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Lymphostatische Krankheitsbilder, wie das Lymphödem, können in jedem Lebensalter auftreten und werden abgesehen von den venösen Beinerkrankungen, heutzutage immer häufiger in den Praxen und Ambulanzen beobachtet und verstärkt diagnostiziert. Dabei geht aus einigen Studien, wie der Bonner Venenstudie (2003), der Studie in South West London (2003) und der Studie in Deutschland und Österreich (2006) hervor, dass eher mehr Frauen an Lymphödemen erkranken als Männer [29,66]. Desweiteren zeigte sich, dass Lymphödeme besonders in den unteren Extremitäten mit beidseitiger Ausprägung und weniger im axillären Bereich auftreten [67]. Außerdem entwickeln sich diese meist massiven Extremitätenschwellungen anfangs so schnell, das sie meist nur als Symptom und nicht als eine ausgeprägte Erkrankung der Lymphgefäße wahrgenommen werden. Da in den meisten Fällen schon kurz nach der Anamnese und nach Durchführung einer körperlichen Untersuchung die Diagnose Lymphödem gestellt werden kann, sind zusätzliche apparative bildgebende Verfahren oft nicht notwendig.

Allerdings muss die bestehende chronisch lymphostatische Erkrankung genau beobachtet werden, um so eine bestmögliche und individuelle Therapie gewährleisten zu können. Bei ungenügender oder keiner Behandlung kommt es jedoch zum Fortschreiten der Erkrankung, die weiters zur Gewebefibrosierungen, zu Infektionen der Haut (Erysipel) und zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität führt [63,68–70].

5.1 Lymphödem

Unter einem Lymphödem versteht man eine meist einseitige schmerzlose Schwellung, die durch eine vermehrte Ansammlung von Lymphflüssigkeit im Gewebe der Extremitäten verursacht wird. Daneben führen vor allem bestehende venöse Insuffizienzen des Lymphgefäßsystems oder das postthrombotische Syndrom vermehrt zu solchen Lymphanreicherungen. Diese sicht- und spürbaren Weichteilschwellungen, die sich unter der Haut entwickeln, werden vor allem durch einen eingeschränkten Lymphtransport mit darauffolgender Stauung hervorgerufen. Desweiteren unterscheidet man ein primäres und ein sekundäres Lymphödem, die vor allem an den Gliedmaßen aber auch im Gesicht, am Hals, Rumpf und an den Genitalien auftreten können [2,22].

Epidemiologie

Die Prävalenz des Lymphödems ist nicht genau bekannt, da es nicht meldepflichtig ist und auch keine eindeutigen epidemiologischen Daten bzw. Zahlen vorliegen. Weltweit schätzt man die Zahl der an Lymphödemen erkrankten Menschen auf ca. 140 – 250 Millionen. In der Bonner Venenstudie (2003) von Rabe und Pannier wurde neben den venösen Befunden zusätzlich bei den Probande_innen das charakteristische Stemmer-Zeichen (Unmöglichkeit der Faltenbildung im Bereich des zweiten Zehenrückens) zur Erkennung eines Lymphödems mituntersucht [29].

Dabei hatten 1,8 % der 3072 Proband_innen (1,5 % Männer und 2,0 % Frauen) ein Lymphödem im Stadium 2 oder 3 mit deutlich sichtbaren positiven Stemmer-Zeichen. Bei 14 % (davon 12,4

% Männer und 15,2 % Frauen) zeigte sich lediglich ein schwaches positives Stemmer-Zeichen, das ein Hinweis für ein beginnendes Lymphödem im Stadium 1 ist. Weiters kam bei der Anamnese heraus, dass bei jedem 6. Mann (16,2 %) und fast jeder 2. Frau (42,1 %) durchaus schon einmal eine Schwellung der Beine aufgetreten ist. Jede 2. Person (56,4 %) gab Beinbeschwerden an, wie z.B. Schwere-, Spannungs- und Schwellungsgefühle sowie Schmerzen nach längerem Stehen. Jedoch waren in dieser Studie Frauen etwas mehr betroffen als Männer.

Darüber hinaus war jeder 91. Mann (1,1 %) und jede 42. Frau (2,4 %) vor der Studie schon einmal von phlebologischen Vorerkrankungen an den Beinen betroffen [2,29].

Ätiologie

Das Lymphödem ist eine chronisch-entzündliche, lymphostatische Krankheit, die häufig durch eine mechanische Insuffizienz der Lymphgefäße, wie z.B. einer Insuffizienz der Lymph-gefäßklappen oder einer Insuffizienz anderer Lymphtransportmechanismen, verursacht wird.

Daneben können Lymphödeme primär, aufgrund einer Dysplasie von Lymphgefäßen und/oder Lymphknoten, oder sekundär, durch erworbene Erkrankungen, in Erscheinung treten. Meistens werden Lymphödeme durch genetische Disposition weitervererbt, sie können aber auch hin und wieder sporadisch vorkommen [2,71].

Primäres Lymphödem

Ein primäres Lymphödem, das auf einer angeborenen Fehlentwicklung des Lymphgefäßsystems beruht, weist einen verminderten Lymphtransport der unteren Extremitäten auf. Dadurch können die Lymphgefäßklappen die Lymphe in den Beinen nicht mehr abtransportieren und so kommt es durch den gesteigerten Reflux schließlich zu einer Klappeninsuffizienz, die funktioneller oder organischer Herkunft sein kann.

Organische Malformationen:

 Hypoplasie (Anzahl und Durchmesser der Lymphgefäße bzw. –kollektoren ist kleiner als normal)

 Hyperplasie bzw. Lymphangiektasie (krankhafte Erweiterung der Lymphgefäße, die Krampfadern ähneln)

 Lymphknotenfibrose (Verhärtung der Lymphknoten)

 Lymphangiome (Klappensegmente, die oft mit einem primären Lymphödem einhergehen)

 Aplasie (Fehlen von Lymphgefäßen bzw. lymphatischen Organen)

 Atresie/Verschluss des Brustmilchganges

 Lymphangitiden (Entzündung der Lymphgefäße)

 Lymphangiofibrosklerose

 Thrombosen

Funktionelle Störungen:

 Klappeninsuffizienz

 Wandinsuffizienz

 Lymphgefäßkrampf/Lymphangiospasmus

 Lymphangioparalyse (Lähmung der Lymphgefäße)

 Arrythmie der Lymphangiompulsation

Die funktionelle Klappeninsuffizienz wird als Folge einer starken Ausweitung der Lymphgefäße (Lymphangiektasie) verursacht. Dabei werden die Klappenringe sehr weit auseinandergezogen, sodass während der Kontraktion des Lymphangions die Lymphe nicht mehr zentralwärts, sondern nur noch in die Peripherie gepumpt wird (siehe Abbildung 15A, Seite 24). Die funktionelle Form kann einerseits durch eine Blockade des Lymphabflusses in der Körpermitte und anderseits durch die ständige Überbeanspruchung der Lymphgefäßklappen, die bei vermehrter Ansammlung von Lymphe in den Gefäßen entsteht, hervorgerufen werden.

Sind die Lymphgefäßklappen jedoch vernarbt, regungslos bzw. fest mit der Lymphgefäßwand verankert oder überhaupt nicht vorhanden, dann handelt es sich um eine organische Klappeninsuffizienz [2].

Grundsätzlich unterscheidet man 3 Arten eines primären Lymphödems. Beim angeborenen Lymphödem, dem Nonne-Milroy-Syndrom oder auch Lymphoedema congenitum (siehe Abbildung 41), das von Geburt an bzw. dem 1. Lebensjahr familiär bedingt vorhandensein kann, sind nur die Lymphkollektoren (Sammelgefäße) vorhanden, die kleinen Lymphkapillaren fehlen gänzlich. Dieses Lymphödem

kommt aber nur sehr selten vor.

Für gewöhnlich erscheinen erste Lymphödeme frühestens nach der Pubertät (Meige-Syndrom, siehe Abbildung 42) und treten dann vermehrt vor dem 35. Lebensjahr auf, wobei meistens nur eine Seite der

Abbildung 41: Lymphoedema congenitum, 3 Tage altes Kind mit positiven Stemmer-Zeichen, geschwollene

Fußrücken und vertieften Hautfalten, modifiziert nach [72]

Abbildung 42: Familiäres primäres Lymphödem bei einem 12-jährigen Mädchen (Meige-Syndrom), modifiziert nach [72]

Extremität betroffen ist. Diese Ödeme werden auch als Lymphoedema praecox bezeichnet, die bei Frauen öfters als bei Männern sichtbar sind. Daneben können sich bei Frauen während der Schwangerschaft sogar dauerhafte Lymphödeme bilden. Nach dem 35. Lebens- jahr treten hingegen nur mehr gelegentlich Ödme auf, die Lymphoedema tarda genannt werden und häufiger bei Männern anzutreffen sind.

Darüber hinaus begünstigen wesentliche Faktoren, wie z.B. Bagatelltraumen an den Fußgelenken (Verletzungen, Verstauchungen, Prellungen), bakterielle Infektionen, wie z.B. Erysipele (Wundrose), In- sektenstiche, operative Eingriffe, zyklisch-iodo-pathische Ödem-Syndrome sowie eine lange sitzende Tätigkeit, die Entstehung eines primären Lymphödems.

Manchmal kann man aber keine auslösenden Begleiterscheinungen finden und nachweisen [2,63,71,73].

Klassifikation des primären Lymphödems

Bei jedem Menschen kommt es im Laufe des Tages zu einer geringfügigen Zunahme an Gewebewasser, das zu Schwellungen in den unteren Extremitäten führt. Meist wird dies durch zu langes Stehen während der Arbeit, nach langem Sitzen ohne Bewegung (Flugreisen, Autofahren) oder durch extreme Hitze ausgelöst. In der Regel sind diese physiologischen Ödeme oft harmlos, da sie beim Gehen oder Laufen, bei Hochlagerung der Füße oder über Nacht wieder abklingen. Trotzdem werden sie sehr häufig diagnostiziert.

Grundsätzlich kann man primäre Lymphödeme sehr leicht am Körper des Menschen erkennen, da sie sich von den Zehen und den Fußrücken über die Knöchelregion ausbreiten und schließlich vom Unterschenkel zum Oberschenkel hin ansteigen. Primäre Lymphödem zeigen häufig eine einseitige Extremitätenschwellung, jedoch sind meist beide Extremitäten betroffen.

Damit man primäre Lymphödeme am Körper besser beurteilen kann, werden sie klinisch gesehen nach ihrem Schweregrad und der Ausbreitungsrichtung in 4 Stadien unterteilt (siehe Tabelle 13).

Abbildung 42: Lymphödem mit Kastenzehen, Zehen- und Fußrückenödem und eindellbarem

Stadium Symptome

0 (Latenzstadium) asymptomatisch

1 (reversibles Stadium) schmerzloses, teigig-weiches Ödem (mit dem Finger leicht eindrückbar), das bei Hochlagerung und überNacht verschwindet

Kastenzeichen: anders als beim venösen Ödem sind auch die Zehen ödematös quaderförmig geschwollen

tiefe quere Einschnürfurchen der Haut

positives Stemmer-Zeichen: Über den Zehen lässt sich keine Hautfalte anheben

2 (irreversibles Stadium) zunehmende Fibrosklerosierung der Haut (Ödem schwer eindrückbar)

persistierendes Ödem, das bis zum Oberschenkel reicht

warzenartige Auswüchse (Papillomatosis cutis carcinoides Gottron) 3 (Elephantiasis) ausgedehnte fibrosklerotische Veränderungen und

Fettgewebsproliferationen mit schwerer Deformierung des ganzen Beins und Infektionsneigung (Erysipel)

Tabelle 13: Klinische Stadieneinteilung des Lymphödems, modifiziert nach [57]

Erste Lymphödeme zeigen sich meist ab der Pubertät und gehen mit einer Schwellung sowie Spannungs- und Schweregefühlen in den Beinen einher. Die anfangs noch schmerzlosen und reversiblen Ödeme, die für gewöhnlich über Nacht vollständig abschwellen, können bei frühzeitiger Erkennung sehr gut behandelt werden. In diesem ersten klinisch ödemfreien

„Stadium 0 der Latenz“ ist das Lymphödem noch weich, eindrückbar und hinterlässt keine Dellen. Kommt das Ödem allerdings sehr häufig vor und verschwindet gar nicht mehr und hat bereits eine abnorme Größe eingenommen, so sollte nach einer zugrunde liegenden Erkrankung gesucht werden [2,52,57,73].

Im Stadium I, dem reversiblen Stadium des primären Lymphödems, kommt es zu einer Ansammlung von eiweißreicher Flüssigkeit im Gewebe, das sich bei ungenügender Behandlung fibrosklerotisch verändern kann. Sehr häufig

bildet sich das weiche eiweißreiche Ödem wieder durch Hochlagerung der Beine oder über Nacht vollständig zurück. Desweiteren sind die Zehen quaderförmig angeschwollen (Kastenzehen, siehe Abbildung 42) und über dem Grundgelenk der Zehen lässt sich keine Hautfalte anheben (positives Stemmer-Zeichen,

siehe Abbildung 43). Damit sich das Lymphödem wieder vollständig zurückbildet sollte rechtzeitig mit der komplexen physikalischen Entstauungstherapie (KPE) begonnen werden.

Abbildung 43: rechter gesunder Fuß: Hautfalte lässt sich abheben, linker Fuß: positives Stemmer-Zeichen, die dorsale Haut an der Basis der Grundphalanx der 2. Zehe ist nicht abhebbar, modifiziert nach [60]

Erfolgt jedoche keine Behandlung, kann sich in weiterer Folge ein mit Gewebsveränderung spontanes, irreversibles Stadium II entwickeln, bei dem sich das Ödem hart anfühlt und Dellen sich nur sehr schwer oder gar nicht eindrücken lassen. Daneben kann eine Hochlagerung der Beine die Schwellung nicht wesentlich beeinflussen. Dieses Lymphödem im Stadium II kann aber nur durch eine geeignete Therapie, wie z.B. mit der komplexe physikalische Entstauungstherapie, wieder langsam zurückgebildet werden. Jedoch ist dieser Zustand ohne angemessene Behandlung irreversibel.

Das Stadium III, die Elephantiasis, ist durch umfangreiche fibrosklerotische Veränderungen, Bindegewebsproliferationen, abnorme Verdickungen und Verhärtungen (Pachydermie) sowie lymphostatische Verhornungen an der Haut (Hyperkeratosen) gekennzeichnet. Zusätzlich kommt es durch die Bewegungseinschränkungen mit Spannungsgefühl unter Umständen zu extremen Deformierungen des ganzen Beins (siehe Abbildung 44a,b,c), das vermehrt zu Infektionen, wie dem Erysipel (Wundrose), neigt. Auch hier wird die komplexe physikalische Entstauungstherapie als Behandlungsmethode empfohlen [2,22,57,74].

Abbildung 44: a) und b) Elephantiastisches Beinlymphödem, c) Elephantiastische Zehen, d.h. maximales Stemmer-Zeichen, geschwollener Fußrücken und vertiefte Hautfalten, modifiziert nach [2]

Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe unterschiedlicher Ödeme, die mit begleitenden Krankheiten einhergehen und das Ödem erheblich verschlechtern. Sie sind in der Zusammensetzung der Gewebsflüssigkeit bzw. Ödemflüssigkeit oft sehr verschieden. So steht bei kardialen, renalen oder hepatischen Ödemen vor allem der hohe Gehalt an Wasser im Vordergrund, der das Ödem sehr weich macht. Beim Myxödem, das ziemlich fest ist und sich aufgrund einer schweren Schilddrüsenunterfunktion bildet, findet man hingegen viel gallertartige Substanz und Eiweiß. Daneben begünstigen wesentliche Faktoren die Zunahme der interstitiellen Flüssigkeit im Gewebe und somit eine Ödembildung. Diese sind folgende:

 erhöhter Druck in den Kapillaren (Lymphödem bei Nieren- oder Rechtsherzinsuffizienz oder bei venösen Abflussstörungen)

 Behinderung des Lymphabflusses (Lymphödem)

 erhöhte Permeabilität der Kapillaren für Proteine und andere Blutbestandteile (z.B. allergisches Ödem, idiopathisches Ödem, Lymphödem und Diabetes)

 veränderte Konzentration des Blutplasmas, z.B. bei Hypoalbuminämie

(erniedrigte Eiweißkonzentration, z.B. bei nephrotischem Syndrom infolge des Eiweißverlustes)

 akut gesteigerter Druck im zufließenden (arteriellen) Schenkel des Blutkreislaufs (selten) (z.B. nach Wiedereröffnung eines Gefäßverschlusses am Oberschenkel)

 krankhafte Fettsucht (Lymphödem und Adipositas)

 orthopädische Erkrankungen.

b) c)

a)

Außerdem können Ödeme ebenso durch ganz andere unterschiedliche Erkrankungen hervorgerufen werden. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente, wie z.B. orale Kontrazeptiva, Laxantien) können Lymphödeme an den Beinen auslösen. In Tabelle 14 sind die unterschiedlichsten Ödeme, die durch bestimmte Ursachen hervorgerufen werden, aufgelistet [52].

Tabelle 14: Verschiedenste Ödeme und ihre Ursachen, modifiziert nach [60]

Sekundäres Lymphödem

Das sekundäre Lymphödem, das in jedem Lebensalter auftreten kann, wird durch (primäre) Vorerkrankungen hervorgerufen. Dabei sind Männer und Frauen gleich häufig davon betroffen.

Besonders oft findet man erste Anzeichen für ein sekundäres Lymphödem an der Achsel oder der Leistengegend des Körpers. Das immer nur einseitig auftretende sekundäre Lymphödem breitet sich dann bis zu den Beinen aus, wobei Füße und Zehen nicht mehr betroffen sind (negatives Stemmer-Zeichen). Das anfänglich fehlende Stemmer-Zeichen bedeutet nicht, dass kein sekundäres Lymphödem vorliegt. Meist entwickelt es sich dann ungeachtet im Spätstadium. Außerdem beruht das sekundäre Lymphödem gleich wie das primäre Lymphödem auch auf einer mechanischen Insuffizienz des Lymphgefäßsystems. Allerdings wird diese Insuffizienz durch erworbene Erkrankungen der Lymphgefäße (Lymphangiopathie) bzw. durch Lymphknotenschwellungen (Lymphadenopathie) verursacht. In Tabelle 15 sind wesentliche Faktoren aufgelistet, die ein sekundäres Lymphödem begünstigen.

Systemische Ödeme

beide Unterschenkel, Rücken (z. B. bei Rechtsherzinsuffizienz) Gesicht, beide Beine

Unterschenkel einseitig oder beidseits (z. B. nach tiefer Beinvenen-thrombose)

einseitig (z.B. Arm nach Brustoperation, am Bein nach Verletzung) oder beide Beine (idiopathisch)

beide Beine

z.B. Gesichtsschwellung

z.B. bei Erysipel am Unterschenkel

z.B. nach Verletzung im Bereich einer Hand Mischformen

idiopathische Ödeme beide Beine

Tabelle 15: Mögliche Ursachen für sekundäre Lymphödeme der unteren Extremitäten, modifiziert nach [70]

Vor allem chronisch-obstruktive Lymphangitiden/Lymphonoditiden, die durch bakterielle Infektionen (Erysipele, siehe Abbildung 45a,b), Pilzinfektionen sowie durch Wurmerkrankungen (Filiarose) auftreten, verursachen ein sekundäres Lymphödem. Desweiteren können schwere immer wiederkehrende Erysipele (Wundrose) auch zu einer Elephantiasis nostras führen, einer abnormen Vergrößerung einer Extremität

(siehe Abbildung 44), die meist durch ein Lymphödem entsteht. Neben dieser großen Anzahl an gutartigen Lymphödemen gibt es jedoch

o postinfektiös (Filariose, rezidivierende Erysipele)

o postoperativ (z.B. nach Varizenoperationen, Lymphknotenexstirpationen in der Leiste, nach großen Weichteiltumorentfernungen, nach ausgedehnten Hautplastiken)

o nach Bestrahlung

o posttraumatisch (z.B. schwere Schnittverletzungen, Hautdébridement (Entfernung nekrotischen Gewebes), Nervenschädigungen, ausgedehnte Frakturen etc.

o artifizielle Manipulationen (Selbstverstümmelung)

o Maligne Geschwülste (gynäkologischer Tumor, Prostatakarzinom, Blasenkarzinom, Analkarzinom, Peniskarzinom, malignes Melanom, Sarkome jeder Art)

o begleitend bei chronischen Hautentzündungen (bakterielle Infektionen, Pilzinfektionen) o begleitend bei inneren Erkrankungen (rheumatischer Formenkreis, Schilddrüse, Diabetes

mellitus usw.) o Lymphknotenfibrose

o Spätstadium einer chronisch-venösen Insuffizienz o Lipödem

Nichtinvasive und invasive apparative Diagnostikverfahren zur Erkennung eines Lymphödems

Ein Lymphödem kann in vielen Fällen mit der Basisdiagnostik (Anamnese, Inspektion und Palpation) diagnostiziert werden. Deshalb wird bei einem Lymphödem zuerst eine Familienanamnese mittels medizinischen Befunden eingeholt. Außerdem sollten prädisponierende Faktoren wie vorangegangene Operationen an den Beinen, Bestrahlungen (Radiatio), Schwangerschaft, örtliche Prellungen, Bagatellverletzungen, Insektenstiche (Borreliose), Verstauchungen, Sportunfälle und lange sitzende und stehende Tätigkeiten berücksichtig werden. Darüber hinaus sollten Patient_innen unbedingt auch den Beginn der Schwellung, die Ausbreitungsrichtung des Ödems und die Einnahme bestimmter Medikamente bekanntgeben, da dies von sehr großer Bedeutung für die Behandlungsmethode ist. Vor allem Hormonpräparate, Sexualhormone (orale Kontrazeptiva), Kortison, Rheuma- und Schmerzmittel wie Indometacin und Diclofenac und Calciumionenantagonisten wie Nifedipin können die Entstehung eines Ödems fördern. Desweiteren kann die ständige Zufuhr von Abführmitteln, die zu einem Kaliumionenverlust im Körper führt, sowie eine salzreiche Ernährung ebenso vermehrte Wasseransammlungen hervorrufen. Darüber hinaus kann der Verzehr großer Mengen Lakritze, die Glyzyrrhizinsäure enthält, auch Ödeme verursachen. Dabei wirkt die Glyzyrrhizinsäure ähnlich wie das Aldosteron im menschlichen Körper, das den Salz- und Wasserhaushalt reguliert. Daneben können auch Diuretika, die eigentlich zur Behandlung von Ödemen eingesetzt werden, enorme Schwellungen an den Beinen verursachen. Vor allem nach Wirkungsverlust oder Absetzen eines Diuretikums kommt es infolge der Salz- und Wasserretention zu einer Gewichtszunahme sowie zur Ausbildung eines Ödems. Bei regelmäßiger Einnahme und steigender Dosierung können Diuretika jedoch dem lymphödematösen Gebiet bzw. Gewebe Wasser entziehen.

Anschließend wird eine körperliche Untersuchung durch Inspektion und Palpation des Fußes durchgeführt Dabei können vor allem stark ausgeprägte Schwellungen am Unterschenkel oder der Knöchelregion, die eine feste, konsistenzvermehrte Haut und Subcutis aufweisen, sehr oft mit einem Blick sofort als Ödem diagnostiziert werden. Auffallend für ein Lymphödem ist häufig eine säulenförmige bis tonnenförmige Vermehrung des Umfangs der Unterschenkel, ein stark geschwollener Fußrücken sowie das Stemmer-Zeichen, bei dem man die Haut oberhalb der Zehen nicht mehr abheben kann. Desweiteren kann ein Lymphödem durch langsames Wegdrücken der Ödemflüssigkeit mit der Daumenkuppe gegen die Schienbeinkante oder den Knöchel festgestellt werden. Jedoch ist dies für die Patient_innen äußerst schmerzhaft.

Außerdem kann nur ein weiches Lymphödem im Anfangsstadium weggedrückt werden, sobald es sich verhärtet hat, ist es nicht mehr möglich. Meist ist diese Vorgehensweise zur Feststellung eines Lymphödems aber nicht ausreichend und es kommen apparative Verfahren zum Einsatz. Zu den am häufigsten eingesetzten nichtinvasiven bild- gebenden Verfahren gehören die Lymphszintigraphie, die Computertomographie und die

Magnetresonanztomographie [2,22,52].

Visuelle Lymphangiographie (Dye-Test)

Früher wurden regelmäßig Farbstofftests mit Patentblauviolett durchgeführt, das subkutan gespritzt wird, um Lymphgefäße und Lymphknoten in der Röntgenkontrastmittelaufnahme (Lymphographie) besser sichtbar zu machen. Dabei färben sich die oberflächlichen Lymphgefäße bei gesunden Personen blau an und werden scharf umrandet. Bei Personen mit einem Lymphstau kommt es hingegen zu keiner Färbung der Lymphgefäße, die zurückfließende Lymphe verursacht hingegen eine tintenklecksartige Blaufärbung der Haut (kutaner Reflux). In vielen Fällen kam es trotz vorausgehenden Allergentests jedoch vermehrt zu anaphylaktischen Reaktionen und zu falsch-postiven und falsch-negativen Befunden und sogar ein Todesfall ist bekannt. Aufgrund dessen wird der Farbstofftest heutzutage nur in sehr seltenen speziellen Fällen, wie bei einem operativen Eingriff des chylösen Refluxes, oder gar nicht mehr angewendet [2,72].

Direkte Lymph(angi)ographie

Desweiteren wurde zur Lymphödemdiagnostik früher sehr oft auch die direkte Lymphangiographie, ein invasives, langwieriges Verfahren, eingesetzt. Dabei wurden ölige Kontrastmittel, wie z.B. das Lipiodol Ultrafluid, ein Aethylester der jodierten Fettsäuren von Oleum papaveris (Mohnöl), in die Lymphkollektoren im Bereich des Vorfußes gespritzt [75].

Unmittelbar danach können im Röntgenbild die großen Lymphgefäße des Beckenbereichs und des Lymphknotensinus dargestellt werden. Bereits nach 24 Stunden sind die Markstrukturen im Lymphknoten deutlich sichtbar. Anhand dieser bildgebenden Muster können so Rückschlüsse auf die vorliegende Erkrankung und ihr Stadium gezogen werden. Allerdings bleibt das Kontrastmittel für längere Zeit im Körper gespeichert und braucht einige Monate bis es von Makrophagen vollständig beseitigt wird. Bei dieser Methode ist es schon häufiger zu Komplikationen, wie z.B. zu Infektionen und Entzündungen des Lymphgefäßsystems, gekommen. Gelegentlich treten auch massive Verschlechterungen der Lymphgefäße auf der

nicht geschwollenen Seite des Beines auf, da das ölige Kontrastmittel die funktionstüchtigen Lymphgefäße verklebt und dadurch ein plötzlich auftretendes Lymphödem verursacht. Deshalb ist dieses Verfahren inzwischen obsolet geworden [2].

Indirekte Lymph(angi)ographie

Die indirekte Lymphangiographie ist auch ein invasives Verfahren, das zur Darstellung oberflächlicher Lymphgefäße und bei lymphatischen Stauungen in den Beinen angewendet wird. Jedoch kann man nicht zwischen einem primären oder einem sekundären Lymphödem unterscheiden. Diese neu etablierte Methode verwendet wasserlösliche Kontrastmittel (Iopamidol und Iotrolan, Abbildung 46), die intrakutan injiziert werden. Dabei werden ca. 2 – 3 ml wasserlösliches, nichtionisiertes Röntgenkontrastmittel in die verzweigten Netzwerke der Lymphkapillaren der Haut gespritzt, das dann weiter über die Präkollektoren zu den Kollektoren (Sammelgefäßen) fließt. Auf diese Weise können Lymphgefäße auf einer Länge von 40 – 60 cm an den Extremitäten und auch der Reflux des Lymphstroms, der „dermal backflow“, dargestellt werden. Lymphknoten hingegen nehmen kein Kontrastmittel auf und werden dadurch nicht sichtbar. Besonders gut geeignete Orte zur Injektion sind die Haut oberhalb der Zehen und die Haut direkt unterhalb des Innenknöchels. Desweiteren wird das Verfahren auch bei präoperativen Eingriffen und zur Lymphödemdiagnostik, wo eine Lymphszintigraphie nicht durchführbar ist, eingesetzt [2,22,70].

Abbildung 46: Strukturformeln der wasserlöslichen Röntgenkontrastmittel Iotrolan

Iopamidol

Lymphszintigraphie (Isotopenlymphangiographie)

Die Lymphszintigraphie ist ein nichtinvasives Verfahren, das zur Diagnostik eines geschädigten

Die Lymphszintigraphie ist ein nichtinvasives Verfahren, das zur Diagnostik eines geschädigten