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KARL-FRANZENS-UNIVERSITÄT GRAZ UNIVERSITY OF GRAZ. Diplomarbeit. zur Erlangung des akademischen Grades einer. Magistra der Pharmazie

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KARL-FRANZENS-UNIVERSITÄT GRAZ UNIVERSITY OF GRAZ

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer

Magistra der Pharmazie

an der Naturwissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

Pharmazeutische Aspekte von venösen und lymphatischen Abflussstörungen der unteren Extremitäten

vorgelegt von

Melanie Ornig

Graz, März 2019

(2)

Die vorliegende Diplomarbeit wurde im Zeitraum von Februar 2018 bis März 2019 in der Arbeitsgruppe für Wirkstoffentwicklung und Genderpharmazie im Bereich

Pharmazeutische Chemie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens—

Universität Graz unter der Betreuung von Frau Ao. Univ.-Prof.in Mag.a pharm. Dr.in rer. nat.

Edith Gößnitzer verfasst.

Danksagung

Ein herzlicher Dank geht an Frau Ao. Univ.-Prof.in Mag.a pharm. Dr.in rer. nat. Edith Gößnitzer für die außerordentliche Betreuung und die konstruktiven Vorschläge zu meiner Diplomarbeit.

Ich danke Ihnen für die Bemühungen und die vielen geleisteten Stunden, die sie mir als Betreuerin zur Seite gestanden sind.

Der größte Dank gilt jedoch meinen Eltern, die mich schon mein ganzes Leben unterstützen und ohne die dieses Studium nicht möglich gewesen wäre. Danke, dass ihr immer an mich geglaubt habt, mich immer wieder ermutigt habt weiterzumachen und an meinen Zielen festzuhalten.

Besonders möchte ich mich noch bei meinem Freund Bernd für den unbeschreiblichen Optimismus und die stets motivierenden Worte, die er mir während meiner Studienzeit gegeben hat, bedanken.

Weiters möchte ich mich noch bei meinem Bruder Rene´ sowie bei meinen Großeltern recht herzlich bedanken, die mir stets Glück für all die Prüfungen gewünscht haben.

(3)

Kurzfassung

Chronisch venöse und lymphostatische Erkrankungen, zu denen die Varikosis, die chronisch venöse Insuffizienz und das Lymphödem zählen, sind weltweit verbreitete Krankheiten, die in jedem Lebensalter auftreten können. Vor allem Frauen sind viel häufiger als Männer von diesen Gefäßerkrankungen, die vor allem an den unteren Extremitäten in Erscheinung treten, betroffen. Bei frühzeitiger Erkennung können die Symptome der schnell fortschreitenden Erkrankungen aber sehr gut behandelt werden, allerdings gibt es bis heute keine Therapieform mit der diese Krankheiten für immer geheilt werden können. Vorbeugende Maßnahmen und individuelle Therapiemöglichkeiten können die Progression jedoch verlangsamen und eine Entstehung venöser und lymphatischer Erkrankungen verzögern. Dabei können die Erkrankungen primär durch eine angeborene Fehlentwicklung bzw. Gefäßwandschwäche oder sekundär aufgrund erworbener Vorerkrankungen hervorgerufen werden. Die anfangs noch symptomlosen und beschwerdefreien venösen und lymphatischen Erkrankungen können sich diskontinuierlich über mehrere Jahre zu ernsthaften Komplikationen, wie dem Ulcus cruris (Geschwür) entwickeln, das zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen in der Gesundheit und in der Lebensqualität eines Menschen führt. Deshalb sollten erste Anzeichen, wie Spannungs- und Schweregefühle, Schmerzen, Krämpfe und Schwellungen in den Beinen ernst genommen werden. Grundsätzlich werden die CEAP-Klassifikation, zur Beurteilung des Schweregrades einer Erkrankung dient, sowie unterschiedliche Diagnostikverfahren, mit denen die Ursache und Ausprägung des Krankheitsbildes erfasst wird, eingesetzt, um Patient_innen eine bestmögliche und individuelle Therapie gewährleisten zu können. Zudem zeigt diese Diplomarbeit im Rahmen einer Literaturrecherche den aktuellen Stand der Therapie- möglichkeiten mit Phytopharmaka bei venösen und lymphatischen Erkrankungen auf.

Besonders in den frühen Stadien der Erkrankungen können mit diese pflanzlichen Arzneimittel wirksame Erfolge erzielt werden, weshalb sie eine gute Alternative oder Ergänzung zur Kompressionstherapie darstellen.

(4)

Abstract

Chronic venous and lymphatic disorders, including varicose veins, chronic venous insufficiency, and lymphedema, are world-wide diseases that can occur at any age. Women, in particular, are more likely to be affected than men by these vascular diseases, which mainly affect the lower extremities. If detected early, however, the symptoms of the rapidly progressing diseases can be treated very well, but until now there is no form of therapy with which these diseases can be cured forever. Preventive measures and individual treatment options, however, can slow down the progression and delay the development of venous and lymphatic diseases. The diseases can be caused primarily by a congenital malformation or vascular wall weakness or secondarily due to acquired pre-existing diseases. The initial asymptomatic and symptom-free venous and lymphatic diseases can develop intermittently over several years to serious complications, such as the ulcer (ulcer), which leads to serious adverse effects on the health and quality of life of a person. Therefore, the first signs, such as tension and heaviness, pain, spasms and swelling in the legs should be taken seriously. Basically, the CEAP classification, which is used to assess the severity of a disease, as well as different diagnostic procedures, with which the cause and severity of the disease is detected, are used to ensure patients the best possible and individualized therapy. In addition, this diploma thesis shows in a literature review the current state of therapeutic options with phytopharmaceuticals in venous and lymphatic diseases.

Especially in the early stages of the disease can be achieved with these herbal medicines effective success, so they represent a good alternative or supplement to compression therapy.

(5)

Inhaltsverzeichnis

Körperkreislauf (großer Kreislauf) ... 4

Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf) ... 4

2.1 Blutgefäße des Körperkreislaufs ... 7

Venen und Venolen ... 7

Venensystem der unteren Extremitäten ... 10

2.2 Aufbau und Funktion von Blut- und Lymphgefäßen ...13

Allgemeiner Gefäßwandaufbau ... 14

Wandaufbau der Venen und der Lymphgefäße ... 16

2.2.1 Aufgaben des venösen Systems ... 18

Venöser Rückstrom ... 19

Aufgaben des lymphatischen Systems ... 22

Lymphe (Gewebsflüssigkeit, Lymphwasser) ... 22

3.1 Lymphgefäßarten ...24

Lymphkapillaren (Vasa lymphocapillaria) ... 24

Lymphgefäße (Vasa lymphatica) ... 24

Hauptlymphstämme (Trunci lymphatici) ... 25

Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten ... 26

4.1 Krampfadern (Varizen) ...32

Epidemiologie ... 33

Ätiologie ... 35

Primäre Varikose... 35

Varikosisformen ... 36

Sekundäre Varikosis ... 42

Klassifikation der Varikosis ... 43

Danksagung ... I Kurzfassung ... II Abstract ... III 1 Einleitung ... 1

2 Anatomie und Physiologie der Gefäße ... 3

3 Anatomie und Physiologie der Lymphgefäße ... 22

4 Erkrankungen der Venen ... 32

(6)

Nichtinvasive und invasive apparative Diagnostikverfahren zur Erkennung

einer Varikose ... 44

4.2 Chronisch venöse Insuffizienz (CVI, chronische Veneninsuffizienz) ...53

Epidemiologie ... 53

Ätiologie ... 53

Klassifikation der chronisch venösen Insuffizienz ... 55

Nichtinvasive und invasive apparative Diagnostikverfahren zur Erkennung einer chronisch venösen Insuffizienz ... 62

5.1 Lymphödem ...65

Epidemiologie ... 65

Ätiologie ... 66

Primäres Lymphödem ... 66

Klassifikation des primären Lymphödems ... 68

Sekundäres Lymphödem ... 72

Nichtinvasive und invasive apparative Diagnostikverfahren zur Erkennung eines Lymphödems ... 74

6.1 Konservative Methoden ...81

6.1.1 Kompressionstherapie (Physikalische Therapie) ... 81

Medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS) ... 82

Phlebologische Kompressionsverbände (PKV) ... 84

Ulkuskompressionsstrümpfe ... 87

Intermittierende pneumatische Kompression (IPK) ... 87

Komplexe physikalische (Zwei-Phasen)-Entstauungtherapie (KPE) ... 88

6.1.2 Phytotherapie (Medikamentöse Therapie) ... 90

Ödemprotektive Pharmaka (Ödemprotektiva, Venentherapeutika) ... 90

Saponine ... 91

Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), Rosskastaniensamen (Hippocastani semen) ... 91

Flavonoide ... 93

Buchweizen (Fagopyrum escelentum), Buchweizenkraut (Fagopyri herba) ... 93

Weinrebe (Vitis vinifera), Rote Weinlaubblätter (Vitis viniferae rubrae folium) ... 94

Micronized Purified Flavonoid Fraction (MPFF) – Mikronisierte Gereinigte Flavonoidfraktion ... 96

5. Erkrankungen der Lymphgefäße ... 64

6. Vorbeugende Maßnahmen und Therapiemöglichkeiten von Venen- und Lymphgefäßerkrankungen ... 80

(7)

Diosmin ... 97

Pycnogenol ... 98

Japanischer Schnurbaum (Sophora japonicum) ... 98

Cumarine ... 99

Steinklee (Melilotus officinalis), Steinkleekraut (Meliloti herba) ... 99

α- Benzopyrone ... 100

Steroid-Glykoside ... 100

Mäusedorn (Ruscus aculeatus), Mäusedornwurzelstock (Rusci aculeati rhizoma) . 100 Venentonisierende Pharmaka (Venentherapeutika) ... 102

Diuretika ... 103

Synthetische Vebindungen ... 104

Calciumdobesilat ... 104

Pentoxifyllin ... 105

Aminafton ... 105

6.2 Operative Methoden ... 106

Operative Therapie bei Venenerkrankungen ... 106

Invasive Therapie bei Venenerkrankungen ... 106

Operative Therapie bei Lymphgefäßerkrankungen ... 107

7. Zusammenfassung ... 108

Abbildungsverzeichnis ... 110

Tabellenverzeichnis ... 113

Literaturverzeichnis ... 114

(8)

1 Einleitung

Chronisch venöse und lymphatische Erkrankungen der unteren Extremitäten, zu denen die Varikosis, die chronisch venöse Insuffizienz und das Lymphödem gehören, sind weltweit verbreitete, progrediente Krankheiten, die mit keiner Therapieform für immer geheilt werden können. Vor allem Frauen leiden etwas häufiger als Männer an diesen Gefäßerkrankungen, die mit zunehmenden Alter vermehrt auftreten [1–3].

Dabei können chronische Venenerkrankungen entweder primär, durch eine angeborene Venenwandschwäche oder Klappeninsuffizienz mit und ohne venöser Abflussstörung, oder sekundär, durch erworbene Vorerkrankungen, hervorgerufen werden [4].

In Europa weisen zwischen 35 – 50 % der Bevölkerung geringfügige Veränderungen an den Venen auf und weitere 10 – 15 % zeigen Symptome einer ausgeprägten Varikose. Darüber hinaus ist die primäre Varikosis zu ca. 95 % eine der am häufigsten vorkommenden Venenerkrankungen der Bevölkerung, die sekundäre Varikosis macht hingegen nur ca. 5 % aus.

Desweiteren wird bei 3 – 5 % der Gesamtbevölkerung eine chronisch venöse Insuffizienz im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und 3 – 4 % zeigen ein Ulcus cruris (Geschwür) auf [5,6]. Insgesamt liegt die Inzidenz chronischer Venenerkrankungen bei ca. 2 % pro Jahr [1].

Chronische Lymphgefäßerkrankungen beruhen entweder auf einer angeborenen Dysplasie der Lymphgefäße und/oder Lymphknoten oder werden durch sekundäre Erkrankungen verursacht.

Die Prävalenz eines Lymphödems ist nicht genau bekannt, deshalb schätzt man die Zahl der an Lymphödem erkrankten Menschen weltweit auf ca. 140 – 250 Millionen. Allein in Österreich sind rund 200.000 Menschen von diesen extremen Beinschwellungen betroffen, davon zu 90 % Frauen [2,7].

Grundsätzlich können die Symptome von chronisch venösen und lymphatischen Erkrankungen bei frühzeitiger Erkennung mit präventiven Maßnahmen sowie mit konservativen Methoden sehr gut behandelt und das Fortschreiten der Krankheit verzögert werden [8].

Die vorliegende Diplomarbeit gibt einen Einblick in das Venen- und Lymphgefäßsystem des Körpers und stellt Ähnlichkeiten der Gefäße hinsichtlich ihrer Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie dar. Desweiteren werden Interrelationen zwischen Venen und Lymphgefäße

(9)

mit Fokussierung auf verwandte Krankheitsbilder der unteren Extremitäten aufgezeigt. Darüber hinaus werden Studien zur Epidemiologie beschrieben, Ursachen und Komplikationen der einzelnen Sybtypen diskutiert sowie symptomatische Beschwerden des jeweiligen Stadiums der Erkrankung aufgelistet. Abschließend werden neben konservativen Methoden, wie der Kompressionstherapie und der Therapie mit Phytopharmaka, auch operative Möglichkeiten angeführt. Interressant ist dabei die Frage, welchen wirksamen Effekt man mit Phytopharmaka bei der Behandlung von venösen und lymphatischen Erkrankungen erzielen kann.

(10)

2 Anatomie und Physiologie der Gefäße

Die Mikrozirkulationgefäße des Blutkreislaufs umfassen alle Blutgefäße mit einem Durchmesser

> 250 µm, das interstitielle Gewebe sowie die kleinsten Gefäße des Lymphsystems, die für den Abtransport der Lymphe in das venöse Blutsystem entscheidend sind. Zu den Mikro- zirkulationsgefäßen gehören die Arteriolen, Metarteriolen, Kapillaren, postkapilläre Venolen, Sammelvenolen und kleine Venen (siehe Abbildung 1). Zusammen bilden sie die terminale Strombahn, in der die Mikrozirkulation, d.h. der Stoff- und Flüssigkeitsaustausch zwischen Blut und Interstitium stattfindet. Dieser Austausch funktioniert dabei in beide Richtungen über Filtrations- und Diffusionsvorgänge. Hierbei sorgt die Filtration von Flüssigkeiten in den arteriellen Gefäßen und die darauffolgenede Reabsorption in den venösen Gefäßen für eine Aufrechterhaltung des Fließgleichgewichtes im Körper. Weiters stellen die Blutgefäße für den Menschen einer der wichtigsten Transportwege im Körper dar. Mit dem Herzen gemeinsam bilden sie das Herz-Kreislauf-System (kardiovaskuläres System) und sind für die Versorgung der Zellen im Körper mit Sauerstoff und Nährstoffen zuständig. Zugleich werden natürlich auch Stoffwechselendprodukte, wie Kohlenstoffdioxid oder harnpflichtige Substanzen, vom Herz- Kreislauf-System wieder abtransportiert. Dieser Blutkreislauf lässt sich dabei in 2 Abschnitte unterteilen, in den Körperkreislauf und in den Lungenkreislauf [9,10].

Abbildung 1: Schematische Darstellung der terminalen Strombahn [11]

(11)

Körperkreislauf (großer Kreislauf)

Hier wird das Blut vom linken Herzen in die Aorta (Körperschlagader) gepresst. Diese verzweigt sich zu großen Arterien, die vom Herzen weg das arterielle, sauerstoffreiche Blut in die kleineren Arteriolen und schließlich in die haardünnen Gefäße, den Kapillaren, befördern.

Zwischen den Kapillaren und dem Gewebe findet ein Austausch von Sauerstoff durch Kohlendioxid statt, wodurch das arterielle Blut venös wird. Daneben verbinden die Kapillaren die Arterien mit den Venen. Die Venolen, die sich zu größeren Venen vereinigen, transportieren dann das venöse Blut in die obere und untere Hohlvene (Vena cava superior und inferior). Diese führt das Blut zum rechten Herzen zurück und der Lungenkreislauf beginnt (siehe Abbildung 2).

Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf)

Der Lungenkreislauf ist dem Körperkreislauf vom Aufbau her sehr ähnlich. Beginnend vom rechten Herzen strömt das Blut über die Lungenarterien in die kleinen Arteriolen, die dann in den Lungenkapillaren enden. Das Blut im Kapillarnetz der Lunge reichert sich mit Sauerstoff an und gibt zugleich Kohlendioxid ab, das ausgeatmet wird. Anschließend wird das Blut über die Lungenvenen zum linken Herzen zurücktransportiert und der Kreislauf

beginnt von vorne (siehe Abbildung 2) [10].

(12)

Abbildung 2: Aufbau des Kreislaufsystems, modifiziert nach [12]

Lungenkreislauf

linker Vorhof

linker Ventrikel Aorta

Kapillargebiet der unteren Körperhälfte rechte Ventrikel

rechter Vorhof Kapillargebiet der Lunge

Kapillargebiet der oberen Körperhälfte

Obere Hohlvene (Vena cava superior)

Untere Hohlvene (Vena cava inferior) Lungenvene

(Vena pulmonalis) Lungenarterie (Arteria pulmonalis)

(13)

Desweiteren gliedert man den Blutkreislauf des Menschen physiologisch nach funktionellen Merkmalen in ein Hochdrucksystem und in ein Niederdrucksystem. Das Hochdrucksystem umfasst die Arterien und Arteriolen des Körperkreislaufs sowie den linken Ventrikel während der Systole. Als Druckspeicher versorgt es dabei ständig die Organe mit Blut hohen Drucks. Das arterielle System enthält neben dem Niederdrucksystem nur 15 % des Blutvolumens, der mittlere Blutdruck liegt dabei zwischen 60 und 100 mmHg. Zum Niederdrucksystem gehören die Kapillaren, alle venösen Gefäße des Körpers, das rechte Herz, die Lungengefäße, der linke Vorhof und der linke Ventrikel während der Diastole. Besonders hervorzuheben ist der rechte

Vorhof, der für die Regulation des zentralen Venendrucks verantwortlich ist.

Das Niederdrucksystem, das die Funktion eines Blutvolumenspeichers erfüllt, enthält 85 % des Blutvolumens, von denen ca. 65 % in den Venen des Körperkreislaufs fließen (siehe Abbildung 3). Aufgrund dieses Blutreservoirs werden die Venen auch als Kapazitätsgefäße des Körpers bezeichnet. Da Venen sehr elastisch sind, kann sich ihre Wand bereits bei minimalen Druckerhöhungen stark ausweiten. Dies führt in den Kapazitätsgefäßen zu einer Zunahme des Blutvolumens (Depotfunktion). Aus diesen Depots werden dann bei Kreislaufveränderungen unterschiedlich große Blutvolumina bereitgestellt. Der mittlere Blutdruck liegt hier zwischen 5 - 20 mmHg [9,11].

Abbildung 3: Verteilung des Blutvolumens im Körper, modifiziert nach [10]

Körperkreislauf Lungenkreislauf

Kapillaren 5 %

Arterien und Arteriolen 10 % Venolen

und Venen 65 %

Herz 8 % Lunge 12 %

(14)

2.1 Blutgefäße des Körperkreislaufs

Es gibt Arterien und Venen im Körper des Menschen, wobei für das Lymphsystem das venöse System, auch Venensystem genannt, wichtig ist. Das Venensystem hat die Aufgabe das sauerstoffarme Blut aus den Kapillargebieten und der Körperperipherie zu sammeln und wieder zurück zum Herzen zu transportieren. Dabei befinden sich entlang aller Venen sogenannte Venenklappen, die das Blut nur in Richtung des Herzen fließen lassen und dadurch den Blutfluss im Körper aufrechterhalten. Verschlussstörungen, Verengungen (Stenosen) oder erschlaffende Venenklappen können zu Stauungen in den Hautvenen, den oberflächlichen Venen, führen.

Dadurch kommt es zur Entstehung von Krampfadern (Varizen) [10,13].

Venen und Venolen

Venen werden in 3 verschiedene Arten unterteilt:

Kleine Venen (Venolen, Durchmesser bis 1 mm)

Mittelgroße Venen (Durchmesser 1 - 10 mm)

Große Venen (Durchmesser > 10 mm)

Venolen haben den gleichen Wandaufbau wie die Kapillaren und sind somit auch zum Stoffaustausch zwischen Blut und umliegenden Gewebe befähigt. Ihr Durchmesser liegt am Anfang noch bei 15 - 500 µm. In den Venolen sammelt sich das Blut das durch die Kapillaren geflossen ist und strömt dann weiter in größere Venen, die das Blut wieder zum Herzen zurückleiten. Beim Übergang von Venolen in größere Venolen, die als Sammelvenolen bezeichnet werden, verändert sich der Wandaufbau zunehmend. Diese größeren Blutgefäße weisen schon einen dreischichtigen Wandaufbau auf (siehe Kapitel 2.2, Seite 13). In regelmäßigen Abständen findet man vor allem in kleinen und mittelgroßen Venen sowie in den Beinvenen auch Venenklappen, die das Blut zum Herzen zurücktransportieren. Venen weisen im direkten Vergleich zu den Arterien, die parallel neben ihnen verlaufen, in etwa den gleichen Durchmesser auf. Insgesamt gibt es jedoch wesentlich mehr Venen als Arterien im Körper des Menschen. Ihre Wand ist aber deutlich dünner als die der Arterien und deshalb können sie auch nur einer geringeren Druckbelastung standhalten [11,13–15].

(15)

Eingeteilt werden die Venen grundsätzlich in Arm- und Kopfvenen und in Bauch- und Beinvenen. Es gibt aber auch sogenannte Perforansvenen, die eine Verbindung zwischen dem oberflächlichen und tiefen Beinvenensystem herstellen. Die gesamten Venen münden schließlich alle in die Vena cava superior oder inferior (obere und untere Hohlvene, siehe Abbildung 4). Die obere Hohlvene sammelt dabei das Blut aus den Armen, Kopf und Hals sowie aus dem Brustbereich. Die untere Hohlvenen nimmt dagegen das Blut aus dem Bauch, den Beckenorganen und den Beinen auf.

Abbildung 4: Wichtige Venen in der Übersicht, modifiziert [10]

Vena brachiocephalica Vena cava superior (obere Hohlvene)

Vena iliaca inerna (innere Beckenvene) Vena iliaca communis (gemeinsame Beckenvene) Vena cava inferior

(untere Hohlvene)

Vena iliaca externa (äußere Beckenvene) Vena femoralis

(Oberschenkelvene) Vena poplitea (Kniekehlenvene) Vena jugularis externa

(äußere Drosselvene) Vena jugularis interna (innere Drosselvene) rechter Venenwinkel Vena subclavia (Schlüsselbeinvene)

Vena axillaris (Achselvene)

Vena brachialis (Armvene)

Vena portae (Pfortader)

Vena radialis (Speichenvene) Vena ulnaris (Ellenvene)

Venenstern Vena saphena magna (große Rosenvene) Vena saphena parva (kleine Rosenvene)

(16)

Aus den Händen und Armen fließt das Blut über jeweils 2 Ellen- und Speichenvenen (Vena ulnares und Vena radiales) in die Armvene, die Vena brachialis. Diese vereinigt sich mit der Achselvene (Vena axillaris) und mündet schließlich in die Schlüsselbeinvene (Vena subclavia; siehe Abbildung 4). Anschließend verbündet sich die Schlüsselbeinvene mit der inneren Drosselvene (Vena jugularis interna) und dem rechten Hauptlymphgang bzw. dem Milchbrustgang (Ductus thoracicus; siehe Abbildung 5) im linken bzw. rechten Venenwinkel und mündet dann in die obere Hohlvene. Dabei fließt venöses Blut aus dem Gehirn und dem Gesicht in der inneren Drosselvene zum Herzen zurück. Das venöse Blut aus der Kopfschwarte, der Haut des Hinterhauptes und dem Mundboden fließt in der äußeren Drosselvene (Vena jugularis externa) entweder in die Schlüsselbeinvene zurück oder es mündet in den Venenwinkel.

Abbildung 5: Wichtige Lymphbahnen und Lymphknotenstationen modifiziert nach [16]

In der Pfortader sammelt sich das Blut aus den Bauchorganen (Magen, Darm, Milz und Bauchspeicheldrüse) und fließt in die untere Hohlvene, nachdem es die Leber passiert hat. Auch das Blut aus den Beckenorganen, das sich in Venengeflechten (Venenplexus) sammelt, mündet in die untere Hohlvene (siehe Abbildung 4) [10].

zuführende periphere Lymphgefäße Leistenlymphknoten Lymphbahnen Cisterna chyli

Vena subclavia

Milz linker Venenwinkel und Ein- mündung des Ductus thoracicus

Vena jugularis interna

Thymus Achsellymphknoten

Ductus thoracicus

Darmlymphknoten

Knochenmark

Halslymphknoten rechter Venenwinkel mit Ductus thoracicus

(17)

Abbildung 6: Oberflächliche Venen der unteren Extremitäten [9]

Venensystem der unteren Extremitäten

Im Beinvenensystem unterscheidet man zwischen oberflächlichen und tiefen Venen sowie Perforansvenen, die für den Rücktransport des Blutes zum Herzen zuständig sind. Unterstützt werden sie weiters von den Venenklappen, die das Blut mithilfe der Wadenmuskelpumpe segmentweise nach oben transportieren und ein Zurückfließen verhindern. Bei Klappen- funktionsstörungen, die angeboren oder erworben sein können, kommt es zur Stauung des Blutes in den Beinvenen und dadurch zu einer Überdehnung der Gefäße. In weiterer Folge bilden sich Schwellungen bzw. Ödeme in den Beinen, die eine primäre Varikose (Krampfadern) verursachen können.

Das oberflächliche Venensystem (epi-, supra- und extrafasziales System)

Die oberflächlichen Venen, auch Hautvenen genannt, liegen als Flechtwerk direkt unter der Haut. Grundsätzlich sind sie sehr leicht zu erkennen, da sie in der Subkutis eine große Zahl an Anostomosen (Verbindungen) untereinander aufweisen, die bläulich durch die Haut schimmern. Über dieses Venensystem fließt nur ein geringer Anteil des venösen Blutes aus dem Bein zurück. Dabei leiten die oberflächlichen Venen das gesammelte Blut über die Perforansvenen aus der Haut und dem subkutanem Gewebe in das tiefe Venen- system. Die wichtigsten Sammelvenen sind hier die medial gelegene große Rosenvene

Vena epigastrica superficiales Vena pudendae externae Vena saphena accessoria

Vena saphena magna

Rete venosum dorsale pedis Vena cutanea anterior femoris Vena femoralis Hiatus saphenus Vena circumflexa ilium superficialis

Vena arcuata cruris posterior Vena saphena magna Vena femoro- poplitea

Vena saphena parva Vena poplitea

Arcus venosus dorsalis pedis

b) a)

(18)

(Vena saphena magna) und die dorsal gelegene kleine Rosenvene (Vena saphena parva, siehe Abbildung 6). Beide werden auch als Stammvenen bezeichnet, verlaufen aber nicht wie die tiefen Venen parallel zum arteriellem System. Die kleine Rosenvene, die am Fußrückenbogen beginnt, verläuft am Außenknöchel vorbei entlang der Rückseite des Unterschenkels und mündet schließlich in die Kniekehlenvene (Vena poplitea, siehe Abbildung 6b). Die große Rosenvene, die an der Beininnenseite entlang des Unter - und Oberschenkels verläuft, geht über den Venenstern (sternförmige Vereinigung oberflächlicher Venen), der am Hiatus saphenus liegt, bis zum Leistenband. Dort vereinigt sie sich dann mit der tiefen Oberschenkelvene (Vena femoralis communis, siehe Abbildung 6a). Die große Rosenvene bekommt weiters Zufluss aus dem Venennetz und dem Venenbogen des Fußrückens (Rete venosum dorsale pedis und Arcus venosus dorsalis pedis). Dabei wird die große und die kleine Rosenvene von dem Venenbogen miteinander verbunden. Ebenso gehören auch die Vena saphena accessoriae lateralis und medialis am Oberschenkel sowie auch die hinteren und vorderen Bogenvenen (Vena arcuata cruris posterior und anterior) am Unterschenkel zu den wichtigen Seitenästen der Vena saphena magna. Verbunden werden die Stammvene und die Seitenäste dabei durch die Perforansvenen (Vena perforantes bzw. communicantes) [10,15,17,18].

Das tiefe Venensystem (subfasziales oder Leitvenensystem)

Der Großteil des venösen Blutes im Bein fließt über das tiefe Venensystem, das sich in tieferen Gewebeschichten des Körpers befindet. Dabei wird das Blut in den tiefen Venen durch Kontraktion des Muskels herzwärts befördert. Zunächst sammelt sich das Blut in der Kniekehlenvene (Vena poplitea, siehe Abbildung 7b) und strömt dann weiter in die Hauptvene, die Oberschenkelvene (Vena femoralis). Dabei durchfließt das Blut den Oberschenkel bis zum Leistenband (Ligumentum inguinale) und gelangt schließlich in die äußere Beckenvene (Vena iliaca externa) und dann in die gemeinsame Beckenvene (Vena iliaca communis, siehe Abbildung 7a). Dazwischen bekommt die Vena femoralis weiteren Zufluss von der Vena saphena magna und der tiefen Oberschenkelvene (Vena profunda femoris). Generell sind die tiefen Beinvenen von Muskeln und Bindegewebe, den Faszien, umgeben und verlaufen parallel zum arteriellen System. Daneben gibt es noch eine Reihe paarig verlaufender Venen des Unterschenkels und des Unterarms. Dazu gehören die Knie-, Oberschenkel- und Oberarmvenen sowie Muskelvenen, die das Blut aus der Muskulatur in die großen Venen ableiten. Die einzigen

(19)

unpaarig verlaufenden tiefen Venen sind nur die Vena femoralis und die Vena poplitea, da sie beidseitig an der gleichnahmigen Arterie liegen [10,15,17,18].

Abbildung 7: Tiefe Venen der unteren Extremität,

a) Ansicht von ventral b) Ansicht von dorsal, modifiziert nach [19]

Perforansvenen (Vena perforantes, transfasziales Venensystem)

Die Perforansvenen verbinden das oberflächliche mit dem tiefen Venensystem. Dabei fließt das venöse Blut aus den oberflächlichen in die tiefen Venen durch Venenklappen und wird dann zum Herzen zurückbefördert. Bei einer Insuffizienz der Perforansvenen, besonders der Cockett- Venen, kommt es zum Umkehr des Blutflusses durch defekte Venenklappen und dadurch staut sich das Blut in den oberflächlichen Venen. Folglich werden diese überdehnt, da sie das Blut nicht mehr drainieren können, und es entstehen Krampfadern (primäre Varikosis). Werden diese Venenklappenschäden bzw. –defekte, die über mehrere Jahre vorliegen können, im

Vena saphena magna Vena saphena magna Vena iliaca externa

Vena poplitea Vena femoralis Vena profunda femoris Ligumentum inguinale

Vena saphena parva

Vena poplitea

Vena saphena parva Vena saphena parva

a) b)

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Bereich der Perforansvenen nicht behandelt, können sich in weiterer Folge Geschwüre (Ulcus cruris) bilden. Grundsätzlich unterscheidet man 3 Gruppen von Perforansvenen (siehe Abbildung 8):

Cockett-Venen

Diese setzen sich aus 3 Perforansvenen zusammen, die dorsal des medialen Knöchels, die große Rosenvene oder die hinteren Bogenvenen mit den tiefen Venen des Unterschenkels miteinander verbinden.

Boyd-Venen

Diese liegen unterhalb des Kniegelenks des Unterschenkels und verknüpfen die große Rosenvene mit den hinteren Bogenvenen.

Dodd-Venen

Sie vereinigen am Oberschenkel die große Rosenvene mit der Oberschenkelvene [17,18,20,21].

Abbildung 8: Wichtige Perforansvenen [19]

2.2 Aufbau und Funktion von Blut- und Lymphgefäßen

Alle Wandschichten von Blut- und Lymphgefäßen haben spezielle Funktionen. Während die Intima (innerste Schicht) insbesondere für den Stoff-, Flüssigkeits- und Gasaustausch durch die Wand der Gefäße zuständig ist, steuert die Media (mittlere Schicht) das Fließverhalten des Blutes durch den Körper. Die Adventitia (äußerste Schicht) hat hingegen die Aufgabe Blutgefäße mit ihrer Umgebung zu verbinden. Vor allem die Intima und die Adventitia von Venen, die beide keine Muskelschicht zur mechanischen Stabilität besitzen, können eine angeborene Bindegewebsschwäche sowie Klappenfunktionsstörungen aufweisen.

Boyd-Venen

Vena saphena magna

Vena arcuata cruris posterior

Vena tibiales posteriores Dodd-Venen

Cockett-Venen Vena femoralis Vena iliaca

externa

(21)

Dadurch kommt es leichter zu einer Dehnung der Gefäßwand und Krampfadern können schneller entstehen. Weiters kann es in der Intima auch zu Verletzungen des Venenendothels kommen. Dabei wird vermehrt Gewebsthromboplastin ausgeschüttet, was die Ausbildung eines Thrombus (Blutgerinnsel) zur Folge hat. In der Media können dysplastischen Veränderungen (Mediadysplasie) den Wandaufbau komplett verändern. Es kommt zur Zerstörung von elastischen Fasern, zum Abbau von Muskelzellen und zur Proliferation von Kollagenfasern.

Schließlich erweitern sich die Gefäße übermäßig, die Venenklappen werden insuffizient und es kommt zu Aussackungen der Venenwand, die als Varizen bzw. Krampfadern bezeichnet werden [19,22].

Allgemeiner Gefäßwandaufbau

Blut- und Lymphgefäße haben in ihrem Bau der einzelnen Schichten sehr viel gemeinsam, je nachdem welche Gefäßabschnitte man betrachtet. Ihre Gefäßwand weist folgende charakteristische Bestandteile auf, die in Abbildung 9 schematisch dargestellt sind.

Abbildung 9: Allgemeine Wandschichten von Gefäßen, modifiziert nach [23]

Endothelzellen

Membrana elasticainterna

glatte Muskelzellen

Membrana elasticaexterna Bindegewebe

Blutgefäße (Vasa vasorum) Stratum subendotheliale Tunica interna

Tunica media

Tunica externa

(22)

Intima (Tunica interna, Innenwand)

Die Intima stellt die innerste Schicht der Gefäßwand dar und besteht aus einschichtigen platten Epithelzellen, dem sogenannten Endothel. Dieses bildet zusammen mit der Basalmembran, auf der es aufsitzt, und der subendothelialen Schicht (Stratum subendotheliale), die aus lockerem Bindegewebe besteht, die Innenwand des Blutgefäßes (siehe Abbildung 9). In die sub- endotheliale Schicht können unter anderem auch glatte Muskelzellen und Abwehrzellen eingelagert sein. Daneben ist die Intima, unter Schubwirkung des vorbeiströmenden Blutes, noch für den Stoff-, Flüssigkeits- und Gasaustausch durch die Wand der Blutgefäße verantwortlich. Die Grenze zwischen Intima und Media wird bei Venen teilweise durch eine dicke kompakte Schicht elastischer Fasern (Membrana elastica interna) markiert [14,23].

Endothelzellen

Die flachen, polygonalen Endothelzellen haben an ihrer Oberfläche zumeist eine Glykokalyx (Kapsel) und werden in allen Blutgefäßen durch Zellkontakte (Tight junctions und Gap junctions) miteinander verbunden. Weiters besitzen sie entscheidende regulatorische Funktionen und spielen daher eine wichtige Rolle für die Funktion der Blutgefäße. Diese sind folgende:

 Bildung einer teilweise durchlässigen Barrierefunktion, die für einen geregelten Stoff- und Flüssigkeitsaustausch zwischen Blut und Gewebe sorgt. Bei einer Entzündung lösen sich die Zellkontakte und große Löcher entstehen, durch die besonders viel Flüssigkeit austritt, was sich als venöses Ödem ausprägt.

 Produktion und Absonderung von Substanzen, die Gefäße erweitern (z.B. Prostazyklin und Stickstoffmonoxid) und verengen (z.B. Endothelin-1), um den Gefäßtonus zu kontrollieren.

 Kontrolle der Fibrinolyse, Hämostase und Gefäßbreite [13,14,19].

(23)

Media (Tunica media, Mittelwand)

Diese mittlere Gefäßwandschicht besteht aus zirkulär verlaufenden, ringförmigen, glatten Muskelzellen (siehe Abbildung 9). Daneben können sie auch eine differierende Menge an elastischen Fasern sowie Kollagenfasern enthalten, je nach Gefäßart und -abschnitt. Die Media kann sogar einer Weitung der Blutgefäße entgegenwirken, die durch den Blutdruck hervorgerufen wird, und das Gefäßlumen durch die Spannung der glatten Muskeln verändern.

Allerdings ist die Media bei Venen weniger stark ausgebildet. Die Grenze zwischen Media und Adventitia wird hier von der Membrana elastica externa, einer festen Schicht aus elastischen Fasern, gebildet.

Adventitia (Tunica externa, Außenwand)

Die äußerste Gefäßwandschicht besitzt neben elastischen Fasern auch Kollagenfasern und wird als eine lockere Schicht von Bindegewebe angesehen (siehe Abbildung 9). Weiters stellt sie eine Verbindung zwischen den Blutgefäßen und dem umliegenden Gewebe her. Die dünnen Wände kleiner Blutgefäße werden durch Diffusion von Nährstoffen aus dem Gefäßlumen selbst versorgt, während die dicken Wände großer Gefäße durch zusätzliche Blutgefäße (Vasa vasorum) ausreichend versorgt werden. Vor allem in Regionen, wo eine Einwirkung äußerlicher Kräfte auftritt, z.B. eine Dehnung in die Länge, muss die Adventitia diesen Kräften entgegenwirken. Die Adventitia ist daher bei Venen oft besonders gut und stark ausgebildet [14,23].

Wandaufbau der Venen und der Lymphgefäße

Bei Venen ist der dreischichtige Wandaufbau weniger klar erkennbar als bei Arterien. Die Dicke der 3 Schichten variiert je nach Venengröße sehr stark. Einige Schichten sind mehr andere weniger stark ausgeprägt oder gar nicht vorhanden. Bei kleinen und mittelgroßen Venen setzt sich die innerste Schicht, die Intima, meist nur aus Endothelzellen und teilweise einer schmalen Schicht aus lockerem Bindegewebe (Stratum subendotheliale) zusammen (siehe Abbildung 10).

In der Media von Venen findet man schmale Muskelbündel, in die zahlreiche elastische Fasern und Kollagenfasern eingelagert sind. Die äußerste Schicht, die Adventitia, hingegen besitzt nur Kollagenfasern.

(24)

Bei den großen Venen sieht der Wandaufbau optisch etwas anders aus. Hier ist die Intima verhältnismäßig dick, die Media hingegen relativ dünn sowie reich an Bindegwebe und arm an glatten Muskelzellen. Die stärkste ausgebildtete Schicht stellt hier allerdings die Adventitia dar, die weiters auch noch längs verlaufende glatte Muskelzellen besitzt. Sie stützt die Gefäßwände und schützt sie vor Überdehnung.

Obwohl Venen wesentlich dünner sind, weisen sie dafür im Vergleich zu den Arterien eine 200- fach größere elastische Dehnbarkeit auf und können dadurch größere Blutvolumina aufnehmen (Speicherfunktion). Jedoch schließen bei zu starker Dehnung die Venenklappen nicht mehr richtig und dadurch kann das Blut nicht mehr nach oben befördert werden. Folglich können Besenreiservarizen, retikuläre Varizen sowie Beinschwellungen (venöses Ödem) auftreten.

Abbildung 10: Wandaufbau einer Vene [14]

Lymphgefäße weisen den gleichen Wandaufbau auf wie Venen, jedoch sind ihre Wände deutlich dünner und durchlässiger, sodass Lymphe (Gewebsflüssigkeit) sehr leicht hindurchtreten kann. Außerdem sind ihre einzelnen Schichten nicht klar getrennt in Intima, Media und Adventitia.

Die Lymphkapillaren, die kleinsten Gefäße des Lymphsystems, setzen sich wie die kleinen und mittelgroßen Venen auch aus einer Schicht flacher Endothelzellen zusammensetzen, besitzen meist aber keine Basalmembran. Dabei ist ihre Wand in hohem Maße durchlässig für Eiweißstoffe und korpuskuläre Strukturen. Diese können durch fehlende Zellkontakte (Zonulae

Endothel

Tunica externa Stratum subendotheliale

Venenklappe Membrana elastica interna

Tunica media

(25)

occludentes) zwischen den Zellen der Gefäßwand hindurchtreten und hin und wieder bilden sich auch Öffnungen und Spalten in den Wänden, wo die Teilchen nach außen strömen können.

Die großen Hauptlymphstämme haben eine große Ähnlichkeit mit den großen Venen. In ihrer Media findet man glatte, längsgerichtete Muskelzellen, die selten auch ringförmig verlaufen können. Daneben ist ihre äußerste Schicht, die Adventitia, nur sehr schwach ausgebildet. In den Wänden der Lymphgefäße sind unter anderem auch Blutgefäße (Vasa vasorum, siehe Abbildung 9) und ein dichtes Netzwerk aus Nervenfasern vorhanden, ähnlich wie bei Arterien und Venen [2,13,23,24].

Die Lymphgefäße können sich im Vergleich mit den Venen nicht überdehnen, sie geben überschüssige Lymphe einfach wieder an das Interstitium (Zellzwischenraum) ab. Daneben kann eine Insuffizienz oder eine Abflussstörung der Lymphgefäße auch dazu führen, dass die Lymphe nicht mehr richtig abtransportiert wird. Durch den Rückstau der Flüssigkeit sind Lymphödeme die Folge [2,11,18].

2.2.1 Aufgaben des venösen Systems

Das Venensystem ist durch folgende Funktionen gekennzeichnet:

Sammelfunktion für das Blut

Die obere und untere Hohlvene (Vena cava superior und inferior) sammeln das Blut aus den oberen bzw. unteren Extremitäten und leiten es zum Herzen zurück.

Speicherfunktion für das Blut

Die Venen besitzen ein großes Fassungsvermögen für das zirkulierende Blut. Dabei spielt ihre hohe Dehnbarkeit der Gefäßwand eine wichtige Rolle.

Den Bedürfnissen angepasster Rücktransport des Blutes zum rechten Herzen

Beim Rücktransport des Blutes sind einige Faktoren zu berücksichtigen. Ein dynamischer Druck, ein Ventilebenenmechanismus, eine Atempumpe sowie eine Muskelpumpe sind dafür entscheidend [18].

(26)

Venöser Rückstrom

Das venöse System hat die Aufgabe, das Blut zum rechten Herzvorhof zurückzutransportiern.

Dabei können vor allem die Beinvenen mit ihren dünnen, muskelschwachen Wänden dem hydrostatischen Druck im Stehen nicht standhalten. Schließlich dehnen sich die Venen zu stark aus und der aufwärtsströmende Blutfluss kommt zum Erliegen. Deshalb wird das Venensystem von unterschiedlichen Mechanismen beim venösen Rückstrom unterstützt [16].

Venenklappen

Besonders in den unteren Extremitäten weisen die innere Gefäßschicht der Venen halbmondförmige Intimafalten bzw. –duplikaturen auf (siehe Abbildung 11). Solche Aus- stülpungen ragen ins Gefäßlumen und werden als

Venenklappen oder Taschenklappen bezeichnet, die eine Art Ventil aus zwei oder drei gegenüberliegenden Endothelausstülpungen bilden. Dabei funktionieren sie sehr ähnlich wie ein Rückschlagventil, sie öffnen sich wenn Blut zum Herzen fließt und schließen sich, wenn das Blut vom Herzen wegströmt. Dadurch wird ein Rückfluss des venösen Blutes in die Venen der Peripherie verhindert [11,13,15].

Abbildung 11: Venenklappen mit halbmondförmigen Intimafalten, modifiziert nach [23]

Wadenmuskelpumpe

Unterstützt werden die Venenklappen weiters noch von der Skelettmuskulatur, die auch für das Zurückfließen des Blutes zum Herzen sorgen. In Abbildung 12 ist der Einfluß der Muskelpumpe auf die Venen dargestellt. Durch Kontraktion der anliegenden Muskeln werden die Venen komprimiert (siehe Abbildung 12b) und das darin enthaltene Blut durch die geöffnete Venenklappe von Segment zu Segment zum Herzen transportiert (siehe Abbildung 12a).

(27)

Abbildung 12: Funktion der Venenklappen und Wadenmuskulatur mit komprimierten Venen, modifiziert nach [15,20]

So werden z.B. beim Gehen durch den ständigen Wechsel von Kontraktion und Entspannung die Beinvenen effektiv entleert. Bei fehlender Muskelkontraktion oder durch Verschluss der Venen wird der venöse Reflux verhindert und die Beine schwellen an. Zur gleichen Zeit verhindert die untere Klappe den Rücklfluss des Blutes (siehe Abbildung 12a). Sobald sich die Muskulatur wieder entspannt, kann das Blut von unten in die wieder geöffnete Venenklappe durchfließen (siehe Abbildung 12c).

In Abbildung 13a sieht man erweiterte Venen, deren Klappen insuffizient sind und nicht mehr vollständig schließen. Somit kann das Blut in die Körperperipherie zurückfließen.

Die Folge einer solchen Klappeninsuffizienz ist, dass sich die Venen deutlich erweitern und beginnen zu schlängeln. Dadurch entstehen Krampfadern (Varikosis, siehe Abbildung 13b), die daraufhin eine andauernde venöse Hypertonie verursachen und Mikrozirkulationsstörungen hervorrufen [10–12,18].

Muskel angespannt

Klappe geöffnet

a)

Klappe geschlossen

Klappe geöffnet

Muskel entspannt Klappe geschlossen

b) a) c)

(28)

Abbildung 13: a) Erweiterte Venen mit Klappeninsuffizienz; b) Schwere Varikose, modifiziert nach [15]

Ventilebenenmechanismus

Dieser Mechanismus unterstützt auch den Rücktransport des venösen Blutes zum Herzen. Die Ventilebene bzw. Klappenebene des Herzens wird bei jeder Kontraktion in Richtung Herzspitze am Zwerchfell verschoben. Dabei wird im Herzen ein Sog erzeugt, der venöses Blut aus den herznahen Venen in die Vorhöfe saugt (siehe Abbildung 2, Seite 4). In der anschließenden Diastole erschlafft das Herz, die Ventilebene wandert wieder nach oben, in die Aus- gangsposition, und das Blut fließt in den erschlafften Ventrikel. Im Anschluss darauf öffnet sich die Atrioventrikularklappe, das sauerstoffarme Blut gelangt über die Pulmonalarterie in die Lunge, wo es durch den Austausch von CO2 mit O2 arteriell wird, und wird danach über die Pulmonalvene in den großen Kreislauf befördert.

Atmungspumpe

Mit jeder Inspiration saugt der abnehmende intrathorakale Druck, der sich auf die großen Venen überträgt, Blut aus der Peripherie in die herznahen Venen (z.B. Vena cava superior).

Durch Senkung des Zwerchfells steigt der intraabdominale Druck und zugleich wird Blut in die Venen des Thorax gepresst, wodurch der Druck–Saugpumpeneffekt der Inspiration

entsteht [12].

a)

Klappeninsuffizienz Schwere Varikose mit

geschlängelten und erweiterten Venen

b) verminderte

Wandspannung

(29)

3 Anatomie und Physiologie der Lymphgefäße

Das lymphatische System besteht aus den lymphatischen Organen und dem Lymphgefäßsystem, das neben dem Blutkreislauf ein eigenes Transportsystem ist. Beim Lymphgefäßsystem handelt es sich aber nicht um einen Kreislauf, sondern um Lymphgefäße, die blind in der Peripherie beginnen und irgendwann in Venen übergehen. Daneben unter- scheidet man zwischen primären lymphatischen Organen, wie Knochenmark und Thymus, und sekundär lymphatischen Organen, zu denen die Milz, das Mukosa-assoziierte lymphatische Gewebe, auch MALT genannt und die Lymphknoten zählen. (siehe Abbildung 5, Seite 8).

Aufgaben des lymphatischen Systems

Das Lymphgefäßsystem zeichnet sich durch folgende Hauptfunktionen aus:

Drainage des Interstitiums über die Lymphe (Gewebsflüssigkeit)

Es nimmt einen kleinen Anteil an Lymphe, das aus den Blutkapillaren in das Interstitium austritt, auf und führt es dem venösen Blutkreislauf wieder zu.

Transport bestimmter Fette aus dem Darm ins Blut

Immunabwehr von Krankheitserregern

Lymphe (Gewebsflüssigkeit, Lymphwasser)

Sie ist eine klare, durchsichtige Gewebsflüssigkeit, die in ihrer Zusammensetzung dem Blutplasma sehr ähnlich ist. Die Lymphe wird im Interstitium (Zellzwischenraum) durch Filtration aus den Blutkapillaren gebildet und enthält neben Wasser und Elektrolyten unterschiedlich viele Plasmaproteine. Nach dem Passieren der Lymphknoten beinhaltet die Lymphe auch noch Lymphozyten, monozytäre Zellen sowie Immunglobuline. Daneben kann kann sie auch Fette, wie z.B. Chylomikronen, aus dem Dünndarmbereich aufnehmen, wodurch sich die Lymphe milchig färbt.

Die Reinigung der Lymphe über Lymphfilterstationen wird in Abbildung 14 genau dargestellt. In Lymphgefäßen sind mehrere Lymphknoten, die von Fettgewebe umgeben sind, als Gruppen oder als Knotenketten eingeschaltet. In jeder Körperregion unterscheidet man regionäre Lymphknoten (Nodi lymphatici regionales) und Sammellymphknoten (siehe Abbildung 14).

Regionäre Lymphknoten sind die ersten Filterstationen für ein Organ, während Sammellymphknoten als nachfolgende Stationen die gefilterte Lymphe von unterschiedlichen

(30)

regionären Lymphknoten erhalten. Nachdem die Lymphe durch die Lymphknoten geflossen ist, sammelt sich diese in großen Lymphgefäßen, den sogenannten Transportgefäßen. Diese vereinigen sich zu großen Lymphstämmen (Trunci) und leiten die Lymphe in das venöse Gefäßsystem.

Abbildung 14: Darstellung der Lymphfiltration, modifiziert nach [13]

Im Körper des Menschen werden so täglich in etwa 20 Liter Flüssigkeit von den Blutkapillaren in das Interstitium filtriert, davon werden rund 18 Liter wieder vom venösen Teil aufgenommen.

Die restlichen 2 Liter, die im Interstitium verbleiben, stellen die Lymphe dar.

Vena jugularis interna

Transport- gefäß Truncus

Cisterna chyli Ductus thoracicus linker Venenwinkel

Antigene

Sammelgefäß Lymphkapillare

Transportgefäß

Regionärer Lymphknoten Transportgefäß Sammellymphknoten Vena cava inferior

Blutkapillaren

Bindegwebe

Haut Vena cava superior Vena subclavia

abführendes Lymphgefäß (Vas efferens)

zuführendes Lymphgefäß (Vas afferens)

(31)

24 A: Dilatiertes Lymphgefäß mit Klappen-

insuffizienz und Reflux B: Normale Funktion

C: Anordnung der Muskulatur 1: Klappensegment (Lymphangion) 2: Kontrahiertes Segment (Entleerung) 3: Erschlafftes Segment (Füllungsphase)

Abbildung 15: Bau und Funktion der Klappensegmente, modifiziert nach [17]

3.1 Lymphgefäßarten

Lymphkapillaren (Vasa lymphocapillaria)

Das Lymphgefäßsystem fängt in der Peripherie mit den Lymphkapillaren an, die im gesamten Gewebe als netzförmige Struktur blind beginnen (Rete lymphocapillare). Dieser netzartige Verband mündet schließlich in die Präkollektoren (Vasa lymphatica fibrotypica) ein mit einem Durchmesser von 100 µm. Lymphkapillaren, die einen Durchmesser bis zu 50 - 70 µm haben, ähneln den Blutkapillaren vom Aufbau her sehr stark, besitzen jedoch keine Gefäßklappen. Sie können die Lymphe aus dem Interstitium aufnehmen und fließen dann zu größeren dünnwandigen Lymphgefäßen (Sammelgefäßen, auch Lymphkollektoren genannt) zusammen, die Anastomosen (Verbindungen) untereinander bilden. Daneben wird weiters ein großer Teil der Lymphe von den Lymphknoten aufgenommen und in die venöse Blutbahn geleitet.

Lymphgefäße (Vasa lymphatica)

Die Lymphgefäße bzw. Transportgefäße, die parallel zum venösen System verlaufen, bilden ein weiteres Abflusssystem, mit dem sie die Lymphe wieder in den Blutstrom zurückleiten können.

Ihr Durchmesser ist im Vergleich zu den Venen etwas größer (150 - 600 µm), dafür sind vom Wandaufbau her den dünnwandigen Venen gleichgestellt und besitzen auch zahlreiche Gefäßklappen, die der Bauweise der Venenklappen entsprechen. In Abbildung 15 werden Lymphgefäßklappen und ihre Funktionsweise genau dargestellt. Diese Lymphgefäßklappen stellen Endothelduplikaturen dar und erlauben der Lymphe nur in eine Richtung zu fließen.

Neben den Präkollektoren besitzen auch die Kollektoren (Lymphsammelgefäße) und die größeren Lymphstämme (Trunci) vorwiegend 2

A

A B C

1

A

3

A

(32)

paarige Taschenklappen und an bestimmten Stellen, wie in der Lunge oder dem Mesenterium, auch Trichterklappen. Außerdem enthalten die Kollektoren Lymphangiome (Klappensegmente, siehe Abbildung 15C), die aus einem Lymphgefäßabschnitt mit dicker Wand zwischen 2 Klappen bestehen. Die Lymphe kann dann sowohl aktiv durch Wandkontraktion der Lymphgefäße oder passiv durch benachbarte arterielle Pulsation bzw. Muskelkontraktion transportiert werden.

Der Lymphstrom ist jedoch deutlch langsamer als der vom Herzen angetriebene Blutfluss.

Außerdem besitzt jeder Mensch eine Reihe an Lymphgefäßklappen in den unterschiedlichsten Körperregionen. In den oberflächlichen Kollektoren der Arme gibt es 60 - 80 Klappen und in den Kollektoren der Beine, den tiefen Lymphgefäßen, 80 - 100 Klappen.

Bei einer Insuffizienz der Lymphgefäßklappen, die funktioneller oder organischer Herkunft sein kann, wird der Lymphstrom in den unteren Extremitäten nicht mehr richtig abtransportiert.

Aufgrund der Fehlbildung (Dysplasie) von Lymphgefäßen kommt es zu einem gesteigerten Reflux (Rückfluss) und in weiterer Folge zur Entstehung eines primären Lymphödems [2,10,13,14,23,25–28].

Hauptlymphstämme (Trunci lymphatici)

Der größte Lymphstamm ist der Ductus thoracicus, der Milchbrustgang, der bei beiden Geschlechtern vorhanden ist und unter dem Zwerchfell neben der Aorta aus der Cisterna chyli, einer sackförmigen Erweiterung der Lymphgefäße, hervorgeht (siehe Abbildung 16). In diesem Milchbrustgang fließt die Lymphe aus der unteren Körperhälfte und der linken oberen Köperpartie. Weiters bekommt der Ductus thoracicus Zufluss von:

Truncus lumbaris dexter und sinister (rechter und linker Hauptlymphgang)

Trunci intestinales

(33)

Abbildung 16: Lymphgefäßsystem mit wichtigen Lymphknotengruppen, modifiziert nach [13]

Die Lymphe aus den Transportgefäßen der unteren Körperhälfte (Beine, Eingeweide des Beckens, Beckenwand, Teile der Bauchorgane und Bauchwand) wird über den Truncus lumbaris dexter und sinister gesammelt und zur Cisterna chyli geleitet. Die Lymphe aus den unpaarigen Bauchorganen sowie aus dem Darm fließt über die Trunci intestinales. Alle drei Trunci münden in den Ductus thoracicus ein (siehe Abbildung 16), der über den linken Venenwinkel in das venöse Gefäßssystem übergeht. Aus der linken Körperhälfte werden noch die Trunci bronchomediastinalis, subclavius und jugularis kurz vor der Einmündung in den Milchbrustgang aufgenommen. Die Trunci der rechten Körperhälfte fließen dagegen alle in den rechten Venenwinkel. Meistens wird ein Großteil der Lymphe durch den Ductus thoracicus wieder in die venösen Gefäße zurückgeleitet. In die linke Körperhälfte des Venensystem fließen in etwa drei Viertel und in die rechte Körperhälfte ein Viertel zurück [13,23] .

Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten

In den Beinen unterscheidet man zwischen oberflächlichen und tiefen Lymphgefäßen sowie Perforansgefäßen, die die Lymphe aus den verschiedensten Bereichen der unteren Ex- tremitäten aufnehmen, bevor diese dann über das venöse Gefäßsystem zurück zum Herzen transportiert wird. Für einen effektiven Abtransport der Lymphe aus den Beinen sorgen auch

Nodi lymphatici cervicales

Nodi lymphatici axillares

Truncus subclavius Truncus jugularis

Nodi lymphatici mediastinales

Nodi lymphatici intestinales

Nodi lymphatici iliaci Nodi lymphatici inguinales

Truncus bronchomediastinalis

Truncus intestinalis Truncus lumbaris Cisterna chyli

Ductus thoracicus

(34)

die Gefäßklappen, die die Lymphe durch Wand- bzw. Muskelkontraktion in den Lymphgefäßen segmentweise nach oben zu den Venen leiten. Jedoch kann bei einer funktionellen oder organischen Klappeninsuffizienz, bei der die Klappen nicht richtig funktionieren, durch den Reflux ein primäres Lymphödem entstehen.

Oberflächliches Lymphgefäßsystem (subkutanes, epifasziales System)

Die größeren Lymphgefäße bzw. Lymphkollektoren verlaufen meist parallel mit den großen oberflächlichen Venen (Vena saphena magna und parva) und den tiefen Venen (Vena poplitea und Vena femoralis) und sind in der Leiste und im Kniekehlenbereich durch Perforansgefäße miteinander verknüpft. Generell unterscheidet man verschiedene breite Bündel unter der Venenschicht:

Ventromediales epifasziales Lymphkollektorenbündel:

Die 8 - 13 Kolllektoren des Lymphbündels begleiten die große Rosenvene (Vena saphena magna) vom Fußrücken bis zu den oberflächlichen Lymphknoten in der Leistenregion, den Nodi lymphoidei inguinales superficiales, (siehe Abbildung 17a). Es stellt den Hauptabflussweg in den unteren Extremitäten dar und drainiert dort die Lymphe aus der Kutis und Subkutis des Unter- schenkels.

Abbildung 17: Oberflächliche Lymphgefäße der unteren Extremität, modifiziert nach [19]

Vena saphena magna ventromediales

Lymphbündel Nodi inguinales superficiales

a)

dorsolaterales Lymphbündel Vena saphena

parva Nodi poplitei superficiales

b)

(35)

Zu den oberflächlichen Leistenlymphknoten zählen unter anderem die Nodi lymphoidei inguinales superolaterales, supero-mediales und inferiores (siehe Abbildung 18). Sie sammeln die Lymphe aus den oberflächlichen Schichten des Beines, nicht aber aus der Wade und des lateralen Fußrückens, und leiten die Lymphe weiter zu den Nodi lymphoidei inguinales profundi, den tiefen Leistenlymphknoten. Außerdem erweisen sich die Lymph- kollektorenbündel des Beines, die aus glatter Muskulatur und Gefäßklappen bestehen, vor allem beim Abfließen der Lymphe gegen den hydrostatischen Druck im Stehen als sehr hilfreiches Antriebssystem.

Abbildung 18: Tiefe Lymphknoten der Leistenregion, modifiziert nach [19]

Dorsolaterales epifasziales Lymphkollektorenbündel:

Die 1 - 3 Kollektoren des Lymphbündels begleiten die kleine Rosenvene (Vena saphena parva) zum oberflächlichen Lymphknoten in der Kniekehle, dem Nodi poplitei superficiales (siehe Abbildung 17b). Im Vergleich zum ventromedialen Bündel drainieren sie nur einen kleinen Hautanteil am lateralen Fußrand, an der Ferse und Wade. Die Lymphe fließt dann weiter zu den tiefen Kniekehllymphknoten, den Nodi lymphoidei poplitei profundi, die an der Vena poplitea (Kniekehlenvene) liegen.

Nodi inguinales superolaterales Ligumentum inguinale

Vena saphena magna Nodi superomediales

Nodi inguinales profundi Nodi inferiores

Rosenmüller- Lymphnoten

(36)

A: Normale Zirkulation

B: Zirkulationsumkehr in dilatierten Anastomosenästen mit Klappeninsuffizienz

a,b: Lymphteritorrien c: gestautes Territorium

1: Kollektoren mit suffizienten Klappen

2: Zuführender Anastomosenast vom Territorium a 3: Abführender Anastomosenast vom Territorium b 4: Dilatierter Kollektor mit insuffizienten Klappen 5: Retrograder Fluss in dilatierten Anastomosenästen mit insuffizienten Klappen

Abbildung 19: Funktion der Anastomosenäste[2]

Tiefes Lymphgefäßsystem (subfasziales System)

Die tiefen Lymphgefäße verlaufen parallel zu den Arterien und den Begleitvenen und leiten die Lymphe aus den Extremitäten, der Rumpfwand, der Muskulatur, Nerven, Gelenken und Knochen durch die Nodi lymphoidei poplitei profundi, den tiefen Kniekehllymphknoten, zu den Nodi lymphoidei inguinales profundi, den tiefen Leistenlymphknoten (siehe Abbildung 18). Die tiefen Leistenlymphknoten bekommen weiters direkten Zufluss aus den tiefen Kniekehlenlymphknoten und den tiefen Schichten des Oberschenkels. Von dort fließt die Lymphe weiter über den sogenannten Rosenmüller-Lymphknoten im Leistenkanal nach oben hin zu den Beckenlymphknoten (Nodi lymphoidei externi und communes) und münden schließlich in die lumbalen Lendenlymphknoten, den Nodi lymphoidei lumbales.

Lymphatische Perforansgefäße

Diese lymphvaskulären Anastomosen, die vom Wandaufbau und der Größe den Lymphkollektoren ähneln, verbinden das oberflächliche mit dem tiefen Lymphgefäßsystem.

Aufgrund ihrer Mündungsklappen (Schleusenklappen, die sich beim Übergang von kleinen in große Lymphgefäße befinden) verlaufen die Perforansgefäße zwar schräg, aber dafür durchgehend (siehe Abbildung 19) und entlasten so die gestauten Gebiete der Beine. Jedoch kommt es bei einer Klappeninsuffizienz, die eine Verschlussstörung der Gefäßklappen aufweist, durch die vermehrte Ansammlung von Lymphe in den Beinen zu einem Lymphödem. Im Gegensatz zu den venösen Perforansvenen leiten die Perforansgefäße die Lymphe aus dem tiefen in das oberfälchliche System der Lymphkollektoren. Der Vorteil dabei ist, dass durch die manuelle Lymphdrainage der oberflächliche Lymphfluss angeregt werden kann und dadurch auch tiefer gelegene Lymphgefäße besser entleert werden können [2,19,27].

(37)

Lymphknoten (Nodus lymphaticus)

Die Lymphknoten, die in Lymphgefäße eingebaut sind, stellen immunologische Kontroll- bzw.

Filterstationen für die durchströmende Lymphe dar. Die dem Blutplasma ähnliche Flüssigkeit, die weiters noch Elektrolyte und Stoffwecheselprodukte, wie z.B. Zelltrümmer oder Krankheitserreger enthalten kann, wird durch Lymphknoten gereinigt. In der Regel besitzt jeder Mensch zwischen 300 und 700 Lymphknoten im Körper, die vor allem im Bereich des Beckens, Bauch, Brust und im Hals liegen (siehe Abbildung 16, Seite 25). Die Lymphknoten weisen dabei eine sehr unterschiedliche Form und Größe auf. Neben einem runden, ovalen, spindel- oder nierenförmigen Körperbau (siehe Abbildung 20) schwankt ihre Größe in Abhängigkeit vom Alter, Konstitution und der körperlichen Belastung zwischen 0,2 und 3 cm. Besonders bei Entzündungen oder pathologischen Veränderungen können die Lymphknoten um mehrere Zentimeter anschwellen.

Abbildung 20: Schematische Darstellung eines Lymphknotens [2]

Lymphknoten werden von einer Kapsel aus Bindegewebe umschlossen, in die bindegewebige Trabekel nach innen ziehen und so den Knoten in Kompartimente unterteilen. Im Inneren des Lymphknotens ist lymphatisches Gewebe, das aus einem Netz von Retikulumzellen besteht.

Dazwischen findet man Lymphozyten, die in der Peripherie enger zusammen liegen und die Rinde des Lymphknoten bilden (siehe Abbildung 20, kleiner Ausschnitt).

(38)

Der Lymphknoten ist von innen nach außen wie folgt aufgebaut:

Äußere Rinde (Cortex)

Diese besteht aus primären und sekundären Lymphfollikeln (B-Region), die hauptsächlich aus verdichteten B-Lymphozyten aufgebaut ist.

Innere Rinde (Parakortex)

Hier findet man zahlreiche T-Lymphozyten, die weniger dicht beieinander liegen (T- Region). Desweiteren besitzt der Parakortex hochendotheliale Venolen (HEV) mit isoprismatischen (kubisch geformten) Endothelzellen (siehe Abbildung 20). Die HEV ermöglichen den Lymphozyten im venösen Blut in die umliegende Bereiche durchzutreten.

Mark mit Marksträngen

Dieses in Stränge gezogene lymphatische Gewebe enthält B-Lymphozyten und Plasmazellen.

Bei den Lymphknoten unterscheidet man weiters einen zuführenden und abführenden Abschnitt (siehe Abbildung 20). Über mehrere zuführende Lymphgefäße (Vasa afferentia), die sich an der gewölbte Außenseite (konvex) befinden, gelangt die Lymphe in den Lymphknoten.

Sie durchströmt dabei ein verzweigtes Hohlraumsystem (Sinus), dass sich vom Randsinus über den Intermediärsinus bis zum Marksinus ausbreitet. Dabei kommt die Lymphe in engen Kontakt mit Abwehrzellen, die Antigene abfangen und gegebenfalls auch spezifisch abwehren können.

Die nun gereinigte Lymphe verlässt den Lymphknoten auf der eingebuchteten Innenseite (konkav), dem Hilus, über die ableitenden Lymphgefäße (Vasa efferentia) [2,10,16,28].

(39)

4 Erkrankungen der Venen

Chronische Venenerkrankungen, zu denen die Varikosis, die chronisch venöse Insuffizienz und das postthrombotische Syndrom zählen, sind weltweit verbreitete Krankheiten, die mit zunehmenden Alter vermehrt auftreten. Vor allem Frauen scheinen etwas häufiger als Männer an Gefäßerkrankungen der Beine zu leiden. Diese Aussage kann aber nicht für jede Studie getroffen werden. So konnte man in der Edinburgh Vein Study (1999), in der Bonner Venenstudie I (2003) und II (2010) sowie in einer Studie in Russland (2017) keinen wesentlichen Unterschied in der Prävalenz bei Frauen und Männern nachweisen [29–32]. In der San Diego Studie, die zwischen 1994 und 1996 stattfand, hat man festgestellt, dass Frauen eher an oberflächlichen Venenerkrankungen der Stadien C1 und C2 und Männer hingegen mehr an tieferen Venenfunktionsstörungen der Stadien C4 – C6 leiden [33]. Allerdings findet man auch eine Reihe an anderen Studien, wie die Studie in Italien (2003), Belgien und Luxemburg (2015), bei denen vermehrt Frauen chronische Venenerkrankungen aufweisen. Darüber hinaus kann ebenso die Schwangerschaft einer Frau ein erhöhtes Risiko für eine Gefäßerkrankung darstellen. Jedoch gibt es keine statistisch ausgewertete Verbindung zwischen Schwangerschaft und dem Auftreten venöser Erkrankungen [34,35]. Auch eine sehr lange stehende Tätigkeit im Beruf hat laut einiger Studien (Dänemark, Bratislava, Japan) eine prädisponierende Auswirkung auf die Entstehung von Venenerkrankungen [36–38]. Dabei kann sich die anfangs noch symptomlose und beschwerdefreie Erkrankung über Jahre unbehandelt zum Ulcus cruris (Geschwür) entwickeln, das zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen in der Gesundheit und in der Lebensqualität eines Menschen führt. Deshalb sollten zur Diagnostik chronischer Gefäßerkrankungen frühzeitig Untersuchungsmethoden, wie z.B. die farbcodierte Duplex- sonographie oder die Phlebographie durchgeführt werden, um eine optimale und individuelle Therapie gewährleisten zu können [1,39].

4.1 Krampfadern (Varizen)

Unter Varizen fasst man irreversible Erweiterungen bzw. Aussackungen der Venenewände mit vermehrter Füllung, Knotenbildung und Schlängelung der oberflächlichen Venen sowie Perforansvenen primärer und sekundärer Entstehung zusammen. Weiters leitet sich aus dem mittelhochdeutschen Wort „krump“ oder Krummader, das einen Hinweis auf den gekrümmten und geschlängelten Verlauf der befallenen Venen gibt, der Name Krampfader ab. Daneben können die Krampfadern in unterschiedlichster Form, angefangen bei kleinen, unschönen

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