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Frage 2: In allen Workshops machten den nachhaltigsten Eindruck die vielfältigen, abwechslungsreichen und unterschiedlichen Methoden, die persönlichen Erfahrungen

5.5. Internationales Arbeitstreffen: “Let’s work with opera!”

5.5.3. Die drei opernpädagogischen Konzepte

Im folgenden werden die beiden opernpädagogischen Konzepte aus Belgien und Großbritannien ausführlich dargestellt. In Bezug zur Szenischen Interpretation von Musiktheater wird nur der thematische Schwerpunkt benannt.

5.5.3.1. Repertoire und Kreativität – Belgien (Theatre de la Monnaie) 8 Hintergrund und Ziele

In Belgien ist „Oper“ Teil des Musik-Curriculums. Lehrer sind jedoch nicht ver-pflichtet „Oper“ zu unterrichten. Schüler haben somit ab dem Alter von 8 Jahren die Möglichkeit mit „Oper“ im Rahmen des schulischen Lernens in Kontakt zu kommen (2. Band Kapitel 2.9. Seite S5).

Die opernpädagogische Abteilung des Théâtre de la Monnaie bietet jährlich ca. 30 Kurse für Lehrer und Jungelehrer (Referendare) an mit dem Ziel,

• den Teilnehmern zu ermöglichen, sich selbst in einem kreativen künstleri-schen und musikalikünstleri-schen Prozess zu erfahren,

• dabei ihre Fähigkeiten des Wahrnehmens und Beobachtens zu erhöhen,

8 Das Material, auf das in diesem Kapitel Bezug genommen wird, ist Teil des Abschlussberichts der Arbeitsgruppe 2 „Teacher’s Training Modules“ des europäischen Netzwerks RESEO und ist dort zu finden in: Final Report of working group 2 „Teacher’s Training Modules“ Attachments C – Handout material „Creativity and Opera“ , as a part of the Final Report of RESEO’s Culture 2000 projects

“Why/How opera education today?” Brüssel, RESEO 2003

• in diesem Prozess zu entdecken, ob und wie diese Erfahrung ihren Unterricht bereichern kann, und ob und wie sie Elemente aus einem Kurs im Unterricht umsetzen können, und

• Rahmenbedingungen abzustecken, in denen sich Kreativität entwickeln kann.

Arbeit mit dem Opernrepertoire

Es werden zwei verschiedene Kurs-Typen angeboten:

1. „Stimme und Bewegung“

Thema: Praktisches entdecken des Körpers und der Stimme 2. „Oper“

Thema: Praktische und kreative Einführung in die Oper

Die Kurse dauern in der Regel drei Tage und finden im Theater statt, oder können auf Anfrage auch an Schulen oder anderen Orten angeboten werden.

Beide Kurstypen können mit einem theoretischen Tag kombiniert werden, bei dem die Teilnehmer das Opernhaus, die Geschichte der Oper oder eine bestimmte Oper kennen lernen. Die praktische Arbeit wird dann auf zwei Tage reduziert. Im An-schluss an einen Kurs besuchen die Lehrer und Referendare immer eine Opernvor-stellung im Théâtre de la Monnaie.

Der Kurstyp 2 „Oper“ ist in der Regel eng mit einer Repertoireoper verknüpft.

Der Ablauf eines Kurses wird auf der Basis einer sich eng an einer Oper oder eines Teil einer Oper orientierten Analyse entwickelt. Die Teilnehmer werden angeleitet, musikalisches und theatralisches Material zu entwickeln. Der Kursleiter hat die Auf-gabe das Material der Teilnehmer zu strukturieren und auszuwählen und so eine neue

„Partitur“ entstehen zu lassen. In diesem Prozess sollen die Teilnehmer eine Rolle in der Gruppe finden, und die entstehende theatralische und musikalische Komposition soll eine möglichst große Geschlossenheit aufweisen.

Struktur des konkreten Vorgehens

Der Arbeit des Kurses „Oper“ gliedert sich in sieben Phasen:

1. Erster Kontakt: Raum und Teilnehmer 2. Warm-up: Körper und Stimme

3. Lernprozess: Werkzeuge und Material erzeugen, die aus Musik und Theater generiert werden

4. Improvisation: musikalische und theatralische Improvisation mit den in der 3. Phase generierten Materialien

5. Konstruktion: Definieren des Ablaufs, der sich am Ablauf des Werks orientiert

6. Lernprozess: Analyse einer musikalischen Passage des Werkes und Pa-rallelen zu den vorhergehenden Übungen herstellen 7. Schlussfolgerungen/ Reflexion/ Diskussion

5.5.3.2. Szenische Interpretation von Musiktheater – Deutschland (Institut für Szenische Interpretation von Musiktheater)

Das Konzept ist ausführlich in Kapitel 2 dargestellt. In dieser Form wurde auch die Szenische Interpretation von Musiktheater auf dem Arbeitstreffen präsentiert. Das Spielkonzept zur Szenischen Interpretation Die Hochzeit des Figaro (Brinkmann 1992) wurde reduziert und um Spielsituationen zum Rezitativ-Singen aus Projekten zu „Erlebnisraum Oper“ ergänzt. Dieses Spielkonzept wurde ins Englische und Fran-zösische übersetzt und bildete die Grundlage für den Workshoptag zur Szenischen Interpretation von Musiktheater9.

5.5.3.3. „Creating an opera scene in the classroom“ – Großbritannien (Royal Opera House und Welsh National Opera) 10

Hintergrund und Ziele

In Großbritannien müssen alle Opernhäuser eine opernpädagogische Abteilung un-terhalten, deren Mitarbeiter unter anderem mit Schülern im Unterricht oder in Projekten arbeiten und für Lehrer Workshops anbieten.

Das Schul-Curriculum sieht „Oper“ nicht explizit vor. Es werden die Fächer „Musik“

und „Kunst“, sowie im Englisch-Curriculum „Drama“ und „kreatives Schreiben“

unterrichtet, die Lehrer sind im Gegensatz zu Deutschland jedoch nicht verpflichtet

9 Handout material “Dramatic Interpretation of The Wedding of Figaro” in: Final Report of working group 2 „Teacher’s Training Modules“ Attachments C – Handout material „Dramatic Interpretation (ISIM and University of Oldenburg)”, as a part of the Final Report of RESEO’s Culture 2000 projects

“Why/How opera education today?” Brüssel, RESEO 2003

10 Das Material, auf das in diesem Kapitel Bezug genommen wird, ist Teil des Abschlussberichts der Arbeitsgruppe „Teacher’s Training Modules“ des europäischen Netzwerks RESEO und ist dort zu finden in: Final Report of working group 2 „Teacher’s Training Modules“ Attachments C – Handout material „Creating an opera scene in the classroom“ , as a part of the Final Report of RESEO’s Cultu-re 2000 projects “Why/How opera education today?” Brüssel, RESEO 2003

„Oper“ zu unterrichten. Die opernpädagogischen Abteilungen arbeiten daher häufig auch mit Lehrern, die das Fach Musik nicht unterrichten.

Das in Toulouse vorgestellte Konzept „Creating an opera scene in the classroom“ ist Teil des am Royal Opera House London entwickelten Konzepts „write an opera“.

Hierbei geht es primär darum, mit einer Schulklasse im „normalen Unterricht“ – also nicht in einer speziellen Arbeitsgemeinschaft – vollkommen voraussetzungslos eine

„Oper“ zu entwickeln und zu produzieren. Der Text, die Musik, das Bühnenbild, die Regie, die Kostüme, die Öffentlichkeitsarbeit für eine Aufführung usw. sollen aus-schließlich von den Schülern entwickelt werden. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem „kreativen Prozess“. Ob es zu einer Aufführung kommt oder ob sich „crea-ting an on opera scene in the classroom“ nur auf diesen Prozess beschränkt, hängt von den Rahmenbedingungen ab.

Daher stehen musik-unspezifische Lernziele im Vordergrund dieses Konzepts, zum Beispiel:

• der Erwerb von Denk- und Problemlösungsfertigkeiten,

• die Entwicklung von Kreativität, Fantasie und der Fähigkeit zum Experimentie-ren und Erfinden,

• die Verbesserung der Kommunikation und sozialen Kompetenz (Teamarbeit, Verhandeln in der Gruppe),

• die Verbesserung der Fertigkeiten zum Zuhören und Beobachten und

• die Erhöhung der Selbstachtung, des Selbstwerts und des Selbstvertrauens.

Erst sekundär sind Ziele, die sich auf Musik oder gar auf die Gattung Oper beziehen.

Sie lauten dann gegebenenfalls:

• Wachstum des ästhetischen Urteilvermögens und der Kritikfähigkeit.

• Veränderungen in der Haltung und Einstellung gegenüber Kunst insbesondere der Kunstform Oper.

• Entwicklung von Fertigkeiten die im Zusammenhang mit den Künsten stehen, z.B. singen, darstellen, komponieren, Gesangstexte schreiben, malen und gestal-ten.

Arbeit mit dem Opernrepertoire

Obwohl das Konzept „creating an opera scene in the classroom“ zunächst keinen Bezug zu Repertoireopern herstellt, sind doch Verfahren entwickelt worden,

Reper-toireopern als „kreativen Stimulus“ für die Arbeit mit dem Konzept zu verwenden. In diesem Falle werden nicht- wie beim ursprünglichen Konzept – Alltagserfahrungen der Schüler als Ausgangspunkt eines Textbuchs, der Rollen und der Szenenentwick-lung gewählt, sondern Aspekte einer Repertoireoper. Im Falle von „Figaros Hoch-zeit“ könnten solche Aspekte sein:

• die Handlung (oder ein bestimmter Punkt der Handlung) – ein Mann möchte heiraten und ist damit konfrontiert, dass eine andere Frau sagt, dass er ihr be-reits versprochen ist;

• eine Figur der Oper – zum Beispiel ein Aristokrat, der seine Macht und Stel-lung missbraucht;

• eine Beziehung – z.B. ein Herr und seine Dienerin;

• ein Thema – z.B. Eifersucht oder der Versuch Probleme über Intrigen zu lösen;

• ein Ort – z.B. im Garten bei Nacht.

Bei diesem Vorgehen liefert eine Repertoireoper den ersten Impuls einer eigenstän-digen Schülerproduktion, die als „kreative Aneignung“ der Repertoireoper gedeutet werden könnte. Inwieweit weitere Elemente der Repertoireoper im Verlauf der Schü-lerproduktion aufgegriffen und die Ergebnisse der Schüler mit dem Verlauf der Handlung der Repertoireoper in Bezug gesetzt werden, ist abhängig

- vom Inhalt und der Relevanz der Repertoireoper für die Schüler und - davon wie stark die Schüler gelenkt werden.

Für die opernpädagogischen Abteilungen ist diese Verbindung zwischen kreativer Arbeit und dem Opernrepertoire natürlich von besonderem Interesse, weil es dadurch einen Bezug zwischen den Opern, die im Opernhaus auf der Bühne aufgeführt wer-den, und der opernpädagogischen Arbeit an Schulen gibt.

Struktur des konkreten Vorgehens

Um zum Produkt einer Opernszene oder einer Oper zu kommen, wird in aufeinander aufbauenden Schritten gearbeitet:

(1) Spielerisch wird eine „Geschichte“ aus Alltagsbegebenheiten, Redewendun-gen, kurzen Dialogen und ähnlichem entwickelt.

(2) Diese Geschichte wird dann in Szenen bzw. eine Szenenfolge (dem „drama“) ausgearbeitet.

(3) Danach werden die Rollen definiert und entwickelt.

(4) Der Einstieg in die Musikproduktion erfolgt über einen Chor, dessen Material aus Bewegung, Sprechrhythmen und Textmotiven besteht.

(5) Durch weitere einfache musikalische Improvisationsverfahren werden En-sembles sowie eine „dramatische Ouvertüre“ erarbeitet.

(6) Parallel zur Musikproduktion wird die Bühne, werden Requisiten und Kos-tüme entworfen.