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Steuerfreiheit der Erträge

Im Dokument Tabellen- und Abbildungsverzeichnis (Seite 164-168)

9 Ergebnisse und Fazit

7.3.1 Steuerfreiheit der Erträge

Bis 1974 wurden Zinsen aus Lebensversicherungsverträgen nicht als Erträge aus Kapitalnutzungsüberlassung angesehen. Die Zinsen waren nicht steuerbar, da sie als Teil der Rückzahlung im Rahmen eines Versicherungsverhältnisses angesehen wurden. Überdies fand eine Besteuerung der Erträge nicht statt, da der Gesetzgeber eigenverantwortliche Vorsorge fördern wollte. Zudem wären langfristige Geldanlagen wie Lebensversicherungen einem erhöhten Risiko der Geldentwertung ausgesetzt.

Die Behandlung der Erträge aus Kapitallebensversicherungen änderte sich erst als der Gesetzgeber in Lebensversicherungen eine Form der Kapitalanlage mit vergleichsweise geringem Risiko sah, die z.T. nicht mehr primär der Vorsorge, sondern der Vermögensansammlung bzw.

Kapitalanlage diente. Förderungswürdige Lebensversicherungen sollten dagegen von der Besteuerung ausgenommen bleiben.682

Die Behandlung der Zinsen änderte sich für Verträge, die nach dem 31.

Dezember 1973 abgeschlossen wurden und Erträge, die nach dem 31.

Dezember 1974 zugeflossen sind. Seit dem Veranlagungszeitraum 1975 sind die Zinsen steuerbar und grds. steuerpflichtig. Zinsen aus vor dem 1.

Januar 1974 abgeschlossenen Versicherungsverträgen bleiben steuerfrei.683

Außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, wurden ein neuer Steuertatbestand innerhalb der Einkunftsart Kapitalvermögen.684 Maßgeblich für den Besteuerungszeitpunkt ist der Zuflusszeitpunkt. Ein Zufluss kann durch Auszahlung, Beitragsverrechnung oder Gutschrift beim Versicherungs-nehmer stattfinden. Das Lebensversicherungsunternehmen darf die Zinsen auch näherungsweise ermitteln.685

Abweichend vom Grundsatz der Steuerpflicht können Erträge bestimmter Lebensversicherungen ausnahmsweise steuerfrei bleiben.686 Nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen Zinsen aus Versicherungen, deren Beiträge als Vorsorgeaufwendungen im Rahmen der

682 Vgl. Dötsch, F., in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 20 Rz. H 1 und H 4; vgl.

Harenberg, F. E., in: HHR, EStG, § 20 Rz. 722 m.w.N.; vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 20 Rz. 152.

683 Vgl. BMF-Schreiben vom 31.8.1979, BStBl. I 1979 S. 592, Rz. 14; vgl. unter Berücksichtigung der Subsidiarität (§ 20 Abs. 3 EStG) der Einkünfte aus Kapitalvermögen § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG i.V.m. § 52 Abs. 19 EStG 1975.

684 § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG 1974 v. 15.8.1974, BStBl. I 1974 S. 578, i.d.F. des EStRG v. 5.8.1974, BStBl. I 1974 S. 530; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S.

45 und S. 151.

685 Vgl. BMF-Schreiben v. 31. August 1979, BStBl. I 1979 S. 592, Rz. 6; vgl. zum Näherungsverfahren ebenda Rz. 5; vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 20 Rz.

153.

686 § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG.

Sonderausgaben abziehbar sind.687 Hierbei ist es nur von Bedeutung, ob sie die Voraussetzungen für einen Sonderausgabenabzug erfüllen. Ob sie tatsächlich auch im Rahmen der Sonderausgaben geltend gemacht werden, ist unerheblich. Es spielt also keine Rolle ob der Arbeitnehmer die Sonderausgaben bereits voll durch andere Vorsorgeaufwendungen wie z.B. Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung ausgeschöpft hat. Als weitere Voraussetzung kommt hinzu, dass diese Zinsen mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden.688

Die Erträge aus anderen Versicherungen, bei denen der Vorsorgezweck nicht im Vordergrund steht, werden besteuert. Ob ein Vertrag primär eigenverantwortlichen Vorsorgezwecken dient, wird an der Abzugsfähigkeit im Rahmen der Sonderausgaben festgemacht. Kritisch ist anzumerken, dass auch andere, nicht die Voraussetzungen erfüllende Versicherungsverträge zu Vorsorgezwecken abgeschlossen werden könnten. Der Gesetzgeber hat sich jedoch entschlossen, den Vorsorgezweck anhand der Kriterien für abzugsfähige Vorsorge-aufwendungen pauschal zu beurteilen.

Ein nachträglicher Verstoß gegen die Voraussetzungen führt grds. zu einer Nachversteuerung der in Vorjahren abgezogenen Sonderausgaben689 und zum rückwirkenden Verlust der Steuerfreiheit der in der Ansparphase kumulierten Zinsen.

1990 hat das Steuerreformgesetz zunächst zu erheblichen Veränderungen geführt: Die Steuerfreiheit für Erträge aus Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall deren Beiträge Vorsorgeaufwendungen waren, wurde unter weiteren Voraussetzungen zeitweise beschränkt auf die rechnungsmäßigen Zinsen i.H.v. 3,5%.690 Der Satz entsprach dem damals vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen vorgegebenen garantierten Rechnungszins. Außerrechnungsmäßige Zinsen sollten besteuert werden. Die vorgesehene neue Besteuerung, die ab dem Veranlagungszeitraum 1989 gelten sollte, wurde jedoch im Zuge des Gesetzes zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 nachträglich und rückwirkend aufgehoben.691

687 Die Beiträge müssen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllen.

688 § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 2. Halbsatz EStG. Zu weiteren Besonderheiten vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 bis 5 EStG; vgl. BMF-Schreiben v. 31. August 1979, BStBl. I 1979 S. 592, Rz. 1.3.

689 Vgl. Kapitel 7.2.2 Voraussetzungen; § 10 Abs. 5 Nr. 1 und Nr. 2 EStG i.V.m. § 30 EStDV; vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 10 Rz. 75 und Rz. 100.

690 Steuerreformgesetz 1990 v. 25.7.1988, BStBl. I 1988, S. 224; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 47; § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG 1987 v. 27.2.1987, BStBl. I 1987 S. 274, i.d.F. des StRG 1990 v. 25.7.1988, BStBl. I 1988 S. 224.

691 Vgl. zur geplanten aber dann auch rückgängig gemachten Besteuerung der außerrechnungsmäßigen Zinsen Kapitel 7.3.3 Kapitalertragsteuer; Gesetz zur Änderung des Steuerreformgesetzes 1990 sowie zur Förderung des Mietwohnungs-baus und von Arbeitsplätzen in Privathaushalten v. 30.6.1989, BStBl. I 1989 S. 251;

vgl. Dötsch, F., in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 20 Rz. H 3; vgl. Heinicke, W., in:

Schmidt, L., EStG, § 20 Rz. 154; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S.

49.

1992 wurden die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge als Vorsorgeaufwendungen im Zusammenhang mit Darlehen (sog. Policendarlehen) und somit gleichzeitig die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Erträge verschärft. Die Beiträge zu Versicherungen müssen wie gehabt als Vorsorgeaufwendungen abziehbar sein. Die Ansprüche aus Versicherungsverträgen dürfen dabei grds. nicht mehr der Tilgung oder Sicherung von Darlehen dienen, deren Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.692 Anlass für die Änderungen waren Gestaltungsmaßnahmen, die die Steuer-vergünstigungen von Lebensversicherungen kombiniert hatten mit ertrag-steuerlich abzugsfähigen Finanzierungskosten im einkunftsrelevanten Bereich. Wenn die steuerliche Begünstigung der Versicherungserträge aber der Förderung der eigenverantwortlichen Vorsorge dient, sollte sie durch eine Ertragsbesteuerung nicht wieder eingeschränkt werden.693 Stattdessen wurden die Gestaltungsvarianten bei der Finanzierung mit Lebensversicherungen eingeengt.694

Folgende Darstellung zeigt zusammenfassend die grundsätzliche Behandlung der Zinsen:

Steuerfreiheit der Zinsen bei Vertragsabschluss nach dem alleinige Auszahlung des Überschussguthabens oder alleiniger Bonusrückkauf:

- innerhalb Verfügung über laufende Überschussanteile:

- Beitragsverrechnung Ja Ja Nein

- (lfd.) Bonuszahlung

Quelle: Lührs, D., [Lebensversicherung], Wiesbaden 1997, S. 242.

In den Folgejahren wurden mehrfach Forderungen laut, die Erträge von Lebensversicherungen zu besteuern.695

692 § 20 Abs. 1 S. 4 EStG; vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 20 Rz. 152; vgl.

Kurzendörfer, V., [Einführung LV], 3. Aufl., Karlsruhe 2000, S. 404. StÄndG 1992 v.

25.2.1992, BGBl. I 1992 S. 297; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 46;

EStG 1990 v. 7.9.1990, BStBl. I 1990 S. 453, i.d.F. des StÄndG 1992 v. 25.2.1992, BGBl. I 1992 S. 297: § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 EStG: Satz 2 gilt in den Fällen des § 10 Abs. 2 S. 2 nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 2 S. 2 Buchstabe a oder b erfüllt sind oder soweit bei Versicherungsverträgen Zinsen in Veranlagungszeiträumen gutgeschrieben werden, in denen Beiträge nach § 10 Abs. 2 S. 2 Buchstabe c abgezogen werden können.

693 Vgl. Horlemann, H.-G., [Kapitallebensversicherung], Karlsruhe 1995, S. 18 m.w.N.

694 Vgl. hierzu auch Meyer-Scharenberg, D., [Finanzierung], 2. Aufl., München 1996.

695 Vgl. z.B. August 1996 die Forderung des bayerischen Finanzministers Erwin Huber (CSU) in o.V., [Hubers Steuervorschlag], VW 1996, S. 1210 (S. 1210). April 1997

1999 bestanden Pläne der Bundesregierung (Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), die Vorschriften zur Besteuerung von Kapitallebensversicherungen abermals zu ändern. Geplant war eine Besteuerung der Erträge aus langlaufenden kapitalbildenden Lebens-versicherungen, wenn die Versicherungsleistung nicht verrentet sondern als Einmalkapital ausgezahlt wird. Zugleich sollte ein Freibetrag in Höhe von 20% dieser Erträge, maximal DM 30.000 gewährt werden. Der Sonderausgabenabzug für Beiträge zu reinen Kapitallebens-versicherungen sollte gestrichen werden.696 Die Pläne sind im Vermittlungsausschuss gescheitert. Die „alte“ Regelung gilt somit bis auf weiteres fort.

Es muss damit gerechnet werden, dass die Besteuerung von Lebensversicherungen früher oder später wieder aufgegriffen wird. Die Steuerfreiheit der Erträge könnte bspw. von einer Pauschalbesteuerung der jährlichen Erträge oder einer geballten Besteuerung am Ende der Laufzeit, unter Anwendung von Progressionsmilderungsmaßnahmen, abgelöst werden. In Frage käme auch, Lebensversicherungen, die in Form einer Leibrente ausgezahlt werden, von der Besteuerung freizustellen, um gerade den Aspekt der Altersvorsorge zu fördern. Glombik erwartete, dass die Pläne zur Besteuerung von Kapitallebensversicherungen nach dem inzwischen ergangenen Urteil des BVerfG zur Rentenbesteuerung wieder angegangen werden.697 Da das Urteil dem Gesetzgeber hinsichtlich der Neufassung der Besteuerung von Alterseinkünften eine Frist bis zum 1.

Januar 2005 einräumt, ist nicht zwangsläufig damit zu rechnen, dass es zu einer Besteuerung von Kapitallebensversicherungen vor diesem Termin kommt. Eine Besteuerung im Sinne der Konzeption der nachgelagerten Besteuerung könnte dazu führen, dass die Erträge erst im Auszahlungszeitpunkt bzw. bei Auszahlung einer Rente erfasst werden.

Finanzminister Hans Eichel hatte jedoch nun bereits für das Jahr 2003 eine Überprüfung der Steuerbefreiung von Lebensversicherungen angekündigt.698

Für nach dem 31. Dezember 1996 entgeltlich erworbene Ansprüche aus einem von einer anderen Person abgeschlossenen Versicherungsvertrag auf den Erlebens- oder Todesfall (gebrauchte Police) gibt es nur wenige Ausnahmen vom Grundsatz der Steuerpflicht. Zinserträge aus nach 1996 käuflich erworbenen gebrauchten Policen sind grds. nicht mehr steuerfrei.699

folgte ein entsprechender Beschluss des Bundeskabinetts, vgl. o.V., [Zinsbesteuerung], VW 1997, S. 600 (S. 600f.).

696 Entwürfe eines Steuerbereinigungsgesetzes 1999, BT-Drucks. 14/1514 und 14/1655;

vgl. BT-Drucks. 14/2035. Der Freibetrag wurde im weiteren Verlauf auf DM 20.000 gesenkt; vgl. Heidemann, J., [Steuerdiskussion], Die Versicherungspraxis 1999, S.

219; vgl. o.V. [LV ab 2000], Versicherungskaufmann 1 / 2000, S. 27.

697 Glombik erwartete das Urteil bereits im Herbst 2000. Tatsächlich ist es erst im März 2002 ergangen. Vgl. Glombik, M., [Einkommen], Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 83 (1/2000), S. 39 (S. 42 Fn. 18).

698 Vgl. o.V., [Eichel], FTD v. 24.10.2002, http://www.ftd.de/pw/de/1035389215336.html (Stand 27.12.2002).

699 § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 3 EStG; vgl. auch Harenberg, F. E., in: HHR, EStG, § 20 Rz. 721;

zu den Ausnahmen vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b S. 5 2. Halbsatz EStG.

Zinserträge aus fondsgebundenen Lebensversicherungen können unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 2 EStG steuerfrei bleiben, obwohl Beiträge zu fondsgebundenen Lebensversicherungen nicht als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Die Erträge aus den Fondsanteilen werden dann den rechnungsmäßigen und außer-rechnungsmäßigen Zinsen anderer Lebensversicherungsverträge gleichgestellt und grds. nicht besteuert.700

Anders als bei der privaten Lebensversicherung, stellt sich die Frage nach der Behandlung etwaiger Kapitalerträge aus der Ansparphase in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht. Aufgrund des praktizierten Umlageverfahrens können Erträge nur im Rahmen der Anlage der gesetzlich vorgeschriebenen Schwankungsreserve entstehen. Sie werden bei dem Beitragenden nicht erfasst.

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