• Keine Ergebnisse gefunden

8 Rechtsnatur der Haftungsansprüche, Gegenüberstellung Italien - Deutschland

8.2 Deutschland

8.2.1 Haftung gegenüber der Gesellschaft

8.2.1.1 § 43 Abs. 2 GmbHG und § 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG

Die Haftung aus § 43 GmbHG lässt sich nicht ohne weiteres einordnen. Zwischen Ge-schäftsführer und Gesellschaft besteht sowohl ein Organschaftsverhältnis, als auch ein Anstellungsverhältnis. Die praktisch nicht relevante Frage, auf welches der beiden

329 Cass. 71/3371 vom 22.11.1971, Giur. Ital. 1972, I 1, 1637 (1639); Cass. 82/6431 vom 27.11.1982, Mass. Cass. 1982, 6432, 2174; Cass. 95/9887 vom 19.9.1995, Giur. Ital. 1996, I 1, 296 (299 f);

, Art. 2449 II Rz 4;

, S. 91.

Cian/Trabucchi, CODICE CIVILE Quatraro/Picone, RESPONSABILITÀ DI AM-MINISTRATORI

330 , S. 966, zieht zwar nicht ausdrücklich den Schluss, die Haftung vertraglich zu nennen, kritisiert aber die Einordnung als außervertraglich durch den Kassationsgerichtshof.

Ferri, LE SOCIETÀ

hältnisse die Haftung aus § 43 GmbHG zurückzuführen ist, ist umstritten331. Vorzugs-würdig erscheint die Auffassung, die § 43 GmbHG dem Organschaftsverhältnis zuord-net. Diese trägt der Trennung der beiden Rechtskreise Gesellschafts- und Arbeitsrecht Rechnung. Da also Grundlage der Haftung die Organstellung des Geschäftsführers bil-det, die nur aufgrund vertragsähnlicher einvernehmlicher332 Bestellung entsteht, liegt eine Einordnung „ähnlich der Vertragshaftung“333 nahe334. Dies entspricht auch der un-strittigen Einordnung in Italien.

§ 43 Abs. 3 Satz 1 GmbHG nennt zwei Sonderfälle der Haftung nach

§ 43 Abs. 2 GmbHG. Hinsichtlich der Rechtsnatur des Anspruchs gilt daher das für die Haftung gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG gesagte. Der Anspruch ist wegen des organschaft-lichen Verhältnisses zwischen Geschäftsführer und Gesellschaft vertraglicher Natur.

8.2.1.2 § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG

Ähnlich wie § 43 Abs. 2 GmbHG dient auch § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG dem Schutz der Gläubigerinteressen335. Die Gesellschaft ist jedoch entsprechend dem Innenhaf-tungsmodell passivlegitimiert, um zu erreichen, dass die Gläubiger ihre Ansprüche nur im Insolvenzverfahren geltend machen können. Aufgrund dieser Schutzrichtung soll die Haftung, obwohl im Innenverhältnis bestehend, deliktischer Natur sein336.

331 Vgl. , S. 5 f. Für Beruhen auf Organverhältnis die

wohl herrschende Meinung: Altmeppen in , § 43 Rz 2; Koppensteiner in , § 43 Rz 3. Schneider in , § 43 Rz 12. Dagegen

wohl (950). Zöllner in B , § 43 Rz 4, geht

da-von aus, dass sowohl Organ-, als auch Anstellungsverhältnis der Haftung zu Grunde liegen.

Heisse, Beschränkung der Geschäftsführerhaftung

Hallweger, NZG 1999, 1172 Altmeppen/Roth, GmbHG

Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG Scholz, GmbHG

Mankowski, EWiR 1999, 949 aumbach/Hueck, GmbHG

aumbach/Hueck, GmbHG

aumbach/Hueck, GmbHG

332 Es ist eine Annahme durch den Geschäftsführer erforderlich: B , § 6 Rz 13, § 35 Rz 6b. Ein weiteres Argument besteht in dem parallelen Anstellungsverhältnis, das unproblema-tisch Vertragsverhältnis ist. Dieses ist jedoch wie gesagt allenfalls sekundär Grundlage der Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG, die primär auf dem Organverhältnis fußt.

333 Zöllner in B , § 43 Rz 4.

334 Ebenso BGH, Urteil vom 10.2.1992, WM 1992, 691 (692); ;

, § 36 II 4 a. Bei einer Zuordnung zum Anstellungsverhältnis kommt man ebenfalls zum vertraglichen Charakter der Haftung aus § 43 GmbHG.

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht

335 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rz 34.

Lutter/Hommelhoff, GmbHG

336 , § 64 Rz 33.

Dem ist jedoch nicht zuzustimmen. Zwar zielt der Anspruch seiner historischen Kon-zeption nach auf den Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Mit Anwendung des

§ 823 Abs. 2 BGB auf § 64 Abs. 1 GmbHG ist jedoch diese Funktion obsolet geworden, zumal damit ein insolvenzfester unmittelbarer Anspruch der Gesellschaftsgläubiger ge-gen die Geschäftsführer besteht. Darüber hinaus zeigt auch die Diskussion im italieni-schen Recht, dass die Zuweisung einer gläubigerschützenden Funktion die Innenhaftung nicht deliktisch macht. Somit kann man ohne weiteres § 64 Abs. 2 GmbHG der vertrag-lichen Innenhaftung zugesellen.

8.2.1.3 §§ 823 Abs. 2 BGB, 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG

Die Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB gegenüber der Gesellschaft stellt insoweit einen Fremdkörper dar, als sie unzweifelhaft deliktischen Charakter hat.

8.2.2 Haftung gegenüber den Gesellschaftern

Die Ansprüche der Gesellschafter aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 84 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GmbHG haben ebenfalls deliktischen Charakter.

Fraglich ist, wie § 31 Abs. 6 GmbHG einzuordnen ist. Seine Rechtsnatur wurde bislang, soweit ersichtlich, noch nicht thematisiert. Es liegt jedoch eine Gleichbehandlung mit

§ 43 Abs. 2 GmbHG nahe. Zwar bestehen sowohl das Organ-, als auch das Anstel-lungsverhältnis zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer. Wie bei der Haftung ge-genüber der Gesellschaft entsteht aber auch im Verhältnis zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer durch die Bestellung des Geschäftsführers und dessen Zustimmung ein vertragsähnliches Verhältnis, das die Einordnung als vertraglich rechtfertigt337. Dies entspricht auch der bereits erwähnten Parallelität der Haftung gegenüber der Gesell-schaft und der Haftung gegenüber den GesellGesell-schaftern als einheitlich zu beurteilende Innenhaftung.

337 Vgl. Kap. 7.1.2.

8.2.3 Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern

Auch die Ansprüche aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 Abs. 1 GmbHG, §§ 823 Abs. 2 BGB, 84 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG und § 826 BGB sind unproblematisch deliktischer Natur.

Dagegen stellt der Anspruch aus culpa in contrahendo bei der Einordnung ein Problem dar. In Deutschland besteht insoweit ein dreispuriges Haftungssystem, als die culpa in contrahendo eine eigene Haftungsspur zwischen den vertraglichen und den deliktischen Schadensersatzansprüchen darstellt. Zwar besteht zwischen Anspruchssteller und An-spruchsgegner kein Vertrag, dennoch liegt eine vertragsähnliche Sonderbeziehung vor, die die besondere Haftung rechtfertigt. Durch die Inanspruchnahme besonderen Ver-trauens entsteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis, das den Anspruch in die Nähe der vertraglichen Haftung stellt.

Die gesetzliche Regelung der culpa in contrahendo im Rahmen der Schuldrechtsreform in §§ 311 Abs. 2 und 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB n.F. unterstreicht diese Einord-nung. Die amtliche Überschrift des § 311 BGB n.F. spricht von „rechtsgeschäftsähnli-che[n] Schuldverhältnisse[n]“. Auch die Verschuldensvermutung als Merkmal einer vertraglichen Haftung, die früher mit § 282 BGB a.F. analog herangezogen wurde338, findet nunmehr mit § 280 Abs. 1 BGB n.F. direkte Anwendung.

8.3 Ergebnis

Die Haftung im Innenverhältnis ist überwiegend vertraglicher Natur. Dies gilt auch für die Haftung gegenüber den Gesellschaftern. Problematisch ist hier die Haftung aus

§ 823 Abs. 2 GmbHG gegenüber Gesellschaft und Gesellschaftern. Sie stellt mit ihrer deliktischen Natur einen Fremdkörper dar.

Sowohl in Deutschland als auch in Italien ist die Außenhaftung insgesamt als deliktisch bzw. außervertraglich einzustufen. Dies ist systematisch folgerichtig und ergibt sich als Konsequenz der Zulassung einer unmittelbaren Außenhaftung. Die Haftung aus culpa in contrahendo stellt eine systemwidrige Ausnahme dar. Die Schwierigkeiten ergeben sich

338 Vgl. Palandt/Heinrichs, § 282 Rz 10.

hier aus der Zulassung der Eigenhaftung des Vertreters, die die Grenzen zwischen ver-traglicher und deliktischer Haftung verwischt.

Im italienischen Recht ergibt sich das klare Bild einer vertraglichen Innenhaftung und einer deliktischen Außenhaftung.