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Electronic Poetry Center

VI. Webbasierte Literatur –

2. Webbasierte Lyrik

2.1. Vorstellung dreier Foren zur webbasierten Lyrik

2.1.1. Electronic Poetry Center

Das Electronic Poetry Center505 der University at Buffalo/The State University of New York ist konzipiert als ein zentrales Tor zu Lyrik-Ressourcen im World Wide Web. In seiner Gestaltung folgt es dem Konzept der Doppelfunktion als Datenbank und Archiv: Zum einen dient es als zentraler Zugang zu elektronischen Dokumenten im World Wide Web und fungiert aufgrund dieser externen Links als Online-Daten-bank; zum anderen bietet das Electronic Poetry Center, kurz EPC, aber auch interne Verknüpfungen und stellt sich somit gleichzeitig auch als Online-Archiv dar. Dabei sind alle Formen digitaler Literatur vertreten: Das EPC soll dazu dienen, eine mög-lichst große Bandbreite an Websites zum Thema Lyrik zur Verfügung zu stellen, weshalb nicht nur webbasierte Werke sondern auch konventionell linear-konzipierte

505 Loss Pequeño Glazier u.a., Hg., Electronic Poetry Center, <http://epc.buffalo.edu/>, 10.07.2003.

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und computergestützte, webunabhängige Veröffentlichungen präsentiert werden. Der Schwerpunkt liegt allerdings eindeutig auf experimenteller und innovativer, das Me-dium WWW kreativ nutzender Gegenwartslyrik.

Gegründet im Jahre 1994, wird das Center zudem nicht nur als Literaturquelle, sondern auch als Orientierungshilfe, Informationszentrum, Kommunikationsmedium und Treffpunkt für Wissenschaftler, Studenten und Poeten geführt. So erhält der Nutzer neben Verknüpfungen zu Gedichten außerdem Zugriff auf Bibliographien, Rezensio-nen, Zeitschriften und Magazine, Interviews, Veranstaltungskalender, Diskussions-foren, auf je eine Gallerie für visuelle und audiovisuelle Lyrik sowie auf andere Web-Seiten des Themas Lyrik.

Den Zugang zu den internen und externen Ressourcen des EPC erhält der Nutzer über sieben verschiedene Einstiegspunkte:

1. New: Dieser Bereich eröffnet den Zugriff auf Veröffentlichungen neueren Da-tums. Allerdings waren einige Publikationen bereits Anfang 2002 und somit ein-einhalb Jahre vor Abfassung dieser Zeilen (im Sommer 2003) in die Seiten des Electronic Poetry Centers integriert worden; der zweite Abschnitt dieser Kate-gorie bezog sich zum Zeitpunkt der letzten Recherche der Verfasserin sogar expli-zit auf die Zeit bis Ende 2001.506

2. Authors: Die Verknüpfung führt den Nutzer zu einer alphabetischen Liste von Au-toren, zu denen neben Verfassern konventioneller, linear-konzipierter Lyrik und Dichtern innovativer computergestützt-webunabhängiger beziehungsweise web-basierter Werke auch Kritiker dieser Genres zählen. Bei diesen Verknüpfungen handelt es sich ausschließlich um interne Links, das heißt alle Autorenseiten sind auf dem Server des EPC gespeichert. Während das Center hiermit als Archiv fungiert, steht es zusätzlich auch als Datenbank zu Verfügung: Eine gesonderte Verknüpfung auf dieser Seite verbindet den Nutzer mit externen Autorenseiten, das heißt allen privaten Initiativen außerhalb des EPC.

506 Bei diesen schon etwas älteren Veröffentlichungen noch von News zu sprechen, ist einigermaßen unverständlich. Die Beobachtung ist auch nicht damit zu erklären, daß die letzte Überarbeitung der Seiten eventuell schon länger zurückläge, denn einige Dokumente wurden tatsächlich erst im Juni 2003 eingestellt wurden. Vielmehr ist hier Nachlässigkeit in Pflege und Überarbeitung der Seiten zu verzeichnen.

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3. E-poetry: Der Teilbereich ist ausschließlich der digitalen, speziell für das elektro-nische Medium konzipierten Dichtung gewidmet. Neben einer alphabetischen Au-torenliste finden sich hier Verknüpfungen zu themenbezogenen Sonderbeiträgen, einigen Web-Seiten zum Thema Lyrik, elektronischen Magazinen sowie Hilfs-mitteln zu Gestaltung und Programmierung von Web-Seiten. Diese Liste beinhal-tet sowohl interne als auch externe Links.

4. Links-Alpha: Führt zu einer alphabetischen Liste von ausschließlich externen Links, das heißt vom EPC ausgehenden Verknüpfungen mit anderen Lyrikseiten im WWW. Private Autorenseiten sind hier allerdings ausgenommen, da diese bereits in der Link-Liste im Abschnitt Authors erfaßt sind.

5. Links-Subj: Hier eröffnet eine thematische Auflistung interner wie externer Links den Zugang zu Web-Seiten von Zeitschriften- und Buchverlagen sowie Lyrik-initiativen und -organisationen, zu audiovisueller Lyrik, Volltextarchiven und (Hand-)Schriftensammlungen und zu Kunst, Kultur und Literatur in Buffalo.

6. UB Poetics: An dieser Stelle wird das Poetikprogramm der Universität von Buffa-lo ausführlich vorgestellt. Die in 1991 gegründete Initiative ist hier mit allen Informationen zu ihren Zielen, den Lehrenden und der Berichterstattung in den Medien vertreten. Daneben werden Verknüpfungen zu Lehrmaterialien, eigenen Veröffentlichungen und studentischen Web-Seiten ebenso angeboten wie eine Vielzahl themenbezogener Links.

7. Sound: Dieser letzte Einstiegspunkt ermöglicht dem Nutzer den Zugriff auf Ton- und Radiokunst. Hierbei handelt es sich um eine Sammlung von Klangpoetik, Audiokunst, Audio-Hypermedien und Rundfunkübertragungen zu lyrischen The-men.

Was die thematische Abgrenzung der sieben Einstiegspunkte betrifft, so möchte man bei näherer Betrachtung meinen, daß der Wissenschaftscharakter des Electronic Poetry Centers als einer universitären Einrichtung stärker hätte zum Aus-druck kommen sollen. Daß dies nicht geschehen ist, liegt möglicherweise durchaus in der Intention der Herausgeber, doch wäre für dieses Portal zur Lyrik im WWW jedenfalls ein überzeugenderes und vor allem logischer strukturiertes Konzept denk-bar.

Gleichwohl empfiehlt sich das EPC aufgrund seiner Vielzahl von Ressourcen und seiner Auswahlkriterien. Besonders hervorzuheben ist die Zusammenstellung

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der präsentierten Werke. So widmen sich die Herausgeber des EPC nicht nur eta-blierten Autoren, sondern sie sehen ihre Aufgabe offenbar auch darin, jene Werke zu präsentieren, deren Publikation von anderen Institutionen abgelehnt wurde. Diese Auswahlkriterien tragen dazu bei, daß der Nutzer einen Eindruck von der bunten und mannigfaltigen Mischung literarischer Kreativität im beginnenden 21. Jahrhundert gewinnen kann.

Sogar zu jenen Texten, die unter Urheberrechtschutz stehen, besteht unein-geschränkter und unentgeltlicher Zugang. Alle Texte, die auf den Seiten des EPC archiviert sind, können außerdem von den Nutzern als endgültig und verbindlich angesehen werden, da ihre Veröffentlichung von den Autoren beziehungsweise den Verantwortlichen offiziell genehmigt wurde.507

Die EPC-internen Dokumente sind teilweise aufwendig gestaltet und präsen-tieren mitunter nicht nur Textmaterial, sondern auch multimediale Elemente in Form von Bild-, Ton- oder Filmsequenzen. Ein Großaufgebot an Autorenporträts fördert den persönlichen Charakter des Centers und trägt zur Anschaulichkeit bei. Allerdings wäre zu wünschen, daß Hintergrundfakten und bibliographischen Daten intensivere Beachtung geschenkt würde. So gehen die Informationen teilweise nicht über die Nen-nung der Verfassernamen hinaus und lassen damit wichtige Angaben wie beispiels-weise Entstehungsdaten, etwaige Hinbeispiels-weise auf Zusammenhänge mit Print-Publikatio-nen und Hintergrundberichte vermissen.

Dennoch sei das Electronic Poetry Center für die Beschäftigung mit lyri-schen Werken im World Wide Web nachdrücklich empfohlen, da es sich seinem Grundsatz entsprechend als Tor zur Online-Lyrik etabliert und qualifiziert hat. Die Tatsache, daß dieses Forum seit nunmehr (im Sommer 2003) fast einem Jahrzehnt Bestand hat, spricht zudem für die Akzeptanz dieser Verbreitungsform. Es ist den Herausgebern gelungen, ein Forum für Lyrik zu schaffen, das bislang durch die Print-Medien nicht in befriedigender Weise umgesetzt wurde. Die gleichzeitige, un-mittelbare und jederzeitige Verfügbarkeit der unterschiedlichen Materialien rund um das Thema Lyrik ist in keinem anderen Medium in vergleichbarer Weise gegeben.

Das Electronic Poetry Center wird betrieben als “central gateway to resources in electronic poetry and poetics at the University at Buffalo and on the

507 Glazier, “Intro”, in: Ders., Hg., Electronic Poetry Center, <http://epc.buffalo.edu/intro.html>, 10.07.2003.

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Web at large”508. Damit liegt das Ziel allein darin, den Zugang zu einer möglichst großen Bandbreite an Online-Ressourcen bereitzustellen. Außer der Möglichkeit, einen persönlichen Kommentar an die Herausgeber des EPC zu senden, bestehen im Rahmen des Forums für den Nutzer keine Gelegenheiten zur Interaktion oder Koope-ration. Erwähnt wird das Zentrum in diesem Kapitel ausschließlich aufgrund seines Stellenwertes im wissenschaftlichen Bereich, seines visionären Weitblicks im Hin-blick auf digitale Literatur, seiner Vielzahl von Ressourcen sowie seiner besonderen Berücksichtigung innovativer multimedialer Lyrik.