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Stress, lass nach MASTERARBEIT. zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science an der Karl-Franzens-Universität-Graz

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Academic year: 2022

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„Stress, lass nach“

Skills zur Stressprävention und

Stressbewältigung in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung

MASTERARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science

an der Karl-Franzens-Universität-Graz

vorgelegt von: DPGKS Maria Elisabeth Stefan

Begutachterin: Mag.ª Dr.

in

phil. DGKS Alexandra Zesar–Eder

Judendorf-Straßengel, 2013

(2)

Eidesstattliche Erklärung

Ich, Maria Elisabeth Stefan, geboren am 8. April 1974, erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Masterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe. Es wurden keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt.

Die aus den fremden Quellen entnommenen Gedanken, sei es direkt oder indirekt, wurden als solche kenntlich gemacht.

April, 2013 Maria Elisabeth Stefan

(3)

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei all jenen Menschen bedanken, die mich während meines Studiums begleitet und unterstützt haben.

Ein herzliches Dankeschön gilt meiner Betreuerin, Mag.ª Dr.in phil. DGKS Alexandra Zesar–Eder für ihre Unterstützung und ihre Rückmeldungen.

Besonderer Dank geht an meine Stationsleitung, DGKS Bernadette Fröhlich, die mir von der ersten Minute an ihre Unterstützung zusicherte, und mir mit ihren Dienstplänen entgegen gekommen ist. Ebenso gilt mein Dank meinem Oberpfleger und der Pflegedienstleitung.

Ein spezieller Dank geht an Peter Müller, der an mich geglaubt hat.

Mein besonderer Dank geht an meine Lieben: für ihre Geduld, ihre uneingeschränkte Unterstützung und ihren Glauben an mich und meine Fähigkeiten. Sie hatten immer ein offenes Ohr und Herz für meine Anliegen, ertrugen mich auch in stressigen Zeiten und gaben mir moralischen Rückhalt.

Ich danke Rosa Frippus, Lydia Povoden und Günther Zwetti, die vorweg meine Arbeit gelesen haben; meinem Bruder, Wolfgang Zwetti, und Andreas Münow für ihre ständige Bereitschaft, Geduld und Interesse, motivierende Gespräche und Diskussionen mit mir zu führen.

Meiner Mama, Sissy Zwetti, danke ich von ganzem Herzen, dass sie sich immer aufopfernd um meine Kinder gekümmert, und mir so den Rücken frei gehalten hat.

Mein größter Dank gilt meinen beiden Kindern, Katharina und Benedict, die in den letzten Jahren bei verschiedenen Gelegenheiten auf mich verzichten mussten und trotzdem immer wieder Verständnis dafür hatten.

Danke!

(4)

Abstract

Die vorliegende Literaturarbeit trägt den Titel: „Stress, lass nach“ - Skills zur Stressprävention und Stressbewältigung in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung.

Im Hinblick auf die Zukunft und deren demografischer Entwicklung, sowie den Anstieg von chronischen und psychiatrischen Erkrankungen, sollte auf die Gesunderhaltung von Menschen, die in den medizinischen Bereichen tätig sind mehr geachtet werden. Denn nur, wenn das Pflegepersonal gesund ist, kann dieses eine hochwertige Arbeit an Patientinnen und Patienten leisten.

Die Autorin gibt Einblick in die Themen Stress, Stressmanagement, Prävention sowie Stressbewältigung. Ebenso wird der Zusammenhang zwischen Schule und Beruf und damit einhergehenden, belastenden Situationen aufgezeigt.

Diese Arbeit soll Möglichkeiten aufzeigen, die Schülerinnen und Schülern im Rahmen ihrer Ausbildung zum gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege vermittelt werden können. Sie sollen Werkzeuge kennen lernen, die es ermöglichen mit auftretenden Stressoren richtig umzugehen.

The title of this presenting literature research is „Stress release“ – Skills for stress prevention and stress coping in nursery school.

Regarding the future and its demographic growth, especially in attention to the increase of chronic and psychic illnesses it is substantial to keep a good focus on the maintenance of healthiness for people working in all fields of medicine. Only if the nursing staff is healthy, they are able to do high quality work on their patients.

(5)

The author reveals insight to the themes of stress, stress management, prevention as well as stress coping. Furthermore the connection between school, work and other personal strains which all are related to each other, is pointed out.

This literature research should demonstrate these various possibilities as well as how this knowledge can be transmitted to students at nursery school. They should get to know possible stressors and how to deal with them properly.

(6)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 1

1.1 Zielsetzung ... 2

1.2 Methode... 2

1.3 Ausgangssituation ... 2

1.4 Das Berufsbild der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperson ... 3

1.5 Forschungsfragen ... 5

2 Was ist Stress? ... 7

2.1 Ursprung und Bedeutung ... 7

2.2 Wie entsteht Stress? ... 9

2.3 Stressoren ... 10

2.4 Reaktionsebenen von Stress ... 12

3 Chronischer Stress und Krankheit ... 13

3.1 Stresstypologie ... 16

3.2 Stressempfinden bei den Geschlechtern... 16

3.3 Folgen von Stress ... 18

4 Stressmodelle ... 20

4.1 Homöostasemodell von Cannon ... 20

4.2 Transaktionales Stressmodell nach Lazarus... 21

4.3 Stimulusorientierte Stressmodell nach Holmes & Rahe ... 25

4.4 Das Allgemeine Adaptionssyndrom (AAS von Seyle) ... 25

4.5 Stressmodell von Henry ... 28

4.6 Theorie der Ressourcenerhaltung (Stevan Hobfoll) ... 29

(7)

5 Pfeiler des Stressmanagements ... 30

6 Klassifikationen von Coping ... 31

6.1 „Sie“ und „Er“ - Unterschiede in den Copingstrategien? ... 35

6.2 Das „richtige" Coping - gibt es das? ... 36

7 Stressprävention ... 38

8 Ressourcen ... 39

8.1 Resilienz oder die Kunst des Überlebens ... 39

8.2 Social Support ... 40

8.3 Optimistische Kompetenzerwartung ... 42

9 Die Dynamik von Stress und Entspannung ... 44

10 Gesundheitskompetenz - Health Literacy ... 45

11 Berufung oder doch „nur“ Beruf ... 47

11.1 Stress und Arbeit ... 48

11.2 Betriebliche Stressbewältigungskonzepte ... 54

11.2.1 Job-Demand-Control-Model (nach Karasek) ... 54

11.2.2 Modell beruflicher Gratifikationskrisen (nach Siegrist) .... 55

11.3 Ressourcen im Arbeitskontext ... 56

11.4 Psychohygiene - Pflege nicht nur deinen Nächsten, sondern auch dich selbst ... 58

11.4.1 Soziale Rolle ... 60

11.4.2 Rollenerwartung ... 60

12 Schule und Stress ... 62

12.1 Lernen und Gedächtnis ... 66

12.2 Zeitmanagement ... 67

12.3 Motivation ... 69

(8)

12.4 Entspannung im schulischen Kontext ... 70

13 Lebensqualität und Wohlbefinden ... 71

13.1 Sport ... 73

13.2 Die Seele baumeln lassen ... 74

13.3 Rituale ... 74

13.4 Körperliche Nähe - Sexualität ... 75

13.5 Schlaf... 76

13.6 Die Anti-Stress-Ernährung ... 76

13.7 Entspannungstechniken ... 79

13.7.1 Autogenes Training ... 81

13.7.2 Phantasiereisen ... 82

13.7.3 Meditative Verfahren ... 82

13.7.4 Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson ... 83

13.7.5 Atemübungen ... 83

13.7.6 Biofeedback ... 84

14 Diskussion ... 85

14.1 Forschungsfrage 1 ... 85

14.2 Forschungsfrage 2 ... 86

14.3 Forschungsfrage 3 ... 87

15 Zusammenfassung ... 89

16 Literaturverzeichnis ... 90

17 Abbildungsverzeichnis ... I

18 Tabellenverzeichnis ... II

19 Abkürzungsverzeichnis ... III

(9)

1 Einleitung

„Nicht die Dinge an sich sind es, die uns beunruhigen, sondern vielmehr ist es unsere Interpretation der Bedeutung dieser Ereignisse, die unsere Reaktion bestimmt.“

(Markus Aurelius)

Auch Epiktet (50-120 n. Chr.) sagte schon: „Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern ihre Urteile und Meinungen über die Dinge.“

Es sind also nicht die „Dinge“, oder „Situationen“, wie beide so schön sagen, sondern die Gedanken, Erwartungen, Hoffnungen und Ängste, die wir mit diesen Situationen verbinden.

So soll nicht das Ereignis an und für sich als positiv oder negativ bewertet werden. Erst die Zuordnung zu einem Bezugssystem lassen Ereignisse positiv oder negativ erscheinen. Das bedeutet, dass nicht das Geschehene unsere Gefühle erzeugt, sondern erst die subjektive Interpretation bewertet das Geschehene für uns persönlich.

Diesen Aspekt sollten wir nicht außer Acht lassen, denn unsere Gedanken und Gefühle sind von uns selbst beeinflussbar. Das macht es einfacher, denn unser Verständnis der Welt ist leichter zu beeinflussen als die Umwelt selbst.

Am Beginn der Arbeit stehen die Begriffsklärungen und die Darstellung der Thematik Stress, um einen guten Überblick zu schaffen.

Einen wichtigen Part nimmt die Beschreibung des Stressmanagement ein, das unter anderem die Bereiche Stressprävention und Stressbewältigung beinhaltet und sich mit den persönlichen Ressourcen und Begriffen wie Resilienz, Social Support, Health Literacy und Wohlbefinden beschäftigt.

(10)

Im Anschluss setzt sich die Autorin mit dem Thema Stress im Zusammenhang mit Schule und Beruf auseinander, und den Möglichkeiten, das persönliche Wohlbefinden und die Lebensqualität zu erhöhen.

Abschließend folgt eine Zusammenfassung und Diskussion der Forschungsfragen.

1.1 Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, welche während des Unterrichtes der Schülerin und dem Schüler im Rahmen der Ausbildung vermittelt werden können. Schülerinnen und Schüler der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung sollen Instrumente kennenlernen und erfahren, die es ihnen ermöglichen mit auftretenden Stressoren richtig umzugehen um nicht selbst zur Patientin oder zum Patienten zu werden.

1.2 Methode

Die vorliegende Arbeit ist als Literaturarbeit konzipiert. Die Literaturrecherche wurde in Bibliotheken und mittels verschiedener Suchbegriffe im Internet betrieben, um die aktuelle und relevante Literatur zu diesem Thema zu finden.

Keywords für die Suche waren zu Beginn: Stress, Gesundheits- und Krankenpflege, Schüler und Schülerinnen, Ressourcen und Coping. Daraus ergaben sich im Laufe der Arbeit weiter Begrifflichkeiten, wie Resilienz, Social Support oder Wohlbefinden, um nur einen Teil zu nennen.

1.3 Ausgangssituation

Jede/r Studierende macht irgendwann die Erfahrung mit Stress in ihrer/seiner Ausbildung. Es stellt sich nun die Frage: ist der Stress für alle gleich? Haben die Einen mehr Stress, als die Anderen – oder aber, können sie besser damit

(11)

umgehen? Wenn ja, was tun diese Studierenden, dass sie damit leichter umgehen können? Ist es eine genetische Komponente oder etwas Erlerntes?

Gerade in der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung haben die Schülerinnen und Schüler nicht nur im theoretischen Teil ihrer Ausbildung immer wieder mit Stress zu kämpfen. Sie müssen lernen in der Praxis mit diesem positiv umzugehen.

1.4 Das Berufsbild der diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegeperson

Das Berufsbild wird in Österreich im Bundesgesetz über Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz - GuKG) geregelt, welches in seiner neuen Auflage mit 1997 in Kraft getreten ist.

In § 11 ist das Berufsbild für den gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege festgehalten.

„(1) Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist der pflegerische Teil der gesundheitsfördernden, präventiven, diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten.

(2) Er umfaßt die Pflege und Betreuung von Menschen aller Altersstufen bei körperlichen und psychischen Erkrankungen, die Pflege und Betreuung behinderter Menschen, Schwerkranker und Sterbender sowie die pflegerische Mitwirkung an der Rehabilitation, der primären Gesundheitsversorgung, der Förderung der Gesundheit und der Verhütung von Krankheiten im intra- und extramuralen Bereich.“ (GuKG, BGBl. I Nr. 108/1997, 2013, S. 9)

Bereits in § 11 (1) wird Wert gelegt auf gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen. Des Weiteren ist die Gesundheitsförderung und -beratung im Rahmen der Pflege auch noch im eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich nach § 14 geregelt (vgl. ebd., S. 11).

(12)

Durch die Einbeziehung „der gesundheitsfördernden, präventiven“ Pflege wurde nicht nur die Berufsbezeichnung verändert, sondern der gehobene Dienst wurde durch die gesetzliche Änderung und Dreiteilung des Tätigkeitsbereiches zu einer eigenständigen Berufsgruppe. § 13 (1) regelt die Einteilung in den eigenverantwortlichen, mitverantwortlichen und interdisziplinären Tätigkeitsbereich (vgl. ebd, S. 10).

In den eigenverantwortlichen Tätigkeitsbereich lt. § 14 (1) fallen unter anderem die Gesundheitsförderung und -beratung.

Diese Erweiterung des Gesetzes spiegelt auch die Entwicklung und Wünsche der Patientinnen und Patienten wider. In einer Studie von Eder (1998), die am LKH Graz durchgeführt wurde, würden sich 98% der Patientinnen und Patienten erhoffen, besser über gesundheitsfördernde Maßnahmen informiert, beraten und angeleitet zu werden (vgl. Eder, 1998, S. 216).

Dies erfordert eine Stärkung und Förderung der DGKS/DGKP in ihren sozialen, persönlichen und fachlichen Kompetenzen, um nicht durch die Erweiterung der Tätigkeiten in der Novellierung, wie die OSHA erhoben hat, in stressfördernde Situationen zu kommen.

Der interdisziplinäre Tätigkeitsbereich regelt unter § 16 (2) und (3) das Vorschlags- und Mitentscheidungsrecht des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege. Dieser trägt die Durchführungsverantwortung für alle Maßnahmen, die von ihm in diesem Bereich gesetzt wurden. Auch hier findet sich die Gesundheitsberatung und die Förderung der Gesundheit wieder (vgl. ebd. S.

10).

Der mitverantwortliche Tätigkeitsbereich (§ 15) beinhaltet die Durchführung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen nach ärztlicher Anordnung.

Dieser trägt die Verantwortung für die Anordnung und die DGKS oder der DGKP hat eine Durchführungsverantwortung. Beide haben eine Dokumentationspflicht (vgl. ebd. S. 10).

(13)

Die theoretischen Inhalte sind im § 42 geregelt und gelten nicht nur für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung, sondern sind auch die Basis für die Grundausbildung in der Kinder- und Jugendlichenpflege (§ 76) und der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege (§ 79) und werden durch spezielle Inhalte erweitert (vgl. ebd., S. 24ff.).

Das Curriculum der Gesundheits- und Krankenpflege beinhaltet seit der Novellierung des GuKG's von 1997 viele unterschiedliche Teilgebiete, die sich nicht nur mit Krankheitsbildern und der Pflege von kranken Menschen beschäftigt, sondern auch mit Unterrichtsfächern wie:

• Gesundheitspflege, Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung

• Pädagogik

• Kommunikation, Konfliktbewältigung, Supervision und Kreativitätstraining

um nur einige Ausbildungsschwerpunkte zu nennen (vgl. ebd., S. 24).

Unter Berücksichtigung dieser Unterrichtsgegenstände und im Zusammenhang mit dieser Arbeit ist also Stress, Stressprävention und Stressbewältigung sowohl in der Ausbildungsverordnung, als auch in der Erläuterung des Berufsbildes ein wichtiges Thema.

1.5 Forschungsfragen

Die folgenden Forschungsfragen haben die Recherchen bestimmt und sollen durch die vorliegende Literaturarbeit führen.

„Kann ich Stressoren aktiv entgegensteuern, oder bin ich ihnen hilflos ausgeliefert?“

(14)

„Welche Hilfsmittel kann ich Schülerinnen und Schülern der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung mitgeben, um mit Belastungen während der Ausbildung und bei ihren späteren Tätigkeiten als Gesundheits- und Krankenpflegepersonen, gut umgehen zu können?“

„Wann wird Stress zur Belastung?“

(15)

2 Was ist Stress?

Stress ist kein Phänomen des Managers, sondern betrifft alle Schichten, Berufsstände, die Arbeit und die Freizeit. Sie betrifft aber auch Lebensphasen wie zum Beispiel das Alter, in der sehr viele Menschen mit Isolation zurechtkommen müssen (vgl.Vester, 1976, S. 12).

Stress ist auch keine reine Zivilisationserkrankung, denn Stress ist seit der Urzeit ein lebenswichtiger Vorgang. Was ist Stress dann? Was bedeutet Stress für uns Menschen?

Stress ist etwas Natürliches, ein Überlebensmechanismus, der tief in uns verankert und programmiert ist. Er dient zur schlagartigen Vorbereitung auf Flucht oder Angriff (vgl. Vester, 1976, S. 18f.).

Der Unterschied zur Steinzeit ist, dass wir uns heute mehr in einem Dauerzustand der Alarmbereitschaft befinden. Umweltreize, die ständig auf uns eintreffen und den Menschen physisch und psychisch in ständige Erregung versetzen.

Erholungsphasen werden für unseren Körper dadurch kürzer und die Spannungen addieren sich (vgl. Vester, 1976, S. 24).

Befindet sich der Organismus nun in einer Belastungssituation, und ist auf Kampf oder Flucht eingestellt, müsste die bereitgestellte Energie verbraucht werden. Dies passiert jedoch in unserer Zivilisation nicht oder nur ungenügend (vgl. Semmer, 1997, vgl. nach Steinmann, 2005, S. 47).

2.1 Ursprung und Bedeutung

Der Begriff Stress wird in unserem alltäglichen Sprachgebrauch sehr oft unreflektiert verwendet. Vielleicht auch aus dem Grund, da in der Literatur keine allgemein gültige Definition existiert.

Generell „ist Stress ein Anspannungszustand, der als physische und psychische Reaktion auf eine Beanspruchung hin eintritt“ (Selye 1936, zit. n. St. Pierre et al., 2005, S. 90).

(16)

Unter Beanspruchung versteht man hier, dass eine sofortige Veränderung der Verhaltensweise benötigt wird. Durch die Anspannung wird der Körper auf eine schnelle und zielgerichtete Handlung vorbereitet. Somit wird deutlich, dass Stress im eigentlichen Sinne keine negative Bedeutung hat. Es wird damit nur der Zustand einer physischen oder geistigen Aktivierung beschrieben (vgl. St. Pierre et al., 2005, S. 90f.).

So ist laut Steinmann (2005) zu klären, in welchem Zusammenhang der Begriff Stress Verwendung findet, denn „[j]e nach Fachrichtung (Biologie, Medizin, Soziologie, Psychologie) beschreibt Stress die Faktoren oder Quellen des Stresses (Stressoren), die Gesamtheit der inneren Reaktionen des Körpers (Stress), die Verhaltensreaktion der Person in Bezug auf die Belastung (Stressentwicklungsprozess) oder die Stressfolgen" (Steinmann, 2005, S. 41).

Etymologisch kommt das Wort Stress vom lat. „stringere“, was so viel bedeutet wie: „zusammenschnüren“, „zusammenfassen“ (Langenscheidts Taschenwörterbuch, 1988, S. 496).

Aus dem englischen Sprachgebrauch übernommen, wurde es ursprünglich in der Physik verwendet. In der Werkzeugkunde bedeutet es „Zug“, „Druck“, „die Anspannung auf ein Material“ (vgl. Vester, 1976, S. 14).

Durch den österreichische Biochemiker und Arzt Hans Seyle (1907-1982) wurde der Begriff Stress 1936 für die Medizin und Biologie geprägt (vgl.

Chatziantoniou, 2010, o. S.).

In der Biologie sind damit die täglichen Belastungen und Mühen gemeint, denen der Mensch ausgesetzt ist. Vester sieht darin Anspannungen und Anpassungen an die Umwelt, bei welchen der Mensch sowohl psychisch als auch physich unter Druck steht (vgl. Vester, 1976, S. 14).

Die Sozialwissenschaften definieren Stress als „eine emotionale negative, als unangenehm erlebte Beanspruchung, resultierend aus einem Missverhältnis von Anforderungen bzw. Angeboten der Situation und den eigenen Handlungsmöglichkeiten bzw. Bedürfnissen, das als bedrohlich für das eigene Wohlbefinden erlebt wird“ (Semmer, 1997, zit. n. Steinmann, 2005, S. 41).

(17)

Zimbardo und Gerrig (2004) sehen Stress als „das Reaktionsmuster eines Organismus auf Stimulusereignisse, die dessen Gleichgewicht stören und dessen Fähigkeit, die Einflüsse zu bewältigen, stark beansprucht oder übersteigt. Die Stimulusereignisse umfassen eine grosse Bandbreite an externen und internen Bedingungen, die zusammen genommen Stressoren genannt werden. Ein Stressor ist ein Ereignis, das von einem Organismus eine Art von Anpassungsreaktion erfordert. …Die Reaktion eines Individuums auf die Notwendigkeit einer Veränderung besteht in einer unterschiedlichen Kombination von Reaktionen auf unterschiedlichen Ebenen, dies umfasst physiologische, behaviorale, emotionale und kognitive Reaktionen“ (Zimbardo/Gerrig, 2004, S. 562, zit. n. Schwegler, 2006, S. 6).

Für den alltäglichen Gebrauch erscheint die Kurzdefinition nach Litzke und Schuh (1999) brauchbar. „Stress ist die Aktivierungsreaktion des Organismus auf Anforderungen und Bedrohungen - auf die sogenannten Stressoren.“

(Litzke/Schuh, 1999, zit. n. Krug, 2010, S. 113)

Heute kann man die Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt messen.

Dadurch ist es möglich Stressgeschehen zu analysieren und Konsequenzen zu ziehen (vgl. Vester, 1976, S. 11).

2.2 Wie entsteht Stress?

Stress entsteht, wenn auf den Organismus belastende Reize aus der Umwelt treffen. Diese Reize werden in der Literatur Stressoren genannt. Diese äußeren Einflüsse darf man aber nicht bereits als Stress bezeichnen. Erst die Interaktion zwischen einer Situation und der persönlichen Beurteilung eines Menschen wird laut dem transaktionalen Stressmodel von Lazarus und Launier als Stress bezeichnet (vgl. Bertschinger/Kunz, 2008, S. 8).

(18)

Abb. 1: Erklärungsmodell: Entstehung von Stress (nach G. Kaluza 2005)

2.3 Stressoren

„Stressoren sind Objekte, Reize, Ereignisse und Situationen, die bedrohlich sind und zu Schädigungen führen können. Stressoren führen abhängig von ihrer Stärke und der Bewältigungsfähigkeit zu einer Stressreaktion.“ (Allenspach et al., 2005, S. 20)

Stressoren sind also Belastungsfaktoren, die den Stressentwicklungsprozess auslösen und als potentiell gesundheitsschädigende Faktoren gesehen werden müssen.

Reaktionsebene:

Gedanken/Gefühle

Reaktionsebene:

Verhalten

Reaktionsebene:

Körper Stressor

Stressreaktion

(19)

Die angeführte Tabelle soll exemplarisch verstanden werden.

Tab. 1: Stressoren

Alltagsbelastungen und physikalisch- sensorische Stressoren

• Zeit- und Termindruck

• Lärm

• Monotonie

• Reizentzug

Körperliche Stressoren

• Gewalterfahrung

• Verletzung

• Schmerz

• Hunger

• Behinderung

Leistungsstressoren

• Über- und Unterforderung

• ständige Neuerungen

• Konkurrenz

• Isolation

• Zwischenmenschliche Konflikte Lebensverändernde kritische

Ereignisse

• Verlust von Bezugspersonen

• Verlust des Arbeitsplatzes

• plötzliche Einschränkungen von Gesundheit/Leistungsfähigkeit

Chronische Spannungen und Belastungen

• daily hassles (ständige, kleine Alltagsprobleme)

• Rollenkonflikte in Beruf/Familie

• dauerhafte Arbeitsüberlastung

• lang andauernde Krankheiten

Kritische Übergänge im Lebenslauf

• Pubertät

• junges Erwachsenenalter

• Klimakterium, Andropause

• Berufseinstiege oder -ausstiege

• Pensionierung

Quelle: Steinmann, 2005, S. 43, in Anlehnung an BZgA, 2003

(20)

2.4 Reaktionsebenen von Stress

Litzke und Schuh (1999) unterteilen die Reaktion auf Stress in fünf verschiedene Ebenen: Kognition, Emotion, vegetativ-hormonelles System, muskuläres System und Verhalten. Es hat sich jedoch bewährt, die Reaktionen des muskulären und vegetativ-hormonellen Systems unter einem Punkt zusammen zu nehmen. Daraus ergibt sich nun die Einteilung in vier Reaktionsebenen. Diese sind bekannt unter:

• Körper

• Geist

• Gefühl

• Verhalten (vgl. Krug, 2010, S. 114).

(21)

3 Chronischer Stress und Krankheit

Tag für Tag muss sich unser Körper mit den unterschiedlichsten Stressreizen auseinandersetzen. Viele davon laufen für den Menschen selbst unbewusst ab. Im Unterschied zu unseren Vorfahren reagieren wir aber nicht mehr mit Flucht oder Angriff, da gesellschaftliche Normen und Werte uns davon abhalten, instinktiv zu handeln. Die Alarmreaktion kann also nicht in einen körperlichen Energieeinsatz umgewandelt werden und es kommt zu einer ständigen Unterdrückung von körperlichen Reaktionen. Die nicht genutzte Energie wandelt sich in schädigende Prozesse um. Diese können unseren Körper auf vielfältige Weise schwächen und schädigen (vgl. Vester, 1976, S. 34f.).

Die Hauptfolgen nicht umgesetzter Stressreaktionen sind, dass Fett, Zucker und verklumpende Blutplättchen die Blutbahnen verstopfen. Dadurch kann es zu Gefäßverengungen (Arteriosklerose) und schlussendlich zu einem vollständigen Gefäßverschluss (Infarkt) in Herz, Lunge oder Gehirn kommen. Der Körper kann nicht mehr entspannen, der Puls ist ständig erhöht und es befinden sich Stresshormone im Blut (vgl. Kaluza, 2012, S. 34).

Gehirnzellen werden bei dauernder Stressbelastung durch das körpereigene Cortisol geschädigt. So werden die Gedächtnisleistung und die Konzentration bei Stress reduziert. Das Immunsystem ist geschwächt, die Anfälligkeit für Infektionen ist erhöht und die Genesung wird verlängert. Müdigkeit und Depressionen werden begünstigt. Das gespeicherte Fett wird in Zucker umgewandelt, Dies lässt den Blutzuckerspiegel steigen. Dies erhöht die Gefahr an Diabetes zu erkranken. Der Verdauungstrakt ist durch die Minderdurchblutung in den Schleimhäuten gefährdet. Es erhöht sich damit die Anfälligkeit für Entzündungen und Geschwüre. Durch die Magensäure entstehen Schmerzen oder Übelkeit. Der permanent erhöhte Blutdruck begünstigt einen Elastizitätsverlust der Blutgefäße und es kommt zu Mikroverletzungen. Leukozyten (weiße Blutkörperchen) haften vermehrt an diesen Stellen und es entsteht die Gefahr von Entzündungen. Die Muskeln wiederum verbrennen mehr Fettsäuren und verbrauchen Muskeleiweiß. Dies führt dazu, dass die Muskeln schrumpfen. Es

(22)

kommt zu Muskelverspannungen und in Folge zu Rückenschmerzen. Zu guter Letzt hemmt das Cortisol die sexuelle Lust und wirkt störend im Menstruationszyklus (vgl. Kabas, 2009, S. 7).

Krohne (1999) versucht in seiner Arbeit die Verbindung zwischen Stress und Krankheit mit drei Mechanismen zu erklären. Der erste Mechanismus, den er als das direkte Modell bezeichnet, erklärt, wie Stressoren körperliche Veränderungen erzeugen, welche eine direkte Erkrankung hervorrufen (vgl. Faustinelli, 2008, S.

32).

Das interaktive Modell betrifft die angeborenen und erlernten Anlagen, die eine Person mitbringt. Zentral für ihn sind dabei zwei Begriffe: die physische und psychische Anfälligkeit eines Menschen (Vulnerabilität) und die Widerstandsfähigkeit (Resilienz). So würde eine Stresssituation alleine betrachtet keine beunruhigenden Folgen haben. Was wiederum bedeutet, dass erst die Interaktion zwischen den Stressereignissen und der Person ausschlaggebend sind, ob die Situation als negativ empfunden wird. Lazarus kann als Beispiel für dieses Interaktive Modell genannt werden. Dieser beschreibt ein Ereignis als Stress, wenn die Person nicht über die notwendigen Ressourcen verfügt (vgl. Faustinelli, 2008, S. 32).

Schließlich spricht Krohne vom Modell des krankheitsrelevanten Verhaltens.

Hierbei wird angenommen, dass Stress einen indirekten Effekt auf die Gesundheit einer Person hat, indem er Handlungen zu gesundheitsschädigendem Verhalten begünstigt. Typische Verhaltensweisen erhöhter Stressbelastung sind z. B.

verstärkter Zigaretten-, Alkohol- oder Tablettenkonsum, aber auch Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten und der körperlichen Bewegung (vgl. Krohne, 1997, S. 277).

Dies bedeutet jedoch nicht, dass Belastungen automatisch zu Krankheiten führen.

So können kurzfristige, akute Stressreaktionen durch angemessene Erholungsmöglichkeiten und vorhandene Ressourcen nicht nur reguliert werden, sondern sind auch für den Menschen wichtig.

(23)

Gibt es sowohl adäquate innere als auch äußere Ressourcen, die den Anforderungen und Belastungen entgegen gebracht werden können, so spricht Bamberg et al. (2003) von einer Herausforderung. Diese Herausforderungen, wie er sie bezeichnet, sind die Basis für weitere Entwicklungen und damit Notwendigkeit unseres Lebens. Diese Ressourcen ermöglichen also eine Erhaltung bzw. Wiederherstellung des Gleichgewichts (vgl. Bamberg et al, 2003, nach Steinmann, 2005, S. 42).

Anders gestaltet sich dies bei langfristigen, chronischen Stressreaktionen, die gravierende Konsequenzen für die Gesundheit haben. So werden die Auswirkungen von Stress durch das andauernde Stresserleben, fehlender Ressourcen oder erfolgloser Copingstrategien verstärkt.

Chronischer Stress in Kombination mit Mehrfachbelastungen muss lt Wilkinson und Marmot (2003) immer ernst genommen werden, da er sowohl eine Gefahr für die psychische, als auch für die physische Gesundheit darstellt. In zahlreichen Studien kann belegt werden, dass ständige Angstzustände und Unsicherheiten bzgl. sich selbst oder das Privat- und Berufsleben betreffend, eine große Auswirkung auf die Gesundheit des Betroffenen haben. Durch soziale Isolation und Anhäufung erwähnter Faktoren und daraus resultierender, wiederkehrender Belastungen entstehen nicht nur Organerkrankungen (vgl., Steinmann, 2005, S.

47).

Kaluza (2003) beschreibt, dass sich oftmals Verhaltensweisen manifestieren, die eine gesundheitsschädigende Wirkung haben. Diese können mannigfaltig sein und sind abhängig von Person und Umwelt (rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum, Substanzmissbrauch, mangelnde Bewegung oder ungesunde Ernährung) (vgl.

Steinmann, 2005, S. 47).

(24)

3.1 Stresstypologie

Die Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf Stress. Dies beruht unter anderem auf ihren verschiedenen Konstitutionen. Frederic Vester unterscheidet hierbei zwischen dem Sympathikotoniker und dem Vagotoniker. Diese Typen gibt es selten in einer Reinform, sondern eher in Mischformen und Zwischentypen.

Dadurch werden Stressreize von jedem Menschen anders umgesetzt. Dies zeigt bereits, dass es kein allgemein gültiges Rezept für die Erholung geben kann (vgl.Vester, 1976, S. 278f.).

Wie unterscheiden sich diese zwei Typen aber in ihrem Stressverhalten und - erleben?

Ertönt zum Beispiel auf einem öffentlichen Platz ein lauter Knall, so würden die Menschen, je nach Reaktionstyp unterschiedlich reagieren. Der Sympathikotoniker würde schreiend die Flucht ergreifen, während der Vagotoniker geschockt wäre, und sich nicht mehr von der Stelle rühren oder sogar kollapieren würde. Beide Stresstypen werden also durch den Wechsel zwischen Parasympathikus und Sympathikus beeinflusst und durch die ständige Überreizung kommt es zunächst zu vorrübergehenden Veränderungen an den einzelnen Funktionskreisen und Organen. Durch ständige Wiederholung manifestieren sich diese Veränderungen in Krankheiten (vgl. Vester, 1976, S.

66f.).

3.2 Stressempfinden bei den Geschlechtern

Frauen bzw. Mädchen leiden häufiger unter psychischen Beschwerden als Männer oder Knaben. Sie nehmen Stress mehr bzw. anders wahr. Solomon und Rothblim (1986) erklären dies mit dem Umstand, dass Frauen ein größeres Verantwortungsbewusstsein gegenüber Familie und Freunden besitzen, bzw. sie sich stärker von Ereignissen in ihrem Umfeld beeinflussen lassen (vgl. Steinmann, 2005, S. 48).

(25)

Harss und Maier (1992) beschreiben, dass Frauen andere psychosoziale Stressreaktionen und -folgen zeigen, obwohl sie mit denselben Stressoren zu kämpfen haben wie Männer. Frauen neigen eher dazu auf Stress überkontrolliert mit Passivität und Depressionen zu reagieren, während Männer eher unkontrolliertes, aggressives Verhalten präsentieren. Hinsichtlich körperlicher Stresssymptome neigen Frauen eher zu unspezifischen Beschwerden. Sie neigen zu Kopfschmerzen, Rückenbeschwerden, Erkältungen und Halsschmerzen. Im Gegensatz dazu führt Stresserleben bei Männern zu Schlaganfall, Herzinfarkt, Bluthochdruck und Wirbelsäulenschäden (vgl. Steinmann, 2005, S. 49).

(26)

3.3 Folgen von Stress

In unserer Sprache finden sich viele Beispiele, die diese Folgen sehr treffend und plastisch wiedergeben. Einige Beispiele sind hier aufgeführt.

Abb. 2: Somatische Beschwerden im alltäglichen Sprachgebrauch

Bildquelle: IG Metall (Hg.), Mobbing, Frankfurt/M. 1997

Abb. 2: Somatische Beschwerden im alltäglichen Sprachgebrauch

(27)

Aber auch verhaltensveränderte Definitionen finden sich in unserem Sprachgebrauch wieder, wie:

„Das raubt mir den Schlaf.“

„Mich trifft der Schlag.“

„Läuft durch die Gegend wie ein aufgescheuchtes Huhn!“

„Wie das Kaninchen vor der Schlange.“

„Ich hatte ein völliges Blackout.“

Stressfolgen können nach unterschiedlichen Kriterien und Ebenen eingeteilt werden. Wichtig ist es aber, diese Ebenen nicht getrennt voneinander zu sehen.

Tab. 2: Stressfolgen

kurzfristige, akute Folgen mittel- und langfristige Folgen

kognitiv- emotionale Ebene (Erleben)

Anspannungen

Nervosität

Überempfindlichkeit

Unkonzentriertheit

Energie-/Interessenverlust,

geringere Lern- und Erinnerungsfähigkeit

Gefühl der Unsicherheit und Überforderung

Hilflosigkeit

Erschöpfung

Entwicklung

psychosomatische Störungen (Depression, sexuelle

Funktionsstörungen, Schlafstörungen, Angstzustände)

behaviorale Ebene (offen

wahrnehmbare Ebene)

Gereiztheit

Aggressivität

Egozentriertheit

Konflikte / Streitverhalten

erhöhter Nikotin-, Alkohol-, Medikamentenkonsum

schlechte senso-motorische Koordination

mehr Fehlzeiten am Ar- beitsplatz

soziale Isolation

Partnerschaftskonflikte (Trennung, Scheidung)

soziale Unbeliebtheit

physiologische Ebene

Verspannungen (Schultern, Rücken, etc.)

Übersäuerung des Magens

Verdauungsbeschwerden

erhöhte Herzfrequenz und Hormonausschüttung

Kopfschmerzen

Herz-Kreislaufstörungen (Bluthochdruck, Angina pectoris,

Herzinfarkt, etc.)

Haltungsschäden

Migräne

Diabetes

Magengeschwüre

Quelle: Bodenmann & Gmelch, 2009, S. 619

(28)

4 Stressmodelle

In der Stressforschung gibt es unterschiedliche Ansätze und Konzepte. Laux (1983) unterscheidet drei grundlegende Ansätze:

• situationsbezogene (reizbezogene, stimulusorientierte) Stressdefinition

• reaktionsbezogene Stressdefinitionen

• interaktionistische und transaktionale Stressdefinition (z. B. Lazarus)

In den letzten Jahrzehnten hat sich das transaktionale Stresskonzept der Berkeley- Gruppe durchgesetzt. Dies hängt mit der Erkenntnis zusammen, dass auf dieselben äußeren kritischen Lebensereignisse, je nach Person unterschiedlich reagiert wird. Dadurch erweist sich der stimulusorientierte Ansatz als fragwürdig (vgl. Bodenmann/Gmelch, 2009, S.617).

4.1 Homöostasemodell von Cannon

Dieses Modell beschrieb Walter Cannon in seinem 1932 veröffentlichten Buch

„The Wisdom of the Body“.

Er definiert darin Stress als ein Ergebnis der Beziehung zwischen den Anforderungen, welche die Umwelt an ein Individuum stellt und dessen Reaktionsmöglichkeiten. Er prägte den Begriff der „Fight-or-flight“ Reaktion.

Den Prozess der Homöostase beschreibt er als Aufrechterhaltung der inneren Stabilität gegen die einwirkenden Umweltbedingungen. So definiert er Krankheit als Ergebnis einer fehlerhaften oder nicht vollzogenen Wiederherstellung der Homöostase (vgl. BGN, 2009, S. 6).

(29)

4.2 Transaktionales Stressmodell nach Lazarus

Das Stress-Konzept von Lazarus et al. betont die Person-Umwelt-Beziehung.

Nach Lazarus und Launier (1981) ist Stress „jedes Ereignis, in dem äußere und innere Anforderungen (oder beide) die Anpassungsfähigkeit eines Individuums (oder sozialen Systems) oder eines organischen Systems beanspruchen oder übersteigen“ (Lazarus/Launier, 1981, zit. n. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse, 2011, S. 51).

Bengel et al. (2004) beschreiben in diesem Modell den Mensch als zielgerichtete, handelnde Person. Handlungsmöglichkeiten und Erfolg werden ständig überprüft, und wenn nötig werden Verhaltensänderungen getätigt. Entscheidend dafür sind kognitive Bewertungen. Diese beziehen sich sowohl auf die Situation, die Möglichkeiten der Reaktion, als auch auf persönlich empfundene Belastungen (vgl., Luthiger-Stocker, 2008, S.6f.).

Stress wird demzufolge als dynamischer Prozess zwischen Person und Umwelt betrachtet (vgl. Schäfer-Walkmann, 2007, S. 4).

Lazarus (1981) sagt, dass es immer auf die subjektive Bewertung eines Ereignisses ankommt. Diese Bewertung ist bei jedem Menschen davon abhängig, wie seine Lebensgeschichte bisher verlaufen ist, und seine Erfahrungen und Fähigkeiten aussehen.

Lazarus unterscheidet dabei drei Stufen der Bewertung. In der ersten Stufe, der Primary Appraisal (Primäre Bewertung) kann eine Situation von der jeweiligen Person entweder:

• ohne Bedeutung sein

• positiv und daher stressfrei sein

• oder in einen Stressbereich fallen.

Danach kommt es in einem weiteren Schritt zur Secondary Appraisal (sekundäre Bewertung). Diese erfolgt je nach vorhandenen Ressourcen und der persönlichen Einstellung, und stellt sich als Herausforderung oder Bedrohung für die Person

(30)

dar. Ist es eine Herausforderung spricht man vom sogenannten Eu-Stress. Sieht die Person die Situation als Belastung, spricht man vom Dis-Stress. Reichen die Ressourcen nicht aus, um mit dieser Situation umgehen zu können, werden Stressreaktionen ausgelöst, und es kommt, je nach Persönlichkeit, zu unterschiedlichen Bewältigungsstrategien, auch Coping genannt (vgl. Wirsing, 2000, S. 346ff.).

Aßhauer et al. (1999) unterscheidet bei Copingstrategien zwischen „offenen Handlungen“ (wie Flucht-, Vermeidungs- oder Angriffsverhalten, Entspannungsübungen, Annehmen von sozialen Unterstützungen, aber auch der Konsum von Genussmitteln) und „inneren psychischen Vorgängen“

(Verdrängung, Verleugnung, Selbstmitleid oder Ablenkung) (vgl. Aßhauer et al., 1999, zit. n. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse, 2011, S. 52).

Coping kann laut Lazarus (1981) auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Entweder mit einem problemorientierten oder emotionsorientierten Ansatz.

So meint Lazarus (2005) mit problemfokussiert, „dass sich die Betroffenen Informationen verschaffen, auf deren Basis gehandelt werden kann, und Maßnahmen ergreifen, um die gestörte Personen-Umwelt-Beziehung wieder in Ordnung zu bringen“ (Lazarus, 2005, S. 242).

Lazarus erläutert weiter, „die emotionsfokussierte Funktion der Bewältigung zielt darauf ab, die mit der Stresssituation verbundenen Emotionen zu steuern, indem man es beispielsweise vermeidet, über die Bedrohung nachzudenken, oder indem man sie neu bewertet, ohne die belastende Situation selbst zu verändern“ (ebd., 2005, S. 242).

Beide Strategien sind im realen Leben unverzichtbar. Lazarus bezieht sich auf eine Studie von Collins et al. (1983), dass auch problemfokussiertes Handeln nicht immer die nützlichere Bewältigungsstrategie ist, auch wenn es in unserer Kultur üblich ist, Kontrolle über die Umwelt haben zu wollen. Menschen, die immer nur darum kämpfen, Situationen, die nicht veränderbar sind neu zu gestalten, müssen mit mehr Schwierigkeiten zurechtkommen, als jene, die ihre

(31)

Umwelt und Situation akzeptieren und sich mit emotionsorientierten Bewältigungsstrategien auseinandersetzen. Coping muss deshalb immer als Prozess verstanden werden, bei dem die Person nach einer Verbindung beider Funktionen der Bewältigung sucht, deren Endergebnis eine Verbesserung der Beziehung zur Umwelt ist (vgl. Lazarus, 2005, 239ff.).

Im dritten Schritt, dem Reappraisal, kommt es zu einer Neubewertung. Der Erfolg, der verwendeten Bewältigungsstrategien, wird bewertet. Die Einschätzung in der primären Bewertung kann sich somit verändern. Eine Bedrohung kann sich zu einer Herausforderung verändern. Genauso gut kann eine Situation, die als Herausforderung eingestuft wurde, durch fehlende oder falsche Bewältigungsstrategien zur Bedrohung werden.

Einen wichtigen Part für die Bewertung und die daraus folgende Reaktion spielen die Resilienzfaktoren eines Menschen, worauf die Autorin in einem späteren Kapitel noch eingehen wird (vgl. Fröhlich-Gildhoff/Rönnau-Böse, 2011, S. 51f.).

Das bedeutet: gibt es zwischen den Bedürfnissen bzw. den Möglichkeiten einer Person (Ist-Zustand) und den Anforderungen, die an sie gerichtet sind (Soll- Zustand) eine Diskrepanz, so kommt es zum Stress.

(32)

Abb. 3: Transaktionales Stressmodell

Quelle: Franke, 2010, S. 115

Im Gegensatz dazu merken Perrez und Reicherts (1992) an, dass sich die Theorie von Lazarus vor allem auf die persönliche (subjektive) Einschätzung einer Situation stützt, und objektive Kriterien dieser Situation nicht berücksichtigt werden. Perrez und Reicherts Ziel ist es deshalb, eine möglichst objektive Betrachtung des Sachverhaltes darzustellen und die daraus entstehende produktivste Bewältigungsstrategie für eine Person zu selektieren (vgl. Faustinelli, 2008, S. 16).

(33)

Lyon und Rice sehen dieses Modell für die Pflege als geeignete Grundlage zur theoretischen Auseinandersetzung zwischen Stress und Gesundheit (vgl.

Lyon/Rice, 2005, S. 603).

4.3 Stimulusorientierte Stressmodell nach Holmes & Rahe

Diese Theorie beschäftigt sich weniger mit der Reaktion, als mit dem Reiz, der den Stress auslöst. Geprägt wurden diese Modelle durch die Theorie von Holmes und Rahe (1976). Zur Messung der Belastung durch kritische Lebensereignisse („critical life events“), werden Stressorenlisten erhoben und ausgewertet. Die Social Readjustment Rating Scale (SRRS) von Holmes und Rahe (1976) ist ein Beispiel dafür. Das eventuelle Vorkommen von 43 verschiedenen Stressauslösern wird für die jüngere Vergangenheit erfragt, und mit Hilfe einer Skala eingeschätzt.

In dieser Skala werden nicht nur negative, sondern auch positive Lebensereignisse aufgezählt (vgl. Knoll, et al., 2005, S. 95ff.).

Jedem dieser Themen ist eine spezielle Gewichtung zugeordnet, die auf Antworten von Normstichproben basiert. Alle positiv beantworteten Themen werden addiert und ergeben den Wert für die Gesamtbelastung. Die zuerst sehr beliebte Skala wird nur mehr selten eingesetzt. Kritikpunkt ist unter anderem, dass die Gewichtung für bestimmte Lebensereignisse sehr unterschiedlich von einzelnen Menschen empfunden werden. Diese sehr individuellen Reaktionen auf Stresserlebnisse finden aber in der Auswertung keine Beachtung (vgl. Krohne, 2007, S. 493f.).

4.4 Das Allgemeine Adaptionssyndrom (AAS von Seyle)

Reaktionsbezogene Stresstheorien stammen vor allem aus den biophysiologischen Disziplinen. Sie beschäftigen sich mit zwei körpereigenen Mechanismen.

Beim ersten handelt es sich um das Hypothalamus-Nebennierenmark-System.

Starke Belastungen des Organismus gehen mit erhöhter Aktivität des

(34)

Nebennierenmarks einher. Katecholamine, wie Adrenalin und Noradrenalin werden vermehrt ausgeschüttet und beeinflussen Körperfunktionen wie Atmung, Herz-Kreislauftätigkeit und den Stoffwechsel. Folge davon ist eine Reihe von körperlichen Reaktionen, die zu Flucht oder Kampf aktivieren soll. Bekannt als fight-or-flight-reaction von Cannon (1932).

Beim zweiten Mechanismus handelt es sich um das Hypothalamus-Hypophysen- Nebennierenrinden-System. Dies wurde vor allem von Hans Seyle erforscht (vgl.

Knoll, et al., 2005, S. 90f.).

Hans Seyle, der ja als einer der Vorreiter der wissenschaftlichen Betrachtungen des Themas Stress gilt, beschrieb 1950 in seinem Standardwerk

„The Physiology and Pathology of Exposure to Stress“, Stress als die

„unspezifische Reaktion des Organismus auf jede Art von Anforderung“.

So definiert er (1936) in seiner ersten Veröffentlichung zu diesem Thema in der Zeitschrift „Nature“, Stress als „die unspezifische Reaktion des Körpers auf jede Beanspruchung, der er ausgesetzt ist“ (vgl. Rice, 2005, S. 53).

In einem seiner späteren Werke (1976b, dt. 1991) verwendet Selye den Begriff Stressor für den Reiz, der eine Stressreaktion auslöst (vgl. Rice, 2005, S. 52).

In späteren Untersuchungen konnte die völlig unspezifische Reaktion nicht halten, doch konnte gezeigt werden, dass die physiologischen Reaktionen stark davon beeinflusst werden, wie das Individuum mit dem Stress umgeht. Mason (1971, 1975a, 1975b) widerlegte die „Unspezifität“ physiologischer Reaktionen auf Reize von Seyles's Theorie, indem er Versuche an Ratten und Affen machte (vgl.

Lyon, 2005, S.27).

Selye prägt drei Verlaufsphasen in seiner Theorie: die Alarmphase, die Widerstandsphase und die Erschöpfungsphase (vgl. Rice, 2005, S. 53).

In der Alarmphase kommt es zu einem Initialschock und der Körper reagiert mit verringerter Widerstandskraft. Die Widerstandsphase ist gekennzeichnet durch den Einsatz von endokrinologischer Abwehr. Es kommt zu einer Anpassung an die laufende Stressbedingung und die Widerstandkraft wird zeitweilig erhöht.

Danach kommt es zur Erschöpfungsphase, in der eine weitere Anpassung nicht

(35)

mehr möglich ist. In dieser Phase treten die Symptome der Alarmreaktion wieder auf, doch kann der Organismus nicht mehr darauf reagieren. Diese Anpassungsenergie ist begrenzt und der Organismus ist irgendwann nicht mehr in der Lage, das Gleichgewicht (Homöostase) wieder herzustellen. Es kommt zu psychischen und physischen Spannungszuständen, die bei immer wieder kehrenden Belastungen den Organismus schädigen (vgl. Franke/Franzkowiak, 2010, o. S.).

In seinem Buch „The Stress of Life“ (1983) erweitert er seine Theorie um zwei Definitionen: die negativ und positiv gefärbte (Eustress) Erfahrung (vgl. Lyon, 2005, S. 27).

Greif (1978) beschreibt die Unterteilung von Eustress und Disstress aber als weniger sinnvoll, da es vor allem von der Dauer und den Bewältigungsmöglichkeiten abhängt, ob ein Stressor zum Disstress wird. Deshalb wird der Begriff Stress heutzutage als negativ empfundener Spannungszustand definiert (vgl. Allenspach et al., 2005, S. 26). Allenspach et al. fügt dieser Aussage hinzu, dass die Folgen jedoch als positiv empfunden werden können (vgl. Allenspach et al., 2005, S. 26).

Lyon (2005) hinterfragt die Annahmen von Selye in Bezug auf die Pflege, da seine Erläuterungen nicht mit den philosophischen Grundpositionen - jeder Mensch sei Einzigartig und Wahrnehmung sei von zentraler Wichtigkeit für das Erleben - übereinstimmen (vgl. Lyon, 2005, S.28f.).

In der Fachliteratur werden Selye's Annahmen nicht als prinzipiell inkorrekt deklariert, sondern es wird kritisiert, dass die Theorie das Individuum zu wenig als komplexes Wesen in der Stresssituation sieht, da das Erleben von Stress zu einem großen Teil subjektiv ist (vgl. Allenspach et al., 2005, S. 28).

(36)

4.5 Stressmodell von Henry

Das psychoendokrine Stressmodell nach Henry (1986) bezieht Emotionen wie Angst, Ärger oder Depression in seine Erläuterungen mit ein. Er beschreibt spezifische neuroendokrine Reaktionsmuster je nach Stresssituation (stimulusspezifische Reaktionen) (vgl. Faller & Lang, 2010, S. 24).

So löst Ärger ein Kampfverhalten aus. Dieses ist mit einer vermehrten Ausschüttung von Katecholaminen, insbesondere Noradrenalin aber auch Testosteron, (Hormon, das aggresiv-dominates Verhalten verstärkt) verbunden.

Die Kortisolkonzentration bleibt unverändert. Doch kommt es zu einem starken Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg. Ist Angst die vorherrschende Emotion, führt dies zu einem Fluchtverhalten mit Adrenalinausschüttung. Des Weiteren sind aber auch die Noradrenalin- und Kortisolkonzentration erhöht. Ebenso wie in der oben erwähnten Situation steigen auch hier der Blutdruck und die Herzfrequenz an.

Wenn es zu einer depressiven Stimmungslage kommt, kann das Verhalten als passiv-unterordnend beschrieben werden. Die Herzfrequenz verlangsamt sich und es dominiert ein Kortisolanstieg (vgl. Kaluza, 2012, S. 22).

Es kommt zu einem Rückgang an Testosteron und einer Fehlregulation des noradrenergen Systems. Diese hormonellen Veränderungen wirken sich auf verschiedene Arte und Weisen auf das Immunsystem aus. Die Rezeptoren von B- Zellen (B-Lymphozyten) und T-Zellen (T-Lymphozyten) werden von Glucocorticoiden und Noradrenalin besetzt und sind für die Immunabwehr unbrauchbar (vgl. Rothgangel, 2010, S. 24).

Im Gegensatz dazu neigen ein Drittel der Menschen dazu, auf verschiedene Stressoren, trotzdem immer auf dieselbe Art und Weise zu reagieren.

(individualspezifische Reaktion). Zum Beispiel reagiert ein Mensch immer mit schwitzigen Händen, während ein anderer immer Harndrang verspürt (vgl.

Faller/Lang, 2010, S. 24).

(37)

4.6 Theorie der Ressourcenerhaltung (Stevan Hobfoll)

Die „Conservation of resources“ (COR)-Theorie wird von Schwarzer (1993a, 19) als „moderne Alternative zu der [Theorie] von Lazarus“ bezeichnet (Schwarzer, 1993a, 19, zit. n. Starke, 2000, S. 29).

Das Modell soll das Verhalten von Menschen in stressreichen Situationen klären und überprüfbar sein. Es basiert auf der Grundthese, dass Menschen danach trachten ihre Ressourcen aufzubauen und zu schützen. So ist Hobfoll der Meinung, dass der vermeintliche oder wirkliche Verlust von Ressourcen jene Komponente ist, die dem Menschen bedrohlich erscheint. Der Stressprozess wird durch die Bedrohung von Ressourcen ausgelöst und der Mensch versucht, Verluste zu begrenzen. Diese Überlegungen gehen auf Schönpflug (1985a) zurück, der Hobfoll stark inspirierte. Im Gegensatz zu Lazarus und Folkman spielt für Hobfoll die Persönlichkeitsdisposition eine geringere Rolle. In einer Studie zur Evaluation der Krisentheorie zeigen Hobfoll und Walfisch (1986), dass mehr als 50% der Personen, die in der Voruntersuchung psychisch unauffällig waren, infolge von Krisen Anzeichen von depressiven Verstimmungen aufzeigten (vgl.

Starke, 2000, S. 29ff.).

(38)

5 Pfeiler des Stressmanagements

Stressmanagement ist keine spezifische Behandlungsmethode, sondern ein Ansatz, der unterschiedlichste Bewältigungsstrategien anbietet. Von Lichtenstein wurden 1988 Gemeinsamkeiten beschrieben, die zu den Grundelementen des Stressmanagements zählen:

• Kognitive Restrukturierung – durch bewusste Denkmuster kommt es zu einer erfolgreichen Veränderung des Verhaltens. Positive Einstellungen sollen gefördert werden. Stressverschärfende Einstellungen und Bewertungen werden verändert.

• Entspannung – diese dient zur Reduzierung der physiologischen Anspannung. Erholung und Entspannung stehen im Vordergrund, körperliche und seelische Stressreaktionen werden gelindert.

• Training sozialer Kompetenzen und der Selbstsicherheit

• Selbstbeobachtung – dadurch wird eine objektivere Sichtweise gestärkt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass erwünschtes Verhalten eintritt, ist erhöht (vgl. Payne, 1998, S. 29).

In der neueren Literatur wird angeregt, eher von Ressourcenmanagement zu sprechen.

(39)

6 Klassifikationen von Coping

Coping kommt vom englischen „to cope with“ und bedeutet so viel wie

„bewältigen“ oder „überwinden“ (Pflegewiki, 2013, o. S.).

In der Psychologie und Medizin wird der Begriff synonym mit Bewältigungsstrategien und -mechanismen verwendet.

Wichtig ist zu erwähnen, dass Bewältigung oder Coping nicht wie landläufig verwendet über einen Erfolg, sondern lediglich über die Bemühungen, mit der belastenden Situation fertig zu werden, definiert wird (vgl. Kaluza, 2002, S. 574).

Lazarus und Folkman (1984) definierten Bewältigung (Coping) für die Stresstheorie wie folgt:

„Wir definieren Bewältigung als fortwährend sich wandelnde kognitive und verhaltensbezogene Anstrengungen zur Handhabung bestimmter externer und/oder interner Anforderungen, die vom Betroffenen als seine Ressourcen belastend oder überlastend bewertet werden.“ (Lazarus/Folkman, 1984, zit. n.

Lazarus, 2005, 239f.)

Urdis (1992) erklärt den Coping-Prozess folgend:

„Ich nehme eine bestimmte Situation wahr, schätze sie bezüglich meiner Emotionen, meiner Vorstellungen, meiner Bewältigungsmöglichkeiten und meiner Ziele ein, suche eine bestimmte Verhaltensweise aus, frage nach den innerpsychischen und externen Ressourcen, prüfe, ob ich diese Situation bewältigen kann, und handle. Durch die Handlung wird die Situation wieder verändert.“ (Urdis, 1992, zit. n. Steinmann, 2005, S. 45)

Coping wird daher als Prozess und nicht als Zustand verstanden.

Die Berner Bewältigungsformen (BEFO) wurden von Heim et al. (1986) entwickelt. Dieses Verfahren erfasst vor allem Bewältigungsstrategien von physisch, chronisch Kranken. Dieses besteht aus zwei Einschätzungsbögen und

(40)

einem Analyseraster. Es soll Betroffenen in den Bewältigungsstrategien konkreter unterstützen.

Die BEFO nach Heim et al. (1991) unterteilt Coping in drei Gruppen: dem emotionalen (hadern, resignieren, selbstbedauern, Optimismus, Wut, passive Kooperation, usw.), dem kognitiven (Humor oder Ironie, Problemanalyse, grübeln, akzeptieren, Sinngebung, usw.) und dem handlungsbezogenen (Kompensation, zupacken, sozialer Rückzug, Entspannungstechniken, aktives Vermeiden, usw.) Coping (vgl. Tschopp, 2012, S.1ff.).

Lazarus et al. unterscheidet die Arten der Stressbewältigung nach:

• problemorientiertem Coping: durch informieren, direkte Handlungen oder auch das Unterlassen von Handlungen wird versucht, Probleme bzw.

Situationen zu überwinden oder sich gegebenenfalls diesen Situationen anzupassen (Ebene der Situation bzw. des Reizes).

• emotionsorientiertem Coping: in erster Linie wird der Versuch gestartet, emotionale Erregung abzubauen, welche durch die Problemsituation entstanden ist. Dies geschieht, ohne sich mit den Ursachen auseinandersetzen zu müssen (innerpsychische Ebene).

• bewertungsorientiertem Coping: die Situation wird von der betroffenen Person neu bewertet, um so adäquat damit umzugehen. Ziel ist es, eine Belastung eher als Herausforderung zu sehen. Die Situation wird dadurch positiv belegt und es werden Ressourcen frei, um angemessen zu reagieren (Reappraisal, Neubewertung).

In den meisten Fällen wird in der Literatur zwischen problembezogenem (instrumentellem) und emotionsbezogenem (palliativem) Coping unterschieden:

Beim problembezogenen Coping versucht der Betroffene die Situation zu Verändern oder die Ursache neu zu interpretieren. Dies geschieht z. B. durch die Aneignung neuer Kompetenzen, das Finden neuer Lösungen (Alternativlösungen) und indem man Aufwand und Nutzen gegeneinander abwägt. Anders beim emotionsbezogenen Coping, bei dem es um das Verhalten und den Umgang mit der belastenden Situation geht. Die/der Betroffene versucht die emotionale

(41)

Belastung abzuschwächen. Beispiele dafür sind Entspannungstechniken, Bewegung und Sport, verbalisieren des Problems, aber auch Distanzierung, Beschuldigung oder Ablenkung von der Problematik (vgl. Steinmann, 2005, S.

45).

Beehr und McGrath (1996) unterscheiden des Weiteren den zeitlichen Aspekt des Coping nach fünf Zeitpunkten:

• Präventives Coping (preventiv coping) findet lange Zeit vor einem stressreichen Ereignis statt (der Raucher, der lange vor dem Auftreten von Lungenkrebs das Rauchen aufgibt).

• Antizipatorisches Coping (anticipatory coping) ist kurz vor dem zu erwarteten Ereignis (Beruhigungsmittel vor einer Prüfung einnehmen).

• Dynamisches Coping (dynamic coping): Das Ereignis ist gerade im Gange (z. B. sich von chronischen Schmerzen ablenken).

• Reaktives Coping (reactive coping): findet nach dem Ereignis statt und führt zu einer Veränderung des Lebens.

• Residuales Coping (residual coping): Diese Art des Copings kommt erst lange Zeit nach einer stresshaften Situation zum Einsatz (vgl.

Schwarzer/Gutiérrez-Doña, 2000, S. 456).

Stone & Neale (1984) definieren Coping als „solche Verhaltensweisen und Gedanken, die von einem Individuum bewusst eingesetzt werden, um die Effekte einer vorhergesehenen oder bereits erfahrenen Stresssituation zu lenken oder zu kontrollieren“ (Stone/Neale, 1984, S. 893; zit. n. Barth, o. J., o. S.).

Nach Stone und Neale ist Coping also eine aktive und zielgerichtete Handlungsweise.

In der Stressforschung lassen sich zwei Ansätze unterscheiden. Strack und Feifel (1996) unterscheiden zwischen den älteren Ansätzen, die Stress in einem entwicklungstheoretischen Rahmen sehen. Das bedeutet, dass diese Theorien sich auf das Coping konzentrieren und die tatsächliche Stresssituation ausklammern.

Menschen haben verhältnismäßig stabile Vorlieben im Umgang mit Problemen

(42)

und den jeweiligen Copingstilen. Veränderungen in den Bewältigungsstrategien erklären die Vertreter dieser psychoanalytisch orientierten Theorien durch einen Reifungsprozess des Individuums. Neuere Theorien konzentrieren sich im Gegensatz dazu eher auf die eigentliche Stresssituation. Dazu zählt auch die Theorie von Lazarus. Lazarus und Folkman sind der Ansicht, dass es keine besseren oder reiferen Copingstrategien gibt. Es gibt ihrer Meinung nach nur Strategien, die durch die subjektive Situationsbeurteilung, und durch die zur Verfügung stehenden Ressourcen besser und geeigneter wirken als andere. Diese würden sich mit dem Alter verändern (vgl. Faustinelli, 2008, S. 19).

Coping hängt nicht nur sehr stark von der jeweiligen Situation, sondern auch von der Persönlichkeitsstruktur eines Menschen ab (vgl. ebd, S. 19).

Bevorzugte Coping-Stile lassen sich mit Persönlichkeitsmerkmalen zusammenführen (vgl. Perring-Chiello et al., 2001, nach Steinmann, 2005, S. 46).

Moos und Schaefer (1993) haben in einem Modell die Ansätze beider Theorien miteinander vereint. In ihrem Modell spielen sowohl die Situationsmerkmale als auch die Persönlichkeitsmerkmale eine entscheidende Rolle. Ihrer Meinung nach haben Menschen auf der einen Seite das Verlangen, während ihres Lebens dieselben Bewältigungsstrategien zu verwenden, auf der anderen Seite verändern sich diese mit der Zeit, um sich an die gegenwärtigen Stressoren und auch Ressourcen anzupassen (vgl. Faustinelli, 2008, S. 19).

Schlussendlich gilt, dass je mehr Bewältigungsstrategien einer Person zur Verfügung stehen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eine Bedrohung zu bewältigen.

Wie die Stressbewältigung aussieht, hängt unter anderem davon ab, ob der Mensch an und für sich problem- oder lösungsorientiert an die Situation herangeht.

Thomae (1983) unterscheidet fünf verschiedene Gruppen, die zur Bewältigung unterschiedliche Daseins-Techniken bevorzugen:

• Leistungsbezogene Techniken (Beeinflussung der Umgebung durch vermehrten Einsatz und Kräftemobilisierung)

(43)

• Aggressive Techniken (eigene Bedürfnisse werden auf Kosten der Umwelt durchgesetzt)

• Defensive Techniken (unterschiedliche Abwehrmechanismen wie Verdrängung oder Regression)

• Evasive Techniken (sich zurückziehen)

• Anpassungstechniken (Veränderung des eigenen Verhaltens, um mit der Situation zurecht zu kommen) (vgl. Wirsing, 2000, S.348).

6.1 „Sie“ und „Er“ - Unterschiede in den Copingstrategien?

Wie sieht es aber bei den beiden Geschlechtern aus? Gibt es Unterschiede in den Copingstrategien?

In einer nationalen Querschnittsstudie mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern in zwei unterschiedlichen Altersgruppen (40 bis 45 Jahren und 50 bis 55 Jahren) unterschieden sich Frauen und Männer nur im Gebrauch einer Strategie wirklich signifikant. So schätzten sich Männer, im Gegensatz zu Frauen, öfter wieder neu positiv ein. Sowohl die befragten Frauen als auch die befragten Männer gaben an,

„Handlungen“ mit 61% und „Kognitionen“ mit 55% am häufigsten als Copingstil einzusetzen, im Vergleich zur „emotionalen Bewältigung“ mit 29% (vgl. Perring- Chiello et al., 2001, vgl. nach Steinmann, 2005, S. 45f.).

Hampel & Petermann (2001) führen Mädchen und junge Frauen (12 bis 20 Jahre) als Risikogruppe in Bezug auf Stress und Stressverarbeitung. Sie haben nicht nur ein erhöhtes Stresserleben, sondern verwenden inadäquate Stressverarbeitungsmuster. Strategien wie „Ablenkung“, „Bagatellisierung“,

„passive Vermeidung“, „Gedankenkreisen“, „Resignation“ und „Aggression“

werden von dieser Altersgruppe am häufigsten eingesetzt (vgl. Steinmann, 2005, S. 49).

(44)

6.2 Das „richtige" Coping - gibt es das?

Was ist ein „gutes“ oder „richtiges“ Coping? Das instrumentelle Coping galt früher in der Literatur im Vergleich zum emotionsbezogenen Coping als erfolgsversprechender. Inzwischen ist man aber zur Überzeugung gekommen, dass nicht die einzelnen Strategien für eine erfolgreiche Bewältigung ausschlaggebend sind. Vielmehr ist es wichtig, dass die betroffene Person über eine Vielzahl an Copingstrategien verfügen soll, die situativ richtig eingesetzt werden müssen. Erst dann kann es zu einer erfolgreichen Bewältigung der Stresssituation kommen (vgl. Franke/Franzkowiak, 2010, o. J.).

Moos und Schaefer (1993) haben in einem Modell diese Ansätze miteinander vereint.

Eine weitere Unterscheidung, die in der Literatur zu finden ist, besteht zwischen proaktiven und retroaktiven Copingstrategien. Diese Differenzierung soll vorgenommen werden, da die Autorin darauf im Kapitel über Stressprävention näher eingehen wird.

Das proaktive Coping versucht nötige Ressourcen im Vorfeld zu sichern. Dies soll das Stressgeschehen beeinflussen und einen positiven Umgang mit Stressoren sichern. Im Gegensatz dazu versucht man mit dem retroaktiven Coping zu reagieren. Es werden Lösungen gesucht, wenn man auf den Stressor trifft (vgl.

Aspinwall/Taylor, 1997, vgl. n. Faustinelli, 2008, S. 23).

Es gibt aber auch gefährliche Mittel zur Stressbewältigung, die sich destruktiv auf die physische und psychische Gesundheit der/des Betroffenen auswirken.

Dazu zählen unter anderem Alkohol - mit seiner entspannenden Wirkung - aber auch diverse verschreibungspflichtige Medikamente und andere Suchtmittel (vgl.Wirsing, 2000, S. 347).

(45)

Je weniger Bewältigungsmöglichkeiten der/dem Betroffenen zur Verfügung stehen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit auf solche Mittel zurückzugreifen.

Eine Gesundheitsbefragung 2002 in der Schweiz zeigte, dass fast 7% der Frauen täglich Schlaf- bzw. Beruhigungsmittel zu sich nehmen. Diese Zahl ist im Vergleich zu den männlichen Befragten fast doppelt so hoch (vgl. Steinmann, 2005, S. 38) .

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