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Lymphkapillaren (Vasa lymphocapillaria)

Das Lymphgefäßsystem fängt in der Peripherie mit den Lymphkapillaren an, die im gesamten Gewebe als netzförmige Struktur blind beginnen (Rete lymphocapillare). Dieser netzartige Verband mündet schließlich in die Präkollektoren (Vasa lymphatica fibrotypica) ein mit einem Durchmesser von 100 µm. Lymphkapillaren, die einen Durchmesser bis zu 50 - 70 µm haben, ähneln den Blutkapillaren vom Aufbau her sehr stark, besitzen jedoch keine Gefäßklappen. Sie können die Lymphe aus dem Interstitium aufnehmen und fließen dann zu größeren dünnwandigen Lymphgefäßen (Sammelgefäßen, auch Lymphkollektoren genannt) zusammen, die Anastomosen (Verbindungen) untereinander bilden. Daneben wird weiters ein großer Teil der Lymphe von den Lymphknoten aufgenommen und in die venöse Blutbahn geleitet.

Lymphgefäße (Vasa lymphatica)

Die Lymphgefäße bzw. Transportgefäße, die parallel zum venösen System verlaufen, bilden ein weiteres Abflusssystem, mit dem sie die Lymphe wieder in den Blutstrom zurückleiten können.

Ihr Durchmesser ist im Vergleich zu den Venen etwas größer (150 - 600 µm), dafür sind vom Wandaufbau her den dünnwandigen Venen gleichgestellt und besitzen auch zahlreiche Gefäßklappen, die der Bauweise der Venenklappen entsprechen. In Abbildung 15 werden Lymphgefäßklappen und ihre Funktionsweise genau dargestellt. Diese Lymphgefäßklappen stellen Endothelduplikaturen dar und erlauben der Lymphe nur in eine Richtung zu fließen.

Neben den Präkollektoren besitzen auch die Kollektoren (Lymphsammelgefäße) und die größeren Lymphstämme (Trunci) vorwiegend 2

paarige Taschenklappen und an bestimmten Stellen, wie in der Lunge oder dem Mesenterium, auch Trichterklappen. Außerdem enthalten die Kollektoren Lymphangiome (Klappensegmente, siehe Abbildung 15C), die aus einem Lymphgefäßabschnitt mit dicker Wand zwischen 2 Klappen bestehen. Die Lymphe kann dann sowohl aktiv durch Wandkontraktion der Lymphgefäße oder passiv durch benachbarte arterielle Pulsation bzw. Muskelkontraktion transportiert werden.

Der Lymphstrom ist jedoch deutlch langsamer als der vom Herzen angetriebene Blutfluss.

Außerdem besitzt jeder Mensch eine Reihe an Lymphgefäßklappen in den unterschiedlichsten Körperregionen. In den oberflächlichen Kollektoren der Arme gibt es 60 - 80 Klappen und in den Kollektoren der Beine, den tiefen Lymphgefäßen, 80 - 100 Klappen.

Bei einer Insuffizienz der Lymphgefäßklappen, die funktioneller oder organischer Herkunft sein kann, wird der Lymphstrom in den unteren Extremitäten nicht mehr richtig abtransportiert.

Aufgrund der Fehlbildung (Dysplasie) von Lymphgefäßen kommt es zu einem gesteigerten Reflux (Rückfluss) und in weiterer Folge zur Entstehung eines primären Lymphödems [2,10,13,14,23,25–28].

Hauptlymphstämme (Trunci lymphatici)

Der größte Lymphstamm ist der Ductus thoracicus, der Milchbrustgang, der bei beiden Geschlechtern vorhanden ist und unter dem Zwerchfell neben der Aorta aus der Cisterna chyli, einer sackförmigen Erweiterung der Lymphgefäße, hervorgeht (siehe Abbildung 16). In diesem Milchbrustgang fließt die Lymphe aus der unteren Körperhälfte und der linken oberen Köperpartie. Weiters bekommt der Ductus thoracicus Zufluss von:

Truncus lumbaris dexter und sinister (rechter und linker Hauptlymphgang)

Trunci intestinales

Abbildung 16: Lymphgefäßsystem mit wichtigen Lymphknotengruppen, modifiziert nach [13]

Die Lymphe aus den Transportgefäßen der unteren Körperhälfte (Beine, Eingeweide des Beckens, Beckenwand, Teile der Bauchorgane und Bauchwand) wird über den Truncus lumbaris dexter und sinister gesammelt und zur Cisterna chyli geleitet. Die Lymphe aus den unpaarigen Bauchorganen sowie aus dem Darm fließt über die Trunci intestinales. Alle drei Trunci münden in den Ductus thoracicus ein (siehe Abbildung 16), der über den linken Venenwinkel in das venöse Gefäßssystem übergeht. Aus der linken Körperhälfte werden noch die Trunci bronchomediastinalis, subclavius und jugularis kurz vor der Einmündung in den Milchbrustgang aufgenommen. Die Trunci der rechten Körperhälfte fließen dagegen alle in den rechten Venenwinkel. Meistens wird ein Großteil der Lymphe durch den Ductus thoracicus wieder in die venösen Gefäße zurückgeleitet. In die linke Körperhälfte des Venensystem fließen in etwa drei Viertel und in die rechte Körperhälfte ein Viertel zurück [13,23] .

Lymphgefäßsystem der unteren Extremitäten

In den Beinen unterscheidet man zwischen oberflächlichen und tiefen Lymphgefäßen sowie Perforansgefäßen, die die Lymphe aus den verschiedensten Bereichen der unteren Ex-tremitäten aufnehmen, bevor diese dann über das venöse Gefäßsystem zurück zum Herzen transportiert wird. Für einen effektiven Abtransport der Lymphe aus den Beinen sorgen auch

Nodi lymphatici cervicales

Nodi lymphatici axillares

Truncus subclavius Truncus jugularis

Nodi lymphatici mediastinales

Nodi lymphatici intestinales

Nodi lymphatici iliaci Nodi lymphatici inguinales

Truncus bronchomediastinalis

Truncus intestinalis Truncus lumbaris Cisterna chyli

Ductus thoracicus

die Gefäßklappen, die die Lymphe durch Wand- bzw. Muskelkontraktion in den Lymphgefäßen segmentweise nach oben zu den Venen leiten. Jedoch kann bei einer funktionellen oder organischen Klappeninsuffizienz, bei der die Klappen nicht richtig funktionieren, durch den Reflux ein primäres Lymphödem entstehen.

Oberflächliches Lymphgefäßsystem (subkutanes, epifasziales System)

Die größeren Lymphgefäße bzw. Lymphkollektoren verlaufen meist parallel mit den großen oberflächlichen Venen (Vena saphena magna und parva) und den tiefen Venen (Vena poplitea und Vena femoralis) und sind in der Leiste und im Kniekehlenbereich durch Perforansgefäße miteinander verknüpft. Generell unterscheidet man verschiedene breite Bündel unter der Venenschicht:

Ventromediales epifasziales Lymphkollektorenbündel:

Die 8 - 13 Kolllektoren des Lymphbündels begleiten die große Rosenvene (Vena saphena magna) vom Fußrücken bis zu den oberflächlichen Lymphknoten in der Leistenregion, den Nodi lymphoidei inguinales superficiales, (siehe Abbildung 17a). Es stellt den Hauptabflussweg in den unteren Extremitäten dar und drainiert dort die Lymphe aus der Kutis und Subkutis des Unter-schenkels.

Abbildung 17: Oberflächliche Lymphgefäße der unteren Extremität, modifiziert nach [19]

Vena saphena magna ventromediales

Lymphbündel Nodi inguinales superficiales

a)

dorsolaterales Lymphbündel Vena saphena

parva Nodi poplitei superficiales

b)

Zu den oberflächlichen Leistenlymphknoten zählen unter anderem die Nodi lymphoidei inguinales superolaterales, supero-mediales und inferiores (siehe Abbildung 18). Sie sammeln die Lymphe aus den oberflächlichen Schichten des Beines, nicht aber aus der Wade und des lateralen Fußrückens, und leiten die Lymphe weiter zu den Nodi lymphoidei inguinales profundi, den tiefen Leistenlymphknoten. Außerdem erweisen sich die Lymph-kollektorenbündel des Beines, die aus glatter Muskulatur und Gefäßklappen bestehen, vor allem beim Abfließen der Lymphe gegen den hydrostatischen Druck im Stehen als sehr hilfreiches Antriebssystem.

Abbildung 18: Tiefe Lymphknoten der Leistenregion, modifiziert nach [19]

Dorsolaterales epifasziales Lymphkollektorenbündel:

Die 1 - 3 Kollektoren des Lymphbündels begleiten die kleine Rosenvene (Vena saphena parva) zum oberflächlichen Lymphknoten in der Kniekehle, dem Nodi poplitei superficiales (siehe Abbildung 17b). Im Vergleich zum ventromedialen Bündel drainieren sie nur einen kleinen Hautanteil am lateralen Fußrand, an der Ferse und Wade. Die Lymphe fließt dann weiter zu den tiefen Kniekehllymphknoten, den Nodi lymphoidei poplitei profundi, die an der Vena poplitea (Kniekehlenvene) liegen.

Nodi inguinales superolaterales Ligumentum inguinale

Vena saphena magna Nodi superomediales

Nodi inguinales profundi Nodi inferiores

Rosenmüller- Lymphnoten

A: Normale Zirkulation

B: Zirkulationsumkehr in dilatierten Anastomosenästen mit Klappeninsuffizienz

a,b: Lymphteritorrien c: gestautes Territorium

1: Kollektoren mit suffizienten Klappen

2: Zuführender Anastomosenast vom Territorium a 3: Abführender Anastomosenast vom Territorium b 4: Dilatierter Kollektor mit insuffizienten Klappen 5: Retrograder Fluss in dilatierten Anastomosenästen mit insuffizienten Klappen

Abbildung 19: Funktion der Anastomosenäste[2]

Tiefes Lymphgefäßsystem (subfasziales System)

Die tiefen Lymphgefäße verlaufen parallel zu den Arterien und den Begleitvenen und leiten die Lymphe aus den Extremitäten, der Rumpfwand, der Muskulatur, Nerven, Gelenken und Knochen durch die Nodi lymphoidei poplitei profundi, den tiefen Kniekehllymphknoten, zu den Nodi lymphoidei inguinales profundi, den tiefen Leistenlymphknoten (siehe Abbildung 18). Die tiefen Leistenlymphknoten bekommen weiters direkten Zufluss aus den tiefen Kniekehlenlymphknoten und den tiefen Schichten des Oberschenkels. Von dort fließt die Lymphe weiter über den sogenannten Rosenmüller-Lymphknoten im Leistenkanal nach oben hin zu den Beckenlymphknoten (Nodi lymphoidei externi und communes) und münden schließlich in die lumbalen Lendenlymphknoten, den Nodi lymphoidei lumbales.

Lymphatische Perforansgefäße

Diese lymphvaskulären Anastomosen, die vom Wandaufbau und der Größe den Lymphkollektoren ähneln, verbinden das oberflächliche mit dem tiefen Lymphgefäßsystem.

Aufgrund ihrer Mündungsklappen (Schleusenklappen, die sich beim Übergang von kleinen in große Lymphgefäße befinden) verlaufen die Perforansgefäße zwar schräg, aber dafür durchgehend (siehe Abbildung 19) und entlasten so die gestauten Gebiete der Beine. Jedoch kommt es bei einer Klappeninsuffizienz, die eine Verschlussstörung der Gefäßklappen aufweist, durch die vermehrte Ansammlung von Lymphe in den Beinen zu einem Lymphödem. Im Gegensatz zu den venösen Perforansvenen leiten die Perforansgefäße die Lymphe aus dem tiefen in das oberfälchliche System der Lymphkollektoren. Der Vorteil dabei ist, dass durch die manuelle Lymphdrainage der oberflächliche Lymphfluss angeregt werden kann und dadurch auch tiefer gelegene Lymphgefäße besser entleert werden können [2,19,27].

Lymphknoten (Nodus lymphaticus)

Die Lymphknoten, die in Lymphgefäße eingebaut sind, stellen immunologische Kontroll- bzw.

Filterstationen für die durchströmende Lymphe dar. Die dem Blutplasma ähnliche Flüssigkeit, die weiters noch Elektrolyte und Stoffwecheselprodukte, wie z.B. Zelltrümmer oder Krankheitserreger enthalten kann, wird durch Lymphknoten gereinigt. In der Regel besitzt jeder Mensch zwischen 300 und 700 Lymphknoten im Körper, die vor allem im Bereich des Beckens, Bauch, Brust und im Hals liegen (siehe Abbildung 16, Seite 25). Die Lymphknoten weisen dabei eine sehr unterschiedliche Form und Größe auf. Neben einem runden, ovalen, spindel- oder nierenförmigen Körperbau (siehe Abbildung 20) schwankt ihre Größe in Abhängigkeit vom Alter, Konstitution und der körperlichen Belastung zwischen 0,2 und 3 cm. Besonders bei Entzündungen oder pathologischen Veränderungen können die Lymphknoten um mehrere Zentimeter anschwellen.

Abbildung 20: Schematische Darstellung eines Lymphknotens [2]

Lymphknoten werden von einer Kapsel aus Bindegewebe umschlossen, in die bindegewebige Trabekel nach innen ziehen und so den Knoten in Kompartimente unterteilen. Im Inneren des Lymphknotens ist lymphatisches Gewebe, das aus einem Netz von Retikulumzellen besteht.

Dazwischen findet man Lymphozyten, die in der Peripherie enger zusammen liegen und die Rinde des Lymphknoten bilden (siehe Abbildung 20, kleiner Ausschnitt).

Der Lymphknoten ist von innen nach außen wie folgt aufgebaut:

Äußere Rinde (Cortex)

Diese besteht aus primären und sekundären Lymphfollikeln (B-Region), die hauptsächlich aus verdichteten B-Lymphozyten aufgebaut ist.

Innere Rinde (Parakortex)

Hier findet man zahlreiche T-Lymphozyten, die weniger dicht beieinander liegen (T-Region). Desweiteren besitzt der Parakortex hochendotheliale Venolen (HEV) mit isoprismatischen (kubisch geformten) Endothelzellen (siehe Abbildung 20). Die HEV ermöglichen den Lymphozyten im venösen Blut in die umliegende Bereiche durchzutreten.

Mark mit Marksträngen

Dieses in Stränge gezogene lymphatische Gewebe enthält B-Lymphozyten und Plasmazellen.

Bei den Lymphknoten unterscheidet man weiters einen zuführenden und abführenden Abschnitt (siehe Abbildung 20). Über mehrere zuführende Lymphgefäße (Vasa afferentia), die sich an der gewölbte Außenseite (konvex) befinden, gelangt die Lymphe in den Lymphknoten.

Sie durchströmt dabei ein verzweigtes Hohlraumsystem (Sinus), dass sich vom Randsinus über den Intermediärsinus bis zum Marksinus ausbreitet. Dabei kommt die Lymphe in engen Kontakt mit Abwehrzellen, die Antigene abfangen und gegebenfalls auch spezifisch abwehren können.

Die nun gereinigte Lymphe verlässt den Lymphknoten auf der eingebuchteten Innenseite (konkav), dem Hilus, über die ableitenden Lymphgefäße (Vasa efferentia) [2,10,16,28].

4 Erkrankungen der Venen

Chronische Venenerkrankungen, zu denen die Varikosis, die chronisch venöse Insuffizienz und das postthrombotische Syndrom zählen, sind weltweit verbreitete Krankheiten, die mit zunehmenden Alter vermehrt auftreten. Vor allem Frauen scheinen etwas häufiger als Männer an Gefäßerkrankungen der Beine zu leiden. Diese Aussage kann aber nicht für jede Studie getroffen werden. So konnte man in der Edinburgh Vein Study (1999), in der Bonner Venenstudie I (2003) und II (2010) sowie in einer Studie in Russland (2017) keinen wesentlichen Unterschied in der Prävalenz bei Frauen und Männern nachweisen [29–32]. In der San Diego Studie, die zwischen 1994 und 1996 stattfand, hat man festgestellt, dass Frauen eher an oberflächlichen Venenerkrankungen der Stadien C1 und C2 und Männer hingegen mehr an tieferen Venenfunktionsstörungen der Stadien C4 – C6 leiden [33]. Allerdings findet man auch eine Reihe an anderen Studien, wie die Studie in Italien (2003), Belgien und Luxemburg (2015), bei denen vermehrt Frauen chronische Venenerkrankungen aufweisen. Darüber hinaus kann ebenso die Schwangerschaft einer Frau ein erhöhtes Risiko für eine Gefäßerkrankung darstellen. Jedoch gibt es keine statistisch ausgewertete Verbindung zwischen Schwangerschaft und dem Auftreten venöser Erkrankungen [34,35]. Auch eine sehr lange stehende Tätigkeit im Beruf hat laut einiger Studien (Dänemark, Bratislava, Japan) eine prädisponierende Auswirkung auf die Entstehung von Venenerkrankungen [36–38]. Dabei kann sich die anfangs noch symptomlose und beschwerdefreie Erkrankung über Jahre unbehandelt zum Ulcus cruris (Geschwür) entwickeln, das zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen in der Gesundheit und in der Lebensqualität eines Menschen führt. Deshalb sollten zur Diagnostik chronischer Gefäßerkrankungen frühzeitig Untersuchungsmethoden, wie z.B. die farbcodierte Duplex-sonographie oder die Phlebographie durchgeführt werden, um eine optimale und individuelle Therapie gewährleisten zu können [1,39].