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Wasser, Essigsäure und die Wasserstoffbrückenbindung

Im Dokument Die Struktur der Stoffe (Seite 124-128)

Beschreibung

Im Wasser (H2O) liegen H2O– Moleküle vor.Innerhalbdieser Moleküle sind Atombindun-gen vorhanden. Zwischenden Wassermolekülen wirken andere Kräfte. Jedes Wasser-molekül ist ein Dipol13, es ist also an einem Ende ein wenig positiv geladen, am anderen

13 Jedes Wassermolekül ist sogar ein permanenter Dipol. Mehr Informationen zu diesen Begriffen finden Sie in Kapitel 5.5.

ein wenig negativ. Zwischen der positiven Stelle eines Wassermoleküls und der nega-tiv geladenen Stelle eines anderen Wassermoleküls wirken (wieder einmal) Coulomb–

Kräfte. Die entstehenden Bindungen heißen Wasserstoffbrückenbindungen.

O

2 Wassermoleküle ziehen sich an. Bei-de sind polar. Zwischen einem H–Atom des einen (positive Teilladung, blau ge-zeichnet) und dem O–Atom des ande-ren (negative Teilladung, rot gezeichnet) wirken elektrostatische Kräfte.

Bild 5.13 zeigt, wie sich 2 Wassermoleküle anordnen. Eine der beiden Stellen im ersten Molekül, die eine positive Teilladung trägt (am Wasserstoffatom), liegt in der Nähe der Stelle mit der negativen Teilladung im zweiten Mole-kül (also am Sauerstoffatom).

Wasserstoffbrückenbindungen vs. Dipolkräfte

Erinnert Sie die Beschreibung der Wasser-stoffbrückenbindung an die Dipolkräfte aus dem vorigen Abschnitt ?

Das wäre nicht erstaunlich, denn die beiden Beschreibungen sind sehr ähnlich. Der Grund ist, dass die beiden Bindungsarten sehr ähn-lich sind.

Wirkprinzip – Das Wirkprinzip der

Dipol-kräfte und der Wasserstoffbrückenbindungen ist dasselbe. Es sind die elektrostati-schen Anziehungskräfte (Coulomb–Kräfte) zwielektrostati-schen positiven und negativen Teilladun-gen zweier benachbarter Moleküle.

Stärke– Dipolkräfte sind schwach. Ihre Bindungsenergie liegt zwischen 5 kJ/mol und 10 kJ/mol. Die Wasserstoffbrückenbindung ist mäßig stark. Ihre Bindungsenergie liegt zwischen 10 kJ/mol und 100 kJ/mol.

Gründe für die unterschiedliche Stärke– Der erste Grund ist die für ein Nichtmetall doch recht niedrige Elektronegativität des Wasserstoffs. Sie beträgt nur 2,20. Zu den meisten Bindungspartnern des Wasserstoffs (zum Beispiel C, N, O, P, S) liegt damit eine recht hohe Differenz der Elektronegativitäten vor, und es resultieren recht stark polare Bindungen. Die Moleküle sind also starke Dipole, und die Anziehungskräfte zwischen den stark ausgeprägten Teilladungen sind eher groß.

Im Gegensatz dazu beträgt die Differenz der Elektronegativitäten von Sauerstoff und Schwefel nur 1,06. Die Sauerstoff–Schwefel–Bindung ist daher nur schwach polar, und die Anziehungskräfte zwischen 2 Schwefeldioxidmolekülen sind wegen der nur geringen Teilladungen auch nur schwach. Für alle anderen Moleküle, zwischen denen Dipolkräfte wirken, gilt dasselbe.

Der zweite Grund ist die geringe Größe des Wasserstoffatoms. Der Abstand zum Nach-barmolekül ist daher klein, die Wasserstoffbrückenbindungen sind kurz und daher stärker als Dipolkräfte.

Konsequenzen der unterschiedlichen Stärke– Es sieht so aus, als hätte ich eben nur einen kleinen, quantitativen Unterschied mit graduellen, marginalen Auswirkungen

beschrieben. So ist es aber nicht. Der scheinbar unbedeutende Unterschied bewirkt um-fassende Änderungen im Verhalten.

Stoffe, die eine Wasserstoffbrückenbindung besitzen, haben deutlich andere Eigen-schaften und zeigen andere Reaktionen als solche, bei denen nur Dipolkräfte wirken.

Zu diesen Eigenschaften gehören Schmelz– und Siedepunkt, Viskosität (Kapitel 10), Adhäsions– und Kohäsionskräfte, Oberflächenspannung und Dichte.

Die wichtigste Reaktion ist die Bildung großer Cluster (Zusammenballungen) von orga-nischen Molekülen. Die Cluster sind aber nicht allzu fest gebunden und können schon bei Raumtemperatur leicht gespalten und wieder neu gebildet werden. Viele Vorgänge des Stoffwechsels von Lebewesen beruhen auf dieser Eigenschaft der Wasserstoffbrücken-bindungen.

Wasserstoffbrückenbindung :

gleiches Wirkprinzip wie Dipolkräfte stärker als Dipolkräfte

Moleküle haben wesentlich andere Eigenschaften

Beispiel

Das natürliche Beispiel zur Wasserstoffbrückenbindung ist Wasser. Ein kleines Molekül, übersichtliche Verhältnisse, schnell erklärt. Kann man so machen, muss aber nicht.

Ich werde Essigsäure präsentieren.

Bild 5.14 zeigt die Strukturformel von Essigsäu-re. Alle Atome sind entsprechend ihrer Ladung far-big hinterlegt. Kohlenstoff hat eine Elektronegati-vität von 2,55, Wasserstoff von 2,20. Die C–H–

Bindungen sind also so gut wie überhaupt nicht polar, die 4 Atome der Methylgruppe sind praktisch neutral und grau hinterlegt.

Sauerstoff hat eine Elektronegativität von 3,44.

Alle von Sauerstoffatomen ausgehenden Bindun-gen sind also polar. Alle Sauerstoffatome traBindun-gen ei-ne ei-negative Teilladung und sind rot hinterlegt. Alle Nachbarn von Sauerstoffatomen besitzen eine po-sitive Teilladung und sind blau hinterlegt.

Was passiert, wenn sich 2 Essigsäuremoleküle treffen ? Bild 5.15 zeigt es. Positive und negative Teilladungen ziehen sich an, und es bilden sich Einheiten aus 2 Molekülen Essigsäure. Solche Einheiten nennt man Dimere.

Essigsäure bildet sowohl im festen als auch im flüssigen Zustand Dimere.

C O

O H C

H H

H H

O O

C C H

H H Bild 5.15:

2 Essigsäure–Moleküle bilden ein Dimer. Die beiden Moleküle werden durch Wasser-stoffbrückenbindungen zusammengehalten.

Die Dimeren sind auch im flüssigen Zustand relativ stabil, und Essigsäure zeigt viele Eigenschaften eines Stoffes, dessen Moleküle doppelt so groß sind wie ein einzelnes Essigsäuremolekül14. Schmelz– und Siedepunkt sind relativ hoch, und die Viskosität von Essigsäure ist etwa 5 mal so groß ist wie die von Diethylether, obwohl deren Moleküle eine geringere Masse haben (vgl. dazu Kap. 10.5 und die Tabellen auf den Seiten 234 und 235 ).

Mehr Daten zu Essigsäure finden Sie im Steckbrief 5 .

Steckbrief Essigsäure

Summenformel C2H4O2

Schmelzpunkt 16,6 °C

Siedepunkt 117,9 °C

Dichte bei 20 °C 1,05 g/cm3 dynamische Viskosität 1,22·10−3Ns/m2

Aussehen farblos

Geruch stechend

Geruchsschwelle 1 – 5 ppm

CAS–Nr. 64–19–7

Steckbrief 5: Essigsäure

14 Über den Einfluss der Molekülmasse auf die Eigenschaften eines Stoffes erfahren Sie mehr in den Kapiteln über den Siedepunkt (Kap.??) und die Viskosität (Kap. 10.2 und 10.5).

Im Dokument Die Struktur der Stoffe (Seite 124-128)