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Immobilien sind standortgebundene Bauwerke und deren bebaute Grundstücke sowie zu be-bauende Grundstücke.1 Sie können zum einen als Investitionsobjekte betrachtet werden, stellen aber zum anderen physische Bauprojekte dar, die durch ihre geometrische Abmessungen und Materialität definiert werden.2

Abbildung 1-1: Phasen der Immobilienentwicklung3

Die Phase der Flächenentwicklung mit den überregionalen und kommunalen Planungen geht der Immobilienentwicklung voraus, die mit der Phase der Projektentwicklung eines Bauprojek-tes beginnt. Anschließend folgen die Phasen der Projektrealisierung sowie des Objekt- und Funktionsbetriebes. Meilensteine grenzen jeweils die einzelnen Phasen voneinander ab. Zu den einzelnen Meilensteinen gehören der Projektanstoß, die Realisierungsentscheidung, die Ab-nahme oder die Verwertung (vgl. Abbildung 1-1).4

Der Bauherr als Investor (Finanzperspektive) einer Immobilie interessiert sich in der Regel aus-schließlich an der Verwendung des fertiggestellten Objektes (vgl. Abbildung 1-2). Dabei ist es sein Ziel den Nutzen in Form einer möglichst hohen Rendite zu maximieren. Die Entscheidung des Bauherren zum Projektanstoß, d. h. der Weiterverfolgung oder dem Abbruch eines Projekt-vorhabens, erfordert zum einen den Nutzungsbedarf, d. h. die Projektidee und zum anderen einen geeigneten Standort (Lageperspektive) sowie das notwendige Kapital. Diese Entschei-dung zum Anstoß eines Projektes ist der Start der Phase der Projektentwicklung und der „Be-ginn des Lebenszyklus einer Immobilie“5.

Aus den spezifischen Nutzungsanforderungen (Nutzungsperspektive) werden die Projektziele durch den Bauherren definiert. Hierzu gehören die Bestimmung der Beschaffenheit und der

1 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.): Bericht über die Wohnungs- und Immobi-lienwirtschaft in Deutschland. Stadtentwicklungspolitik in Deutschland. Band 2. Berlin. 2009, S. 19.

2 Vgl. Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre. In: Bauingenieur März 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 116-120.

3 Zimmermann, Josef; Vocke, Benno: Leistungsbilder für Organisationsplanung, Projektsteuerung und Projekt-leitung. In: Bauingenieur Dezember 2011. Band 86. S. 512.

4 Vgl. Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre. In: Bauingenieur März 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 120-121.

5 Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evangeli-scher Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.: Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck.

München. 2015, S. 17.

Projektentwicklung

Flächenentwicklung Projektrealisierung Objektbetrieb

Funktionsbetrieb

Aufstellungsbeschluss Realisierungs- Genehmigung Abnahme

entscheidung

Projektanstoß Verwertung

Immobilienentwicklung

Eigenschaften des Objektes, Zwischen- und Endtermine aller erforderlichen Planungs- und Bauausführungsprozesse (Prozessperspektive Planung / Bau) sowie die Höhe der gesamten Investitionskosten (vgl. Abbildung 1-2).6

Abbildung 1-2: Perspektiven der Immobilienentwicklung7

Die Projektentwicklung versteht sich als „die Durchführung aller Untersuchungen und Nachwei-se, die auf der Grundlage der bauplanerischen und bauordnungsrechtlichen Rahmenbedingun-gen zu einer Rahmenbedingun-genehmigungsfähiRahmenbedingun-gen Objektkonzeption führen und hinreichend sind, die Ent-scheidung zur Realisierung des Projektes zu treffen“8. Im Rahmen der Projektentwicklung wer-den die Grundlagen für eine fundierte Realisierungsentscheidung geschaffen. Eine begründete Realisierungsentscheidung erfordert einen Kenntnisstand des Investors, der auf Basis einer Markt- und Standortanalyse, einem für eine festgelegte Nutzung entwickeltem Nutzerbedarfs-programm sowie der grundlegenden Festlegung der Gebäudestrukturen und Ausstattungen beruht. Der Nachweis der Wirtschaftlichkeit wird aufbauend auf einer frühzeitigen Kostenbe-rechnung, der Festlegung eines sich aus der Nutzung ergebenden Fertigstellungstermins sowie einer aussagekräftigen Investitionsanalyse geführt.9 Nach TILKE beschreibt die Realisierungs-entscheidung „somit den Meilenstein, an dem der Projektentwickler genügend Informationen und Nachweise beschafft und analysiert hat, um die Entscheidung über die Projektrealisierung auf Grundlage einer hinreichenden Sicherheit des Projekterfolges zu treffen“10. Mit der Realisie-rungsentscheidung beginnt die Phase der Projektrealisierung, die „die Summe aller Planungs- und Bauausführungsleistungen […] bis zur Abnahme des Bauvorhabens“11 umfasst. Mit der

6 Vgl. Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre. In: Bauingenieur März 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 121.

7 Ebenda, S. 127.

8 Zimmermann, Josef: Immobilienentwicklung. In: Albert, Andrej (Hrsg.); Heisel, Joachim P. (Hrsg.) et al.: Schnei-der Bautabellen für Architekten. 21. Aufl. Köln. 2014, S. 8.4.

9 Vgl. Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evange-lischer Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.: Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck.

München. 2015, S. 16-18.

10 Tilke, Carsten: Standardisierung der Anforderungen an die Projektentwicklung unter besonderer Berücksichtigung des Finanzierungsprozesses. Dissertation an der Technischen Universität München. München. 2014, S. 70.

11 Zimmermann, Josef: Immobilienentwicklung. In: Albert, Andrej (Hrsg.); Heisel, Joachim P. (Hrsg.) et al.: Schnei-der Bautabellen für Architekten. 21. Aufl. Köln. 2014, S. 8.5.

Rendite - Risiko-Relation

Funktionsbetrieb / Objektbetrieb

Bauwerk

Grundstück

Finanz-perspektive

Nutzungs-perspektive

Prozessperspektive Planung / Bau

Lage-perspektive

Abnahme des Bauvorhabens beginnt die spezifische Nutzung des Projektes und damit der Funktions- und Objektbetrieb.

Bauen ist eine Dienstleistung12, daher definiert der Bauherr als Investor einer Immobilie im Rahmen der Projektentwicklung zusammen mit seinen Erfüllungsgehilfen die Kosten, Standards sowie den Fertigstellungstermin hinsichtlich der angestrebten Nutzung. Diese Planung stellt nach ZIMMERMANN das Objektsoll zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung dar. In der Projektrealisierung wird das Objekt durch die Gestaltungsplanung mit der Objektplanung, Trag-werksplanung, Planung der Technischen Ausrüstung sowie ggf. weiterer Fachplanungen sowie Leistungsbeschreibung und Fertigstellungstermin definiert und durch den Bauherren ausge-schrieben.13 Dieser ist in seiner Hierarchie in der Regel nicht auf die Realisierung, d. h. die Pla-nungs- und Bauausführungsleistungen ausgerichtet und bedient sich des Marktes.14 Das ge-samte Objektsoll muss der Bauherr bedingt durch die Arbeitsteilung in der Bauwirtschaft in ei-ner bzw. mehreren Einheiten über Werkverträge vergeben. Dabei geht der Bauherr das Risiko ein, dass er zum einen das Bausoll einer Vergabeeinheit unvollständig beschrieben und verge-ben sowie zum anderen, dass er die Schnittstellen zwischen den einzelnen Vergabeeinheiten unvollkommen erfasst haben könnte (vgl. Abbildung 1-3).15

Abbildung 1-3: Zusammenhang Objektsoll - Bausoll - Vergabeeinheit VE16

Das Bausoll ist nach KAPELLMANN „die durch den Vertrag nach Bauinhalt (Was?) und - gege-benenfalls - nach Bauumständen (Wie?) festgelegte, vom Auftragnehmer zur Erreichung des werkvertraglichen Erfolges (Herstellung des Werks) zu erstellende, beim Einheitspreisvertrag in Teilleistungen (= Ordnungszahlen bzw. Positionen) gegliederte Leistung und insoweit - auch - die relevante Vorgabe für die Bauausführung (z. B. nach Qualität der Leistung, Menge, Stand

12 Vgl. Zimmermann, Josef: Bauprozessmanagement. In: Reiß-Fechter, Dagmar (Hrsg.): Immobilienmanagement für Sozialwirtschaft und Kirche. 3. vollst. überarb. und erw. Aufl. Nomos Verlagsgesellschaft. Baden-Baden. 2016.

S. 386-390.

13 Vgl. Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre. In: Bauingenieur März 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 126.

14 Vgl. Zimmermann, Josef: Bauen - Advanced Producer Services. In: Zimmermann, Josef (Hrsg.): Dienstleister Bauwirtschaft - Leistungsfähigkeit oder Produkte im Wettbewerb. 8. Kolloquium Investor - Hochschule - Bauin-dustrie. München. 2012, S. 58-69.

15 Vgl. Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre. In: Bauingenieur März 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 126.

16 Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre.

In: Bauingenieur März 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 127.

Objektsoll =

+

+

von Vorleistungen). Diese Vorgabe kann durch Leistungsverzeichnis, Pläne, Terminfestlegun-gen usw. erfolTerminfestlegun-gen.“17 Das Bau-Ist ist die tatsächliche ausgeführte Leistung.18

Bedingt durch die Arbeitsteilung wird die Bauleistung an Vergabeeinheiten bzw. einzelne „Ge-werke“ vergeben. Jede Vergabeeinheit wird durch einen Werkvertrag vertraglich geregelt, der neben der Festlegung des Bausolls auch die vertraglichen Termine, mindestens für Beginn und Fertigstellung, enthalten muss. Dem Bauherren obliegen Mitwirkungspflichten in Form der Defi-nition des Objektsolls, der Bildung von Vergabeeinheiten und zugehörigen Leistungsumfängen, Vertragstermine etc. Durch die Zusammenführung oder Teilung von Leistungen kann der Um-fang der Vergabeeinheiten variieren, jedoch ist grundsätzlich ein Werkvertrag mit der Festle-gung des Leistungsumfangs (Bausoll) und der vertraglichen Termine für jede Vergabeeinheit zu vereinbaren. Im Rahmen der Produktions- und Produktionsprozessplanung ist der detaillierte Bauablauf durch jedes bauausführende Unternehmen im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit in den gegebenen Vertragsfristen zu planen und nicht durch den Bauherren oder Auftraggeber vorzugeben.19 Auf der werkvertraglichen Grundlage und der Planung des Bauablaufes wird das Gebäude durch die arbeitsteilig beauftragten Unternehmen realisiert. Die physische Erstellung von Bauwerken verursacht u. a. die Herstellungskosten eines Bauprojektes und erstreckt sich über die Bauzeit, die bis zu mehreren Jahren dauern kann. Die Bauzeit ist die Zeitdauer der Bauausführung vom Beginn der Bauarbeiten bis zur Fertigstellung des Projektes. Um eine fun-dierte und begründete Realisierungsentscheidung treffen zu können, sind zu diesem Zeitpunkt eine zutreffende Kostenermittlung und eine zutreffende Bestimmung des Nutzungsbeginns, aus dem sich die Gesamtfertigstellung des Bauprojektes ableiten lässt, notwendig. MAYER hat hierzu ein Kosten-Prognose-Modell mit einer Genauigkeit von + / - 10 Prozent zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung erarbeitet.20 Die Grundlage für dieses fundierte Prognosemodell liefert die Realisierungsplanung, die Elemente der Gestaltungsplanung mindestens aus den Leistungsphasen 1, 2 und 3 sowie insbesondere für Details auch Elemente der Leistungsphase 5 der HOAI enthält.21 MALIH bestätigt diese Anforderungen an die Realisierungsplanung.22

Aus den Anforderungen an die zukünftige Nutzung wird der Fertigstellungstermin des Baupro-jektes bestimmt. Eine nicht fristgerechte Fertigstellung des ObBaupro-jektes bedingt einen Schaden.

Insgesamt führt eine verspätete und damit nicht fristgerechte Fertigstellung eines Bauprojektes zu einem Nutzungsausfall (z. B. Mietausfall), höheren Finanzierungskosten, Mehrkosten für die bauherrenseitige Projektorganisation und gegebenenfalls geltend gemachte

17 Kapellmann, Klaus D.; Schiffers, Karl-Heinz: Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgen beim Bauvertrag.

Band 1: Einheitspreisvertrag. 6. Auflage. Werner Verlag. Köln. 2011, S. 3.

18 Vgl. ebenda, S. 2-4.

19 Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 1961 - VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen. September 2012. Berlin, 2012. § 4 Abs. 2.

20 Vgl. Mayer, Franz X.: Kostensicherheit zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung - Entwicklung eines Kosten-Prognose-Modells für Bauwerkskosten im Hochbau. Dissertation an der Technischen Universität München. Mün-chen. 2013, S. 38-39.

21 Vgl. ebenda, S. 65-66.

22 Vgl. Malih, Alan: Festlegung der Reihenfolge von Planungsschritten in der Gestaltungsplanung von Bauprojekten.

Masterarbeit am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung der Technischen Universität München. München. 2014, S. 45-103.

ansprüche der Nutzer.23 Somit kommt dem Termin der Fertigstellung und damit dem Beginn der Nutzung eine große Bedeutung zu.

Abbildung 1-4: Einordnung der Notwendigkeit des Vorliegens von Informationen zur Bauzeit und den ver-traglichen Terminen im Projektverlauf24

Für eine fundierte Realisierungsentscheidung müssen dem Bauherren zutreffende Informatio-nen über die Herstellungskosten, die zukünftigen Erträge aus der Nutzung sowie der Fertigstel-lungstermin des Gesamtprojektes vorliegen. Darüber hinaus interessieren ihn neben der Bau-zeit, den Terminen und Meilensteinen des Gesamtprojektes auch die vertraglichen Termine der einzelnen Vergabeeinheiten, um eine terminliche Planung der Planung, der Vergaben und der Bauausführung sowie eine Finanzierungsplanung zu erstellen (vgl. Abbildung 1-4).

Wenn zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung alle notwendigen Informationen auf Grund-lage des Bauinhaltes sowie der Gestaltungsplanung, d. h. der Ausführungsplanung, vorliegen würden, können für jede Position Mengen ermittelt werden. Mit der positionsweisen Mengener-mittlung sind die Voraussetzungen gegeben, um eine zutreffende Termin- und Ablaufplanung mit den gängigen Verfahren und Methoden zu erstellen. Zu den gängigen Verfahren und Me-thoden zählen z. B. die Bestimmung von Dauern von Vorgängen mittels Produktionsfunktion und sinnvolle Verknüpfung dieser mit bekannten physikalisch-kausalen Anordnungsbeziehun-gen in einem Netzplan zur Bestimmung der Bauzeit und Festlegung vertraglicher Termine für jede Vergabeeinheit eines Bauprojektes. Nur durch die Festlegung projektspezifischer Anord-nungsbeziehungen mit zutreffenden Dauerbestimmungen kann die Gesamtbauzeit ermittelt werden. Die einfache Addition der Dauern der einzelnen Gewerke führt nicht zum Ziel des Bau-herren des möglichst frühen Nutzungsbeginns und damit einer wirtschaftlichen, d. h. möglichst kurzen Bauzeit.

Für die Bestimmung der Dauern von einzelnen Vorgängen muss ein Planungsstand vorliegen, der das definierte Objektsoll abbildet, so dass alle notwendigen Vorgänge identifiziert werden können. Weiter müssen Produktionsverfahren für die Erstellung des Bauprojektes ausgewählt werden, denen jeweils bestimmte Aufwandswerte zuzuordnen sind. Diese Informationen, insbe-sondere in einer ausreichenden Detaillierungstiefe, liegen erst in der fortgeschrittenen Phase der Projektrealisierung, d. h. in der fortgeschrittenen Planungsphase, vor. Der Bauherr muss

23 Vgl. Zimmermann, Josef; Greitemann, Peter: Anforderungen an Struktur und Detaillierung von Termin- und Ab-laufplanung zur Steuerung von Bauprojekten - Teil 1: Status Quo und organisationswissenschaftliche Grundla-gen. In: Bauingenieur November 2015. Band 90. Springer VDI Verlag. Düsseldorf. 2015, S. 536.

24 Eigene Darstellung. In Anlehnung an: Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evangelischer Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.:

Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck. München. 2015, S. 31.

Werkvertrag Planung

Genehmigungs-planung

Projektentwicklung

Realisierungsplanung

Projektrealisierung

Ausführungs-planung

Realsierungs-entscheidung

Baugenehmigung

Fertigstellung / Gesamtabnahme Vergabe NU/ELT

Bauausführung

Betrachtungszeitpunkt

jedoch zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung die Bauzeit hinreichend genau bestim-men, um bspw. eine Finanzierungsanfrage bei den Kreditgebern erfolgreich zu stellen.25 Der Planungsstand zum Zeitpunkt der Entscheidung zur Fortführung des Projektes (Realisierungs-entscheidung) umfasst die Leistungsphase 1 und 2 der Verordnung über die Honorare für Archi-tekten- und Ingenieurleistungen (HOAI).26 Die HOAI sieht in den Leistungsphasen 1 und 2 für Gebäude und Innenräume neben den Grundleistungen auch Besondere Leistungen vor, die insbesondere für einen Erkenntnisgewinn und damit einer Erhöhung des Planungsstandes bei-tragen, wie bspw. die Bedarfsplanung oder -ermittlung, die Machbarkeitsstudie, die Wirtschaft-lichkeitsuntersuchung oder die Vorplanung mit Variantenvergleich.27

Für ein Beispielprojekt ist der Funktionalitätsgrad für jede Leistungsphase der HOAI bestimmt worden (vgl. Abbildung 1-5). In der Leistungsphase 1 der HOAI beträgt der Funktionalitätsgrad 100 Prozent und in der Leistungsphase 2 etwa 83 Prozent. Ein Funktionalitätsgrad von 100 Prozent sagt aus, dass bisher keine Bauteile planerisch festgelegt und definiert wurden.28 Die-ser Planungsstand auf Grundlage der zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung vorliegen-den Leistungen der HOAI beinhaltet aber nicht in vollem Umfang und nicht in der notwendigen Detaillierung die benötigten Informationen zur Bestimmung der Bauzeit zum Zeitpunkt der Rea-lisierungsentscheidung. Nach ZIMMERMANN & NOHE sind bis zum Zeitpunkt der Realisie-rungsentscheidung die Anforderungen des Bauherren an das Objekt (Objektsoll) in der Reali-sierungsplanung zu definieren. Die Leistungsinhalte der Leistungsphasen der Gestaltungspla-nung als vorstrukturierte Leistungsbilder können den PlaGestaltungspla-nungsstand zum Zeitpunkt der Reali-sierungsentscheidung nur unvollständig abbilden. Vielmehr sind neben den Planungen der Leis-tungsphasen 1 - 3, ggf. der Leistungsphase 4 auch Planungen der Leistungsphase 5 notwen-dig, um die Anforderungen des Bauherren festzuschreiben.29, 30 Der Planungsstand zum Zeit-punkt der Realisierungsentscheidung, der sich aus den Leistungsphasen der HOAI ergibt31, sowie eine Zuordnung zu den Phasen und Meilensteinen der Planung und Bauausführung32 sind in Abbildung 1-5 dargestellt. Der Funktionalitätsgrad von 100 Prozent in Leistungsphase 1 und 83 Prozent in Leistungsphase 2 der HOAI für ein Beispielprojekt unterstreicht den für eine genaue Bestimmung der Bauzeit notwendigen, aber nicht vorliegenden hinreichenden Pla-nungsstand, der mittels gängiger Methoden zur Bauzeitbestimmung und Festlegung vertragli-cher Termine erforderlich ist. Vielmehr ist ein Planungsstand zum Zeitpunkt der

25 Vgl. Tilke, Carsten: Standardisierung der Anforderungen an die Projektentwicklung unter besonderer Berücksich-tigung des Finanzierungsprozesses. Dissertation an der Technischen Universität München. München. 2014, S.

199.

26 Vgl. Zimmermann, Josef: Planung und Management in einer HOAI. Vortrag zum 7. Kolloquium Investor - Hoch-schule - Bauindustrie am 09. Februar 2011. München. 2011, S. 17-19.

27 Vgl. Verordnung über die Honorare für Architekten- und Ingenieurleistungen (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure - HOAI). 2013.

28 Vgl. Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evange-lischer Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.: Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck.

München. 2015, S. 26.

29 Vgl. ebenda, S. 26-28.

30 Vgl. Mayer, Franz X.: Kostensicherheit zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung - Entwicklung eines Kosten-Prognose-Modells für Bauwerkskosten im Hochbau. Dissertation an der Technischen Universität München. Mün-chen. 2013, S. 65-66.

31 Vgl. Baumeister, Florian: Analyse und Kategorisierung von Optimierungspotenzialen in Funktionalausschreibun-gen. Diplomarbeit an der Technischen Universität München. München. 2007, S. 81.

32 Vgl. Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evange-lischer Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.: Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck.

München. 2015, S. 26.

entscheidung sinnvoll, der im Rahmen einer Realisierungsplanung die Anforderungen und Ziele des Bauherren an sein Objekt als Objektsoll definiert, um eine fundierte Realisierungsentschei-dung treffen zu können.33

Abbildung 1-5: Verlauf des Funktionalitätsgrades und Zuordnung zu Phasen und Meilensteinen der Pla-nung und Bauausführung34, 35

Dazu hat die Gestaltungsplanung nach ZIMMERMANN & NOHE gewerkeweise folgende Infor-mationen bereitzustellen:36

 „die planerische Definition des umzusetzenden Objektsolls

 Kostenberechnungen, die die erforderliche Genauigkeit aufweisen

 Definition von Ausführungsterminen“

Zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung sind neben den Kosten auch die Bauzeiten zu bestimmen. Das Objektsoll wird zum Zeitpunkt der Realisierungsentscheidung durch den Bau-herren mit Unterstützung seiner Erfüllungsgehilfen definiert und durch Änderungen und Ergän-zungen durch die Gestaltungsplanung fortgeschrieben. Für die Realisierung des Projektes wird das Objektsoll arbeitsteilig auf die verschiedenen Vergabeeinheiten aufgeteilt und nach

33 Vgl. Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evange-lischer Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.: Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck.

München. 2015, S. 26-28.

34 In Anlehnung an: Ebenda, S. 26.

35 In Anlehnung an: Baumeister, Florian: Analyse und Kategorisierung von Optimierungspotenzialen in Funktional-ausschreibungen. Diplomarbeit an der Technischen Universität München. München. 2007, S. 81.

36 Zimmermann, Josef; Nohe, Björn: Mittelbarer Einfluss der HOAI 2013 auf die Leistungspflichten. In: Evangeli-scher Bundesverband für Immobilienwesen in Wissenschaft und Praxis e.V.: Planerverträge, Haftung der Planer und Mitverantwortung der Besteller. 14. Weimarer Baurechtstage. Partner im Gespräch. Band 98. C.H. Beck.

ren Planungsphasen jeweils das Bausoll einer Vergabeeinheit abgeleitet. Jede Vergabeeinheit wird über einen eigenständigen Werkvertrag geregelt. Neben der Festschreibung des Bausolls in Form von Leistungsverzeichnis oder Leistungsprogramm sowie Gestaltungsplänen werden auch Vertragsfristen, mindestens die Beginn- und Fertigstellungstermine der Vergabeeinheit, definiert. Die Summe der Termine über alle Vergabeeinheiten sind für den Bauherren von be-sonderer Bedeutung, um die terminliche Planung der Planung, der Vergaben und der Bauaus-führung sowie die Finanzierungsplanung fundiert durchzuführen. Für die Realisierung des Ob-jektes hat der Bauherr alle notwendigen Leistungen der Planung und Bauausführung, abhängig von der Auswahl der Vergabe- und Organisationsform, wie der Vergabe an Einzelleistungsträ-ger, Kumulativleistungs- oder GesamtleistungsträEinzelleistungsträ-ger, zu vergeben.37 Insbesondere der Öffentli-che Auftraggeber ist angehalten, die Bauleistung auf Fachlose nach Art oder Fachgebiet, d. h.

in Vergabeeinheiten bzw. Gewerke aufzuteilen.38 Bedingt durch die Arbeitsteilung haben sich zunächst Bereiche von Leistungen, sog. Gewerke gebildet, aus denen sich durch Zusammen-führen verschiedener Vergabeeinheiten Projektorganisationsformen entwickelt haben, die Leis-tungen in unterschiedlicher Konstellation zusammengefasst haben. Diese Entwicklung der Zu-sammenfassung von Leistungen zu Vergabeeinheiten bedingt je nach Umfang dieser Leis-tungsbündelung auch entsprechend angepasste vertragliche Termine, mindestens jeweils für den Beginn und die Fertigstellung der Leistungen dieser Vergabeeinheit. Grundsätzlich ist jede Vergabeeinheit mit einem Werkvertrag zu regeln, der neben der Festlegung des Bausolls auch die vertraglichen Termine enthalten muss, unabhängig vom Umfang der Leistungszusammen-führung.

Das Vorhandensein eines Terminrahmens nach dem Heft 939 bzw. Heft 1940 der AHO geben die Kapitalgeber nach TILKE41 zum Zeitpunkt der Grundstücksfinanzierung, d. h. vor der Realisie-rungsentscheidung, mit der Wichtigkeit hoch an. Das „Vorziehen“ von Leistungsphasen der Ge-staltungsplanung vor die Realisierungsentscheidung, d. h. insbesondere die notwendigen Ele-mente der Leistungsphasen 3 und 5, ist in der praktischen Anwendung realistisch nur sehr er-schwert durchzusetzen. Grundsätzlich kann der Bauherr die Realisierungsplanung mit allen notwendigen Elementen aus den Leistungsphasen 1 bis 5 der HOAI zur Realisierungsentschei-dung durchsetzen und verlangen. Jedoch wird eine erforderliche hinreichende Gestaltungspla-nung vor bzw. zum Grundstückskauf durch den Bauherren nicht voll beauftragt und somit auch nicht erbracht.

37 Vgl. Nohe, Björn: Einflussfaktoren auf den Steuerungsaufwand in Bauprojekten als Bewertungskriterium für die Festlegung einer Projektorganisationsform. Dissertation an der Technischen Universität München. München.

2016, S. 1.

38 Vgl. DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 1960 - VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen - Teil A: Allgemeine Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen. September 2012. Berlin, 2012. § 5.

39 Vgl. Ausschuss der Verbände und Kammern für Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (Hrsg.) - Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement: Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Nr. 9 der

39 Vgl. Ausschuss der Verbände und Kammern für Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (Hrsg.) - Fachkommission Projektsteuerung/Projektmanagement: Untersuchungen zum Leistungsbild, zur Honorierung und zur Beauftragung von Projektmanagementleistungen in der Bau- und Immobilienwirtschaft. Nr. 9 der