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Frage 2: In allen Workshops machten den nachhaltigsten Eindruck die vielfältigen, abwechslungsreichen und unterschiedlichen Methoden, die persönlichen Erfahrungen

5.4.7.3. Transfer in die Schule – Ergebnisse der Schulerprobung

Die Evaluation der Schulerprobung gestaltete sich in der vorliegenden Untersuchung als außerordentlich schwierig und war im vorliegenden Rahmen nur ansatzweise zu leisten. Die Workshop-Leiter, die zugleich die Evaluatoren waren, konnten „ihren“

Workshop jeweils relativ gut empirisch erfassen. Die Schulerprobung hingegen konnte nur funktionieren und evaluiert werden, wenn die Institutionen vor Ort bereit und in der Lage waren, die beteiligten Lehrer weitergehend zu betreuen und die Eva-luation selbst eigenständig in die Hand zu nehmen. In befriedigendem Ausmaß war dies nur in Helsinki der Fall.

Im Folgenden werden unter dem Aspekt der eingangs gestellten Fragen nach einem Zusammenhang von Bewertung eines Workshops, Bereitschaft mit dem Konzept der Szenischen Interpretation zu arbeiten und der schulischen Umsetzung drei Teilaspek-te herausgegriffen und genauer beleuchTeilaspek-tet:

1. Ablauf der Schulerprobung generell (Aspekt Lehrer- und Schülerrolle, ver-wendete Methoden),

2. Qualität eines Opernaufführungs-Besuchs durch die Schulklassen,

3. Anzahl und Art der Methoden, mit denen gearbeitet wurde, sowie Zusam-menhänge mit der ursprünglichen Bewertung der Methoden.

5.4.7.3.1 Schulerprobungen (Auswertung Fragebogen 2)

Tabelle 5-4-15:

Teilprojekt Anzahl der Lehrer im Workshop

Anzahl der do-kumentierten Erprobungen

Anzahl der beteiligten Schüler

B Helsinki 2 24 Lehrer* 16* 402

C Helsinki 3 19 Lehrer

(16 nahmen an der Be-fragung teil)

4 97

H München 1 5 Lehrer

6 Referendare 2 Studenten 2 Schüler

2 46

I München 2 15 Lehrer

1 Hochschullehrer 1 Student

2 39

Total 63 (Lehrer) 24 584

* Ursprünglich waren 12 Unterrichtserprobungen geplant. Jeweils zwei Lehrer zu-sammen wollten eine Schulerprobung durchführen. Da die Lehrer vom Workshop und dem Spielkonzept so begeistert waren, arbeiteten manche alleine oder führten zwei Erprobungen durch.

Interpretation

Die meisten Schulerprobungen wurden in Finnland durchgeführt. Außerdem reali-sierten die Lehrer aus dem Workshop zu „Das Kind und die Zauberdinge“ 4 Erpro-bungen mehr als ursprünglich vorgesehen.

Die Unterschiede zwischen Teilprojekt B und den Teilprojekten C, H und I können unterschiedliche Ursachen haben:

Die Oper in Teilprojekt B richtete sich an Schüler im Alter von 8 –14. Die anderen Opern richteten sich an Schüler im Alter zwischen 14-19.

Die Oper in Teilprojekt B wurde „stagione2“ produziert und gespielt, die jeweilige Oper in den Teilprojekten C, H und I wurde produziert und im Repertoire gespielt.

Die Tatsache, dass in Mailand keine Schulerprobungen realisiert oder dokumentiert wurden wird im Zusammenhang mit der Frage nach der Bewertung der Methode im Workshop und tatsächlicher Verwendung (Kapitel 5.4.7.3.3) diskutiert.

2 Stagione bedeutet, dass die Oper innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrfach hintereinander gespielt wird, im Gegensatz zum Repertoire. Dort wird die Oper über das ganze Jahr verteilt 10 bis 15 mal gespielt.

Anzahl der Methoden, mit denen in der Unterrichtserprobungen tatsächlich gearbeitet wurde

Überblick

Hinweis: Die folgenden Abkürzungen gelten in den Tabellen 5-4-16 bis 5-4-19.

UE = Unterrichtserprobung MET = Methode

Max = maximale Anzahl an unterschiedlichen Methoden, mit denen im Workshop gearbeitet wurde

Anz. = Anzahl

Tab. 5-4-16 Helsinki 2

Anz. der MET Max= 51

UE 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

∑ der MET

31 41 18 14 9 33 31 26 10 35 8 9 22 37 10 34

Ø % 61 80 35 27 18 65 61 51 20 69 16 18 43 73 20 67

Tab. 5-4-17 Helsinki 3 München 1 München 2

Anz. Max = 52 Anz. Max = 66 Anz. Max = 57

UE 17 18 19 20 21 22 23 24

∑ der MET

44 50x 37 37 23 50 29 43

Ø % 84 96 71 71 35 76 51 75

x + 10 MET aus dem Teil 6.1. und 7.2 aus dem Spielkonzept, mit dem im Workshop aber nicht gearbeitet wurde.

Tab.

5-4-18

Anz.

der UE

Prozentsatz absolut der Methoden mit denen in den UE gearbeitet wurde

Durchschnitt Ø

Prozentsatz im Bezug auf die gesamten UE

90 – 80 % 3 80; 84; 96; - ; -; 87% 12,5 %

79 – 60 % 10 61; 65; 61; 69; 73; 67; 71;

71; 75; 76

69 % 41,7 %

59 – 40 % 3 51; 43; -; 51; -; 48 % 12,5 %

39 – 20 % 5 35; 27; 20; 20; -; -; 35 27% 20,8 %

19 – 10 % 3 18; 16; 18; -; -; -; 17% 12,5 %

Arbeit mit mehr als 50 % oder weniger als 50 % der Methoden

Tab.

5-4-19

Anz. der UE Prozentsatz absolut der Methoden mit denen in den UE gearbeitet wurde

Durchschnitt Ø

90 – 50 % 15 80; 61; 65; 61; 69; 73; 67; 51; 96; 84;

71; 71; 75; 51; 76

70 % 49 –10 % 9 43; 35; 27; 20; 20; 18; 16; 18; -; -; 35 26 %

Interpretation

In den meisten Unterrichtserprobungen (10) arbeiteten die Lehrer mit 79 - 60 % der Methoden aus dem jeweiligen Spielkonzept.

Antworten auf die Fragen 1-5 des Fragebogen 2

Im Hinblick auf Unterschiede zwischen Planung der Erprobung und Durchführung der Erprobung wurde hier vereinzelt das Problem des Zeitmanagements erwähnt.

In Bezug auf die Wahrnehmung der eigenen Rolle im Unterricht während der Arbeit mit der Szenischen Interpretation von Musiktheater gaben die Lehrer folgende Ant-worten:

Gab es Unterschiede zwischen ihrer Rolle, die sie als Lehrer normalerweise im Un-terricht haben, und ihrer Rolle als Spielleiter, während sie mit der Methode der Sze-nischen Interpretation gearbeitet haben?

Tabelle 5-4-20

Teilprojekt Ja Nein Ich weiß

nicht

Keine Angabe

Total

B Helsinki 2 3 8 2 2 15

C Helsinki 3 1 3 - - 4

H München 1 1 1 - - 2

I München 2 2 - - - 2

Total 7 12 2 2 23

In ihrer Selbsteinschätzung gaben mehr als die Hälfte der Lehrer an, dass sich ihre Rolle im Unterricht nicht verändert hätte. Dies steht in einem gewissen Kontrast zur generellen Behauptung, dass sich im Konzept der Szenischen Interpretation die Rolle des Lehrers hin zu einem Prozessgestalter verändert. Das hier vorliegende Ergebnis kann folgende Ursachen haben:

1. die These vom „Prozessgestalter“ stimmt nicht,

2. die Lehrer, die mit dem Konzept der Szenischen Interpretation zu arbeiten be-reit sind, sind oft schon vorher „Prozessgestalter“,

3. „in Finnland ist alles anders!“ – siehe PISA-Studie,

4. die Daten sind nicht signifikant, das Ergebnis zufallsbedingt,

5. die These kann durch Befragung („Selbsteinschätzung“) gar nicht empirisch überprüft werden.

Verhaltensunterschiede der Schüler im Vergleich zum normalen Unterricht Tabelle 5-4-21

Teilprojekt Im Vergleich zum regulären Unterricht

geringer gleich höher Durchschnitt Die Konzentration der Schüler

im Unterricht

-2 -1 0 +1 +2

B Helsinki 2 7 8 0,53

C Helsinki 3 2 2 0,5

H München 1 2 1

I München 2 2 1

Total 9 14 0,61

Die Neugierde der Schüler im Unterricht

-2 -1 0 +1 +2

B Helsinki 2 1 12 2 1,06

C Helsinki 3 4 1

H München 1 2 2

I München 2 1 1 0,5

Total 2 17 4 1,09

Die Beteiligung der Schüler im Unterricht

-2 -1 0 +1 +2 B Helsinki 2 2 2 9 2 0,73

C Helsinki 3 1 3 0,75

H München 1 1 1

(1,5)

1,25

I München 2 2 2

Total 2 3 13 5 0,91

Tabelle 5-4-22

Teilprojekt Im Vergleich zum regulären Unterricht

geringer gleich höher Durchschnitt Die Aktivität der Schüler im

Unterricht

-2 -1 0 +1 +2 B Helsinki 2 1 2 9 3 0,93

C Helsinki 3 2 2 0,5

H München 1 1 (2)

1 (1,5) 1,75

I München 2 1 1 1,5

Total 1 4 12 6 1

Die Kreativität der Schüler im Unterricht

-2 -1 0 +1 +2 + 2 B Helsinki 2 2 9 4 1,13

C Helsinki 3 1 3 0,75

H München 1 1 1 1,5

I München 2 2 1

Total 3 15 5 1,09

Die soziale Interaktion der Schüler untereinander

-2 -1 0 +1 +2 + 2 B Helsinki 2 7 5 3 0,73

C Helsinki 3 2 2 0,5

H München 1 2 1

I München 2 2 1

Total 9 11 3 0,74

Interpretation

Im Vergleich zum regulären Unterricht waren die Schüler nach Angaben der Lehrer kreativer (1,09), neugieriger (1,09), aktiver (1) und mehr beteiligt (0,91). Die soziale Interaktion (0,74) und die Konzentration (0,61) war etwas höher.

Musik

Aus Sicht der Lehrer haben die Schüler in folgenden musikalischen Tätigkeiten am ehesten einen Zugang zur Musik und eine Bedeutung in der Musik gefunden.

Tabelle 5-4-23

Szenisches Spiel zur Musik

(eine Szene zur Musik erfinden, The Rumble, Dance at the Gym; Despina Spiel mit den Männern)

21 Rhythmus Spiele; musikalische Spiele (Konfrontationsspiel mit dem “Tritonus”)

9

Arbeit an (Sing-, Geh-)Haltungen 8 Musik hören 7 Die “eigene Musik” erfinden, im

Anschluss an die Rolleneinfühlung

6 Gesangsimprovisation (vom Sprechen zum Singen, szenische Improvisation mit Gesang)

5

Warm-ups 4 Standbilder zur Musik bauen 3 Fantasiereise zur Musik 2

Interpretation

Die Schüler fanden nach Auskunft der Lehrer Zugang zur Musik am besten über:

1. szenisches Spiel zu Musik (21)

2. Rhythmus-Spiele, musikalische Spiele (9) 3. Arbeit an Haltungen (8)

4. Musik hören (7)

Von diesen musikalischen Tätigkeiten sind das szenische Spiel und die Arbeit an Haltungen zentrale Methoden der Szenischen Interpretation von Musiktheater.

5.4.7.3.2 Opernaufführungs-Besuche (Auswertung Fragebogen 3) Im Bezug auf das Interesse der Schüler nach einer Szenischen Interpretation eine Aufführung zu besuchen, machten die Lehrer folgende Angaben:

Tabelle 5-4-24

Teilprojekt Ja Nein ambivalent Total

B Helsinki 2 13 - 2 15

C Helsinki 3 4 - - 4

H München 1 1 - - 1

I München 2 1 - - 1

Total 19 2 21

Zum Verhalten der Schüler während der Aufführung machten die Lehrer folgende Angaben:

Tabelle 5-4-25

Teilprojekt Neugierig und kon-zentriert

Konzen-triert

Mehr o-der weni-ger konzen-triert

gelang-weilt

störend Total

B Helsinki 2 10 2 3 15

C Helsinki 3 3 1 4

H München 1 1 1

I München 2 1 1

Total 15 3 3 21

Ganz offensichtlich besteht nach der Durchführung einer Szenischen Interpretation einer Oper ein überwältigendes Interesse der Schüler, eine „richtige“ Opernauffüh-rung zu besuchen und der AuffühOpernauffüh-rung neugierig und konzentriert zu folgen.

In allen Teilprojekten, in denen die Schüler eine Aufführung besuchten, diskutierten die Schüler nach Angaben der Lehrer im Anschluss an den Aufführungsbesuch über die Inszenierung und verglichen die eigene Interpretation mit der der Aufführung.

Die Schüler kritisierten dabei sehr differenziert sowohl die Inszenierung als auch die Kostüme-Ausstattung.

Die meisten Lehrer äußerten ihr Erstaunen darüber,

• wie neugierig die Schüler waren, ins Opernhaus zu gehen und eine Inszenie-rung zu sehen und

• wie konzentriert die Schüler während der Opernaufführung waren, obwohl es für die meisten die erste Opernerfahrung war.

Arbeitsbelastung für die beteiligten Lehrer

Neben der Schülerperspektive gibt es bei einem Gesamtprojekt, das aus Lehrerfort-bildungs-Workshop, Schulerprobung und Opernbesuch besteht, auch noch die der Lehrer: Lohnt sich der Einsatz nicht nur für die Schüler, sondern auch für den Leh-rer?

Tabelle 5-4-26

War die Arbeitsbelastung ....

Teilprojekt höher gleich weniger k.A. Total

Helsinki 2 6 8 - 1 15

Helsinki 3 3 1 4

München 1 1 1 2

München 2 1 1 2

Total 11 11 - 1 23

k.A. = keine Angaben Tabelle 5-4-27

Hat sich das Projekt gelohnt? Würden Sie das Projekt nochmals mit ihren Schülern durchführen?

Teilprojekt Ja Nein Ich weiß nicht

k.A. Total Ja Nein Ich weiß nicht

k.A. Total

Helsinki 2 14 1 15 13 1 1 15

Helsinki 3 4 4 3 1

viel-leicht

4

München 1 2 2 2 2

München 2 2 2 2 2

Total 22 1 23 20 1 1 1 23

Eine Hälfte der Lehrer gab an, mehr Arbeit gehabt zu haben, die andere Hälfte schätzte die Arbeitsbelastung gleich ein. Alle Lehrer, bis auf einen, der keine Angabe dazu machte, sagten, dass sich die Arbeit gelohnt habe und dass sie nochmals an ei-nem solchen Projekt teilnehmen würden.

Dies zeigt, dass ein handlungsorientiertes und erfahrungsbezogenes Unterrichten nicht unbedingt mehr Arbeit bedeutet. Es ist aber auch keine Arbeitsentlastung.

Eine Lehrerin in Helsinki hatte an dem Projekt mit der Perspektive der Einmaligkeit teilgenommen und gab dann an, dass sie es deswegen auch nicht nochmals machen wollte.

Eine genauere Aufschlüsselung der „Qualität“ des Gesamtprojekts ergab sich aus den Antworten auf Frage 8 des Fragebogen 3, in der die „Qualität“ von vier Projektbe-standteilen bewertet werden sollte:

Tabelle 5-4-28

Teilprojekt Qualität Durchschnitt Vorbereitung

auf die schulische Erprobung

-2 -1 0 +1 +2 Ø = 23 TN

Ø = 4 Teil-Projekte B Helsinki 2 2 6 7 1,33

C Helsinki 3 4 2

H München 1 2 2

I München 2 1 1 1

Total 3 6 14 1,48 1,58

Das Unterrichtsmaterial (Spielkon-zept)

-2 -1 0 +1 +2

B Helsinki 2 4 11 1,73

C Helsinki 3 1 2 1 0,75

H München 1 2 2

I München 2 1 1 1,5

Total 1 7 15 1,57 1,5

Die Unterrichtsmethoden und -verfahren

-2 -1 0 +1 +2

B Helsinki 2 8 7 1,46

C Helsinki 3 2 2 1,5

H München 1 2 2

I München 2 2 2

Total 10 13 1,57 1,74

Struktur des Projekts

-2 -1 0 +1 +2

B Helsinki 2 8 7 1,46

C Helsinki 3 2 2 1,5

H München 1 2 2

I München 2 2 2

Total 10 13 1,57 1,74

Interpretation

In allen Teilprojekten beurteilten die Lehrer die Vorbereitung, die Unterrichtsmetho-den und –verfahren und die Struktur des Projekts sehr positiv. Nur drei Lehrer äußer-ten sich neutral über die Frage der Vorbereitung.

Die Lehrer bewerteten auch das Unterrichtsmaterial sehr positiv. Nur eine Lehrerin aus Helsinki bewertete die Qualität mit –1 (siehe ٱ in der Tabelle).

Ihr Kommentar dazu: Die Übersetzung des Materials war nicht gut. Ich weiß nicht, ob ich die Unterrichtserprobung ohne den Workshop hätte durchführen können.

Man kann diesen Kommentar und diese Bewertung nicht nur unter dem Gesichts-punkt einer schlechten Übersetzung oder eines nicht ausreichenden Materials be-trachten. Es wird von ihr ein grundlegendes Problem oder eine grundlegende Qualität aller handlungsorientierten und erfahrungsbezogenen Unterrichtsmethoden

sichtbar: Man kann diese Unterrichts- und Lehrmethoden nicht aus Büchern lernen.

Bücher und die Spielkonzepte sind nur Gedächtnisstützen für den Lehrer und den Unterrichtsprozess. Bücher und Spielkonzepte können die persönliche Erfahrung und das „learning by doing“ nicht ersetzen.

5.4.7.3.3 Zusammenhang zwischen Bewertung einer Methode im Workshop und tatsächlicher Verwendung

Wie der bereits erwähnte „Fall Mailand“ zeigt, muss die große Begeisterung im Fortbildungsworkshop keineswegs zu einer ebenso großen Veränderung des Schul-alltags führen. Die Mailänder Lehrer waren diejenigen, die den Workshop am besten bewerteten und auch die größte Bereitschaft äußerten, mit den Methoden der Szeni-schen Interpretation zu arbeiten, die aber dennoch nicht bereit waren, die geforderten Fragebögen über ihre Unterrichtspraxis auszufüllen und abzugeben.

Das Problem, dass guten Vorsätzen (im Workshop) nicht zwingend gute Taten (im Klassenzimmer) folgen müssen, ist mehrschichtig zu sehen und für das „Gelingen“

der Szenischen Interpretation letztendlich ausschlaggebend. Einerseits setzt sich das Konzept der Szenischen Interpretation aus über 100 Einzelmethoden und Spielver-fahren zusammen, und es ist eine bekannte Tatsache, dass sehr häufig einzelne Ver-fahren verwendet werden, ohne dass vom Konzept der Szenischen Interpretation gesprochen werden könnte. Das bedeutet, dass eine Evaluation der Szenischen Inter-pretation auf einzelne Methoden und deren Gesamtzusammenhang achten muss. An-dererseits jedoch ist die Motivation der Lehrer, eine szenische Interpretation einer Oper durchzuführen, und die konkrete Fertigkeit, einzelne Methoden der Szenischen Interpretation erfolgreich zu handhaben, nicht allein ausschlaggebend für einen Er-folg. Als weitere maßgebliche Faktoren kommen die Rahmenbedingungen dazu, die sich aus der Platzierung des Faches Musik im Fächerspektrum, im Curriculum und im Schulleben zusammen setzen.

Die Daten, die in der vorliegenden Untersuchung erhoben wurden, können nur bruchstückhaft über einige der hier genannten Aspekte Auskunft geben. Aufgrund der bereits zitierten Ergebnisse ist von einer großen Motivation der Lehrer auszuge-hen sowie einer Vorstellung über die eigenen Fähigkeiten, die Methoden erfolgreich handhaben zu können. Geht man davon aus, dass diese Vorstellung „realistisch“ ist, dann wäre nunmehr zu fragen, welche einzelnen Methoden besonders oft verwendet und besonders erfolgreich eingesetzt wurden, ob die Art und Anzahl der verwendeten

Methoden primär motivationsabhängig und damit durch den Workshop beeinflussbar oder maßgeblich von den schulischen Rahmenbedingungen bestimmt sind.

Im folgenden kann auf der Basis der erhobenen Daten nur ein kleiner Teilaspekt die-ser wichtigen Fragen erörtert werden:

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Bewertung einer Methode (auf dem Work-shop), der Bereitschaft, mit dieser Methode zu arbeiten, und dem tatsächlichen und erfolgreichen Einsatz der Methode in der Schule?

Im Folgenden werden lediglich die Ergebnisse der jeweiligen Teiluntersuchungen dargestellt. Die Einzelergebnisse können im 2. Band in Kapitel 2.6 und 2.7 nachgele-sen werden.

In Tabelle 5-4-29 wird die Korrelation zwischen der Bewertung der einzelnen Me-thoden im Workshop und der tatsächliche Einsatz der Methode in der Schule darge-stellt.

Tabelle 5-4-29 B C H I

Korrelation W1 + W31

Korrelation in Worten

Helsinki 2 Helsinki 3 München 1 München 2 1 (2;1), (1,1),

(-2;0), (-1;0)

Positive 44%

N = 306

68,7%

N = 99

44,9%

N = 58

56,4%

N = 62 2 (0;1), (0;0) Keine 14%

N = 111

13,9%

N = 20

13,2%

N = 17

9,1%

N = 10 3 (2;0), (1,0),

(-2;1), (-1;1)

Negative 42%

N = 296

17,4%

N = 25

41,9%

N = 54

34,5%

N = 38 Nennungen

insgesamt

703 144 129 110

Legende:

1 Das Wertepaar (W1+W3) kennzeichnet jeweils die mögliche Korrelation. W1 bezeichnet die Bewertung der einzelnen Methode und kann die Werte 2, 1, 0, -1, 2 annehmen. W3 be-zeichnet den tatsächlichen Einsatz der Methode in der Unterrichtserprobung. Dabei wurden die Antworten auf die Frage, ob mit der Methode gearbeitet wurde, auf ja = 1 und nein = 0 projiziert.

In Tabelle 5-4-30 wird die Korrelation zwischen der Bereitschaft nach dem Work-shop mit der einzelnen Methoden zu arbeiten und der tatsächliche Einsatz der Me-thode in der Schule dargestellt.

Tabelle 5-4-30 B C H I Korrelation

W2 + W31

Korrelation in Worten

Helsinki 2 Helsinki 3 München 1 München 2 4 (1;1); (-1;0) Positive 38,4%

N = 270

56,2%

N = 81

40,3%

N = 52

49,1%

N = 54 5 (0;1), (0;0) Keine 32,1%

N = 226

30,6%

N = 44

24%

N = 31

22,7%

N = 25 6 (-1;1); (1;0) Negative 29,5%

N = 207

13,2%

N = 19

35,7%

N = 46

28,2%

N = 31 Nennungen

insgesamt

703 144 129 110 Legende:

1 Das Wertepaar (W2+W3) kennzeichnet jeweils die mögliche Korrelation. W2 bezeichnet die Bereitschaft mit der einzelnen Methode aus dem Workshop im Unterricht zu arbeiten.

Dabei wurden die Antwortmöglichkeiten projiziert auf ja = 1, vielleicht = 0 und nein = -1.

W3 bezeichnet den tatsächlichen Einsatz der Methode in der Unterrichtserprobung. Dabei wurden die Antworten auf die Frage, ob mit der Methode gearbeitet wurde, auf ja = 1 und nein = 0 projiziert.

Interpretation

Die Ergebnisse aus Tabelle 5-4-29 zeigen widersprüchliche Ergebnisse. In der

Schulerprobung, die auf die Workshops Helsinki 2 (Spalte B) und München 1 (Spalte H) folgte, kann keine Korrelation zwischen Bewertung der einzelnen Methode und ihrem tatsächlichen Einsatz in der Schule festgestellt werden. In Helsinki 2 halten sich negative und positive Korrelation mit den Werten 44% zu 42% und in München 1 mit 44,9 % zu 41,9 % nahezu die Waage. In München 2 (Spalte I) überwiegt die positive Korrelation mit 56,4 % zur negativen mit 34,5 %. Hier kann man folglich von einer tendenziellen Korrelation sprechen. Im Gegensatz dazu besteht in Helsinki 3 mit der Verteilung 68,7 % positiver zu 17,4 % negativer Korrelation eine deutliche Korrelation zwischen Bewertung und tatsächlichem Einsatz der Methode in der Schulerprobung.

Die Ergebnisse aus Tabelle 5-4-30 zeigen ebenfalls widersprüchliche Ergebnisse. In der Schulerprobung, die auf den Workshops Helsinki 2 (Spalte B) und München 1 (Spalte H) folgte, kann keine Korrelation zwischen Bereitschaft mit einer einzelnen Methode zu arbeiten und ihrem tatsächlichen Einsatz in der Schule festgestellt wer-den. In Helsinki 2 liegen negative und positive Korrelation mit den Werten 38,4% zu 29,5% und in München 1 mit 40,3 % zu 35,7 % dicht beieinander. In München 2 (Spalte I) überwiegt die positive Korrelation mit 49,1 % zur negativen mit 28,2 %.

Hier kann man folglich von einer tendenziellen Korrelation zwischen Bereitschaft zum und tatsächlichem Einsatz einer Methode sprechen. Im Gegensatz dazu besteht

in Helsinki 3 mit der Verteilung 56,2 % positiver zu 13,2 % negativer Korrelation eine deutliche Korrelation zwischen Bereitschaft zum und tatsächlichem Einsatz der Methode in der Schulerprobung.

Bezieht man die Ergebnisse aus den Tabellen 5-4-16 und 5-4-17 mit ein, in denen dargestellt wird, mit wie vielen Methoden in den einzelnen Schulerprobungen durch-schnittlich gearbeitet wurde, so kommt man zu folgenden Beobachtungen:

Tab. 5-4-16 Helsinki 2

Anz. der MET Max= 51

UE 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

∑ der MET

31 41 18 14 9 33 31 26 10 35 8 9 22 37 10 34

Ø % 61 80 35 27 18 65 61 51 20 69 16 18 43 73 20 67

Tab. 5-4-17 Helsinki 3 München 1 München 2

Anz. Max = 52 Anz. Max = 66 Anz. Max = 57

UE 17 18 19 20 21 22 23 24

∑ der MET

44 50x 37 37 23 50 29 43

Ø % 84 96 71 71 35 76 51 75

x + 10 MET aus dem Teil 6.1. und 7.2 aus dem Spielkonzept, mit dem im Workshop aber nicht gearbeitet wurde.

Der Umfang des Einsatzes der Methoden schwankt in den beiden Untersuchungsfel-dern. Bei der Untersuchung Helsinki 2 besteht eine sehr starke Schwankung mit mi-nimal 16 % (Unterrichtserprobung 11) und maximal 80 % (Unterrichtserprobung 2) der Methoden, mit denen gearbeitet wurde, genauso wie bei der Untersuchung Mün-chen 1 mit minimal 35 % (Unterrichtserprobung 21) und maximal 76% (Unterrichts-erprobung 22).

Im Gegensatz dazu wurden in den beiden Unterrichtserprobungen von München 2 in beiden Fällen mit über 50 % der einzelnen Methoden gearbeitet. Die starke Korrela-tion aus Helsinki 3 folgt unmittelbar daraus, dass in allen vier Unterrichtserprobun-gen mit 71 – 96 % der Methoden gearbeitet wurde.

Schlussfolgerung

Es lassen sich aus den Ergebnissen und oben beschriebenen Widersprüchen zwei Schlussfolgerungen ziehen. Erstens spielen beim tatsächlichen Einsatz einzelner Me-thoden in der Unterrichtserprobung andere Faktoren als nur die Bewertung der ein-zelnen Methoden und die Bereitschaft und Motivation mit den Methoden im

Unterricht zu arbeiten eine Rolle – der gute Wille alleine genügt nicht. Die schuli-schen Rahmenbedingungen haben mit einen entscheidenden Einfluss darauf, ob und in welchem Umfang mit dem Konzept gearbeitet werden kann. Zweitens macht das Ergebnis auch deutlich, dass es schwierig ist, in einem viel dimensionalen Bedin-gungsfeld empirisch zu forschen.