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2 LITERATURÜBERSICHT

2.6 TUMOR-NEKROSE-FAKTOR-α (TNF)

2.6.4 TNF-transgene Mausmodelle

Zum Studium einer TNF-Überexpression im Gehirn sind bereits einige TNF-transgene Mausmodelle etabliert. So wird TNF über Promotoren der Gene für myelin basic protein (MBP), GFAP, Neurofilament (NF) sowie über den endogenen TNF-Promotor exprimiert und führt bei einigen Mauslinien schon im Alter von weniger als zwei Monaten, bei anderen nach etwa einem Jahr zu spontanen Veränderungen (PROBERT et al., 1997; TAUPIN et al. 1997;

AKASSOGLOU et al., 1998). In Mäusen, die TNF über MBP exprimieren, traten in einer Linie spontane Demyelinisierungen auf. Zwei andere Linien zeigten keine Spontanläsionen, erwiesen sich jedoch empfänglicher für die Induktion einer EAE (TAUPIN et al., 1997). Bei einer TNF-Überexpression unter dem GFAP-Promotor oder dem endogenen TNF-Rezeptor wurden ebenfalls Demyelinisierung, Aktivierung der Mikroglia/Makrophagen oder eine Immunzellinfiltration beschrieben (PROBERT et al., 1997; AKASSOGLOU et al., 1998). Bei der neuronalen Expression des TNF unter dem NF-Promotor traten keine spontanen Veränderungen auf, obgleich die TNF-Menge dem unter dem GFAP-Promotor stehenden Modell entsprach bzw. überschritt (AKASSOGLOU et al., 1997, 1998). Dies zeigt, dass nicht nur die TNF-Menge sondern auch der Expressionsort für die TNF-Wirkungen wichtig sind.

Die in dieser Studie verwendeten TNF-transgenen Mäuse exprimieren TNF unter der Kontrolle des Promoters des Glutamatrezeptorsubtyps NR2B (ε2), was zu einer neuronalen Expression des TNF und dessen löslicher Form führt. Die Tiere zeigen keine spontanen entzündlichen oder degenerativen Veränderungen im ZNS, sondern nur eine Aktivierung der Mikroglia in den TNF-überexprimierenden Gehirngebieten (MARCHETTI et al., 2004).

MATERIAL UND METHODEN 35 3 MATERIAL UND METHODEN

Zur Untersuchung der In-vivo-Strategien des BDV zur Ausbreitung im ZNS, Induktion der persistierenden Infektion sowie der regionalen und zellulären Präferenzen innerhalb des Neurotropismus diente die experimentelle Infektion adulter Lewis-Ratten und TNF-transgener Mäuse. Dies beinhaltete weiterhin die Analyse des Reaktionsmusters residenter Gehirnzellen als Basis zum Verständnis der zugrunde liegenden Virus-Wirtsbeziehungen.

Histologie und Immunhistologie (IH) wurden in beiden Modellen zur morphologischen Dokumentation des Entzündungsgeschehens im Gehirn, der Aktivierung residenter Gehirnzellen und der Expression neuroprotektiver Faktoren eingesetzt (3.1.5, 3.1.6, 3.2.5, 3.2.6). Die morphologischen Nachweise der viralen Proteine und RNAs erfolgten mittels IH und In-situ-Hybridisierung (ISH; 3.1.6, 3.1.8., 3.2.6, 3.2.8). Zur Quantifizierung viraler RNAs, der mRNA-Spezies des TNF-Systems und ausgewählter neuroprotektiver Faktoren wurden real time RT-PCR-Assays etabliert und angewendet (3.1.7, 3.1.10, 3.2.7, 3.2.9). Die Charakterisierung der regionen- und zellspezifischen viralen Transkription erforderte die Etablierung der Laser Microbeam Microdissection sowie Laser Microbeam and Pressure Catapulting zur nachfolgenden Mengenbestimmung viraler RNAs (3.1.9).

3.1 EXPERIMENTELLE INFEKTION VON LEWIS-RATTEN 3.1.1 VERSUCHSTIERE UND TIERHALTUNG

Als Versuchstiere wurden 30 Tage alte Lewis-Ratten aus der Nachzucht des Tierbestandes des Institutes für Virologie der Justus-Liebig-Universität Gießen verwendet. Die Tiere wurden in Gruppenkäfigen (Makrolon®) bei einem Tag-Nacht-Rhythmus von 12 Stunden gehalten.

Die Käfige befanden sich in einem Raum mit konstanter Luftfeuchtigkeit (55 +/- 10 %) und Raumtemperatur (20-24 °C), die Beleuchtung erfolgte durch Neonröhren. Wasser und pelletiertes Fertigfutter (Altromin®, Diätfutter für Zuchttiere, Altromin, Lage) standen ad libitum zur Verfügung. Alle Arbeiten mit und an den Versuchstieren wurden mit Einweghandschuhen und Mundschutz durchgeführt. Zur Zwischendesinfektion aller Materialien, die mit den Tieren in Kontakt kamen, wurde 1%iges Venno Vet 1 super (Menno Chemie-Vertriebsgesellschaft, Norderstedt) für 2 Stunden (h) bei Raumtemperatur verwendet. Danach wurde das Besteck bei 123 °C und 1,15 bar für 20 Minuten autoklaviert.

3.1.2 VIRUSPRÄPARATION

Zur Infektion wurde eine dreimal in adulten Lewis-Ratten passagierte Viruspräparation des Gießener Stammes H24 (5/25/92) verwendet, die freundlicherweise von Herrn Prof. Richt, vormals Institut für Virologie, Justus-Liebig-Universität Gießen; derzeit Diagnostic Medicine/Pathobiology Department, Manhattan, Kansas, USA zur Verfügung gestellt wurde.

Der Virustiter betrug etwa 106 ID50/ml. Zur Infektion wurde eine 10%ige Gehirnsuspension benutzt.

MATERIAL UND METHODEN 36

3.1.3 VERSUCHSDURCHFÜHRUNG

Die Tierversuche wurden in Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Richt, Diagnostic Medicine/Pathobiology Department, Manhattan, Kansas, USA gemäß den Bestimmungen für genehmigungspflichtige Tierversuche durchgeführt (Az. GI 18/7 Nr. 11/2000).

3.1.3.1 Infektion der Versuchstiere und Kontrollen

30 Tage alte Tiere wurden mit 0,1 ml der 1:10 verdünnten Viruspräparation unter Ketanest® -Narkose (40mg/kg Ketamin) in die linke vordere Großhirnhemisphäre (n=3-5 pro Zeitpunkt post infectionem [p.i.]) infiziert. Als Kontrolle dienten Tiere, die mit 0,1 ml einer 1:10 verdünnten Gehirnsuspension von nicht infizierten adulten Ratten inokuliert wurden (Mock-Infektion; n=1 pro Zeitpunkt p.i.) sowie nicht infizierte adulte Lewis-Ratten (n=3).

3.1.3.2 Klinik, Versuchsablauf und Übersicht der durchgeführten Untersuchungen Die Ratten wurden während des Versuches zweimal pro Woche adspektorisch untersucht.

Die Tötung der Ratten erfolgte nach tiefer Ketanest®-Narkose (40mg/kg Ketamin) durch Dekapitation. Für die morphologischen und molekularbiologischen Untersuchungen (3.1.6, 3.1.8-3.1.10) wurden je drei infizierte sowie ein mock-infiziertes Tier zwischen 1 und 90 Tagen p.i. getötet (Tabelle [Tab.] 1). Zusätzlich wurden drei nicht infizierte Kontrolltiere im Alter von 3 Monaten getötet. Zur Charakterisierung der residenten Gehirnzellen wurden im Zeitraum 3 bis 50 Tage p.i. (days post infection, dpi) 22 weitere Tiere sowie 2 mock-infizierte Ratten verwendet. Eine Übersicht der durchgeführten Untersuchungen gibt Tabelle 1.

Tab. 1: Untersuchungen an BDV-infizierten Lewis-Ratten und Kontrolltieren

dpi Histologie IH ISH DM Real time

MATERIAL UND METHODEN 37 dpi: days post infection, Tage nach Infektion; HE: Hämatoxylin-Eosin-Färbung; IH: Immunhistologie;

ISH: In-situ-Hybridisierung; DM: Doppelmarkierung; Real time RT-PCR: real time reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion; BDV-N: BDV-Nukleoprotein; BDV-GP: BDV-Glykoprotein;

BDV-M: BDV-Matrixprotein; BDV-LE: leader-haltige +ssRNA; +ssRNA: positiv orientierte RNA; RNAs:

positiv und negativ orientierte RNA; GFAP: glial fibrillary acidic protein; CNPase: 2’,3’-cyclic nucleotide-3’-Phosphodiesterase; AIF-1: allograft inflammatory factor 1; ED1: Rattenhomolog zu CD68; HO-1: Häm-Oxygenase-1; ADNP: activity-dependent neuroprotective protein; BDNF: brain derived neurotrophic factor; IIFT: Indirekte Immunfluoreszenz

MATERIAL UND METHODEN 38

3.1.4 PROBENENTNAHME, PRÄPARATION DER ORGANE UND UNTERSUCHTE GEHIRNREGIONEN

Die Gehirne wurden direkt nach der Tötung steril entnommen und sagittal in zwei Hälften geteilt. Die linke Hälfte wurde in 10%igem, nicht gepuffertem Formalin über Nacht bei Raumtemperatur fixiert. Daraus wurden in 6-8 Ebenen Coronarschnitte (A-H, Tab. 2; Abb. 4) hergestellt, die 16 h in der aufsteigenden Alkoholreihe entwässert und in Roti-Histol® (Carl Roth, Karlsruhe) mit Hilfe eines Einbettautomaten (Tissue-Tek TECTM 5, Vogel, Gießen) bei 65 °C in Paraffin eingebettet wurden. Anschließend wurden 3-4 µm dicke Schnitte angefertigt, auf Starfrost® oder Superfrost® Plus Objektträger (Menzel Gläser, Braunschweig) aufgezogen und ca. 45-60 Minuten bei 56 °C im Wärmeschrank getrocknet. Dieses Material wurde für die histologischen und immunhistologischen Untersuchungen sowie für die ISH verwendet (3.1.5, 3.1.6, 3.1.8). Die rechte Hälfte wurde transversal in den Ebenen B (I), C (II), D (III, IV) und H (V) geschnitten und die Gehirnscheiben in Tissue-Tek® O.C.T.-Compound (OCT, Sakura Finetek Europe B.V., Zoeterwoude, Niederlande) eingebettet und bei –80 °C gefroren (Tab. 2; Abb. 4). Diese Gewebeproben dienten der RNA-Isolierung für die real time reverse Transkriptase-PCR (real time RT-PCR) und dem Nachweis von infektiösem Virus (3.1.10, 3.1.11).

3.1.4.1 Untersuchte Gehirnregionen

Die Schnittebenen der 6-8 Coronarschnitte sowie der in OCT-eingebetteten Gehirnhälften entsprachen weitgehend den Ebenen nach PAXINOS und WATSON (1998; Tab. 2; Abb. 4).

Tab. 2: Schnittebenen nach PAXINOS und WATSON (1998)

Ebene FFPE Bregma Interaural Ebene OCT Name OCT

A 6,70 mm 15,70 mm

B 3,70 mm 12,70 mm

I Bulbus olfactorius

C 0,48 mm 9,48 mm II CPu

Drost -1,30 mm 7,70 mm III AH rostral

Dcaud -1,30 mm 7,70 mm

E -3,30 mm 5,70 mm IV AH caudal

F -5,20 mm 3,80 mm

G -7,80 mm 1,20 mm

H -11,60 mm -2,60 mm V Kleinhirn

Ebene FFPE: Ebenen der Coronarschnitte für formalinfixiertes, paraffineingebettetes Gewebe (FFPE); Bregma: Schnittpunkt der Sagittalnaht des Schädels mit dem Mittelpunkt der Coronarnaht;

Interaural: Linie zwischen beiden äußeren Öffnungen der knöchernen Gehörgänge; Ebene OCT:

Ebenen der Anschnitte der in OCT eingebetteten Gehirnhälften; Drost: Anschnittfläche nach rostral;

Dcaud: Anschnittfläche nach caudal; CPu: N.caudatus/Putamen; AH: Ammonshorn

MATERIAL UND METHODEN 39 Abb. 4: Schematische Darstellung der verwendeten Schnittebenen

OCT: Tissue-Tek® O.C.T.-Compound

FFPE: Formalinfixiertes, paraffineingebettetes Gewebe

Folgende Gehirngebiete und -strukturen wurden in die morphologischen Untersuchungen einbezogen, sofern sie anhand der Gewebeschnitte eindeutig ansprechbar waren:

1. Bulbus olfactorius 2. Neocortex

3. Corpus callosum

4. Corpus amygdaloideum (Amygdala)

5. Ammonshorn, unterteilt in CA1-, CA2-, CA3-Region, Gyrus dentatus (DG) 6. Nucleus caudatus/Putamen

7. Thalamus 8. Hypothalamus 9. Mesencephalon 10. Cerebellum

11. Medulla oblongata 12. Ependym

13. Leptomeninx

MATERIAL UND METHODEN 40

3.1.5 HISTOPATHOLOGISCHE PRÄPARATION

Die etwa 4 µm dicken Gehirnschnitte wurden mit Hämatoxylin-Eosin (HE) gefärbt. Die histologische Untersuchung diente dem Nachweis der Entzündungszellinfiltration und Aktivierung von Mikroglia und Astrozyten sowie der Bewertung degenerativer Veränderungen.

3.1.5.1 Auswertung

Die Auswertung der histopathologischen Veränderungen im Gehirn erfolgte semiquantitativ nach folgenden Kriterien in verschiedenen Vergrößerungsstufen:

1. Entzündliche Veränderungen:

Infiltrate: - perivaskulär - meningeal - parenchymal Mikrogliaaktivierung Astrogliose

Satellitose

2. Degenerative Veränderungen:

Hydrocephalus internus Neuronennekrosen

0 = keine Veränderungen

1 = bei den meisten Infiltrate bis 15 Zellen/Herd, perivaskulär meist ein bis zwei Schichten von Entzündungszellen, leicht erhöhte Zellularität (Leptomeninx, Parenchym), vereinzelte Herde, einzelne Gehirngebiete betroffen, kaum-geringgradige Satellitose, kein Hydrocephalus internus, vereinzelte Neuronennekrosen

2 = bei der Mehrzahl der Infiltrate 15-30 Zellen/Herd, perivaskulär ein bis zwei oder mehr als zwei Schichten von Entzündungszellen, deutlich erhöhte Zellularität, zahlreiche Herde, mehrere Gehirngebiete betroffen, mittelgradige Satellitose, kein bis beginnender Hydrocephalus internus, vermehrt Neuronennekrosen

3 = bei der Mehrzahl der Infiltrate über 30 Zellen/Herd, perivaskulär immer mehr als zwei bis viele Schichten von Entzündungszellen, sehr hohe Zellularität, viele große, evtl.

konfluierende Herde, gesamtes Gehirn betroffen, hochgradige Satellitose, ausgeprägter Hydrocephalus internus, zahlreiche Neuronennekrosen

Die Auswertungskriterien des Astroglianachweises finden sich unter der Bewertung der GFAP-Expression (3.1.6.6).

Die Anzahl reaktiver Mikroglia wurde nach Anzahl von Stäbchenzellen und perineuronaler Lokalisation bei 400facher Vergrößerung bewertet:

0 = keine reaktiven Mikroglia pro Gesichtsfeld

1 = wenige (bis zu 10) reaktive Mikroglia pro Gesichtsfeld 2 = einige (bis zu 20) reaktive Mikroglia pro Gesichtsfeld Die statistische Auswertung findet sich unter 3.1.12.

MATERIAL UND METHODEN 41 3.1.6 IMMUNHISTOLOGIE (IH)

Die Immunhistologie wurde zum Nachweis der BDV-spezifischen Proteine sowie der Beurteilung der Astrogliose, Mikrogliaaktivierung und neuroprotektiver Vorgänge eingesetzt.

1. Blockseren

1.1 Pferdeserum (PS, PAA Laboratories, Linz, Österreich) 1.2 Schweineserum (SS, PAA Laboratories)

1.3 Ziegenserum (ZS). Das Serum wurde von gesunden Tieren der Klinik für kleine Klauentiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover gewonnen (10.2.1).

2. Primärantikörper

Die verwendeten Primärantikörper finden sich in Tabelle 3.

3. Kontrollseren

Als Kontrollserum für monoklonale Antikörper diente ein monoklonaler Antikörper von der Maus gegen Hühner T-Zellen (CTL 1), für die monospezifischen, polyklonalen Antikörper wurde Serum gesunder Kaninchen (Sigma-Aldrich, Heidelberg) verwendet.

4. Sekundäre Antikörper

Für die Detektion monoklonaler Antikörper wurde ein biotinilierter Pferd-anti-Maus-Antikörper verwendet (IgG, Vector Laboratories, Burlingame, USA) und für die polyklonalen Antiseren ein biotinilierter Ziege-anti-Kaninchen-Antikörper (IgG, Vector Laboratories). Zur Detektion des Anti-CNPase Antikörpers wurde ein biotinilierter Ziege-anti-Maus-Antikörper (IgG (H+L), Vector Laboratories), zum Nachweis der Anti-AIF-1- und Anti-HO-1-Antikörper ein biotinilierter Ratten-anti-Maus-Antikörper (Dako Cytomation) eingesetzt.

5. Avidin-Biotin-Peroxidase-Komplex (ABC)

Es wurde das ABC-Kit Peroxidase Standard PK-4000 von Vector Laboratories verwendet.

6. Streptavidin-Avidin-Biotin (AB)-Komplex

Als Streptavidin-AB-Komplex diente das kommerziell erhältliche Kit von Dako Cytomation.

7. Avidin-Biotin-Alkalische Phosphatase-Komplex (ABC-AP)

Verwendet wurde das Kit Alkaline Phosphatase Standard AK-5000 (Vector Laboratories).

MATERIAL UND METHODEN 42

Tab. 3: Verwendetes Gewebe, Spezifität und Verdünnungen der primären Antikörper

Maus-anti-AIF-1 Monoklonal 1:2 in TBS 0,1% BSA

Mikrowelle/Citratpuffer SS FFPE TBS: tris buffered saline; PBS: phosphate buffered saline; SS: Schweineserum; PS: Pferdeserum; ZS:

Ziegenserum; BSA: Bovines Serumalbumin; BDV-N: BDV-Nukleoprotein; BDV-GP: BDV-Glykoprotein,

*: Zur Herstellung diente ein 16 AS-großen Peptid, das im C-terminalen BDV-GP-Bereich in unmittelbarer Nähe zur Spaltstelle liegt (AS 287 bis 302); BDV-M: BDV-Matrixprotein; GFAP: glial fibrillary acidic protein; CNPase: 2’,3’-cyclic nucleotide-3’-Phosphodiesterase; AIF-1: allograft inflammatory factor 1; ED1: Rattenhomolog zu CD68; HO-1: Häm-Oxygenase-1; ADNP: activity-dependent neuroprotective protein; BDNF: brain derived neurotrophic factor; FFPE: Formalinfixiertes, paraffineingebettetes Gewebe; DMa: Doppelmarkierung zum Nachweis der BDV-RNAs in Astrozyten bzw. Oligodendrozyten (3.1.8.3); DMb: Nachweis von BDV-M in Astrozyten (3.1.6.2)

3.1.6.1 Avidin-Biotin-Peroxidase-Komplex (ABC)-Methode

Der Nachweis der BDV-spezifischen Antigene sowie der residenten Zellen im Gehirn erfolgte mit der von HSU et al. (1981) beschriebenen und von HERDEN et al. (2000b, 2005) und WERNER-KEIŠS et al. (2008) modifizierten ABC-Methode. Die Antikörperkomplexe wurden mit Avidin-Biotin-Peroxidase-Komplex (ABC-Kit Peroxidase Standard, Vector Laboratories) und 3,3-Diaminobenzidin-Tetrahydrochlorid (DAB, Sigma Aldrich) als Chromogen dargestellt.

3.1.6.2 Doppelmarkierung

Die Doppelmarkierung diente dem Nachweis von M in Astrozyten. Dazu wurden BDV-infizierte Gehirnschnitte mit dem polyklonalen Anti-BDV-M-Antikörper nach der ABC-Methode inkubiert (3.1.6.1). Anschließend wurden die Schnitte mit dem monoklonalen Anti-GFAP–Antikörper nach der ABC-Alkalische Phosphatase(AP)-Methode mit dem ABC-AP-Kit

Primärantikörper Klonalität und

MATERIAL UND METHODEN 43

Alkaline Phosphatase (Vector Laboratories) und dem Neufuchsin-Substratsystem, wie von MIAO et al. (2003) und GENNET et al. (2008) beschrieben, inkubiert.

3.1.6.3 Immunhistologische Kontrollen

Die Spezifität der immunhistologischen Reaktionen wurde wie folgt überprüft:

1. Folgeschnitte der zu untersuchenden Gewebeschnitte wurden mit den jeweiligen Kontrollseren anstelle des Primärantikörpers inkubiert.

2. Zusätzlich wurden Gehirnschnitte von mock-infizierten Tieren und nicht infizierten Kontrolltieren sowohl mit den primären Antikörpern als auch mit den Kontrollseren inkubiert.

3.1.6.4 Auswertung der Immunhistologie

Die Bewertung der immunhistologischen Nachweise erfolgte semiquantitativ durch die Bestimmung der geschätzten Zahl positiver Zellen/Gesichtsfeld für die unter 3.1.4.1 genannten Gehirnlokalisationen unter Berücksichtigung der topographisch-anatomischen Gegebenheiten.

Der Nachweis der BDV-Antigene wurde bei 200facher Vergrößerung wie folgt bewertet:

0 = keine Reaktion

1 = einzelne positive Zellen bzw. bis zu 15 positive Zellen pro Gesichtsfeld, nur einzelne Gehirngebiete betroffen

2 = 15-30 positive Zellen pro Gesichtsfeld, mehrere Gehirngebiete betroffen Reaktion 3 = über 30 positive Zellen pro Gesichtsfeld, viele Gehirngebiete bzw. gesamtes Gehirn

betroffen

Das Vorhandensein einer Astrogliose wurde anhand der typischen Morphologie aktivierter Astrozyten (VINTERS und KLEINSCHMIDT-DEMASTERS, 2008) sowie der Anzahl GFAP-positiver Astrozyten bei 200facher Vergrößerung nach folgendem Schema bewertet (HERDEN et al., 2005):

0 = keine GFAP-positiven Astrozyten

1 = bis zu 15 GFAP-positive Zellen pro Gesichtsfeld 2 = bis zu 30 GFAP-positive Zellen pro Gesichtsfeld 3 = ≥30 GFAP-positive Zellen pro Gesichtsfeld

Zum Nachweis von Mikroglia/Makrophagen diente die Bewertung der AIF-1-Expression bei 400facher Vergrößerung unter Verwendung des folgenden Schemas (HERDEN et al., 2005):

0 = keine AIF-1-positiven Zellen

1 = bis zu 15 AIF-1-positive Zellen pro Gesichtsfeld 2 = ≥15 AIF-1-positive Zellen pro Gesichtsfeld 3 = ≥35 AIF-1-positive Zellen pro Gesichtsfeld

Zusätzlich wurde vergleichend das Vorhandensein einer ED1-Expression überprüft.

MATERIAL UND METHODEN 44

Die HO-1-Expression wurde bei 400facher Vergrößerung wie folgt bewertet (HERDEN et al., 2005):

0 = keine HO-1-positiven Zellen

1 = bis zu 10 HO-1-positive Zellen pro Gesichtsfeld 2 = bis zu 20 HO-1-positive Zellen pro Gesichtsfeld 3 = ≥20 HO-1-positive Zellen pro Gesichtsfeld

Die Bewertung der ADNP- und BDNF-Nachweise erfolgte qualitativ in Hinblick auf exprimierende Zelltypen und intrazelluläre Lokalisation in den jeweiligen Gehirnarealen (3.1.4.1). Falls nicht anders erwähnt, wurden die Reaktionen einer Gehirnregion für die Tiere eines Untersuchungstages gemittelt. Die statistische Aufarbeitung findet sich unter 3.1.12.

An Gehirnschnitten BDV-infizierter Tiere 14, 24, 42, 90 Tage p.i. wurde zusätzlich eine quantitative Auswertung vorgenommen, indem die immunhistologisch BDV-N- und BDV-GP-positiven Zellen im Ammonshorn ausgezählt wurden. Das Ammonshorn erwies sich als am geeignetsten, da es abgrenzbar und somit vermessbar war und in diesem Gebiet sowohl BDV-N als auch BDV-GP exprimiert wurde. Die Größe der Hippocampusformation wurde an jedem Gewebeschnitt mit Hilfe des Programms analySIS 2.02 der Firma SIS Enterprises (Soft Imaging Software, Münster) und Kamera und Adapter der Firma Kappa Messtechnik, Gleichen, am Olympus Photo-Mikroskop MTV-3 BH-2 ausgemessen. Es wurden alle BDV-N- und BDV-GP-positiven Zellen innerhalb des vermessenen Gebietes gezählt. Zellen am Rand des Messgrids wurden nur an zwei Seiten gezählt. Dabei wurde zwischen Zellen mit positiven Reaktionen im Kern, im Zytoplasma oder in beiden Zellkompartimenten unterschieden und die Gesamtzahl positiver Zellen ermittelt. Eine gleichartige Auszählung fand auch nach der ISH statt (3.1.8.5). Zur weiteren statistischen Auswertung siehe 3.1.12.

3.1.7 HERSTELLUNG VON cDNA-KLONEN

Zur Herstellung von Digoxigenin (DIG)-markierten RNA Sonden (3.1.8.1) und des Mengenstandards für die real time RT-PCR (3.1.10.1) wurden cDNA Klone der BDV +ssRNAs und zellulärer mRNA sowie Plasmide für den während der Virusreplikation entstehenden komplementären +ssRNA-Strang (BDV-LE) verwendet (Tab. 4). Dazu wurden entweder Plasmide, die das komplette BDV-N- oder BDV-GP-Gen enthielten und freundlicherweise von Herrn Prof. Garten, Institut für Virologie, Philipps-Universität Marburg zur Verfügung gestellt wurden, oder Gesamt-RNA aus Gefriermaterial eines BDV-infizierten Rattengehirnes (50 Tage p.i.) und eines Kontrolltieres benutzt. Aus dem nativen Gehirngewebe wurde Gesamt-RNA isoliert, aufgereinigt und cDNA durch reverse Transkription (RTr) hergestellt. Die Klonierung erfolgte in einen pCR.4-TOPO® -Sequenzierungsvektor (Invitrogen, Karlsruhe) mit Vermehrung in One Shot TOP10 Chemically Competent E.coli-Bakterien (Invitrogen).

MATERIAL UND METHODEN 45 3.1.7.1 RNA-Isolation

Die RNA wurde aus OCT-eingebettetem Gehirngewebe (OCT-GG) der BDV-infizierten Ratte (50 Tage p.i.) und des Kontrolltieres nach der single-step-Methode (CHOMCZYNSKI und SACCHI, 1987) mit Trizol®-Reagenz (Invitrogen) isoliert. Die RNA wurde aufgereinigt oder mit 200 µl 75%igem Ethanol überschichtet und bei -80 °C asserviert.

3.1.7.2 Aufreinigung der RNA

Zur Reinigung der RNA wurde das RNeasy Minikit® (Qiagen, Hilden) mit zusätzlicher Behandlung mit RNAse-Free DNase I (Qiagen, 10 µl pro Ansatz für 15 Minuten) verwendet.

Die Elution der RNA erfolgte mit 30 µl RNase freiem Wasser (Qiagen). Die RNA wurde in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei -80 °C asserviert.

3.1.7.3 Reverse Transkription

Die reverse Transkription (RTr) erfolgte mit dem Omniskript RT® Kit (Qiagen) in einem Multicycler® PTC 200 (Biozym Diagnostik, Hessisch Oldendorf; POROMBKA et al., 2006;

SCHAUDIEN et al. 2007a). Aus der RNA-Stammlösung wurde durch Zugabe von DEPC-Aqua bidest. eine RNA-Gebrauchslösung (100 ng/µl) hergestellt. Davon wurden 12 µl RNA (1200 ng) eingesetzt, um einen 19 µl RT-Reaktionsansatz mit 2 nm dNTP, 0,5 µl random primer (Promega, Mannheim), 10 U RNaseOut Recombinant Ribonuclease Inhibitor (Invitrogen) und 4 U Omniskript® Enzym zu erhalten. Der RTr-Reaktionsansatz wurde in dem Thermocycler 25 °C für 10 Minuten, 37 °C für 1 Stunde, 93 °C für 5 Minuten und bei 4 °C bis zur Entnahme der Proben inkubiert. Die cDNA-Proben wurden sofort bei –80 °C asserviert.

3.1.7.4 Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Primer zur initialen Amplifikation von BDV +ssRNA und zellulärer +ssRNA wurden mit dem Programm Primer3 input (http://frodo.wi.mit.edu/cgi-bin/primer3/primer3_www.cgi) ermittelt (Tab. 4). Die Primerlyophilisate (MWG Biotech, Ebersberg) wurden mit DEPC-Aqua bidest.

auf eine Konzentration von 15 µM eingestellt und bei -20 °C gelagert. Die Amplifikation der in 3.1.7.3 hergestellten cDNA oder der bereits vorhandenen Plasmid-DNA erfolgte in einem Multicycler® PTC 200 (Biozym Diagnostik) unter Verwendung des GeneAmp® PCR Core Kit (Perkin Elmer, Applied Biosystems, Weiterstadt). Je 3 µl cDNA-Matrize wurden in einem 50 µl-PCR-Ansatz mit 1,25 mM MgCl2, 200 µM dNTP-Mix (Invitrogen), je 300 nM Primer und 1,25 U AmpliTaq® DNA Polymerase eingesetzt. Bei Verwendung des Plasmides BDV-GP wurden 1 µl der Verdünnungen 1:102, 1:103 und 1:104 eingesetzt.

Als Matrize für BDV-N diente das Plasmid „BDV-N", als Matrizen für BDV-Intron II (BDV-GP-N, BDV-GP-C) das Plasmid „BDV-GP“ sowie die cDNA der BDV-infizierten Lewis-Ratte.

Da die BDV-GP-spezifische Sequenz des für den zur Infektion verwendeten Virusstock noch nicht bekannt war, wurden beide Ansätze gewählt. Als Matrize für BDV-Intron I (BDV-M, Intron I NEU), BDV-LE und BDV-S1 wurde cDNA der BDV-infizierten Lewis-Ratte, für Succinat-Dehydrogenase-Komplex, Untereinheit A (SDHA),

Hypoxanthin-Phosphoribosyl-MATERIAL UND METHODEN 46

Transferase I (HPRT) und Glyceraldehyd-3-Phosphatdehydrogenase (GAPDH) die cDNA des Kontrolltieres verwendet. Als Negativkontrollen (no template control, NTC) diente ein PCR-Ansatz, der nur DEPC-Aqua bidest. enthielt.

Der PCR-Ansatz wurde bei folgendem Temperaturprogramm mit einem annealing bei 59,9

°C, außer für die Primerpaare p151/152 und 153/154 (annealing 55 °C) inkubiert: Initiale Denaturierung bei 94 °C für 1 Minute, 40 Zyklen; Denaturierung: 94 °C für 1 Minute; Primer-Anlagerung: 59,5 °C/55 °C für 1 Minute; Elongation: 72 °C für 1 Minute; Finale Elongation: 72

°C für 20 Minuten; Kühlung: 4 °C bis zur Entnahme der Proben. Zur Überprüfung der korrekten Amplifikation wurden die PCR-Produkte gelelektrophoretisch aufgetrennt (10.2.5).

DNA-Banden der Amplifikate mit korrekter Größe wurden mit dem NucleoSpin® Extract II-Kit (Macherey-Nagel, Düren) aufgereinigt.

Tab. 4: Verwendete Primer zur Herstellung von cDNA-Klonen

Name ID Sequenzen (5’ → 3’ Orientierung) Amplk Acc-No.

Basenpaare; Acc-No: GenBank®-Accession-Nummer; Pos.: Position in der veröffentlichten Sequenz;

BDV-N: BDV-Nukleoprotein; BDV-GP: BDV-Glykoprotein; BDV-M: BDV-Matrixprotein; BDV-LE:

leader-haltige +ssRNA; SDHA: Succinat-Dehydrogenase-Komplex, Untereinheit A; HPRT:

Hypoxanthin-Phosphoribosyl-Transferase I; GAPDH: Glyceraldehyd-3-Phosphatdehydrogenase

MATERIAL UND METHODEN 47 3.1.7.5 Klonierungsreaktion

Die Klonierung spezifischer PCR-Produkte erfolgte mittels des TOPO TA Cloning® Kit for Sequencing mit dem pCR.4®-TOPO-Sequenzierungsvektor (Invitrogen; GRÖTERS, et al.

2005; WERNER-KEIŠS, et al., 2008) und Plasmidvermehrung in One Shot TOP10 Chemically Competent-E.coli-Bakterien (Invitrogen). Pro PCR-Produkt wurden Ligationsansätze mit 1-4 µl des PCR-Produktes, 1 µl Salzlösung, 1 µl pCR.4®-TOPO-Vektor (Invitrogen) und bis zu 3 µl sterilem Aqua dest. angesetzt. Die chemische Transformation der One Shot TOP10 Chemically Competent E.coli (Invitrogen) erfolgte mit 2 µl des ligierten Plasmides. Pro Ansatz wurden je 30 µl und 100 µl der Bakteriensuspension auf Lauria-Bertani-Agarböden (10.2.2) ausplattiert und über Nacht bei 37 °C im Wärmeschrank inkubiert. Von deutlich erkennbaren Einzelkolonien wurden insgesamt sechs Flüssigkulturen in 4 ml-Lauria-Bertani-Medium (10.2.2) angeimpft und über Nacht bei 37 °C im Schüttler (200 rpm) inkubiert. Die Plasmid-DNA wurde mit dem das NucleoBond® PC 20-Kit

2005; WERNER-KEIŠS, et al., 2008) und Plasmidvermehrung in One Shot TOP10 Chemically Competent-E.coli-Bakterien (Invitrogen). Pro PCR-Produkt wurden Ligationsansätze mit 1-4 µl des PCR-Produktes, 1 µl Salzlösung, 1 µl pCR.4®-TOPO-Vektor (Invitrogen) und bis zu 3 µl sterilem Aqua dest. angesetzt. Die chemische Transformation der One Shot TOP10 Chemically Competent E.coli (Invitrogen) erfolgte mit 2 µl des ligierten Plasmides. Pro Ansatz wurden je 30 µl und 100 µl der Bakteriensuspension auf Lauria-Bertani-Agarböden (10.2.2) ausplattiert und über Nacht bei 37 °C im Wärmeschrank inkubiert. Von deutlich erkennbaren Einzelkolonien wurden insgesamt sechs Flüssigkulturen in 4 ml-Lauria-Bertani-Medium (10.2.2) angeimpft und über Nacht bei 37 °C im Schüttler (200 rpm) inkubiert. Die Plasmid-DNA wurde mit dem das NucleoBond® PC 20-Kit