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Brücken bauen. Masterarbeit. Zur Erlangung des akademischen Grades. Master of Arts in Social Sciences

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Academic year: 2022

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Brücken bauen.

Intersektorale Kooperationen zwischen

privatwirtschaftlichem und Drittem Sektor in Österreich.

Eine quantitative Untersuchung privatwirtschaftlicher Unternehmen.

Masterarbeit

Zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts in Social Sciences

an der FH Campus Wien

im Rahmen des europäischen Joint-Degree-Masterstudienganges

„Sozialwirtschaft und Soziale Arbeit“

Vorgelegt von Florian Hadatsch, BA

Personenkennzeichen 1610600013

Erstbegutachter FH Campus Wien FH-Prof. Mag. Peter Stepanek

Zweitbegutachter Hochschule München Prof. Dr. Jürgen Sandmann

Eingereicht am 26. April 2018

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Erklärung

Ich erkläre, dass die vorliegende Masterarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Masterarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin / einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

26. April 2018 Unterschrift:

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Schlüsselbegriffe

Intersektorale Kooperation – Privatwirtschaft – Dritter Sektor – Handlungsfelder – Kooperationsformen – Motive

Abstract

DEUTSCH: Diese Studie beschäftigt sich mit intersektoralen Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und Drittem Sektor mit besonderem Fokus auf Österreich. Untersucht wird, mit welchen Handlungsfeldern und in welchen Formen privatwirtschaftliche Unternehmen mit Organisationen des Dritten Sektors zusammenarbeiten und welche Motive dahinterstehen. Ziel ist, einen Überblick über intersektorale Kooperationen in Österreich zu geben. Dazu wird ein theoretischer Bezugsrahmen geschaffen, der die Akteure Privatwirtschaft und Dritten Sektor sowie das Phänomen intersektoraler Kooperation beleuchtet. Darauf aufbauend wird eine quantitative Befragung von 287 privatwirtschaftlichen Unternehmen unterschiedlicher Branchen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Mehrheit der Unternehmen im Bereich intersektoraler Kooperation aktiv ist, sowie Zusammenarbeit mit allen Handlungsfeldern und in allen Kooperationsformen besteht. Knapp drei Viertel der Unternehmen sind in den letzten fünf Jahren intersektorale Kooperationen eingegangen. Dabei gibt es Handlungsfelder und Kooperationsformen mit denen bereits etliche intersektorale Kooperationen realisiert werden, wohingegen andere weniger Verbreitung finden. Außerdem zeigt sich, dass moralische Motive vor relationalen und instrumentellen überwiegen.

ENGLISH: This study focuses on Cross-Sector Collaboration between the Private and the Third Sector with an emphasis on Austria. The fields of action and the forms of cooperation between private companies and organisations of the Third Sector, as well as the underlying motives for these collaborations, are examined in this study. The objective is to create an overview of inter- sectoral cooperation in Austria. For this purpose, a conceptual framework is created, which provides insights into the Private and the Third Sector and presents theories illuminating the phenomenon of Cross-Sector Collaboration. Subsequently a quantitative survey of 287 private companies is conducted. The results show that most companies are active in the field of inter- sectoral cooperation and they take place in all fields of action and in all forms of cooperation.

Almost three-quarters of companies have taken part in Cross-Sector Collaborations over the last five years. Cooperation exists in all fields of action and in all forms of cooperation – there are fields of action and forms of cooperation in which inter-sectoral cooperation is frequently realized, whereas it is less common in other fields. The findings also show that moral motives outweigh relational and instrumental ones.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 9

1.1 Ausgangslage ... 9

1.2 Erkenntnisinteresse ... 11

1.3 Aufbau der Arbeit ... 13

2 Akteure ... 15

2.1 Verortung ... 15

2.2 Der privatwirtschaftliche Sektor in Österreich ... 17

2.2.1 Definitionen ... 17

2.2.2 Typologisierung ... 18

2.3 Der Dritte Sektor in Österreich ... 23

2.3.1 Definitionen ... 23

2.3.2 Typologisierung ... 25

2.3.3 Österreichische Spezifika ... 28

3 Intersektorale Kooperationen ... 31

3.1 Begriffsbestimmung ... 31

3.2 Typologisierung ... 33

3.2.1 Partnerschaftsformen ... 34

3.2.2 Ressourcen und Kompetenzen ... 38

3.2.3 Instrumente ... 39

3.3 Begünstigende Faktoren ... 40

3.4 Etappen und Prozesse ... 41

3.4.1 Entstehung ... 42

3.4.2 Auswahl ... 42

3.4.3 Implementierung... 43

3.4.4 Institutionalisierung ... 43

3.5 Motive aus privatwirtschaftlicher Sicht ... 43

3.5.1 Instrumentelle Motive ... 45

3.5.2 Relationale Motive ... 45

3.5.3 Moralische Motive... 46

3.6 Nutzen intersektoraler Kooperation ... 47

3.6.1 Merkmale von Ressourcen ... 47

3.6.2 Arten von Nutzen ... 48

3.6.3 Ebenen der Wertschöpfung ... 50

4 Methodologie ... 53

4.1 Forschungsfrage ... 53

(8)

4.2 Forschungsdesign und Grundgesamtheit ... 55

4.3 Operationalisierung ... 55

4.4 Fragebogenkonstruktion ... 56

4.5 Stichprobe, Zeitraum der Erhebung und Rücklauf ... 57

4.6 Vorgehen bei der Datenauswertung ... 58

5 Darstellung der Ergebnisse ... 61

5.1 Unternehmensprofil der Stichprobe ... 61

5.2 Intersektorale Kooperationen ... 66

5.2.1 Allgemeine Angaben ... 66

5.2.2 Handlungsfelder ... 68

5.2.3 Kooperationsformen ... 73

5.2.4 Motive ... 76

6 Diskussion der Ergebnisse ... 79

6.1 Zentrale Befunde ... 79

6.2 Folgerungen ... 83

6.2.1 Praxisanwendungen für den Dritten Sektor ... 83

6.2.2 Potential intersektoraler Kooperationen ... 85

7 Schlussbetrachtungen ... 87

7.1 Resümee ... 87

7.2 Kritik am methodischen Vorgehen ... 88

7.3 Ausblick ... 89

8 Verzeichnisse ... 93

8.1 Abkürzungen ... 93

8.2 Literatur ... 94

8.3 Tabellen ... 100

8.4 Abbildungen ... 101

Anhang ... 103

A Operationalisierungstabellen ... 103

B Gewichtungstabelle ... 107

C Fragebogen ... 109

D Über den Autor ... 121

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1 Einleitung

1.1 Ausgangslage

Die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren Staat, Privatwirtschaft und Drittem Sektor hat eine lange Geschichte, wird jedoch erst seit wenigen Jahren zum expliziten Thema für Politik, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft. Die Formation eines eigenständigen Dritten Sektors selbst geschieht seit den 1970er Jahren und ist nach wie vor nicht abgeschlossen1. Erstmalig definiert und abgegrenzt wird der Dritte Sektor in den siebziger Jahren durch Etzioni (1973)2 und somit stellt auch die Forschung dazu eine vergleichsweise junge Disziplin dar.

Der wissenschaftliche Diskurs in Bezug auf intersektorale Kooperationen wird anfangs von Waddocks (1988) Definition der Social Partnerships geprägt, also mit einem Fokus auf gesellschaftliche Problemlösung. Mit den Jahren entwickelt sich der Schwerpunkt hin zu einer strategischen Sichtweise auf intersektorale Kooperationen für privatwirtschaftliche Unternehmen. (vgl. Austin/Seitanidi 2012a: 944) Ende des 20. Jahrhunderts ist die kritische Auseinandersetzung mit intersektoralen Kooperationen zumindest in Europa ein relativ neues Phänomen. In diesem Zusammenhang ist damals vorrangig die Rede einerseits von strategischen Allianzen, um die Zusammenarbeit zwischen zwei unabhängigen, privatwirtschaftlichen Unternehmen zu beschreiben, und andererseits von Public Private Partnerships (PPP), also der Kooperation von öffentlicher Hand und Privatunternehmen. In Bezug auf die Zusammenarbeit zwischen Privatwirtschaft und dem Dritten Sektor ist damals in erster Linie Sponsoring im Blickfeld. (vgl. Seitanidi 2010: xxi) Seit einigen Jahren ist wieder der Trend hin zu der Bedeutung intersektoraler Kooperationen in Hinblick auf den gesellschaftlichen Nutzen zu erkennen. (vgl. Austin/Seitanidi 2012a: 944).

Über die letzten Jahre steigt das Interesse an diesem Thema kontinuierlich vonseiten der betroffenen Sektoren, der Öffentlichkeit und der Wissenschaft konstant. Es kommt so zu einer Zunahme der Auseinandersetzung mit intersektoralen Kooperationen, die sich bezugnehmend auf Selsky und Parker (2005) in vier umfassende Typen gliedern lassen: (1) Privatwirtschaft

1 Dieser Umstand zeigt sich beispielsweise in der Begriffsdiskussion, in der hitzige Debatten für bzw. gegen die eine oder andere Begriffsbestimmung geführt werden. In der vorliegenden Arbeit wird vorzugsweise von „Drittem Sektor“ gesprochen und auf den weitverbreiteten Ausdruck „Nonprofit Sektor“ weitestgehend verzichtet.

2 In dieser Arbeit wird das Literaturverwaltungsprogramm „Zotero“ mit dem Zitierstil der „Wirtschaftsuniversität Wien – Wirtschaftspädagogik“ verwendet. Dieser Zitierstil entspricht den Vorgaben des Departments Soziales an

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und Dritter Sektor, (2) Politik und Privatwirtschaft, (3) Politik und Dritter Sektor sowie (4) dreiseitige Partnerschaften aus Politik, Privatwirtschaft und Drittem Sektor. Im wissenschaftlichen Diskurs setzen sich etliche Disziplinen mit den unterschiedlichen intersektoralen Kooperationen auseinander3. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit sind Kooperationen zwischen dem privatwirtschaftlichen und Dritten Sektor von vorrangigem Interesse.

Austin (2000a) zufolge beschleunigt sich die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Staat, Privatwirtschaft und drittem Sektor aufgrund einer zweiseitigen Übertragung von Funktionen:

Erstens durch die voranschreitende Dezentralisierung der Staatsgewalt und zweitens durch die vermehrte Aufgabenübertragung von öffentlichem zu privatwirtschaftlichem bzw. Drittem Sektor. Der Bedarf an finanziellen Mitteln trägt zu einem zusätzlichen Verschwimmen der Zuständigkeiten der Sektoren bei und unterstützt den Trend zu intersektoralen Kooperationen.

(vgl. Austin 2000a: 69) Einen strukturierten Überblick über Gründe für das steigende Interesse an Partnerschaften zwischen privatwirtschaftlichem und Drittem Sektor gibt Seitanidi (2010) indem sie Makro- und Mesofaktoren dafür zusammenfasst. So werden Globalisierung, die Kommunikationsrevolution, der Verlust staatlichen Einflusses, Empowerment von Privatwirtschaft und Drittem Sektor und Veränderungen im Konsumverhalten als Makrofaktoren betrachtet. Auf der Mesoebene spielen eine Zersplitterung der Zuständigkeiten und eine Machtübertragung vom Nationalstaat durch Globalisierung, Dezentralisierung und steigende Problemkomplexität eine Rolle, sowie die Legitimitätskrise politischer Parteien, der Vertrauensverlust in Institutionen und die Institutionalisierung von Corporate Social Responsibility (CSR). (vgl. Seitanidi 2010: 15ff)

Kooperation zwischen privatwirtschaftlichem und Drittem Sektor beinhaltet die Zusammenarbeit zwischen zwei Akteuren, die in ihrer Orientierung kaum unterschiedlicher sein könnten und deren Verhältnis über lange Zeit durch gegenseitige Indifferenz geprägt ist.

Veränderungen in der jeweiligen Umwelt – und dadurch der Sektoren selbst – bringen die Akteure in eine Problemlage: Während die Privatwirtschaft von ökonomischen Zwecken bestimmt wird, werden gesellschaftliche Veränderungen für sie immer wichtiger, wenn sie beispielsweise durch ihre Tätigkeit eine öffentliche Diskussion lostreten. Gegensätzlich verhält es sich für den Dritten Sektor, der von sozialen Zwecken geprägt wird, sich aber immer mehr wirtschaftlich ausrichten muss, beispielsweise in Hinblick auf Leistungsfähigkeit und

3 Seitanidi und Lindgreen (2010: 1) geben einen umfangreichen Überblick über verschiedene Veröffentlichungen,

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Finanzierung. (vgl. Pankau 2002: 1) Eine wesentliche Charakteristik des Dritten Sektors ist die hohe Bandbreite unterschiedlicher Bezeichnungen und Zugänge sowie einer unüberschaubaren Vielfalt an Organisationen. Die von Pankau (2002) beschriebenen sozialen Zwecke werden seit einigen Jahren immer häufiger unter dem Begriff der Sozialwirtschaft subsummiert. Je nach Betrachtungswinkel wird Sozialwirtschaft für einen Teilbereich des Dritten Sektors erachtet oder sektorübergreifend verstanden. (vgl. Gruber 2014: 4).

Die eingehende Untersuchung des Nutzens von intersektoralen Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und Drittem Sektor ist sowohl für die Praxis als auch für die Forschung von steigendem Interesse, vor allem, wenn der Fokus auf einem Vorteil nicht nur für die einzelnen Kooperationspartner, sondern für die breite Gesellschaft liegt (vgl. Selsky/Parker 2005: 858;

Austin/Seitanidi 2012a: 944). Immer wieder sind intersektorale Kooperationen in diesem Zusammenhang im Dunstkreis von unternehmerischer Verantwortung bzw. den Konzepten CSR und Corporate Citizenship (CC) anzutreffen. Dabei zeigt sich, dass es zwar immer mehr wissenschaftliche Literatur zu den Themen CSR und intersektoralen Kooperationen gibt, aber dennoch etliche spärlich oder gar unbeleuchtete Themen existieren und je nach Disziplin unterschiedliche Perspektiven eingenommen werden.

Die angloamerikanische Literatur nimmt in Hinblick auf die Forschung zum Thema eine Vorreiterrolle ein und bestimmt die Diskussion. In Praxis und Wissenschaft wird eine Vielzahl von Begriffen, die häufig aus dem Englischen übernommen werden, verwendet und keine einheitliche Definition dafür genutzt. (vgl. Prinzhorn 2008: 256) In der deutschsprachigen Forschung intensiviert sich die Auseinandersetzung mit intersektoralen Kooperationen zwischen privatwirtschaftlichem und Drittem Sektor Ende der 2000er Jahre, häufig aufbauend auf bekannte Konzepte in Hinblick auf unternehmerische Verantwortung (Prinzhorn 2008).

Naturgemäß gibt es eine höhere Anzahl an bundesdeutschen Beiträgen für die Wissenschaft, auch in Österreich ist jedoch eine Zunahme zu beobachten (vgl. Christanell et al. 2017).

1.2 Erkenntnisinteresse

Es besteht eine generelle Unschärfe des Dritten Sektors, die sich einerseits durch unterschiedliche Definitionsansätze und Zugänge erklärt (vgl. Heitzmann 2001: 24ff) sowie andererseits durch das Fehlen einheitlicher, überschaubarer statistischer Daten (vgl.

Pennerstorfer et al. 2013: 61). Der daraus resultierende Graubereich des Dritten Sektors stellt eine besondere Herausforderung für die Forschung dar. In Hinblick auf eine österreichische Perspektive ist unklar, zwischen welchen Organisationen in Österreich intersektorale Partnerschaften existieren und ob es Zusammenhänge in Hinblick auf die Organisationsprofile

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zwischen den gewählten Kooperationspartnern gibt, wie sich die Zusammenarbeit konkret ausgestaltet und welche Beweggründe dahinterliegen.

Die Problemstellung dieser Arbeit kann daher in folgender handlungsleitender Forschungsfrage formuliert werden:

Mit welchen Handlungsfeldern des Dritten Sektors und in welchen Formen arbeiten österreichische privatwirtschaftliche Unternehmen im Rahmen

intersektoraler Kooperationen mit Organisationen des Dritten Sektors zusammen und welche Motive stehen dahinter?

In dieser Forschungsfrage sind etliche Begrifflichkeiten und Konzepte vertreten, die im Rahmen einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung einer expliziten Erläuterung bedürfen.

Bevor es also zur Beantwortung der Forschungsfrage kommen kann, muss sie im Zuge einer theoretischen Annäherung in ihre Bestandteile zerlegt und analysiert werden. In diesem Sinne sollen folgende Fragen durch die Auseinandersetzung mit der Literatur beantwortet werden:

Was ist unter dem privatwirtschaftlichem bzw. dem Dritten Sektor und den dazugehörigen Organisationen zu verstehen? Welche Handlungsfelder des Dritten Sektor gibt es? Was sind intersektorale Kooperationen, welche Kooperationsformen gibt es und welche Motive bedingen sie? Wo ist der Bezug zu Österreich?

Anknüpfend an die Literaturrecherche wird die Forschungsfrage, aufgrund ihres deskriptiven Charakters, mittels einer quantitativen Untersuchung privatwirtschaftlicher Unternehmen beantwortet. Das Ziel dieser Studie ist dabei in erster Linie eine deskriptive Darstellung der erhobenen Daten und damit das Schaffen eines Überblicks über intersektorale Kooperationen zwischen Drittem Sektor und Privatwirtschaft. Es wird so abgebildet, mit welchen Handlungsfeldern des Dritten Sektors privatwirtschaftliche Unternehmen intersektorale Kooperationen eingehen, welche Beweggründe dahinterstehen und welche Verteilungen der unterschiedlichen Kooperationsformen vorliegen. In diesem Sinne ist in Hinblick auf die Sozialwirtschaft weniger die Verortung ihres Konzepts, sondern vielmehr ihre Handlungsfelder bzw. Zielgruppen von Interesse, da dadurch eine tiefergehende Analyse des Dritten Sektors einhergehen kann. In weiterer Folge wird durch diese Studie ein Grundstein für die Untersuchung eventueller Zusammenhänge zwischen den Merkmalen eines Unternehmens und intersektoralen Kooperation, gelegt.

Der Erkenntniswert dieser Arbeit liegt also darin, ausgehend von einer Untersuchung privatwirtschaftlicher Unternehmen, eine Bestandsaufnahme bestehender und möglicher

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intersektoraler Kooperationen zu generieren. Ziel dieser Arbeit ist es also, herauszufinden, zwischen welchen Unternehmen bzw. Organisationen intersektorale Zusammenarbeit stattfindet und wie sich diese konkret darstellt, aber auch, welche Kooperationen für privatwirtschaftliche Unternehmen vorstellbar sind, aber noch nicht bestehen. Daraus können Rückschlüsse gezogen werden, in welchen Bereichen Potential in Hinblick auf mögliche intersektorale Kooperationen besteht und so Strategien abgeleitet werden.

1.3 Aufbau der Arbeit

Diese Studie wird in Bezugnahme auf Raithels (2008) Phasen des Forschungsprozesses umgesetzt. In jeder dieser Phasen sind Entscheidungen zu treffen, da jeder Schritt mit mehreren Entscheidungsmöglichkeiten verbunden ist, die von Forschungsziel, Forschungsressourcen und der Einschätzung des Forschenden abhängen. (vgl. Raithel 2008: 26f) Tabelle 1 gibt einen Überblick über diese Phasen des Forschungsprozesses und stellt sie in Zusammenhang mit dem Aufbau dieser Arbeit.

Die Problemformulierung geschieht anhand der Darstellung von Ausgangslage und der daraus abgeleiteten Forschungsfrage, sowie der Formulierung des Erkenntnisinteresses in Kapitel 1 und entspricht demnach Phase 1, der Konkretisierung des Untersuchungsziels.

In den Kapiteln 2 und 3 findet durch die Auseinandersetzung mit dem aktuellen Foschungsstand die Theorie- und Hypothesenbildung statt, also Phase 2. Inhaltlich geht es dabei erstens um die Darstellung der Akteure, also den privatwirtschaftlichen und den Dritten Sektor, sowie zweitens um die Erarbeitung eines theoretischen Bezugsrahmens zu intersektoralen Kooperationen.

Phase 3, die Konzeptualissierung des Forschungsvorhabens, wird in Kapitel 4 umgesetzt. Dies geschieht durch die Operationalisierung des Untersuchungsgegenstands, die Konstruktion des Erhebungsinstruments, die Festlegung des Erhebungsinstruments und der Stichprobe, sowie eine Erprobung und eventuelle Adaption des Erhebungsinstruments mithilfe eines Pretests.

Kapitel 5 beinhaltet die Darstellung der erhobenen (Phase 4) und aufbereiteten (Phase 5) Daten hinsichtlich einer Beschreibung der Stichprobe sowie deskriptiven Auswertung der Untersuchungsergebnisse in Hinblick auf die Forschngsfrage und entspricht demnach Phase 6.

Die Diskussion und Interpretation der Ergebnisse wird in Kapitel 0 durchgeführt, hierbei stehen zentrale Befunde sowie Folgerungen im Mittelpunkt der Betrachtungen. Abschließend wird in Kapitel 7 ein Bogen über die gesamte Studie gespannt, indem erstens ein Resümee gezogen, zweitens die konkrete Vorgehensweise kritisch betrachtet und drittens ein Ausblick auf

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weiterführende Untersuchungen gegeben wird. Die letzten beiden Kapitel bilden demnach die siebte Phase des Forschungsprozesses. (vgl. Raithel 2008: 27ff)

Tabelle 1: Phasen des Forschungsprozesses nach Raithel (2008: 27) mit entsprechenden Kapiteln dieser Arbeit

Kapitel Forschungsablauf Phase

1 Untersuchungsziel

Problemformulierung, Forschungsfrage

1

2 und 3 Theorie- und Hypothesenbildung 2

4 Konzeptualisierung

Operationalisierungsvorgang

Konstruktion des Erhebungsinstruments

Festlegung des Forschungsdesigns

Festlegung der Stichprobe

Pretests

3

Erhebungsvorbereitung und Datenerhebung 4 Datenaufbereitung

Erstellung der Datenmatrix

Dateneingabe

Datenbereinigung

Datenmodifikation

5

5 Datenanalyse

Häufigkeiten und univariate Maßzahlen

Bi- und multivariate Analyseverfahren

Hypothesentests, Signifikanztests

6

6 und 7 Interpretation und Dissemination 7

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2 Akteure

Dieses Kapitel zielt vorrangig darauf ab, die beteiligten Akteure, also den privatwirtschaftlichen und den Dritten Sektor, in Hinblick auf die Forschungsfrage zu beleuchten. Dabei stehen einerseits die Erarbeitung von Charakteristika des jeweiligen Sektors im wissenschaftlichen Diskurs sowie andererseits die konkrete Ausgestaltung in Österreich im Fokus. Um einen umfassenden Blick auf Privatwirtschaft und Dritten Sektor zu bekommen, ist es in einem ersten Schritt notwendig, bei der Konstitution des Verständnisses von Sektoren anzusetzen und aus systematischer Sicht auch den Bezug zum öffentlichen Sektor herzustellen (Kapitel 2.1). Darauf aufbauend werden der privatwirtschaftliche Sektor in Kapitel 2.2, sowie der Dritte Sektor in Kapitel 2.3 näher beleuchtet.

2.1 Verortung

Im deutschsprachigen wissenschaftlichen Diskurs findet seit den siebziger Jahren eine intensive Auseinandersetzung mit den Unterschieden zwischen Markt und Staat und der damit einhergehenden sektoralen Einteilung statt. Dabei stehen die jeweils spezifischen Zielorientierungen und Organisationsstrukturen im Vordergrund (vgl. Blossfeld/Becker 1989:

233). Von Amerika aus gibt Etzioni (1973) den Anstoß auch einen Dritten Sektor neben privatwirtschaftlichem und öffentlichem zu berücksichtigen. Im deutschsprachigen Raum entwickelt sich die Diskussion um diesen zusätzlichen Sektor schließlich in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre (vgl. Wex 2013: 5). Inzwischen hat sich die Einteilung des wirtschaftlichen Handelns von Organisationen in den öffentlichen, den privatwirtschaftlichen und den Dritten Sektor etabliert. (vgl. Gruber 2014: 4).

Die Trennlinien zwischen diesen drei Bereichen gelten keineswegs als scharf umrissen, sondern sind als mehr oder weniger fließende Übergänge zu verstehen und verfügen über eine gewisse Durchlässigkeit. Ein Aspekt hierbei ist, dass gewisse Tätigkeitsfelder von allen Sektoren bedient werden können. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung wird auch eine voranschreitende Konvergenz der drei Sektoren, also ein Verschwimmen der Grenzen, diskutiert. (vgl. Badelt 2002: 68; Pankau 2002: 12)

Da für das vorliegende Forschungsinteresse der öffentliche Sektor nicht im Vordergrund steht, wird dieser bei den nachfolgenden Ausführungen außer Acht gelassen.

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Weder in der deutschsprachigen, noch in der internationalen Fachliteratur setzt sich ein einheitlicher Begriff für den privatwirtschaftlichen als auch für den Dritten Sektor und ihre Organisationen durch. Je nach Definitionsansatz, Hintergrund oder Disziplin werden unterschiedliche Bezeichnungen verwendet, die häufig ein Gegensatzpaar darstellen: Profit- und Nonprofit-Organisationen, kommerzielle und nichtkommerzielle Organisationen, eigenwohl- und gemeinwohlorientierte oder eigen- und gemeinwirtschaftliche Unternehmen.

(vgl. Pankau 2002: 11)

Auch Sozialwirtschaft wird in der Literatur teils als Gegensatz zur Privatwirtschaft dargestellt und somit gleichgesetzt mit dem Dritten Sektor oder als Teilbereich davon betrachtet (vgl.

Gruber 2014: 4). Die Verortung des relativ jungen Konzepts der Sozialwirtschaft, das sich im deutschsprachigen Raum seit Mitte der 2000er Jahre ausbreitet, ist jedoch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion (vgl. Gruber 2014: 1). „Der Begriff Sozialwirtschaft umfasst ein Segment der Wirtschaft, welches personenbezogene Dienstleistungen mit der Aufgabenstellung der Bewältigung sozialer Probleme erbringt. Als Wirtschaftssektor wird die Sozialwirtschaft als Teil des Dritten Sektors zwischen Markt und Staat angesiedelt. (…) Sie umfasst eine große Bandbreite individueller und kollektiver Formen der privaten, gemeinschaftlichen oder öffentlichen, gemeinnützigen oder gewerblich gewinnorientierten Versorgung mit Leistungen der sozialen Daseinsvorsorge.“ (Dimmel/Schmid 2013: 78) In der deutschsprachigen Literatur werden unter Sozialwirtschaft häufig soziale Dienstleistungsangebote aller drei Sektoren subsummiert (vgl. Gruber 2014: 4), wobei der überwiegende Teil in den Dritten Sektor fällt (vgl. Dimmel/Schmid 2013: 78). Im Rahmen dieser Arbeit wird das Konzept der Sozialwirtschaft in diesem sehr umfassenden Sinn verstanden. In Hinblick auf die Forschungsfrage rücken jedoch sozialwirtschaftliche Handlungsfelder respektive Zielgruppen in den Vordergrund, um den Gegenstandsbereich des Dritten Sektors näher zu spezifizieren.

Nachdem nun also ein Überblick auf Makroebene über die Sektoren und ihre Beziehung zueinander vorliegt, wird nachfolgend das Verständnis dieser Arbeit der auf Mesoebene handelnden Subjekte in diesem Kosmos der Sektoren vorgestellt: Unternehmen und Organisationen.

Die Europäische Union definiert als Unternehmen „jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Dazu gehören insbesondere auch jene Einheiten, die eine handwerkliche Tätigkeit oder andere Tätigkeiten als Ein-Personen- oder Familienbetriebe ausüben, sowie Personengesellschaften oder Vereinigungen, die regelmäßig einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen.“ (EU Kommission 2003: 39) Hierbei wird also von

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einem sehr breit gefassten Unternehmensbegriff gesprochen, der sich durch den nicht näher erläuterten umfassenden Ausdruck wirtschaftliche Tätigkeit definiert. Dieser Ansatz fasst also sowohl den privatwirtschaftlichen, als auch den Dritten Sektor mit ein und macht den Terminus Unternehmen für beide Bereiche anwendbar.

Der Begriff der Organisation wird umgangssprachlich sowie betriebswirtschaftlich in verschiedenen Bedeutungen verwendet und kann sowohl für Akteure des privatwirtschaftlichen als auch des Dritten Sektors verwendet werden (vgl. Thommen et al. 2017: 434). Aus betriebswirtschaftlicher Sicht stehen folgende drei Aspekte im Vordergrund: „Gestalterischer Aspekt: Das Unternehmen wird organisiert (…) Instrumentaler Aspekt: Das Unternehmen hat eine Organisation (…) Institutionaler Aspekt: Das Unternehmen ist eine Organisation“

(Thommen et al. 2017: 434). Gemeinsame Merkmale von Organisationen des privatwirtschaftlichen und des Dritten Sektors sind, dass es sich dabei erstens um soziale Systeme handelt, in denen Menschen tätig sind, zweitens übernehmen beide Sektoren produktive Funktionen, indem sie eine spezifische Leistung durch die Kombination von Produktionsfaktoren erstellen und drittens richten sie sich auf einen bestimmten Markt aus und befriedigen so ein ganz bestimmtes Bedürfnis. (vgl. Thommen et al. 2017: 22)

Trotz Gemeinsamkeiten handelt es sich zwischen den Organisationen der beiden Sektoren um sehr unterschiedliche Akteure, die in den nachfolgenden Kapiteln dieser Arbeit näher betrachtet werden.

2.2 Der privatwirtschaftliche Sektor in Österreich

In diesem Kapitel wird dargestellt, welches Verständnis von Privatwirtschaft dieser Forschungsarbeit zugrunde liegt. Der Anspruch liegt nicht darin, eine allumfassende, detaillierte Wiedergabe der österreichischen Privatwirtschaft abzubilden, sondern einen grundlegenden Überblick darüber zu geben. In einem ersten Schritt wird daher anhand der recherchierten Literatur eine Arbeitsdefinition erarbeitet, während sich die nächsten Schritte darauf konzentrieren gebräuchliche Klassifikationsmuster sowie für diese Studie relevante Charakteristika des privatwirtschaftlichen Sektors abzubilden.

2.2.1 Definitionen

Organisationen in Form von Unternehmen des privatwirtschaftlichen Sektors sind dadurch gekennzeichnet, dass sie AkteurInnen eines Wirtschaftssystems sind, indem sie Waren herstellen, Dienstleistungen erbringen und diese über einen Markt an KundInnen zu einem bestimmten Preis verkaufen. Wesentliches Merkmal ist das Streben nach Gewinn. Die

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Organisationen dieses Sektors sind vorrangig auf ökonomische Zwecke ausgerichtete Systeme zur Profitmaximierung in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem. (vgl. Herzka 2013: 8;

Thommen et al. 2017: 22)

Ein wesentlicher Faktor des privatwirtschaftlichen Sektors ist also eine Orientierung am Profit, der durch Tauschgeschäfte, wie beispielsweise Ware gegen Geld, erwirtschaftet wird. Beim dahinterstehenden wirtschaftlichen Prinzip geht es darum, das Ergebnis bei gegebenem Aufwand zu maximieren oder im Umkehrschluss den Aufwand bei gegebenem Ergebnis zu minimieren. Die Produkte oder Dienstleistungen eines Unternehmens werden in diesem Sinne also von privaten oder staatlichen Subjekten, sogenannten KundInnen, erworben, die dafür eine Vergütung an das Unternehmen abtreten. (vgl. Schellberg 2017: 30) Dieser Tausch geschieht zum einen auf freiwilliger Basis und muss sich zum anderen für beide Seiten rechnen. (vgl.

Schellberg 2017: 214)

Privatwirtschaftliche Unternehmen zeichnen sich in der Marktwirtschaft zusammenfassend also durch folgende Faktoren aus: Erstens verfügen sie über Autonomie, der Staat nimmt also keinen Einfluss auf Produktionsprogramme und Dienstleistungen. Zweitens sind Unternehmen Privateigentum und drittens streben sie nach Gewinn. Viertens ergeben sich Marktpreise durch das System von Angebot und Nachfrage. (vgl. Wobbermin et al. 2005: 5).

2.2.2 Typologisierung

Es gibt eine große Bandbreite an Möglichkeiten Unternehmen zu klassifizieren, beispielsweise nach Branche, der Größe, der Rechtsform oder dem geografischen Wirkungsbereich (vgl. Paul 2015: 26; Thommen et al. 2017: 21ff). Statistische Klassifikationen sind im Wesentlichen durch folgende Merkmale charakterisiert: Sie decken das gesamte behandelte Spektrum ab; die Kategorien müssen sich gegenseitig ausschließen, sodass ein Element nur jeweils einer Kategorie zugeordnet werden kann; und ein einheitliches methodologisches Vorgehen hinsichtlich der Zuordnung der Elemente zu den jeweiligen Kategorien ist notwendig. (vgl.

Eurostat 2008: 14) 2.2.2.1 Branche

In Bezug auf eine Typologisierung des privatwirtschaftlichen Sektors hinsichtlich der unterschiedlichen Tätigkeitsfelder bzw. Branchen hat sich in Europa die sogenannte NACE (Nomenclature Générale des Activités Économiques) durchgesetzt. Diese Klassifikation der Wirtschaftstätigkeiten hat ihre Ursprünge in den sechziger Jahren und wird seit den späten Achtzigern abgeleitet von der durch die Vereinten Nationen entwickelte internationale Standardklassifikation ISIC (International Standard Industrial Classification). Durch die

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einheitliche Einteilung ist es möglich, zuverlässige und vergleichbare internationale Studien durchzuführen. Die Mitgliedsstaaten der EU adaptieren die vorgegebene NACE Klassifikation entsprechend nationaler Ausprägungen und Besonderheiten. (vgl. Eurostat 2008: 13f)

In Österreich wird aktuell die auf der NACE Rev. 2 basierende sogenannte ÖNACE 2008 angewandt. Seit dem Beitritt zur EU im Jahr 1995 ersetzt die jeweils gültige ÖNACE die bis dahin angewandte österreichische Grundsystematik der Wirtschaftstätigkeiten, die sogenannte Betriebssystematik 1968 (BS 68). (vgl. WKÖ 2014: 2) Die Statistik Austria berücksichtigt bei ihren Berechnungen die Produktions- und Dienstleistungsbereiche der ÖNACE 2008 B bis N und S95 und bezeichnet diese als marktorientierte Wirtschaft. Land-, Forstwirtschaft und Fischerei werden hierbei ausgeklammert. (vgl. BMWFW 2016: 20) Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über die von der Statistik Austria im Sinne der marktorientierten Wirtschaft erfassten Branchen und gibt über die Anzahl der Unternehmen und Beschäftigten für das Jahr 2015 Auskunft.

Tabelle 2: Leistungs- und Strukturdaten 2015; Ergebnisse der Produktions- und Dienstleistungsbereiche ÖNACE 2008 B bis N und S95 (vgl. Statistik Austria 2017b: 58ff)

Branche ÖNACE 2008 Abschnitte Unternehmen Unternehmen % Beschäftigte

B Bergbau 348 0,11 6.222

C Herstellung von Waren 25323 7,71 624.354

D Energieversorgung 2390 0,73 29.168

E Wasserversorgung und Abfallentsorgung 2030 0,62 20.339

F Bau 34564 10,52 287.944

G Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen

77930 23,71 655.210

H Verkehr und Lagerei 14065 4,28 196.069

I Beherbergung und Gastronomie 47317 14,40 297.234

J Information und Kommunikation 18549 5,64 109.842

K Finanz- und Versicherungsleistungen 6313 1,92 119.316

L Grundstücks- und Wohnungswesen 17923 5,45 48.854

M Freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen

65393 19,90 241.054

N Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen 15088 4,59 222.259

S95 Reparatur von Gebrauchsgütern 1405 0,43 4.106

Insgesamt 328.638 100,00 2.861.971

(20)

2.2.2.2 Größe

Es gibt international und national unterschiedliche Ansätze, die Größe eines Unternehmens zu bestimmen, die am häufigsten verwendeten Maßgrößen sind die Beschäftigtenanzahl, der Umsatz und die Bilanzsumme (vgl. Thommen et al. 2017: 22). In Bezug auf die sogenannten Unternehmensgrößenklassen existiert also keine einheitliche Definition und unterschiedliche Parameter werden in Hinblick auf eine Unterteilung herangezogen. Im europäischen Raum weit verbreitet ist die Definition der Europäischen Union (vgl. EU Kommission 2003), die zur Bestimmung, wie in Tabelle 3 ersichtlich, Beschäftigtenanzahl, Umsatz und Bilanzsumme heranzieht. Unternehmen gelten demnach als Kleinstunternehmen, wenn sie weniger als zehn MitarbeiterInnen haben und weniger oder gleich zwei Millionen Euro Jahresumsatz oder Bilanzsumme erwirtschaften. Für Kleinunternehmen gelten die Grenzen weniger als 50 Beschäftigte und zehn Millionen Euro Umsatz bzw. Bilanzsumme. Mittelgroße Unternehmen haben weniger als 250 MitarbeiterInnen, einen Jahresumsatz von maximal 50 Millionen Euro bzw. eine Bilanzsumme von 43 Millionen Euro. Diese Unternehmen werden auch als kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bezeichnet. Demzufolge gilt ein Unternehmen als Großunternehmen, wenn es die definierten Schwellenwerte überschreitet.

Tabelle 3: Schwellenwerte für Beschäftigungsgrößenklassen (vgl. EU Kommission 2003)

Unternehmenskategorie Beschäftigte Jahresumsatz in Millionen Euro

Jahresbilanzsumme in Millionen Euro

Kleinst < 10 ≤ 2 ≤ 2

Klein < 50 ≤ 10 ≤ 10

Mittelgroß < 250 ≤ 50 ≤ 43

Groß ≥ 250 > 50 > 43

Für Österreich zeigt sich, dass es sich bei ganzen 99 Prozent der ca. 330.000 privatwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne der marktorientierten Wirtschaft um KMU handelt. Davon wiederum entfallen 87 Prozent auf Kleinstunternehmen mit bis zu neun MitarbeiterInnen. Außerdem arbeiten mehr als zwei Drittel aller Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen. Für die österreichische Perspektive nimmt also das Feld der KMU einen besonderen Stellenwert ein. (vgl. BMWFW 2016: 15ff) Aus diesem Grund wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft eine zusätzliche statistische Gliederung von Unternehmensgrößenklassen mit einer deutlich differenzierteren Aufsplittung der MitarbeiterInnenanzahl im niedrigen Segment vorgenommen, so wird inzwischen auch eine

(21)

Unterscheidung von Unternehmen mit einer Beschäftigtenanzahl von null4, eins bis vier, fünf bis neun sowie zehn oder mehr getroffen. (vgl. BMWFW 2015a: 1).

Tabelle 4: Beschäftigungsgrößenklassen österreichischer Unternehmen im Jahr 2015 (Quelle:

Statistik Austria 2017b: 12; 24f)

Unternehmenskategorie Beschäftigte Unternehmen Unternehmen % Beschäftigte

Kleinst 0 - 9 286.302 87,12 708.774

Klein 10 - 19 23.344 7,10 310.538

Klein 20 - 49 12.390 3,77 368.416

Mittelgroß 50 - 249 5.454 1,66 545.414

KMU 0 - 249 327.490 99,65 1.933.142

Groß ≥ 250 1.148 0,35 928.829

Insgesamt 328.638 100,00 2.861.971

2.2.2.3 Geografischer Wirkungsbereich

Thommen et al. (2017) definieren den Standort eines Unternehmens als den geografischen Ort, an dem dieses seine Produktionsfaktoren einsetzt. Außerdem kann ein Unternehmen aus unterschiedlichen Gründen mehrere Standorte aufweisen, v.a. bei Konzernen verteilen sich Niederlassungen auf verschiedene Orte. Ein weiteres Kriterium stellt die internationale Verwobenheit dar: Ein Unternehmen kann Standorte im Ausland haben oder auch Tochterorganisation eines ausländischen Unternehmens sein. In Hinblick auf den Standort eines Unternehmens ergeben sich zwei Perspektiven: (vgl. Thommen et al. 2017: 38ff)

(1) Der Grad der geografischen Ausbreitung beschreibt verschiedene Standortkategorien anhand der Örtlichkeiten an denen die Produktion und der Absatz eines Unternehmens stattfinden. Beispielsweise ist so eine Einteilung in lokal, regional, national, international oder multinational möglich.

(2) Die Standortanalyse, also die Bestimmung und Darstellung des konkreten Standorts in einem bestimmten Land, einer Region oder Gemeinde. Eine Möglichkeit einer Zuordnung zu einem Standort stellen auch der von der EU verwendete Grad der Verstädterung dar, hier wird in schwach, mittel und hoch besiedelte Gebiete unterschieden (vgl. Eurostat 2017: 10f).

4 Unter einem Unternehmen mit null MitarbeiterInnen sind Ein-Personen-Unternehmen (EPU) zu verstehen, da es

(22)

2.2.2.4 Weitere Charakteristika

Unternehmen des privatwirtschaftlichen Sektors können neben einer Einteilung in Branchen oder Größenklassen noch durch etliche andere Charakteristika unterschieden und eingeteilt werden. Einige Beispiele sollen nachfolgend kurz umrissen werden.

So existiert eine große Bandbreite an Rechtsformen, die Unternehmen in Österreich haben können. Die mit Abstand größte Gruppe machen Einzelunternehmen aus, gefolgt von GesmbH, Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, Personengesellschaften, Aktiengesellschaften sowie anderen Rechtsformen. (vgl. Statistik Austria 2017a: 98)

Außerdem kann auch in Hinblick auf die KundInnenstruktur eine Kategorisierung erfolgen, indem beispielsweise zwischen Privat- und Firmenkunden unterschieden wird. Im betriebswirtschaftlichen Kontext werden hierbei vermehrt die Anglizismen business to business (b2b) oder business to consumers (b2c) angewandt (vgl. Piekenbrock 2010: 78).

Eine weitere Möglichkeit zur Klassifizierung privatwirtschaftlicher Unternehmen stellt die Zusammensetzung der EigentümerInnen dar. Sogenannte Familienunternehmen im weitesten Sinn werden von der österreichischen Wirtschaftskammer definiert als Unternehmen beliebiger Größe, „wenn [1] sich die Mehrheit der Entscheidungsrechte im Besitz der natürlichen Person(en), die das Unternehmen gegründet hat/haben, der natürlichen Person(en), die das Gesellschaftskapital des Unternehmens erworben hat/haben oder im Besitz ihrer Ehepartner, Eltern, ihres Kindes oder direkten Erben ihres Kindes befindet und [2] die Mehrheit der Entscheidungsrechte direkt oder indirekt besteht, und/oder [3] mindestens ein Vertreter der Familie oder der Angehörigen offiziell an der Leitung bzw. Kontrolle des Unternehmens beteiligt ist.“ (WKO 2013: 4) Bei Familienunternehmen im engeren Sinn werden Ein-Personen- Unternehmen (EPU) nicht mit eingerechnet, da bei diesen durch ihre strukturellen Gegebenheiten – v.a. das Fehlen von MitarbeiterInnen – nur bedingt die Komplexität von Familienunternehmen vorliegt. Diese entsteht durch den wechselseitigen Einfluss von Familie und Unternehmen, sowie Eigentum und Führung. Bezugnehmend auf die österreichischen Zahlen wird von einer Summe von 156.400 Familienunternehmen gesprochen, denen zwei Drittel aller selbstständig und unselbstständig Beschäftigten sowie 60 Prozent aller Umsätze zugerechnet werden. (vgl. WKO 2013: 4)

(23)

2.3 Der Dritte Sektor in Österreich

Dieses Kapitel beleuchtet den Dritten Sektor, wobei ein stärkerer Fokus auf theoretische Konzepte in Bezug auf Definitionsansätze und Klassifizierungsversuche gelegt wird. Dieser Schritt ist notwendig, da der Dritte Sektor im Vergleich zur Privatwirtschaft noch immer einen Graubereich darstellt und im wissenschaftlichen Diskurs unterschiedliche Ansichten vorliegen.

Erkenntnisinteresse ist dabei, einen für die weitere Untersuchung stimmigen und nützlichen Überblick in Hinblick auf den Dritten Sektor zu geben und einen österreichischen Bezug herzustellen.

2.3.1 Definitionen

In den siebziger Jahren wurde die Existenz eines Dritten Sektors zwischen Staat und Markt erstmals wissenschaftlich artikuliert und u.a. als Reaktion auf Staats- und Marktversagen zurückgeführt (vgl. Etzioni 1973: 315). Der Dritte Sektor wird im wissenschaftlichen Diskurs auch als jener Bereich bezeichnet, der im Spannungsfeld zwischen Staat, Markt und der Gesellschaft steht. Er ist also nicht eindeutig abzugrenzen, sondern beinhaltet je nach Organisationstyp mehr oder weniger Elemente eines oder mehrerer dieser drei Faktoren. (vgl.

Zimmer/Priller 2002: 13) Bisher gibt es keine einheitliche Definition des Dritten Sektors, was auf seine Heterogenität, aber auch auf die unterschiedlichen kulturellen, geografischen, politischen oder wissenschaftsdisziplinären Zugänge zurückzuführen ist (vgl. Sieper 2008: 13).

Der Dritte Sektor ist also teilweise nur unklar abzugrenzen und in den letzten Jahren entwickelten sich neue Unternehmenskonzepte, wie beispielsweise Social Business, wodurch sich die Trennlinien zwischen den Sektoren zusätzlich verklären. (vgl. Vandor et al. 2015: 5) 2.3.1.1 Begriffsdiskussionen

Gerade in den Anfangsjahren der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Dritten Sektor etabliert sich eine Negativdefinition – Definitionsversuche werden gemacht, indem dargestellt wird, was der Dritte Sektor nicht ist. Dieser Umstand schlägt sich auch in diversen Begriffen nieder Ein Beispiel dafür, das durchaus irreführend sein kann, ist NPO, also nonprofit organisation. Durch die Bezeichnung könnte angenommen werden, dass diese Organisationen keinen Gewinn erwirtschaften dürfen, tatsächlich darf der Gewinn jedoch nicht an Mitglieder oder EigentümerInnen ausgeschüttet werden. Der Begriff NPO ist auf seinen angloamerikanischen Ursprung zurückzuführen, da dort eine stärkere Marktorientierung der Organisationen des Dritten Sektors stattfindet. Im kontinentaleuropäischen Raum ähneln diese Organisationen jedoch eher öffentlichen, als gewinnorientierten Institutionen, weshalb sich hier eher die Negativdefinition NGO, also nongovernmental organisation durchsetzt. Auch dieser

(24)

Begriff ist trügerisch, da als Nichtregierungsorganisationen streng genommen jede private Organisation gesehen werden kann, also privatwirtschaftliche und solche des Dritten Sektors.

Als weiteres Beispiel lässt sich der Begriff intermediärer Sektor anführen, da dieser keinen eigenständigen Sektor darstellt, sondern im Spannungsfeld zwischen den Systemen Markt und Staat steht. Lediglich der Begriff des Dritten Sektors ordnet Organisationen explizit einem eigenen Status zu, der unabhängig von den anderen Sektoren gesehen werden kann. (vgl.

Heitzmann 2001: 31f) 2.3.1.2 Legaldefinition

Dieser Definitionsansatz beruht auf der Grundlage gesetzlicher Rahmenbedingungen sowie Richtlinien und versucht Organisationen des Dritten Sektors in diesem Sinne beispielsweise hinsichtlich steuerlicher Aspekte oder der Rechtsform einzugrenzen. Hierbei kommt also den jeweiligen Gesetzen eines Staates oder Gerichtsurteilen die Funktion zu, den Sektor zu definieren. (vgl. Anheier/Salamon 1992: 133; Heitzmann 2001: 32) In dieser Definition ist der Dritte Sektor stark abhängig vom politischen System und variiert zwischen verschiedenen Staaten.

2.3.1.3 Ökonomisch finanzielle Definition

Ein weiterer Ansatz zur Abgrenzung des Dritten Sektors ist, sich mit Finanzressourcen bzw.

Einkommensquellen auseinanderzusetzen. Diese Definition findet beispielsweise in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) ihre Anwendung. Die UN gliedert in diesem Sinne alle wirtschaftlichen Tätigkeiten in die vier Bereiche Privatwirtschaft, Dritter Sektor, Staat und Haushalte. Der Dritte Sektor zeichnet sich dadurch aus, dass der Großteil seiner Einnahmen nicht aus dem Verkauf von Gütern erzielt wird, sondern durch Spenden und Beiträge von Mitgliedern und UnterstützerInnen. (vgl. Anheier/Salamon 1992: 133f;

Heitzmann 2001: 32f)

2.3.1.4 Funktionale Definition

Diese Definition geht davon aus, dass die unterschiedlichen Wirtschaftssektoren unterschiedliche Ziele bzw. Zwecke verfolgen. Die Sektorzugehörigkeit ergibt sich aufgrund der Funktionen oder Ziele einer Organisation. Im Gegensatz zur Privatwirtschaft, deren Zweck Gewinnmaximierung ist, geht es im dritten Sektor darum, dem Allgemeinwohl zu dienen und dem Wohl der Gesellschaft beizutragen. (vgl. Anheier/Salamon 1992: 134; Heitzmann 2001:

33)

(25)

2.3.1.5 Strukturell-operationale Funktion

Ein sehr populärer Definitionsansatz wurde im Rahmen des John Hopkins Projekts der gleichnamigen amerikanischen Universität entwickelt. Diesem Ansatz folgend sind Organisationen des Dritten Sektors: (vgl. Anheier/Salamon 1992: 1)

Institutionalisiert. Sie zeichnen sich also durch ein Mindestmaß an formaler Organisation in Hinblick auf Entscheidungsstrukturen und Verantwortlichkeiten, sind dabei aber auf keine Rechtsform eingeschränkt.

Unabhängig vom Staat. Es handelt sich dabei also um private Organisationen, die aber sehr wohl vom Staat finanziert werden können.

Selbstbestimmt. Sie weisen also ein Mindestmaß an Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie auf.

Nicht gewinnausschüttend. Gewinne können zwar sehr wohl erwirtschaftet werden, dürfen aber nicht an EigentümerInnen bzw. Mitglieder ausgeschüttet werden.

• Durch ein Mindestmaß an Freiwilligkeit gekennzeichnet.

Auch durch diesen Kriterienkatalog ist eine eindeutige, klare Abgrenzung zu anderen Sektoren jedoch nicht völlig möglich. Die genannten Merkmale können in unterschiedlichem Ausmaß erfüllt werden, wichtig dabei ist, ein Mindestmaß zu erreichen. (vgl. Badelt 2002: 9)

2.3.2 Typologisierung

Ebenso umfangreich wie die Definitionsansätze zeigen sich auch die Möglichkeiten zur Typologisierung des Dritten Sektors. Der Zweck einer Klassifizierung liegt im Versuch verschiedene Organisationen des Sektors zu unterscheiden und zusammenzufassen, um somit von ihnen erfüllte Aufgaben sichtbar zu machen. Wie in der Privatwirtschaft, ist auch im Dritten Sektor eine Differenzierung in verschiedene Ausprägungen notwendig, um ein konkretes Verständnis für unterschiedliche Erscheinungsformen zu entwickeln und eine statistische Fassbarkeit zu ermöglichen. Die Klassifikationen stehen mit den ihr zugrundeliegenden Definitionen in Zusammenhang. (vgl. Kunz 2006: 21)

2.3.2.1 Verwaltungs-, Basis- und Wirtschaftsnähe

Eine Differenzierung von Organisationen ist möglich, indem sie in ihrer Nähe zu den anderen Sektoren (Markt, Staat, Gesellschaft) betrachtet werden. Basisnahe Organisationen des Dritten Sektors zeichnen sich demnach durch ihre Nähe zum informellen Sektor aus. Es handelt sich dabei meist um junge Organisationen, die aus idealistischen Motiven gegründet wurden, beispielsweise Sportvereine, politische Initiativen, Nachbarschaftszentren, etc.

(26)

Verwaltungsnahe Organisationen zeichnen sich durch ihre Nähe zum Staat oder Kommunen aus, das zeigt sich beispielsweise durch die Abstimmung vom Leistungsangebot oder eine finanzielle Abhängigkeit. Wirtschaftsnahe Organisationen zeigen eine Nähe zu privaten, kommerziellen Organisationen durch das Verwenden von ähnlichen Steuerungsinstrumenten.

(vgl. Heitzmann 2001: 26; Badelt 2002: 5) 2.3.2.2 Eigenleistung und Fremdleistung

Eine weitere Möglichkeit der Klassifizierung von Organisationen des Dritten Sektors ist die Klassifizierung nach der prinzipiellen Zielgruppe. Eigenleistung bezieht sich darauf, dass Leistungen ausschließlich für Mitglieder erbracht werden, wie beispielsweise bei Autofahrerclubs. Unter Fremdleistung fallen Organisationen, die ihre Leistungen für Nicht- Mitglieder erbringen bzw. gar nicht auf Mitgliedschaft aufgebaut sind, wie beispielsweise Umweltschutzorganisationen. Der Arbeitsinhalt steht hier im Mittelpunkt und nicht die Art des produzierten Outputs. (vgl. Heitzmann 2001: 25; Badelt 2002: 5)

2.3.2.3 Handlungsfelder

Seit den neunziger Jahren laufen an der John-Hopkins-Universität umfangreiche, länderübergreifende Studien zum Dritten Sektor. Im Zuge der Forschungsarbeiten zu diesem Schwerpunkt wurde eine Klassifikation des Sektors nach ihrer Wirtschaftstätigkeit, also ihrem Handlungsfeld bzw. ihrer Branche, erstellt. Im Rahmen dieser Klassifizierung namens International Classification of Nonprofit Organisations (ICNPO) werden Organisationen des Dritten Sektors in zwölf Haupt- und insgesamt 24 Untergruppen unterteilt (vgl.

Salamon/Anheier 1996). Zur ICNPO wurde von den Vereinten Nationen eine ISIC- Äquivalenzliste erstellt (vgl. UN 2006). Somit können zwischen ICNPO und NACE Zusammenhänge hergestellt und Vergleiche durchgeführt werden. Allerdings kann im direkten Vergleich zwischen der in Österreich verwendeten Systematik, der ÖNACE, nur eine teilweise Übereinstimmung zur ICNPO festgestellt werden. Die ICNPO stellt eine um einiges detailliertere Aufgliederung nach Wirtschaftsklassen dar, als sie in der österreichischen Systematik zu finden ist. (vgl. Heitzmann 2001: 24f)

Tabelle 5 gibt einen Überblick über die wesentlichen Handlungsfelder des Dritten Sektors bezugnehmend auf Salamon und Anheier (1996) und Heitzmann (2001).

(27)

Tabelle 5: Überblick über Klassifikation der ICNPO (vgl. Salamon/Anheier 1996; Heitzmann 2001)

Gruppe Untergruppe

1 Kultur, Sport, Freizeit Kunst und Kultur

Sport

Andere Freizeitangebote

2 Bildung und Forschung Allgemein- und Berufsbildende Schulen

Universitäten

Erwachsenenbildung

Forschung

3 Gesundheit Spitäler und Rehabilitation

Alten- und Pflegeheime

Psychische Gesundheit und Krisenintervention

Andere Gesundheitsdienste (Rettung, …)

4 Sozialwesen Sozialwesen (Kinder, Jugendliche, Ältere, Familien, Menschen mit Behinderung, Selbsthilfegruppen, etc.)

Katastrophenschutz und -hilfe

Materielle Unterstützung und Grundsicherung

5 Umwelt Umweltschutz

Tierschutz 6 Lokale Entwicklung und

Wohnungswesen

Lokale Entwicklung (Nachbarschaftshilfe, Infrastrukturmaßnahmen, etc.)

Wohnungswesen

Berufliche Integration und Weiterbildung 7 Interessensvertretungen

und Politik

Nicht-berufliche Interessensvertretungen (Bürgerrechte, Minderheiten, etc.)

Rechtliche Dienstleistungen (Kriminalitätsprävention, Opferhilfe, Rechtsberatung, Konsumentenschutz, etc.)

Politische Organisationen 8 Philanthropische

Organisationen und Freiwilligenmanagement

Stiftungen

Freiwilligenmanagement

Fund-Raising Organisationen

9 Internationale Aktivitäten Internationale Aktivitäten (Austausch- und

Freundschaftsprogramme, Entwicklungshilfe, Katastrophenhilfe, etc.)

10 Religionsgemeinschaften Religionsgemeinschaften und -organisationen 11 Wirtschafts-,

Berufsverbände und Gewerkschaften

Wirtschaftsverbände

Berufsverbände

Gewerkschaften 12 Sonstige

(28)

2.3.3 Österreichische Spezifika

Der Österreichische Dritte Sektor wird von staatlicher Seite nicht statistisch als Ganzes erfasst.

Die Schwierigkeit dabei besteht darin, dass Organisationen dieses Sektors in unterschiedlichen Branchen der Wirtschaftsstatistik zu finden sind. Es gibt keine regelmäßigen Erhebungen und eine unvollständige Datenlage, da beispielsweise viele Ehrenamtliche im Dritten Sektor tätig sind und diese von statistischer Seite überhaupt nicht erfasst werden. Es existieren aber einige Untersuchungen, die verstreut verfügbares Datenmaterial sammeln und so einen Überblick bieten (vgl. Heitzmann 2001; Neumayr et al. 2007; Simsa/Schober 2012; Pennerstorfer et al.

2013; 2015; Leisch et al. 2016). In Bezug auf die gesamte Anzahl von im Dritten Sektor tätigen Unternehmen gibt es unterschiedliche Zahlen. Schneider und Haider (2006) führen bei ihrer Studie eine Vollerhebung durch und kommen auf eine Anzahl von 5.104 Organisationen, die zumindest eine Person bezahlt beschäftigen, wobei aber gemeinnützig organisierte Krankenhäuser, Schulen und Pfarren ausgeklammert wurden. Die Nachfolgestudie von Pennerstorfer (2015) geht von einer Grundgesamtheit von 2.413 Organisationen aus. (vgl.

Pennerstorfer et al. 2015: 3f) Es ergibt sich eine hohe Dunkelziffer aufgrund der großen Freiwilligenrate und der Komplexität einer Sektordifferenzierung bei einigen Handlungsfeldern.

Es gibt allerdings ein zunehmendes öffentliches Interesse am Dritten Sektor, wie beispielsweise das erstmalige Erscheinen eines eigenen Abschnitts zum „gemeinnützigen Sektor“ im Wirtschaftsbericht 2015 des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (vgl. BMWFW 2015b: 59f). Leisch et.al. (2016) zählen in ihrer Studie die in Tabelle 6 gelisteten Bereiche zum Dritten Sektor und kommen auf eine Anzahl von insgesamt 234.443 Beschäftigten im Jahr 2013 (vgl. Leisch et al. 2016: 379). Anzumerken ist dabei, dass hierbei jedoch nicht ausschließlich vom Dritten Sektor gesprochen werden kann, da die Branchen teilweise auch Organisationen aus anderen Bereichen beinhalten. So können beispielsweise Kindergärten oder Altenheime öffentliche, privatwirtschaftliche oder Einrichtungen des Dritten Sektors sein (vgl. Pennerstorfer et al. 2015: 33).

Die im österreichischen Dritten Sektor mit Abstand am häufigsten anzutreffende Rechtsform ist der Verein (vgl. Simsa/Schober 2012: 3), gefolgt von öffentlich-rechtlichen Organisationen, (gemeinnützigen) GesmbH, Personengesellschaften, Stiftungen und sonstigen Rechtsformen.

(vgl. Pennerstorfer et al. 2015: 33)

(29)

Tabelle 6: Beschäftigte im Dritten Sektor im Jahr 2013 (vgl. Leisch et al. 2016: 379) und Anzahl ehrenamtlicher MitarbeiterInnen im Jahr 2014 (vgl. Pennerstorfer et al. 2015: 29)

ÖNACE Code (2 Steller)

Bezeichnung Beschäftigte

(2013)

Ehrenamtliche (2014)

72 Forschung und Entwicklung 1.825 34

85 85.5

Erziehung und Unterricht

Sonstiger Unterricht

26.092 3.185

4.260

86.1 86.9

Krankenhäuser

Gesundheitswesen

20.136 9.746

109.144

87.3 87.9

Altenheime

Sonstige Heime

21.400 7.998

10.926

88 Sozialwesen 90.525 16.166

90 Kreative, künstlerische und unterhaltende Tätigkeiten 1.625 80 91 Bibliotheken, Archive, Museen, botanische und

zooologische Gärten

651 1.161

93 Erbringung von Dienstleistungen des Sports, der Unterhaltung und der Erholung

4.596 5.584

94 94.1

Interessensvertretungen sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen

Wirtschafts- und Arbeitgeberverbängde, Berufsorganisationen

45.468

1.196

359.552

Insgesamt 234.443 506.907

Ein wesentlicher Faktor des Dritten Sektors ist die Mitarbeit von Freiwilligen, die nicht von der Statistik Austria erhoben werden. Pennerstorfer et al. (2015) leisten in ihrer Studie über Organisationen des Dritten Sektors in Österreich einen wertvollen Beitrag hierzu, indem sie ausgehend von einer Stichprobenziehung zu einer Hochrechnung von über 500.000 Freiwilligen kommen, die sich ehrenamtlich in Organisationen des Dritten Sektors engagieren.

Wie in Tabelle 6 zu sehen ist, entfallen davon etwa 70 Prozent auf Interessensvertretungen, sowie kirchliche und sonstige religiöse Vereinigungen und ca. 20 Prozent auf das Gesundheitswesen. (vgl. Pennerstorfer et al. 2015: 29) Ein interessanter Aspekt dieser Studie sind außerdem die Ergebnisse in Hinblick auf den geografischen Wirkungsraum bzw.

Aktionsradius der befragten Organisationen. So ist festzustellen, dass hauptsächlich überregional agiert wird: Nur etwas mehr als zehn Prozent der befragten Organisationen geben an, in der Gemeinde oder gemeindeübergreifend aktiv zu sein. Etwa 20 Prozent agieren bezirksübergreifend oder auf Bezirksebene, knapp ein Drittel hat ein Bundesland als

(30)

Aktionsradius und das restliche Drittel ist über das Bundesland hinaus aktiv, bis hin zu einem internationalen Wirkungskreis. (vgl. Pennerstorfer et al. 2015: 9)

(31)

3 Intersektorale Kooperationen

Aufbauend auf die im vorherigen Kapitel gegebene Darstellung des privatwirtschaftlichen und Dritten Sektors steht das Phänomen intersektoraler Kooperationen im Fokus dieses Abschnitts.

Ausgehend von einer Begriffsbestimmung und Verortung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Sektoren in Kapitel 3.1 wird, im Zuge einer wissenschaftstheoretischen Auseinandersetzung, ein Überblick über konzeptionelle Ansätze der intersektoralen Kooperationsforschung gegeben. Die im Rahmen dieser Arbeit wesentlichen Themen dabei sind: Typologisierungsmöglichkeiten (Kapitel 3.2), Gründe für die steigende Bedeutung intersektoraler Kooperationen (Kapitel 3.3), die ihnen zugrunde liegenden Etappen und Prozesse (Kapitel 3.4), dahinterliegende Motive aus privatwirtschaftlicher Sicht (Kapitel 3.5) und der sich aus intersektoralen Kooperationen ergebende Nutzen (Kapitel 0).

3.1 Begriffsbestimmung

Seinen etymologischen Ursprung hat der Begriff der Kooperation in der lateinischen Sprache.

Er setzt sich aus den Wörtern cum, also zusammen bzw. gemeinsam, und operatio, was so viel bedeutet wie bzw. Tätigkeit oder Ausübung, zusammen (vgl. Stowasser et al. 1997: 133, 352).

Die Wortherkunft deutet also auf eine gemeinsam verrichtete Tätigkeit hin und kann mit Zusammenarbeit übersetzt werden. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter Kooperation die freiwillige Zusammenarbeit von zumindest zwei Subjekten verstanden. In Bezug auf Organisationen rückt dabei der Zweck des gemeinsamen Erfüllens einer Aufgabe und das gemeinsame Erreichen von Zielen in den Vordergrund (vgl. Holzberg/Meffert 2009: 4;

Wohlgemuth 2002: 11). Durch das gemeinsame Vorgehen wird eine erhöhte Handlungsfähigkeit, Problemlösungsfähigkeit oder Optimierung angestrebt, im Vergleich zu einem individuellen Vorgehen, um eine bestmögliche Zielerreichung zu forcieren (vgl. Van Santen/Seckinger 2003: 29). Merkmale von Kooperationen auf Organisationsebene sind erstens eine rechtliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der beteiligten Partner, zweitens die Koordination des gemeinsamen Handelns und drittens eine durch die Zusammenarbeit optimierte Zielerreichung (vgl. Etter 2004: 44).

In wirtschaftswissenschaftlicher Literatur wird der Begriff Kooperation häufig in Zusammenhang mit intrasektoraler Zusammenarbeit verwendet, also der Kooperation zwischen privatwirtschaftlichen, gewinnorientierten Unternehmen desselben Sektors (vgl.

Wohlgemuth 2002: 11). Intersektorale Kooperation betreffen jedoch die Zusammenarbeit von

(32)

Organisationen aus den verschiedenen Wirtschaftssektoren Staat, Markt und Drittem Sektor.

Solche intersektoralen Kooperationen lassen sich, wie in Abbildung 1 ersichtlich ist, in vier Konstellationen unterteilen: (1) Staat und Privatwirtschaft, (2) Staat und Dritter Sektor, (3) Privatwirtschaft und Dritter Sektor sowie (4) Staat, Markt und Dritter Sektor gemeinsam.

(Selsky, Parker 2005: 1).

Abbildung 1: Mögliche Konstellationen intersektoraler Kooperationen (eigene Darstellung nach Seitanidi/Crane 2009: 414)

Im wissenschaftlichen Diskurs werden in Bezug auf Kooperationen unterschiedliche Begrifflichkeiten angewandt, teils voneinander abgegrenzt oder synchron verwendet, wie beispielsweise strategische Kooperationen (vgl. Hafenmayer 2007: 185), Allianzen (vgl.

Badelt 2002: 668; Pankau 2002), Netzwerke und Leistungsverbünde (vgl. Grossmann et al.

2007: 108) oder Partnerschaften (vgl. Lang 2010). Um die Zusammenarbeit zwischen Organisationen der verschiedenen Wirtschaftssektoren, also Staat, Markt und Drittem Sektor, zu bennen, sind die gebräuchlichen Begrifflichkeiten ebenfalls vielfältig. Beispiele hierfür sind Cross-Sector Relationship (vgl. Simpson et al. 2011: 297), Cross-Sector Partnership (Selsky/Parker 2005), Social Partnership (Waddock 1988) und Cross-Sector Collaboration (Bryson et al. 2006; Al-Tabbaa 2014). Im Deutschen werden zumeist entweder Termini aus dem Englischen übernommen (vgl. Christanell et al. 2017) oder es wird von intersektoraler Kooperation (vgl. Lorenz/Spescha 2012: 115) gesprochen. Im Rahmen dieser Studie werden vorrangig die Begriffe intersektorale Kooperation, Partnerschaft und Zusammenarbeit verwendet und sind synonym zu verstehen.

Da für diese Forschungsarbeit Partnerschaften zwischen Privatwirtschaft und Organisationen des Dritten Sektors im Mittelpunkt stehen, werden die anderen Möglichkeiten intersektoraler Kooperation im weiteren Verlauf außer Acht gelassen. Es gibt keine allgemeingültige Kategorisierung der Kooperationen zwischen privatwirtschaftlichem und Drittem Sektor. In der Literatur werden beispielsweise Systematisierungsansätze erörtert, die sich mit Ressourcen- und Kompetenzeinsatz, mit Kooperationsinstrumenten, oder Partnerschaftsformen befassen.

(vgl. Pankau 2002: 177ff) In Bezug auf intersektorale Kooperationen zwischen

Staat Privatwirtschaft

Dritter Sektor

Staat Privatwirtschaft

Staat Dritter Sektor

Privatwirtschaft Dritter Sektor

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