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Laut Untersuchungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, ist Stress zu einem der größten Gesundheitsrisiken der heutigen Arbeitswelt geworden. Jeder dritte Arbeitnehmer leidet permanent unter Stresssymptomen (vgl. Bayer, 2002, S.

692). wobei laut SECO-Studie mehr als 10% den Stress nicht allein bewältigen können und medizinische Hilfe in unterschiedlicher Art in Anspruch nehmen (vgl.

Steinmann, 2005, S. 67).

Abb. 4: Engagement Index 2010 im internationalen Vergleich

In einer EU-Erhebung im Jahr 2000, klagten 33% der Erwerbstätigen über Rückenschmerzen. 28% gaben stressbedingte Gesundheitsprobleme an (vgl.

eurofound, 2001, nach Steinman, 2005, S. 55f.).

Stress verursacht jedoch nicht nur für den Betroffenen und sein soziales Umfeld Leiden und psychische Erkrankungen. Ein Faktor, den man nicht vergessen darf sind die Kosten, die jährlich durch die Folgeerkrankungen des Stresses entstehen.

Cox et al. (2000) spricht von durchschnittlich vier Tagen Krankenstand in der EU.

Dies sind jährlich insgesamt 600 Millionen Arbeitstage (vgl. Steinmann, 2005, S.

56).

Laut WHO (2004) sind fast ein Drittel aller Arbeitnehmer von Stress betroffen.

Die Kosten, die durch Krankenstände dadurch jährlich entstehen, beliefen sich 2004 in der EU auf 3-4% des Bruttoinlandsprodukts. In der Schweiz waren die Kosten 2000 bei 4,2 Milliarden Schweizer Franken (ca. 2,8 Milliarden Euro) (vgl.

Steinmann, 2005, S. 56).

Laut Badura sind aber Fehlzeiten keine aussagekräftigen Parameter zu den Kosten, sondern die Menschen, die trotz Erkrankung zur Arbeit gehen und nicht voll leistungsfähig sind. So gehen die Krankenstände im Bereich der klassischen chronischen Erkrankungen zurück und steigen im Bereich der seelischen Erkrankungen (vgl. Badura, 2011, S.8f.).

Empirische Studien belegen, dass Pflegepersonen zur Hochrisikogruppe für arbeitsbedingte Belastungen zählen, da Stress in der Arbeit oftmals nicht erfolgreich bewältigt werden kann und sich Pflegepersonal diesem ausgeliefert fühlt. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen haben sie einen schlechteren psychischen und physischen Gesundheitszustand, häufiger psychosomatische Probleme und die Verweildauer im Beruf ist kürzer (vgl. Schäfer-Walkmann, 2007, S. 1f.).

1997 hat die Generalkommission V der Europäischen Union folgende Definition für arbeitsbedingten Stress herausgegeben: „Arbeitsbedingter Stress ist eine emotionale und psychophysiologische Reaktion auf ungünstige und schädliche Aspekte der Arbeit, des Arbeitsumfeldes und der Arbeitsorganisation. Stress ist ein Zustand, der durch hohe Aktivierungs- und Belastungsniveaus gekennzeichnet ist und oft mit dem Gefühl verbunden ist, man könne die Situation nicht bewältigen“ (Europäische Kommission, Generaldirektion V, 1997, zit. n.

Rössner-Fischer, 2007, S. 14).

Wann aber entsteht Stress am Arbeitsplatz? Faktoren, die bei der Arbeit zu Stress führen können sind genauso vielschichtig, wie in allen anderen Bereichen von Stress.

Je nach Typus gehen die Menschen unterschiedlich mit hohen Anforderungen und Druck um. Erst die Einschätzung des Einzelnen, wie er die Situation empfindet, sagt etwas darüber aus, wie groß sein Stress dabei ist. Solche Faktoren sind z. B.

mangelnde Kontrolle über die Arbeit, Anforderungen an den Arbeitnehmer - die unangebracht sind - fehlende Unterstützung von Arbeitskollegen und Vorgesetzten, psychische und physische Gewalt, aber auch die fehlende Freude und Liebe zwischen dem Arbeitnehmer und seiner Arbeit spielen eine bedeutende Rolle. Oftmals gibt es ein starkes Abweichen zwischen den Rollen, die wir im Berufsleben und in unserem Privatleben einnehmen, was zu Konflikten und Stress führt (vgl. EU-OSHA, o. J, o. S.).

Aber auch Unsicherheiten bezüglich des eigenen Wissens, der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten, können zu massivem Stress führen.

So definiert die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (OHSA - European Agency for Savety and Health at Work) Stress folgend: „Menschen leiden unter Stress, wenn sie wahrnehmen, dass zwischen den Anforderungen, die an sie gestellt werden, und den Mitteln die ihnen zur Bewältigung dieser Anforderungen zur Verfügung stehen, ein Ungleichgewicht besteht“ (OHSA, o. J, o. S.).

Den meisten Definitionen für Stressoren im Arbeitsbereich ist gemeinsam, dass ein Ungleichgewicht zwischen den Anforderungen und dem Mitarbeiter besteht.

So bezeichnet Frese (1994) Ressourcen als „Hilfsmittel, die es dem Menschen erlauben, die eigenen Ziele trotz Schwierigkeiten anzustreben, mit den Stressbedingungen besser umzugehen und unangenehme Einflüsse zu verringern“

(Frese, 1994, S. 34, zit. n. Greiner, 2001, S, 143).

Zu den Stressoren im Arbeitsumfeld zählen laut Wenchel (2003) unter anderem:

Jobunsicherheiten, Kompetenzvergabe, Zeitdruck und Überforderung, hohe Verantwortung im Gegensatz zu geringen Entscheidungs- und Handlungsspielräumen, fehlende Informationen und Kommunikation mit Vorgesetzten (vgl. Faustinelli, 2008, S. 9).

In der Studie von Baechler et al. (2003) wird sichtbar, dass die Menschen mit ihrem Stress zu Hause besser umgehen können, da dieser im Gegensatz zu den Stressoren im Arbeitsumfeld beeinflussbar ist (vgl. Faustinelli, 2008, S. 47).

Das Gefühl, eine Situation zu kontrollieren, ist seit den Forschungen von Seligman (1975) grundlegend für eine positive psychische Entfaltung. So sind aber in der Arbeitswelt unzählige unkontrollierbare Faktoren vorhanden, wie Jobunsicherheiten, Termindruck oder Vorgaben durch externe Personen, welche die objektive Beherrschung von solchen Situationen massiv herabsetzt.

Dementsprechend sind Maßnahmen zur Verbesserung der subjektiven Kontrolle des Stresses (Verbesserung des Selbstwertgefühls oder Stressbewältigung) ungenügend, insbesondere, wenn die objektiven Stressursachen außerhalb der Kontrollierbarkeit des Arbeitnehmers liegen (vgl. Faustinelli, 2008, S. 16f.).

Bei Stress am Arbeitsplatz stehen laut Literatur weit weniger Bewältigungsstrategien zur Verfügung, als beim gewöhnlichen Alltagsstress.

Cartwright und Cooper (1996) beschreiben Bewältigungsstrategien im Arbeitsumfeld eher als aufgabenorientiert, da die Möglichkeiten für emotionelle Reaktionen eher eingeschränkt sind (vgl. Faustinelli, 2008, S. 17).

Mohr & Udris (1996) klassifizieren die Stressoren in der Arbeitswelt nach folgenden Kriterien:

Tab. 3: Klassifikation von Stressoren nach Mohr & Udris

Aufgabenbezogene Stressoren

Quelle: nach Greiner, 2001, S. 143

Aktive Copingstrategien können nur dann im Arbeitsalltag umgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer über ein bestimmtes Maß an Situationskontrolle verfügt.

So bestätigen verschiedene Forschungen die Ergebnisse von Perrez und Reicherts (1992). Die objektiven Bedingungen einer Situation müssen erkannt und korrekt eingeschätzt werden, damit das Individuum geeignete Maßnahmen auswählen kann und diese anwendet (vgl. Elfering et al., 2005, vgl. n. Faustinelli, 2008, S.

18).

Im Bereich des Gesundheits- und Krankenpflegepersonals liegen die Belastungen im Spannungsfeld zwischen Ärzten, Patienten, Angehörigen, Personen anderer Berufsgruppen und den Kollegen. Egal ob es lebensbedrohliche Situationen oder komplizierte Behandlungen sind, es handelt sich immer um eine große Verantwortung, in der sich das Pflegepersonal befindet. Durch den Mangel an Anerkennung und steter Konfrontationen zwischen organisatorischen und pflegerischen Handlungen, Zeitdruck, hoher Fluktuation, schwierigen Patienten, personeller Knappheit, kommt es zu einem Spannungsfeld. Dazu kommt die persönliche und gesetzliche Verpflichtung zur Weiterbildung (vgl.

Benner/Wrubel, 1997, S. 438).

Jedoch stehen nicht nur Pflegepersonen unter Stress, sondern auch die Patienten und Angehörigen, deren akute oder chronische Erkrankung, Behinderung, ungewohnte Umgebung oder auch die Konfrontation mit dem Tod belasten.

Die Versorgung von Patienten und Klienten findet meist im Schichtdienst statt.

Nachtdienste belasten aufgrund des veränderten Biorhythmus, durch Schlafschwierigkeiten, aber auch durch verändertes Sozialverhalten und sind dadurch mit Stress verbunden. Auch kommt es oft zu Geschwüren im Magen-Darm-Trakt durch die unregelmäßigen Mahlzeiten (vgl. ebd., S. 438).

Belastend für viele Pflegepersonen sind die hohe Identifikation mit dem kranken Menschen und die starke Involvierung in die Pflegesituation: das Gefühl Situationen beherrschen zu wollen und das dadurch übertriebene Engagement. Es herrscht also die Angst vor, Patienten und die eigenen Anforderungen zu enttäuschen. Diese seelischen und körperlichen Belastungen können bis zum Burnout führen (vgl. ebd., S. 422ff.).

In einer Studie von 1989 am Innsbrucker Krankenhaus gaben die Pflegepersonen an, dass der Faktor „Patient und Ethik“ der größte Stressor bei der Arbeit ist: die Konfrontation mit der Hilflosigkeit gegenüber der Patientin und dem Patienten, und die Angst, dieser/diesem nicht die beste Pflege zukommen zu lassen. An zweiter Stelle kamen „Personalkonflikte“, dann „Verunsicherungen durch Unwissenheit“ und erst an letzter Stelle gaben sie die „Arbeitslast“ als Grund für Stress an. (vgl. Kathan, 1991, S. 13ff.).

Aber auch im Berufsleben darf man Stress nicht nur negativ bewerten, denn wenn dieser kurzfristig auftritt, kann er als Ansporn dienen und die Arbeitskraft komplett ausschöpfen und beflügeln. Zum Risiko für die psychische und physische Gesundheit wird der Stress erst, wenn er sich über längere Zeit hält.

(vgl. OSHA, o. J., o. S.).

„Stress ist nicht zwangsläufig als schädlich anzusehen. Auch Anregungs- und Motivationseffekte sind als positive Reaktion zumindest bei einer mittleren Stressausprägung denkbar“ (Poppelreuter/Mierke, 2005, zit. n. Schwegler, 2006, S. 8).

So werden wichtige Bedürfnisse des Menschen durch die Berufstätigkeit befrie-digt, die in der Literatur als „psychosoziale Funktionen der Arbeit“ bezeichnet werden. So zählen zu den allgemeinen positiven Auswirkungen psychischer Be-anspruchung auf den Menschen nach Wieland & Baggen (1999) der Erwerb und Erhalt von

• Fähigkeiten und Fertigkeiten

• Arbeitsmotivation

• Wohlbefinden (vgl. Abel, 2007, S. 37).