH: Zementestrich. Zement-Merkblatt Betontechnik B 19. Ausgabe 07/2015.

Erkrath. 2015, S. 16-17.

Anhaltswert Ausschalfrist seitliche Schalung der Balken,

Schalung der Wände und Stützen

Anhaltswert Ausschalfrist Schalung Deckenplatten

Anhaltswert Ausschalfrist Rüstung (Stützung) der Balken,

Rahmen und weit gespannter Platten

[Tage] [Tage] [Tage]

Z 25 4 10 28

Z 35 L 3 8 20

Z 35 F

Z 45 L 2 5 10

Z 45 F

Z 55 1 3 6

Festigkeitsklasse des Zements

Tabelle 3-14: Wartezeiten (Standzeiten) bis zum Auftrag der nächsten Putzlage392