• Keine Ergebnisse gefunden

7 Fördermaßnahmen in Deutschland

7.11 Verkehrsteuer

241 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 53; Lührs, D.,

[Lebensversicherung], Wiesbaden 1997, S. 15; vgl. Mauch, P., [LV & StR], Bayreuth 1994, S. 20f. m.w.N.

242 Vgl. Kapitel 7.11 Verkehrsteuer.

243 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 29 und S. 34f. m.w.N.; Die Aktiva aller deutschen Versicherungsgesellschaften betrugen im Jahr 1860 nur etwa 1,6% der Aktiva aller deutschen Kreditinstitute (1880: ca. 3,2%; 1900: ca. 6,4%).

privaten Versicherungen somit einen besseren Zugang zu dieser bisher eher vernachlässigten potentiellen Kundschaft. Insbesondere führten die neuen Sozialversicherungssysteme zu einer Förderung des Bekanntheitsgrads und des Versicherungsgedankens in der Bevölkerung.244 Die Verbreitung der Lebensversicherung wurde durch die Sozialversicherung unterstützt, obwohl Bismarck ein entschiedener Gegner privater Versicherungsgesellschaften war, die aus seiner Sicht Gewinne aus dem Elend anderer schöpften.245

Die individuellen Vorsorgebemühungen der Bevölkerung mit Versicherungen werden mit Gesetz vom 24. Juni 1891 erstmals steuerlich gefördert.246

Mit dem Reichsaufsichtsgesetz247 ging 1901 eine reichsweite Vereinheitlichung der Versicherungsaufsichtsgesetzgebung einher und löste die bis dahin geltenden Landesverordnungen für private Versicherungsgesellschaften ab.248 Ein „Kaiserliches Aufsichtsamt für Privatversicherung“ wurde zur zuständigen Aufsichtsbehörde.249 Ziel der Versicherungsaufsicht war u.a. die Kontrolle der Einhaltung versicherungstechnischer Grundlagen, die Kontrolle der Beitrags-kalkulation, ausreichende Rücklagenbildung, ordnungsgemäße Satzungen und Geschäftspläne der privaten Versicherungsgesellschaften. Die Tätigkeit kleinerer Versicherungsgesellschaften sowie Neugründungen wurden erschwert, das alte nicht auf versicherungstechnischen Grundlagen aufbauende Kassenwesen wurde verdrängt.250

1909 wurden die Vertragsbeziehungen in der Privatversicherung251 zwischen privaten Versicherungsgesellschaften und deren Kunden mit dem Gesetz zur Regelung des privaten Versicherungsrechts252 für das gesamte Deutsche Reich einheitlich geregelt.

Im Laufe des 1. Weltkriegs stieg die Nachfrage nach Lebensversicherungen an. Die Bevölkerung reagierte damit auf die Inflation und versuchte verfügbares Geld zum Teil in vermeintlich sichere Lebensversicherungen zu investieren. Allerdings hatte die deutsche Versicherungswirtschaft wenig Möglichkeiten der Geldentwertung durch Investitionen im Ausland entgegenzuwirken, da die Versicherungsaufsicht eine Anlage der Prämien in Mark vorschrieb. Auch waren die Prämienanlagen in Sachwerten wie Grundstücken oder Aktien auf einen Prozentsatz253 des Prämienreservesolls begrenzt. Erst im Juli 1923 – also

244 Vgl. Braun, H., [Lebensversicherung], 2. Aufl., Berlin 1963, S. 282; vgl. Lührs, D., [Lebensversicherung], Wiesbaden 1997, S. 14.

245 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 39ff.; vgl. S. 49f. für graphische Darstellung betreffend Nettozuwachs des Bestands deutscher Lebensversicherungsunternehmen 1830-1914.

246 Vgl. hierzu Kapitel 7.2 Sonderausgaben.

247 In Kraft getreten am 1. Januar 1902, verabschiedet am 2. Mai 1901.

248 Vgl. Braun, H., [Lebensversicherung], 2. Aufl., Berlin 1963, S. 347f.

249 Ab 1918: “Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung“.

250 Vgl. Braun, H., [Lebensversicherung], 2. Aufl., Berlin 1963, S. 356ff.

251 Mit Ausnahme der Seeversicherung.

252 In Kraft getreten am 1. Januar 1910.

253 Der erst in der Hyperinflation 1923 auf 50% erhöht wurde.

wenige Monate vor der Währungsreform im November – werden den Versicherern durch eine Novelle des Versicherungsaufsichtsgesetzes weit größere Freiheiten bei der Kapitalanlage zugebilligt.254

In der zweiten Hälfte des Jahres 1923 – kurz vor der Währungsreform – handeln die Lebensversicherungsunternehmen nach dem Umlageverfahren und mit Nachschüssen. Man wandte also die Finanzierungsmethode an, die viele Jahre zuvor in der Hinterbliebenenversorgung der i.d.R. örtlich eng begrenzten Kassen angewandt wurde. Da das ursprüngliche Vermögen durch Inflation zum größten Teil verloren war, funktionierte das Kapitaldeckungsverfahren nicht mehr. Vor Beginn des 1. Weltkriegs betrugen die gesamten Aktiva deutscher Lebensversicherungsgesellschaften mehr als 6 Mrd. Mark.

Nach Aufstellung der Goldmarkeröffnungsbilanzen im Jahre 1924 nur noch etwa 148 Mio. Goldmark, d.h. rund 2,5% der Vorkriegssumme. Die alten Verträge wurden zumeist auf beitragsfreie Todesfallversicherungen umgestellt.255 Die Lebensversicherungsbestände wurden regelmäßig abgewickelt und im Gegensatz zur Währungsreform nach dem 2.

Weltkrieg nicht fortgeführt.

Bereits vor der Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung für Angestellte im Jahr 1911 errichteten insbesondere Freiberufler256 eigene Versorgungseinrichtungen, um eine vom Staat unabhängige Altersversorgung zu installieren. Diese Versorgungseinrichtungen unterlagen grds. ebenso der Versicherungsaufsicht. Die berufsständischen Versicherungen arbeiteten i.d.R. mit dem Anwartschaftsdeckungsverfahren und waren aus Sicht der Lebensversicherungswirtschaft Konkurrenten. Da die Lebensversicherer als Geldsparer durch die Inflation fast das gesamte Vermögen verloren hatten, sah man aus Furcht vor erneuter Inflation das technisch einfache Umlageverfahren als geeignetes Finanzierungsverfahren an. Und so setzten u.a. Ärzte, Dentisten und Apotheker für ihre Versorgungskassen das Umlageverfahren durch. Diese Kassen wurden kurz nach 1923 dann wie die ursprünglichen Sterbe- oder Witwen- und Waisenkassen nach dem Umlageverfahren betrieben. Da die Kassen aufgrund des Umlageverfahrens anfangs mit i.d.R. deutlich geringeren Beiträgen als bei einem Kapitaldeckungsverfahren auskamen, erfuhren sie nach der Inflation einen neuen Aufschwung. Die langfristige Finanzierbarkeit mit dem Umlageverfahren wurde im Laufe der 20er Jahre bereits wieder in Frage gestellt. Anfang der 30er implementierte man nach einer Novelle257 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in den betroffenen Versorgungskassen grds. das Rentendeckungsverfahren mit dem langfristigen Ziel der Wiedereinführung des Anwartschafts-deckungsverfahrens.258

254 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 95, S. 106 und S. 134.

255 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 110f.

256 1881 wird die Centralhilfskasse für Ärzte Deutschlands gegründet; 1928 entsteht daraus die Deutsche Ärzteversicherung aG; 1909 gründet die Berufsgruppe der Rechtsanwälte eine eigene Versorgungskasse.

257 Juni 1931; im Zuge dieser Novelle wird auch die Anlage des Prämienreservefonds in Aktien untersagt.

258 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 128ff.

Im Zuge der Weltwirtschaftskrise, die sich mit dem „Schwarzen Freitag“

am 25. Oktober 1929 ankündigt und die die „Goldenen Jahre“ beendet von denen auch die Lebensversicherungswirtschaft profitiert hatte, nimmt der Bestand an Lebensversicherungen, gemessen an der gesamten Versicherungssumme ab.259

Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten wird das in der Weimarer Republik nicht erreichte volkswirtschaftliche Ziel der Vollbeschäftigung angestrebt.260 Zu diesem Zweck finden zwecks Ankurbelung der Wirtschaft im Herbst 1934 Zwangszinskonversionen, d.h.

staatlich vorgegebene Zinssenkungen statt. Die Zinssätze wurden im Schnitt um 1,5% gesenkt. Dieser Schritt verschlechterte die Renditen der Sparer und der Anlagen der Lebensversicherungsgesellschaften.

Die steigenden Staatsausgaben der 30er Jahre konnten allein durch Steuermittel nicht finanziert werden. Der Staat musste sich über Mefo-Wechsel, Reichsschatzanweisungen und Steuergutscheine finanzieren.

Im Jahr 1939 wird allen Kapitalsammelstellen – also auch den Versicherungen – verboten Gelder der Bauwirtschaft261 zur Verfügung zu stellen. Alle Mittel sollten in die Hand der Rüstungsindustrie geleitet werden. Mit diesen und ähnlichen Maßnahmen werden Sparer und Versicherte – z.T. ohne davon Kenntnis zu haben – zum „größten mittelbaren Gläubiger des Staates“. Ab 1. Januar 1939 werden alle selbständigen Handwerker dazu verpflichtet, in die gesetzliche Versicherung einzutreten, es sei denn, sie schließen eine entsprechende Lebensversicherung ab. Diese Handwerkerpflichtversicherung führt trotz Kriegsausbruch zu erheblichem Neugeschäft bei Lebensversicherungen.

Im Februar 1943 wird von der nach Gleichschaltung der Wirtschaft strebenden Regierung eine „Verordnung zur Vereinheitlichung der Versicherungsaufsicht“ erlassen. Auch eine Verstaatlichung der gesamten Versicherungswirtschaft ist angedacht. Der verlorene Krieg ändert diese Weichenstellungen. Nur in den von sowjetischen Kräften besetzten Gebieten findet später eine Verstaatlichung der Versicherungs-unternehmen statt.262

Wie nach dem 1. Weltkrieg entsteht auch nach dem 2. Weltkrieg Inflation.

Die Lebensversicherungsunternehmen hatten wieder einmal den Großteil ihrer Aktiva nicht in Sachwerten angelegt. Die Kapitalanlageformen waren 1923 gelockert worden. 1925 wurden bereits wieder Höchstgrenzen für bestimmte Anlageformen eingeführt. Im Zuge des Dritten Reiches sollten die Versicherungen das Geld so investieren, dass die Arbeitsbeschaffungsmassnahmen des Staates unterstützt werden. Der Staat drängte explizit darauf, dass Versicherungsunternehmen als Kapitalsammelstellen in die aufgelegten Reichsanleihen und in Schuldscheindarlehen für den Reichsautobahnbau investierten.263 Ab

259 Vgl. ebenda S. 132f.

260 In der Weimarer Republik strebte man nach den Erfahrungen aus der Inflation nach dem 1. Weltkrieg im Wesentlichen das Ziel der Preisniveaustabilität an.

261 Mit Ausnahme des Rüstungsbaus, des Zivilschutzes und der Parteibauten.

262 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 139, S. 142 und S. 146ff.

263 1935 wurden etwa 15% der Jahresprämien in eine Reichsanleihe investiert; 1936 wurden ca. 18,75% aller Jahresprämien in die Schuldscheine für den Autobahnbau investiert; vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 153.

März 1939 wurden sämtliche Kapitalanlagen in der Weise vorgeschrieben, dass sie einem staatlich anerkannten förderungswürdigen Zweck genügten.264

Mit der Inflation im und nach dem 2. Weltkrieg und der Währungsreform am 20. Juni 1948 geht den Geldsparern und somit auch den Lebensversicherungsnehmern in den Westzonen der weitaus größte Teil ihres Vermögens verloren. Die Altbestände an Lebensversicherungen bleiben im Gegensatz zur Währungsreform nach dem 1. Weltkrieg weiterhin beitragspflichtig. Der Versicherungsschutz bleibt erhalten.

Allerdings werden die Versicherungssummen neu festgesetzt. Geleistete Prämienzahlungen vor dem 20. Juni 1948 werden im Verhältnis 10:1 herabgesetzt. Prämienzahlungen die nach diesem Stichtag fällig werden, sind im Verhältnis 1:1 zu entrichten. Im Zuge der Währungsreform werden Privatrenten aus Lebensversicherungen und Sozialrenten aus staatlichen bzw. gesetzlichen Kassen ungleich behandelt. Privatrenten erfahren die beschriebene Abwertung, Sozialrenten werden 1:1 umgestellt. Die privat freiwillig vorsorgende Bevölkerung wird bei diesem Verfahren schlechter behandelt als die Zwangsversicherten, d.h. die gesetzlich Rentenversicherten oder die Beamten.265

Die Ungleichbehandlung von Privat- und Sozialrentnern im Zuge der Währungsreform wird durch das Rentenaufbesserungsgesetz vom 11.

Juni 1951 z.T. wieder aufgehoben. Die Renten der Rentenempfänger von Lebensversicherungsunternehmen und Pensionskassen werden in Abhängigkeit der ursprünglichen Beitragshöhe nachträglich 1:1 bzw. 2:1 umgestellt.266 Im März 1963 findet schließlich zur Beendigung der andauernden Diskussionen um die Schlechterstellung von Privatrentnern eine nachträgliche Umstellung aller Renten im Verhältnis 1:1 statt.

Mit Gesetz vom 31. Juli 1951 wird das „Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen“

verabschiedet. Die Versicherungsaufsicht wird damit neu geregelt.267

Durch die Rentenreform im Rahmen der großen Sozialreform 1957 unter Konrad Adenauer befürchtete die Lebensversicherungswirtschaft zunächst Ertragseinbrüche.268 Die deutlich verbesserten Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung verbunden mit höheren Abgaben an die Rentenversicherung könnten zum einen die Notwendigkeit der privaten Vorsorge vermindern, zum anderen aber aufgrund höherer Abgabenlasten den Individuen geringeren Spielraum für eigenverantwortliche Vorsorge lassen. Durch die Möglichkeit der befreienden Versicherung blieben die Zuwachsraten für Lebensversicherungen auch nach der Rentenreform hoch.269

264 Sog. „Sperrerlass“.

265 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 16 m.w.N., S. 151.

266 Bis zu einem Anspruch von ursprünglich RM 70 / Monat.

267 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1993, S. 26 und S. 30.

268 Vgl. auch Frerich, J. / Frey, M., [Sozialpolitik], 2. Aufl., München / Wien 1996, S. 46f.

269 Vgl. hierzu Kapitel 7.8 Befreiungsversicherungen.

Zur Förderung diverser Wirtschaftsbereiche wird ab 1951 der Erwerb von öffentlichen Schuldverschreibungen, Pfandbriefen des sozialen Wohnungsbaus sowie die Gewährung von Darlehen zur Förderung von Schiffs- und Wohnungsbau steuerlich begünstigt. 1953 begann man mit der staatlichen Förderung des langfristigen Sparens durch Zuschüsse i.H.v. bis zu 20% des Sparbetrags. Es folgten ab 1959 Sparprämiengesetze und Vermögensbildungsgesetze. Diese staatlichen Förderungsmaßnahmen sind aber bei weitem niemals ausreichend gewesen um eine echte private Altersvorsorge i.S. einer dritten Säule aufzubauen.270

Die Struktur der privaten Lebensversicherung wandelte sich von der Anfang der 50er Jahre noch überwiegenden Kleinleben-Versicherung stetig hin zur Großleben-Versicherung.271

Die deutsche Lebensversicherungswirtschaft erfährt 1968 durch die Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze in der Angestellten-versicherung weitere Zuwachsraten, da sie den betroffenen Angestellten als Befreiungsversicherung dienen kann.272

Während der Amtszeit Willi Brandts werden Lebensversicherungen in den Katalog der i.S.d. Vermögensbildungsgesetzes förderungswürdigen Anlageformen aufgenommen.

Das am 22. Dezember 1974 in Kraft getretene Gesetz betreffend Direktversicherungen, das die betriebliche Altersversorgung fördern soll, eröffnet der Lebensversicherungswirtschaft neue Absatzmärkte.273

In den Fokus steuerlicher Gestaltungsmaßnahmen rückten Lebensversicherungen nach der Abschaffung des allgemeinen Schuldzinsenabzugs im Jahr 1974. Finanzierungskosten sind steuerlich seither grds. nur dann abzugsfähig, wenn sie Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Die steuerlichen Gestaltungen zielen daher darauf ab, abzugsfähige Finanzierungskosten zu kombinieren mit steuerlich begünstigten Lebensversicherungsverträgen, deren Ansprüche als Sicherheit für das Finanzierungsvorhaben dienen und deren Erträge bei entsprechender Gestaltung steuerfrei bezogen werden können.

Um diese Konstruktionen wieder einzudämmen verschärfte der Gesetzgeber 1992 die Voraussetzungen für den Abzug der Beiträge als Sonderausgaben und die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit der Erträge aus der Lebensversicherung.274

Der europäische Binnenversicherungsmarkt wurde 1994 dereguliert.

Damit änderten sich rechtlich und faktisch Bedingungen der

270 Vgl. Kapitel 7.12 Sparförderung; vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster

Im Dokument Tabellen- und Abbildungsverzeichnis (Seite 69-74)