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Permanente Dipole und Polarität

Im Dokument Die Struktur der Stoffe (Seite 118-122)

5.5.1 Polare Bindung

Oft entsteht diese Situation : Zwischen 2 Atomen ist eine kovalente Bindung (Atombin-dung) vorhanden, jedoch ist bei dem einen der Atome8die Fähigkeit, die Elektronen der Bindung anzuziehen, stärker als beim anderen9.

Die Konsequenz aus dieser Fähigkeit ist leicht zu verstehen. Wenn das eine Atom die Bindungselektronen stärker anzieht als das andere, ist bei ihm ein größerer Teil davon als beim anderen. Das Atom hat also mehr als die Hälfte der negativen Ladung dieser Elektronen, es ist dadurch selbst ein klein wenig negativ geladen. Man sagt, es trägt eine negative Teilladung. Weil das Molekül als Ganzes elektrisch neutral ist, trägt das andere Atom eine positive Teilladung.

Bild 5.7: Polare Bindung

Bild 5.7 veranschaulicht die Situation.

Das Chloratom kann die Bindungselektro-nen (der rote Klumpen stellt ein Gebiet dar, in dem sie sich häufig aufhalten) stär-ker anziehen als das Phosphoratom. Sie sammeln sich also in häufiger in seiner Umgebung (der rote Klumpen ist dort di-cker), und das Chloratom trägt eine nega-tive Teilladung (in seiner Hälfte ist mehr neganega-tive Ladung).

Dipolcharakter

Von außen betrachtet, hat das Ensemble (aus den 2 Atomen und der zwischen ihnen verlaufenden Bindung) einen Pluspol und einen Minuspol. Dinge, die 2 Pole besitzen, heißen Dipol. Die eben beschriebene Bindung ist also ein Dipol. Solche Bindungen nennt man auch polar. Es ist eine polare Bindung.

Auch wenn man die Bindung über längere Zeit betrachtet, ändert sie ihren polaren Charakter nicht. Er bleibt permanent bestehen.

Polarität einer Bindung

Die Polarität einer Bindung ist ihre Eigenschaft, polar zu sein, das heißt, ein Dipol zu sein. Die Polarität einer Bindung kann stark oder schwach, kaum vorhanden oder deutlich ausgeprägt sein. Atombindungen zwischen verschiedenen Atomen sind immer polar. Ihre Polarität kann sehr gering sein, zum Beispiel zwischen Kohlenstoff– und Wasserstoff-atomen (C–H–Bindung), aber oft ist sie mittel bis stark oder reicht bis zur Grenze der Ionenbindung.

8 genau genommen bei einem der positiv geladenen Atomrümpfe, vgl. Kap. 5.3

9 Man nennt diese Fähigkeit die Elektronegativität des Atoms bzw. des Elements. Man kann die Elektronega-tivität messen und eine Tabelle mit Zahlenwerten aufstellen.

Die Polarität einer Bindung kann auch fehlen. In diesem Fall haben die beiden Atome der Bindung die gleiche Fähigkeit, Bindungselektronen anzuziehen. Die Bindung heißt dann unpolar. Dieser Fall tritt nur bei Bindungen zwischen Atomen des gleichen Elements auf (zum Beispiel C–C–Bindungen).

Polare Atombindung

Eine polare Bindung, wie in diesem Abschnitt beschrieben, nennt man polare Atombin-dung. Ausführliche Informationen über die polare Atombindung finden Sie in Kap.??.

5.5.2 Polare Moleküle

2 Beispiele bringen schnell Klarheit.

O C O

Kohlendioxid (CO2) Im Kohlendioxid-molekül trägt das Kohlenstoffatom eine positive Teilladung, die beiden Sauerstof-fatome je eine negative. Bild 5.8 zeigt ei-ne schematische Darstellung der Wolke aus Bindungselektronen, in der positive Ladungen blau und negative rot gezeich-net sind. Über den Ort der positiven Teil-ladung gibt es wenig zu sagen; er ist am Ort des Kohlenstoffatoms.

Bei den negativen Teilladungen ist es

etwas komplexer. Man sucht nach einer einzigen Ladung (ich nenne sie für einen Mo-ment Ersatzladung), die dieselbe Wirkung entfaltet wie die beiden getrennten Ladungen.

Wo wäre diese Ersatzladung ? Natürlich genau zwischen den beiden realen gleichgroßen negativen Teilladungen. Und das ist genau der Ort der positiven Teilladung.

O

Wassermolekül, schematisch. Es ist ein per-manenter Dipol.

Als Ergebnis erhält man, dass im Kohlendioxidmolekül der Ort der posi-tiven Teilladung mit dem Schwerpunkt der negativen Teilladungen zusammen-fällt (identisch ist). Das Molekül hat weder Plus– noch Minuspol. Es ist kein Dipol, al-so unpolar.

Wasser (H2O) Ganz anders liegen die Verhältnisse im Wassermolekül (Bild 5.9).

Das Sauerstoffatom besitzt eine negati-ve Teilladung, und es ist das einzige Atom,

das negativ geladen ist. Der Ort der negativen Teilladung ist also am Sauerstoffatom (lin-kes Kreuz in Bild Bild 5.9).

Jedes der beiden Wasserstoffatome besitzt eine positive Teilladung. Wie im vorigen Beispiel suche ich nach dem Ort einer einzigen Ladung (Ersatzladung), die die gleiche Wirkung wie die beiden getrennten Ladungen hat. Wo ist er ? Ganz klar, genau zwischen den beiden realen Ladungen, dort wo in Bild 5.9 das rechte Kreuz gezeichnet ist.

Der Ort der negativen Teilladung ist also ein anderer als der Schwerpunkt der positiven Teilladungen (Ort der Ersatzladung). Das Molekül hat einen Pluspol und einen Minuspol.

Es ist ein Dipol. Da dieser Dipol bestehen bleibt, auch wenn man das Molekül über län-gere Zeit betrachtet, ist es ein permanenter Dipol.

Wann ist ein Molekül polar ?

ã polare Bindungen –Eine notwendige Voraussetzung ist, dass es polare Bindun-gen besitzt. Das ist bei Molekülen, die aus verschiedenen Elementen aufgebaut sind, immer der Fall. Diese Voraussetzung ist nicht hinreichend. Vergleichen Sie dazu das weiter unten besprochene Tetrachlormethan.

ã Ladungsschwerpunkte –Der Schwerpunkt der positiven Ladungen im Molekül muss verschieden vom Schwerpunkt der negativen Ladungen sein. Das ist das wirkliche gültige Kriterium. Irgendwelche Aussagen über Symmetrie10führen nicht zum Ziel. Vergleichen Sie dazu das weiter unten besprochene Ammoniak, dessen Moleküle gewiss symmetrisch sind.

Wie man es sagt

Die Moleküle von Stoff X sind Dipole / permanente Dipole. Die Moleküle von Stoff X be-sitzen Dipolcharakter. Die Moleküle von Stoff X sind wenig / stark polar. Die Moleküle von Stoff X besitzen eine niedrige / mittlere / hohe / starke Polarität. All diese Formulierungen besagen dasselbe.

Manchmal sagt man auch, Stoff X ist polar / hat eine starke Polarität / hat Dipolcharak-ter. Das ist zwar nicht exakt, wird aber doch häufig so gemacht. Naja.

Wenn im weiteren Verlauf des Buches von Polarität die Rede ist, ist entweder gemeint, dass eine polare Bindung (Kap. 5.5.1) vorliegt, oder dass ein Molekül ein permanenter Dipol ist.

permanente Dipole – andere Dipole

In diesem Abschnitt habe ich über Moleküle geschrieben, die Dipole sind – oder auch nicht. Wenn sie aber ein Dipol sind, dann bleiben sie, auch wenn man sie über lange Zeit betrachtet, ein Dipol. Ihr Dipolcharakter ist zeitlich unveränderlich. Deshalb nennt man sie permanente Dipole.

10 Mehr über Symmetrie erfahren Sie in Kap.??.

In den Kapiteln 5.8 und??werde ich über Moleküle schreiben, die keinepermanenten Dipole sind.

2 Beispiele

Zum Abschluss will ich noch ein polares und ein unpolares Moleküel vorstellen. Sie kön-nen dabei sehen, wie Polarität entsteht, oder auch nicht.

Bild 5.10:

Molekül von Tetrachlormethan (CCl4). Es ist unpolar.

Tetrachlormethan CCl4 Im Tetrachlormethan–Mo-lekül ist ein Kohlenstoffatom von 4 Chloratomen um-geben. Es hat die Form eines Tetraeders. An seinen 4 Ecken befinden sich die Chloratome, und im Zentrum (Schwerpunkt) des Tetraeders ist das Kohlenstoffatom (Bild 5.10).

Da Chlor eine viel höhere Elektronegativität als Koh-lenstoff hat, sind alle 4 Bindungen (vom KohKoh-lenstoff–

zu den Chloratomen) polar. Die Chloratome tragen ei-ne ei-negative Teilladung, das Kohlenstoffatom die aus-gleichende positive Teilladung. Da die Teilladung bei al-len 4 Chloratomen gleichgroß ist, ist der Schwerpunkt der negativen Teilladungen genau im Zentrum (Schwer-punkt) des Tetraeders. Und an dieser Stelle sitzt das Kohlenstoffatom mit seiner positiven Teilladung.

Der Ort der positiven Teilladung und der Schwerpunkt der negativen ist gleich, und das Tetrachlormethan–Molekül ist nicht polar.

Vielleicht sagen Sie jetzt, der Grund für die fehlende Polarität ist die Symmetrie des Moleküls. Einerseits ist das richtig, denn vollkommen unsymmetrische Moleküle sind im-mer polar, aber andererseits hat Symmetrie nicht automatisch unpolare Moleküle zur Folge. Sehen Sie sich das nächste Beispiel an.

Bild 5.11:

Molekül von Ammoniak (NH3).

Es ist polar. Beachten Sie, dass hier ausnahmsweise die Farbcodierung (Kap. 1.3) nicht eingehalten wird.

Ammoniak NH3 Im Ammoniak–Molekül ist ein Stickstoffatom an 3 Wasserstoffatome gebunden. Das Molekül hat die Form einer flachen dreiseitgen Pyrami-de. An der Pyramidenspitze befindet sich das Stickstoff-atom, und an den Ecken des gleichseitgen Dreiecks, das die Pyramidenbasis bildet, sind die Wasserstoff-atome.

Da Stickstoff eine höhere Elektronegativität als Was-serstoff hat, sind alle 3 Bindungen polar. Die Wasser-stoffatome tragen eine positive Teilladung, das Stick-stoffatom die ausgleichende negative Teilladung. Da die Teilladung bei allen 3 Wasserstoffatomen gleich

groß ist, ist der Schwerpunkt der positiven Teilladungen genau im Zentrum des Dreiecks, das die Pyramidenbasis bildet.

Sehen Sie sich die Situation in Bild 5.11 an. Das Stickstoffatom (Ort der negativen Teilladung, blau gezeichnet), die 3 Wasserstoffatome (weiß) und das Pyramidenbasis–

Dreieck (grün) sind schnell identifiziert. Doch was bedeutet die kleine rote Kugel mitten im Dreieck ? Es ist der Schwerpunkt der positiven Teilladungen, und er ist an einem anderen Ort als die negative Teilladung. Also ist das Ammoniak–Molekül polar.

Sie sehen in Bild 5.11, dass das Ammoniak–Molekül symmetrisch ist. Es besitzt eine dreizählige Drehachse11. Trotzdem ist es polar. Symmetrie allein ist kein Argument für oder gegen Polarität, nur die Schwerpunkte der Ladungen zählen.

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