• Keine Ergebnisse gefunden

Die Darstellung der Ergebnisse in Kapitel 5 zeigt, dass intersektorale Kooperationen zwischen privatwirtschaftlichem und Drittem Sektor in Österreich ein weit verbreitetes Phänomen sind – knapp drei Viertel der Unternehmen sind in den letzten fünf Jahren mindestens eine intersektorale Kooperation eingegangen, mehr als 60 Prozent sogar mehr als zwei Kooperationen (vgl. Abbildung 16).

In Bezug auf das Rollenverständnis von privatwirtschaftlichen Unternehmen in Hinblick auf Organisationen des Dritten Sektors zeigt sich, dass sich im angewandten Modell nach Dresewski und Koch (2011) insgesamt mehr Ablehnung als Zustimmung abzeichnet (vgl.

Abbildung 18). Am ehesten werden Organisationen als Geschäftspartner wahrgenommen; etwa vier von zehn Unternehmen stimmen diesem Rollenverständnis zu, während es von ebenso etwa vier von zehn Unternehmen tendenziell abgelehnt wird. Ungefähr ein Viertel der Unternehmen sieht Organisationen des Dritten Sektors als Verbündete, Partner bzw. Mitstreiter, wobei über die Hälfte der Unternehmen dem nicht zustimmen. Die wenigsten Unternehmen sehen Organisationen des Dritten Sektors in der Rolle von Mitbewerbern oder gar Gegnern – acht von zehn Unternehmen lehnen dieses Rollenverständnis ab.

Die spezifischen Ausprägungen der Zusammenarbeit, die in dieser Studie in Hinblick auf die Forschungsfrage vorrangig untersucht werden, weisen ein breites Spektrum auf: Es gibt Handlungsfelder des Dritten Sektors und Kooperationsformen mit denen bereits etliche intersektorale Kooperationen realisiert werden, wohingegen andere weniger Verbreitung finden. Die Motive, die intersektorale Kooperationen bedingen, erfahren unterschiedlich hohe Zustimmung bzw. Ablehnung. Besonders interessant ist der Aspekt, dass es für eine weitaus größere Anzahl von Unternehmen bei allen Handlungsfeldern und Kooperationsformen

grundsätzlich vorstellbar ist, intersektorale Kooperationen einzugehen, als bereits umgesetzt werden.

Insgesamt zeigt sich also, dass der Großteil der privatwirtschaftlichen Unternehmen intersektorale Kooperationen bereits eingeht. In Hinblick auf die Literatur handelt es sich bei intersektoralen Kooperationen um ein sehr breit gefächertes Feld an Kooperationsformen und Handlungsfeldern. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass privatwirtschaftliche Unternehmen den verschiedenen Ausprägungen intersektoraler Kooperation unterschiedlich begegnen und sich Tendenzen ablesen lassen können.

Wie bereits an anderer Stellen erwähnt, lautet die für diese Studie handlungsleitende Frage:

Mit welchen Handlungsfeldern des Dritten Sektors und in welchen Formen arbeiten österreichische privatwirtschaftliche Unternehmen in Rahmen

intersektoraler Kooperationen mit Organisationen des Dritten Sektors zusammen und welche Motive stehen dahinter?

Grundsätzlich ist festzustellen, dass intersektorale Kooperationen mit allen Handlungsfeldern des Dritten Sektors und in allen untersuchten Formen eingegangen werden, wobei sich eine sehr unterschiedliche Verteilung zwischen den einzelnen Befunden zeigt. Eine Übersicht der Ergebnisse bereits realisierter intersektoraler Kooperationen zu Handlungsfeld, Zielgruppe und Kooperationsform wird in den nachfolgenden beiden Tabellen veranschaulicht.

Tabelle 10 bezieht sich auf die Summe der bereits realisierten intersektoralen Kooperationen der letzten fünf Jahre und kann wie folgt gelesen werden: Von allen umgesetzten Kooperationen betreffen 15 Prozent das Handlungsfeld Sport und Freizeit und 5 Prozent Forschung.

Zusammengefasst zeigt sich so beispielsweise, dass mehr als die Hälfte der realisierten intersektoralen Kooperationen zwischen Privatwirtschaft und Drittem Sektor (1) in den Handlungsfeldern Sport und Freizeit, Sozialwesen, Kunst und Kultur, Umweltschutz, berufliche Integration und Weiterbildung, sowie lokale Entwicklung umgesetzt werden, (2) die Zielgruppen Kinder und Jugendliche, Menschen mit Behinderung, Familie, Gesundheit bzw.

Krankheit sowie ältere Menschen betreffen und (3) durch Geldspenden, Sponsoring sowie kostenlose bzw. kostengünstige Dienst- und Sachleistungen realisiert werden.

Die verschiedenen Handlungsfelder haben eine maximale Spannweite von 13 Prozentpunkten, die Zielgruppen von zehn und die Kooperationsformen von 15 Prozentpunkten. Es liegt diesbezüglich also ein ähnliches Muster vor mit einem relativ konstanten Anstieg vom niedrigsten zum höchsten Wert. Lediglich die Kooperationsformen Geldspenden und

Sponsoring stechen dabei etwas heraus und liegen mit je 16 Prozent ex aequo an erster Stelle mit einem Abstand von sieben Prozentpunkten zur nächstgereihten Kooperationsform.

Tabelle 10: Übersicht über die Anteile der einzelnen Handlungsfelder, Zielgruppen und Kooperationsformen an der Summe der bereits realisierten intersektoralen Kooperationen

Handlungsfeld % Zielgruppe % Kooperationsform %

Sport & Freizeit 15 Kinder & Jugendliche 13 Geldspenden 16

Sozialwesen 11 Behinderung 12 Sponsoring 16

Kunst & Kultur 10 Familie 11 Kostenlose / kostengünstige Dienstleistungen 9 Umweltschutz 9 Gesundheit / Krankheit 9 Kostenlose / kostengünstige Sachleistungen 9 Berufliche Integration und

Weiterbildung 7 Ältere 9 Geschäftliche Partnerschaften 7

Lokale Entwicklung 7 Migration 8 Zurverfügungstellung von Räumen, Geräten, etc. 7 Wirtschafts-, Berufsverbände

und Gewerkschaften 7 Beruf & Reintegration 8 Vermittlung von Kontakten 7 Erwachsenenbildung 6 Gemeinwesen und Sozialraum 7 ehrenamtliches Engagement der MA in deren Freizeit 5 Forschung 5 Gender & Diversity 6 Freistellung der MA in der Arbeitszeit 4 Internationale Aktivitäten 5 Sucht 4 Bereitstellung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten 4 Katastrophenschutz und

-hilfe 4 Psychosozialer Bereich 4 Beratung, Schulung 4

Tierschutz 4 Obdachlosigkeit 4 Lobbying 4

Politische Organisationen 3 Materielle Sicherung 3 Gemeinsame

Engagementeinsätze mit der

Belegschaft 3

Alten- und Pflegeheime 3 Straffälligkeit & Resozialisierung 3 Entsenden von Führungskräften in Vorstände 3

Religionsgemeinschaften 2 Fundraising 1

Psychische Gesundheit und

Krisenintervention 2 Vergabe von Förderpreisen 1

Einrichtung von Stiftungen und Fonds 1

100 100 100

Tabelle 11 gibt Aufschluss über den Anteil von Unternehmen, die in den letzten fünf Jahren intersektorale Kooperationen eingegangen sind und ist folgendermaßen zu lesen: 27 Prozent aller Unternehmen schließen Kooperationen mit dem Handlungsfeld Umweltschutz oder 13 Prozent der Unternehmen setzen intersektorale Kooperationen durch die Bereitstellung zusätzlicher Beschäftigungsmaßnahmen um.

Im Vergleich zu Tabelle 10 zeigt sich hier eine sehr hohe Spannweite zwischen den einzelnen Ergebnissen. Nur fünf Prozent der Unternehmen gehen eine intersektorale Kooperation mit dem Handlungsfeld psychische Gesundheit und Krisenintervention ein, während es bei Sport und Freizeit 44 Prozent sind – es ergibt sich so eine Spannweite von 39 Prozentpunkten. Bei den Kooperationsformen ist sie mit 49 Prozentpunkten Abstand zwischen der Einrichtung von

Stiftungen und Fonds und Geldspenden noch deutlich ausgeprägter. Dagegen zeigt sich bei den Zielgruppen eine Spannweite von 24 Prozent zwischen Straffälligkeit und Resozialisierung sowie Kinder und Jugendliche.

Tabelle 11: Übersicht über die Prozent von Unternehmen, die in den einzelnen Handlungsfeldern, Zielgruppen und Formen intersektorale Kooperationen umsetzen

Handlungsfeld % Zielgruppe % Kooperationsform %

Sport & Freizeit 44 Kinder & Jugendliche 31 Geldspenden 52

Sozialwesen 35 Behinderung 28 Sponsoring 51

Kunst & Kultur 31 Familie 26 Kostenlose / kostengünstige

Dienstleistungen 28

Umweltschutz 27 Gesundheit / Krankheit 21 Kostenlose / kostengünstige

Sachleistungen 27

Berufliche Integration und

Weiterbildung 21 Ältere 21 Geschäftliche

Partnerschaften 23

Lokale Entwicklung 21 Migration 20 Zurverfügungstellung von

Räumen, Geräten, etc. 22 Wirtschafts-, Berufsverbände

und Gewerkschaften 20 Beruf & Reintegration 19 Vermittlung von Kontakten 22 Erwachsenenbildung 18 Gemeinwesen und

Sozialraum 16 ehrenamtliches Engagement der MA in deren Freizeit 17 Forschung 16 Gender & Diversity 13 Freistellung der MA in der

Arbeitszeit 14

Internationale Aktivitäten 14 Sucht 10 Bereitstellung zusätzlicher

Beschäftigungsmöglichkeiten 13 Katastrophenschutz und -

hilfe 13 Psychosozialer Bereich 10 Beratung, Schulung 12

Tierschutz 12 Obdachlosigkeit 9 Lobbying 12

Politische Organisationen 10 Materielle Sicherung 8 Gemeinsame

Engagementeinsätze mit der Belegschaft

10

Alten- und Pflegeheime 8 Straffälligkeit &

Resozialisierung 7 Entsenden von

Führungskräften in Vorstände 8

Religionsgemeinschaften 7 Fundraising 4

Psychische Gesundheit und

Krisenintervention 5 Vergabe von Förderpreisen 3

Einrichtung von Stiftungen

und Fonds 2

Naturgemäß sind die Ursachen und Hintergründe für diese unterschiedlichen Ergebnisse von großem Interesse, werden aber in dieser Studie nicht explizit erörtert. Es lassen sich daraus aber Schlussfolgerungen ziehen, die jedoch einer empirischen Untersuchung bedürfen. Eine naheliegende Vermutung ist, dass sich die geringe Anzahl von Umsetzungen bei den Kooperationsformen Vergabe von Förderpreisen und der Einrichtung von Stiftungen und Fonds dadurch erklären lassen, dass für diese Kooperationsformen eher große Unternehmen infrage kommen, da dazu größere Kapitalressourcen nötig sind, und sich der Großteil der österreichischen Unternehmen dabei aus Kleinunternehmen zusammensetzt. Dass die meisten Unternehmen intersektorale Kooperationen mit Organisationen eingehen, die sich mit der Zielgruppe Kinder und Jugendliche befassen, ist wenig verwunderlich, da auch bei

Untersuchungen zum Spendenverhalten diese Zielgruppe an erster Stelle kommt (vgl.

Fundraising Verband Austria 2017: 13).

Naturgemäß ist nicht nur ein Motiv für das Eingehen intersektoraler Kooperationen ursächlich verantwortlich, sondern die Verbindung verschiedener Gründe. In dieser Studie wurden insgesamt 18 verschiedene Einzelmotive den drei Kategorien moralische, relationale und instrumentelle Motive zugeordnet. Die drei Einzelmotive mit der höchsten Zustimmung sind dabei die eigene Überzeugung, Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und Nachhaltigkeit für zukünftige Generationen. Die von Aguilera et al. (2007: 842) und Lohmeyer (2017: 48f) postulierte Ansicht, dass bei Vorliegen moralischer Motive, ökonomische Aspekte in den Hintergrund treten, kann in Hinblick auf die Resultate dieser Studie bestätigt werden. Es zeigt sich nämlich, dass moralische Motive klar an erster Stelle vor relationalen und instrumentellen Motiven liegen.

Bei Betrachtung der einzelnen moralischen Motive herrscht eine durchgängig hohe Zustimmung vonseiten der Unternehmen, wobei die eigene Überzeugung dabei für acht von zehn Unternehmen als wesentlich angegeben wird. Die Entscheidung intersektorale Kooperationen einzugehen hängt infolgedessen maßgeblich mit der dafür entscheidungsbefugten Person eines Unternehmens zusammen. In Bezug auf die einzelnen relationalen Motive zeigt sich, dass diese sehr unterschiedlich bewertet werden: Verbesserung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die Verbesserung der Beziehung zu Stakeholdern werden am häufigsten genannt, während die Motive Wunsch der Gesellschaft und langfristige Sicherung des Standorts die höchste Ablehnung innerhalb der Kategorie erhalten. In Bezug auf die instrumentellen Gründe lässt sich feststellen, dass diese teilweise hohe Zustimmung erhalten – so stimmt etwa jedes zweite Unternehmen zu, dass die Motive Image und positive Berichterstattung, Investition in die Zukunft, Vorreiterrolle und Herstellen einer Win-Win Situation ausschlaggebend für das Eingehen von intersektoralen Kooperationen sind. Dagegen sehen nur wenige die Ursachen dafür in Risikoabsicherung und Wettbewerbsvorteil.