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4 Verluste bis zur Unterkapitalisierung

4.1 Krise: keine Geschäftsführerhaftung

In der Krise, § 32a GmbHG, greifen die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 32a, 32b GmbHG, die im italienischen Recht keine Entsprechung finden. Darlehen der Gesell-schafter an die Gesellschaft werden insolvenzrechtlich Einlagen gleichgesetzt, soge-nannte eigenkapitalersetzende Darlehen. Dadurch wird zwar nicht Fremd- in Eigenkapi-tal umgewandelt, in der Insolvenz wird das betroffene FremdkapiEigenkapi-tal jedoch so behan-delt, als wäre es Eigenkapital.

4.1.1 Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen als haftungsauslösende Pflichtverletzung

Fraglich ist, ob aus der Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen eine Geschäfts-führerhaftung erwachsen kann.

4.1.1.1 Keine entsprechende gesetzliche Regelung

Einerseits enthält § 32b GmbHG keine dem § 31 Abs. 6 GmbHG entsprechende Aus-fallhaftung der Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft, andererseits ist § 32a GmbHG auch nicht Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB96. Die Rückzahlung an den Gesellschafter ist nicht verboten. Vielmehr ordnet § 32b GmbHG nur bestimmte Rechtsfolgen für den Fall der Rückzahlung, insbesondere die Haftung des Gesellschaf-ters, an. Schließlich kann in einer Finanzierung durch eigenkapitalersetzende Gesell-schafterdarlehen auch keine sittenwidrige Gläubigerbenachteiligung mit der Folge, dass

§ 826 BGB eingreift, gesehen werden.

96 Hueck/Fastrich in , § 32a Rz 13; Pentz in

, § 32a Rz 18; K. Schmidt in ScholBaumbach/Hueck, GmbHG , §§ 32a, 32b Rz 7. Rowedder/Schmidt-Leithoff,

GmbHG z, GmbHG

4.1.1.2 Entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 6 GmbHG

Dagegen wird teilweise eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 6 GmbHG, ins-besondere als Konsequenz der vom BGH97 weiterhin vertretenen Auszahlungssperre in Analogie zu §§ 30, 31 GmbHG, vertreten98. Den Geschäftsführer träfe somit eine Aus-fallhaftung gegenüber den Gesellschaftern. Es bestünde eine Hinweispflicht des Ge-schäftsführers gegenüber den Gesellschaftern, wenn eine Qualifizierung des Darlehens als eigenkapitalersetzend droht99.

4.1.1.3 Eigene Lösung: Keine Geschäftsführerhaftung aufgrund der Eigenkapital-ersatzregelungen

Die Annahme einer besonderen Hinweispflicht des Geschäftsführers ist abzulehnen.

Zwar exisitiert für den Geschäftsführer eine allgemeine Sorgfaltspflicht. Diese besteht aber, wie § 43 Abs. 2 GmbHG zeigt, in erster Linie gegenüber der Gesellschaft. Daher kann aus dieser Sorgfaltspflicht keine Haftung des Geschäftsführers gegenüber den Ge-sellschaftern abgeleitet werden.

Auch eine entsprechende Anwendung des § 31 Abs. 6 GmbHG ist abzulehnen. Ein Blick auf § 43 Abs. 3 GmbHG zeigt, dass zwar Zahlungen entgegen § 30 GmbHG, nicht aber Zahlungen „entgegen“ § 32a GmbHG als Haftungstatbestände gegenüber der Ge-sellschaft erfasst sind. Auch gegenüber der GeGe-sellschaft tritt daher keine Haftung ein.

Der Gesetzgeber hat die Haftung gegenüber den Gesellschaftern bei einer Zahlung ent-gegen § 30 GmbHG gemäß § 31 Abs. 6 GmbHG nicht auf die §§ 32a, 32b GmbHG übertragen. Daher spricht einiges dafür, dass es beim Wortlaut bleibt und keine Haftung

97 Vgl. zur analogen Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG: BGH, Urteil vom 24.3.1980, NJW 1980, 1524, sowie Urteil vom 13.7.1981, NJW 1981, 2570. BGH, Urteil vom 26.3.1984, BGH Z 90, 370 (376 ff), stellt klar, dass diese Rechtsprechung neben den Novellen-Regelungen der §§ 32a, 32b GmbHG wei-ter Anwendung finden. Dadurch entsteht ein „zweistufiges Schutzsystem“ (

, § 32a/b Rz 17), da §§ 30, 31 GmbHG das Gesellschaftsvermögen durch Umqualifizierung von Fremd- in Eigenkapital nur bis zum Betrag des Stammkapitals schützen, während §§ 32a, 32b GmbHG darüber hinausgehen, jedoch kein Auszahlungsverbot begründen.

Lutter/Hommelhoff, GmbHG

98 Altmeppen in , § 32a Rz 46. Offenlassend: Ulmer in

, § 32a, b Rz 171, mit dem Hinweis, bei Rückzahlung trotz bestehender Unterkapitalisierung greife § 31 GmbHG ohnehin direkt.

Altmeppen/Roth, GmbHG Hachenburg/Ulmer,

GmbHG

99 Ablehnend Schneider in Scholz, GmbHG, § 43 Rz 212.

gegenüber den Gesellschaftern eintritt. Die BGH-Regeln100 sind daher so zu verstehen, dass zwar ein Rückzahlungsverbot hinsichtlich Gesellschafterdarlehen besteht, soweit dies zur „Auffüllung“ des Stammkapitals erforderlich ist, daraus aber keine Ausfallhaf-tung des Geschäftsführers abgeleitet werden kann.

Es fehlt auch an dem Erfordernis einer planwidrigen Regelungslücke als Voraussetzung für eine Analogie. Bei der Neueinfügung der §§ 32a, 32b GmbHG im Jahre 1980 hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit einer Erweiterung des § 43 Abs. 3 GmbHG um die Rückzahlung eigenkapitalersetzender Darlehen gehabt; dies hat er unterlassen. Bei der Einfügung des § 31 Abs. 6 GmbHG im Jahre 1982 hätte die Möglichkeit einer entspre-chenden Ausdehnung des Anwendungsbereichs erneut bestanden, wurde aber ebenso wie hinsichtlich der Haftung gegenüber der Gesellschaft nicht wahrgenommen. Dage-gen wird zwar eingewandt, die gesetzgeberische Untätigkeit beruhe auf der irrtümlichen Annahme, der Empfänger der verbotenen Leistung sei nicht geschädigt101. Läge ein Irrtum vor, so spräche dies tatsächlich für eine Planwidrigkeit. Im Regelfall trifft aber die Annahme zu, der empfangende Gesellschafter sei nicht geschädigt, so dass kein Irr-tum, sondern eher eine zulässige Typisierung vorliegt. Der Umstand, dass ausnahms-weise auch der empfangende Gesellschafter geschädigt sein kann, rechtfertigt eine wei-tere Ausweitung der Geschäftsführerpflichten im Innenverhältnis nicht.

Es entspricht daher dem Haftungskonzept des GmbH-Rechts, dass über den Schutz des Stammkapitals hinaus keine Geschäftsführerhaftung zur Kapitalerhaltung vorgesehen ist102. Wird durch die Zahlung gleichzeitig der Tatbestand des § 30 GmbHG erfüllt, ist also formelle Unterkapitalisierung eingetreten, greift freilich § 31 GmbHG direkt.

100 Vgl. Fn 97.

101 Altmeppen in Altmeppen/Roth, GmbHG, § 32a Rz 46.

102 Dies hat auch Auswirkungen auf das GmbH-Konzernrecht bei der Haftung des Geschäftsführers der beherrschten GmbH im Vertragskonzern analog § 310 AktG. Diese Haftung bei Befolgung einer of-fensichtlich nicht bindenden Weisung der herrschenden Gesellschaft findet nach

, S. 73, ihre Grenze jenseits der Deckung des Stammkapitals. Da im GmbHG - anders als im AktG - über die Erhaltung des Stammkapitals hinaus kein Gläubigerschutz vorgesehen ist, soll auch der Geschäftsführer der beherrschten Gesellschaft nicht weitergehend haften.

Seine Haftung analog § 310 AktG muß dahingehend modifiziert werden, daß sie nur bis zur Grenze der bilanziellen Deckung des Stammkapitals reicht.

Altmeppen, Haftung des Managers im Konzern