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6 Unterschreiten des gesetzlichen Mindestkapitals

7.3 Aufklärungspflicht gegenüber den Gesellschaftsgläubigern

7.3.1 Haftung aus culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2 und 3,

7.3.1.2 Haftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses

Stark geändert hat sich die Bedeutung der Fallgruppe wirtschaftlichen Eigeninteresses des Geschäftsführers. Sie findet in § 311 Abs. 3 BGB n.F. keine Erwähnung, wurde aber auch nicht ausdrücklich abgeschafft.

Die Haftung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses betrifft vor allem Geschäftsführer, die zugleich Allein- oder Mehrheitsgesellschafter der GmbH sind. Die Gesellschafter-stellung alleine reichte jedoch nicht aus, um eine Eigenhaftung des vertretenden Ge-schäftsführers zu begründen283. Auch ein hinzutretender besonderer Provisionsanspruch genügte nicht284.

Umstritten war, ob die Stellung persönlicher Sicherheiten zusätzlich zur Gesellschafter-stellung zu einer Haftung aus culpa in contrahendo führen konnte285. Dies hat der BGH zugleich mit seiner Wende beim Schadensersatz für Neugläubiger aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG verneint286. Nachdem der deliktische Schadensersatz

281 Zur Anwendung der culpa in contrahendo bei bloßen Zweifeln über die Zahlungsfähigkeit der Gesell-schaft: Steininger, Haftung des Geschäftsführers aus culpa in contrahendo, S. 43 f.

282 Von der Möglichkeit solcher Fallkonstellationen mit Altgläubigern geht

(1174), aus. Altmeppen, ZIP 1997, 1173

283 BGH, Urteil vom 23.10.1985, ZIP 1986, 26 (29); BGH, Urteil vom 2.3.1988, ZIP 1988, 505 (506 f);

BGH, Urteil vom 11.10.1988, ZIP 1988, 1576 (1577).

284 Geißler, ZIP 1997, 2184 (2187).

285 Die Stellung von Sicherheiten allein, ohne dass der Geschäftsführer eine beherrschende Gesellschaf-terstellung hat, genügt nicht. So bereits BGH, Urteil vom 11.10.1988, ZIP 1988, 1576 (1577).

286 BGH, Urteil vom 6.6.1994, BGH Z 126, 181 (186). Zustimmend (536).

Ablehnend und somit für eine Beibehaltung der Haftung für den Fall, daß mit dem Erlös des Ge-schäfts die vom GeGe-schäftsführer gestellte Sicherheit rückgeführt werden soll: Canaris, JZ 1993, 649 (650). Anders noch BGH, Urteil vom 23.10.1985, ZIP 1986, 26 (30), für eine unbeschränkte selbst-schuldnerische Bürgschaft; BGH, Urteil vom 2.3.1988, ZIP 1988, 505 (507), auch für beschränkte Si-cherheiten.

Medicus, GmbHR 1993, 533

chend ausgeweitet wurde, bestand für die wichtigste Fallgruppe der culpa in contrahen-do kein Bedarf mehr.

Daneben gibt es die Fallgruppen der Abwendung einer eigenen Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft287, der Absicht der Eigenverwendung der Lieferung an die Gesellschaft durch den Geschäftsführer288, sowie des Handelns als procurator in rem suam289. Bei letzterer ist die vertretene Gesellschaft mittelbarer Stell-vertreter des vertretenden Geschäftsführers, er handelt somit gleichsam in eigener Sa-che290. Für diesen Fall dürfte auch der BGH mit Zustimmung der Literatur291 die An-wendbarkeit weiterhin bejahen292.

In seinem neuesten Urteil zur Eigenhaftung des Geschäftsführers aus culpa in contra-hendo293 scheint der BGH dieser Linie zu folgen. Er prüft zunächst die Haftung wegen Inanspruchnahme besonderen Vertrauens und führt sodann zur Haftung wegen wirt-schaftlichen Eigeninteresses aus:

Eine Haftungserstreckung wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses setzt voraus, dass der Vertreter eine so enge Beziehung zum Vertragsgegenstand hat, dass er wirtschaftlich gleichsam in eigener Sache handelnd erscheint [...]. Dazu reicht die Beteiligung des Geschäftsführers und Gesellschafters einer GmbH an der von ihm vertretenen Gesellschaft allein nicht aus [...].

287 BGH, Urteil vom 6.6.1994, BGH Z 126, 181 ( 185).

288 BGH, Urteil vom 6.6.1994, BGH Z 126, 181 (185).

289 Diese Konstellation war der Ausgangspunkt für die Bejahung einer Eigenhaftung des Vertreters auf-grund wirtschaftlichen Eigeninteresses in der Entscheidung des Reichsgerichts vom 1.3.1928, RG Z 120, 249 (252 f). Vgl. Steininger, Haftung des Geschäftsführers aus culpa in contrahendo, S. 53 f.

290 Medicus, GmbHR 1993, 533 (535).

Medicus, GmbHR 1993, 533

291 Vgl. (535).

292 BGH, Urteil vom 6.6.1994, BGH Z 126, 181 (185) spricht die Fallgruppe bei der Schilderung des Meinungsstandes ausdrücklich an. Bei der eigenen Stellungnahme lehnt er als Ergebnis aber nur die Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers, der persönliche Sicherheiten gestellt hat, ab.

293 BGH, Urteil vom 13.6.2002, DStR 2002, 1275 (1276).

Damit hat sich der BGH aber auch die Möglichkeit offengehalten, ein Handeln gleich-sam in eigener Sache unter anderem mit der Gesellschafterstellung zu begründen. Wel-che weiteren Umstände hinzukommen müssten führt er nicht aus. Dafür nennt der BGH als Fallgruppe, bei der unabhängig von einer Gesellschafterstellung Handeln gleichsam in eigener Sache vorliegt, dass ein Vertrag nur zum Schein mit der Gesellschaft geschlossen wird. In einem solchen Fall kommt man jedoch auch ohne die Eigenhaftung des Vertreters zu einer Verpflichtung. Gemäß § 117 Abs. 2 BGB liegt dann nämlich ein wirksames verdecktes Rechtsgeschäft zwischen Geschäftsführer und Drittem vor.

In der Literatur wird zum Teil die Fallgruppe des wirtschaftlichen Eigeninteresses voll-ständig abgelehnt, da sie nicht mit der modernen dogmatischen Herleitung der culpa in contrahendo aus der Gewährung in Anspruch genommenen Vertrauens und nicht als Vorwirkung des späteren Vertrages vereinbar sei294. Die Ablehnung der Fallgruppe des wirtschaftlichen Eigeninteresses bei Gesellschafter-Geschäftsführern wird zutreffend vor allem damit begründet, dass die Haftung in diesen Fällen gegen den Rechtsgedan-ken des § 13 Abs. 2 GmbHG verstößt295. Nachdem der BGH in seinem Urteil vom 6.6.1994296 eine Haftung des Geschäftsführers gegenüber Neugläubigern auf das nega-tive Interesse aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 64 Abs. 1 GmbHG zulässt, kommt der Haftung des Geschäftsführers aufgrund wirtschaftlichen Eigeninteresses keine prakti-sche Bedeutung mehr zu. Die Ausführungen des BGH zur Haftung aus culpa in contra-hendo wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses297 legen nahe, dass diese in ihrer wirt-schaftlichen Funktion durch die Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG ersetzt werden soll, auch wenn jene dogmatisch ebenfalls nicht überzeugt.

294 So , S. 733;

, S. 76 f und 86. Geißler, ZIP 1997, 2184 (2190), lehnt die Eigenhaftung des Vertreters völlig ab, auch in der Fallgruppe der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens.

Medicus in FS Steindorff

Medicus in FS Steindorff

Steininger, Haftung des Geschäftsführers aus culpa in contra-hendo

295 So , S. 64; (2186); (133);

(535). Allerdings trifft dies, wie , S. 730, fest-stellt, dieser Einwand nur, soweit das Eigeninteresse durch die Gesellschafterstellung begründet wer-den soll.

Brandner in FS Werner Geißler, ZIP 1997, 2184 Lutter, DB 1994, 129 Medicus, GmbHR 1993, 533

296 BGH Z 126, 181.

297 BGH Z 126, 181 (184 ff).