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Pensionen und Renten

Im Dokument Tabellen- und Abbildungsverzeichnis (Seite 152-187)

9 Ergebnisse und Fazit

7.3.3 Kapitalertragsteuer

7.5.1.5 Pensionen und Renten

645 Leibfritz, W. u.a., [Aufgabenteilung], München 1986, S. 195.

646 ebenda.

647 Vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 10 Rz. 212.

648 Vgl. hierzu Kapitel 7.5.1.5 Pensionen und Renten.

Zu 2. Die Annahme ein durchschnittlicher Arbeitnehmer habe spürbar vom Produktivitätsfortschritt profitiert und sei daher steuerlich leistungsfähiger, ist nur bis Ende der 70er Jahre haltbar. Seit Ende der 70er Jahre stiegen zwar die Bruttoentgelte weiter deutlich stärker als die Preise, dieser Anstieg wurde jedoch durch höhere Abgaben nahezu vollständig kompensiert. Die durchschnittlichen Nettoentgelte sind seit Ende der 70er Jahre kaum mehr gestiegen. Die Arbeitnehmer haben gemessen am Nettoeinkommen daher kaum an weiteren Produktivitätsfortschritten teilgehabt und sind daher nicht deutlich steuerlich leistungsfähiger geworden.649

Zu 3. Daher ist anzunehmen, dass die Höchstbeträge nicht ausreichend angepasst wurden. Zurück zu führen ist dies m.E. insbesondere auf die seit Jahren angespannte Haushaltssituation. Leibfritz650 unternimmt den Versuch die Kosten für die staatliche Förderung von Vorsorgeaufwendungen zu quantifizieren. Er ermittelt hierbei Steuermindereinnahmen die durch die Vorsorgeaufwendungen in Form von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung sowie zu Lebensversicherungen von Arbeitnehmern entstehen. Bereits 1986 – aber erst recht heute durch die insgesamt gestiegene Last an Sozialabgaben – darf bei der Untersuchung von Steuermindereinnahmen nicht die subjektive steuerliche Leistungsfähigkeit des Individuums vergessen werden. Die Frage müsste also nicht nur nach den Steuermindereinnahmen, sondern auch nach den Steuermehreinnahmen gestellt werden, die aus einer teilweisen Besteuerung von Einnahmen resultiert, das für Pflichtbeiträge verwendet werden muss. Die Finanzierbarkeit öffentlicher Ausgaben darf m.E. nicht der verfassungsmäßig verankerten Besteuerung nach der subjektiven Leistungsfähigkeit vorgehen. Leibfritz651 empfiehlt neben der vollständigen steuerlichen Anerkennung sämtlicher Beiträge zur Rentenversicherung noch ausreichend Potential für die Anerkennung von privaten Vorsorgemaßnahmen.

Bis einschließlich 2001 waren seit vielen Jahren für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer zusätzliche freiwillige Beiträge zu Lebensversicherungen offensichtlich nicht förderwürdig im Rahmen der Vorsorgeaufwendungen. Seit 2002 hat sich dies insofern geändert, als

„Riester-fähige“ Rentenversicherungen im Rahmen eines zusätzlichen Sonderausgabenhöchstbetrags652 abgezogen werden können. Dieser zusätzliche Höchstbetrag ist allerdings nicht als Verbesserung der Vorsorgesituation zu sehen, da er nur von dem Personenkreis in Anspruch genommen werden kann, der von der zukünftigen Rentenniveauabsenkung betroffen sein wird. Der zusätzliche Höchstbetrag dient nur der Kompensation weiterer Leistungs-verschlechterungen innerhalb der gesetzlichen Versorgung.

649 Vgl. VDR (Hrsg.), [Zeitreihen 2002], Frankfurt am Main 2002, Kapitel 11, Tab.:

Rentenniveau, Nettoentgelt und Preisniveau. Die preisbereinigten Realwerte (Basis 1995) der durchschnittlichen Nettoentgelte betragen für 1979 EUR 16.239 und für 2001 EUR 16.588.

650 Vgl. Leibfritz, W. u.a., [Aufgabenteilung], München 1986, S. 179f.

651 Vgl. Leibfritz, W. / Parsche R., [Umverteilung], München 1988, S. 163f.

652 § 10a EStG.

7.2.6.2 Spielraum für Arbeitnehmer

Anhand der durch die Höchstbeträge stattfindenden Beschränkung der abzugsfähigen Sonderausgaben im Bereich der Vorsorgeaufwendungen wird der Raum für die Absetzbarkeit von Lebensversicherungsbeiträgen für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer gering. Der Restraum für die Eigenvorsorge sinkt bei steigendem Einkommen zwangsläufig durch die höheren Pflichtbeiträge an die gesetzlichen Kassen. Somit ist die formale Abzugsfähigkeit von anderen beschränkt abzugsfähigen Sonderausgaben, wie etwa Lebensversicherungsbeiträgen bei sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern steuerlich wirkungslos. Alle weiteren Vorsorgemaßnahmen sind aus versteuertem Einkommen zu leisten.653

Nur für Arbeitnehmerhaushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen wäre private Vorsorge teilweise noch abzugsfähig.654 Aber eben diese Haushalte mit niedrigem Einkommen können zusätzlichen Konsumverzicht für Zwecke der Ersparnisbildung bzw. des Aufbaus einer nachhaltigen privaten Altersversorgung mangels disponiblem Einkommen regelmäßig nicht durchführen, jedenfalls nicht in der Höhe, die notwendig wäre um eine angemessene zusätzliche private Altersversorgung zu erreichen.655

Grds. gilt, dass Sonderausgaben nur in dem Kalenderjahr angesetzt werden können, in dem die Beitragsleistung in Form eines Mittelabflusses auch stattgefunden hat.656 Nicht ausgenutzte Jahreshöchstbeträge sind nicht auf Folgejahre übertragbar.657 Sollte also der für sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer seltene Fall auftreten, dass nicht der gesamte Jahreshöchstbetrag ausgenutzt wird, so geht der nicht ausgenutzte Teil endgültig verloren.

Wird für den Abschluss einer Lebensversicherung mit dem Argument der steuerwirksamen Absetzbarkeit der Beiträge als beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben geworben, so wird die Zielgruppe demnach i.d.R. nicht sozialversicherungspflichtig sein.658

Bei alleinstehenden Arbeitnehmern entfällt der Vorwegabzug grds. bereits bei sozialversicherungspflichtigen Einnahmen i.H.v. EUR 19.175.659 Isoliert betrachtet ist der Grundhöchstbetrag (EUR 1.334) und der hälftige

653 Vgl. Kurzendörfer, V., [Einführung LV], 3. Aufl., Karlsruhe 2000, S. 395.

654 Vgl. Leibfritz, W. u.a., [Aufgabenteilung], München 1986, S. 175.

655 Vgl. Glombik, M., [Einkommen], Orientierungen zur Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik 83 (1/2000), S. 39 (S. 41).

656 U.U. gilt für regelmäßig wiederkehrende Beitragsleistungen eine 10-Tages-Frist ab Jahresende; vgl. § 11 Abs. 2 EStG i.V.m. H 116 EStH.

657 Vgl. Neubeck, J., [Steuerersparnis], 8. Aufl., Karlsruhe 1975, S. 32f.

658 Vgl. Lührs, D., [Lebensversicherung], Wiesbaden 1997, S. 237.

659 16% von EUR 19.175 entspricht EUR 3.068 (Vorwegabzug); bei zusammenver-anlagten Ehegatten mit nur einem berufstätigen Ehegatten entfällt der Vorwegabzug grds. bei Einnahmen von EUR 38.350.

Grundhöchstbetrag (EUR 667)660 bereits bei Arbeitnehmerbeiträgen von EUR 2.668661 ausgeschöpft. Bei einem angenommenen Arbeitnehmer-Beitragsanteil von 20,5% auf die sozialversicherungspflichtigen Einnahmen – dies umfasst die gesetzliche Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Krankenversicherung und Pflegeversicherung – ist der Grundhöchstbetrag und hälftige Höchstbetrag bei einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitslohn von EUR 13.015 bereits ausgeschöpft.662 In Verbindung mit dem bei diesen Einnahmen noch verbleibenden Vorwegabzug, sind die Sonderausgabenhöchstbeträge insgesamt bei sozialversicherungspflichtigen Einnahmen von EUR 15.715 und einem Arbeitnehmerbeitragsanteil zu den Sozialversicherungskassen i.H.v. 20,5% vollständig durch Sozialversicherungsbeiträge ausgeschöpft.663 Die durchschnittlichen sozialversicherungspflichtigen Einnahmen eines rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmers betragen über TEUR 28.664 Der durchschnittliche Arbeitnehmer hat durch die Kürzung keinen Vorwegabzug mehr zur Verfügung und kann nur etwa die Hälfte seiner Arbeitnehmeranteile im Rahmen der Sonderausgaben steuerwirksam geltend machen.

Bei diesen Betrachtungen darf nicht vergessen werden, dass die Kürzung des Vorwegabzugs mit der Steuerfreiheit der Arbeitgeberleistungen zur Sozialversicherung begründet wird.

7.2.6.3 Versicherungsschutzgedanke

Die steuerlich berücksichtigungsfähigen Vorsorgeaufwendungen werden enumerativ in § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG abgegrenzt. Andere, in diesem Katalog nicht aufgezählte Möglichkeiten der privaten Vorsorge, werden nicht begünstigt. Der Ausschluss wird damit begründet, dass diese Formen der privaten Vorsorge keinen Versicherungsschutz enthalten.665 Ein Versicherungsschutz kann m.E. nicht zwingende Voraussetzung sein für eine Förderung. Gerade der Aufbau einer privaten Altersversorgung ist nicht notwendigerweise mit einem Risikoschutz zu verbinden.

Entscheidend ist hier vielmehr der Aufbau eines kapitalfundierten Vermögens. Eine Kapitallebensversicherung ist ein Koppelprodukt, das auch ersetzt werden könnte durch eine reine Risikolebensversicherung und einen Sparvertrag mit garantierter Mindestverzinsung. Der Sparvertrag wäre heute nicht mehr im Rahmen von Sonderausgaben förderfähig. Kapitalansammlungsverträge sind im Sonderausgabenkatalog seit Ende 1958 nicht mehr enthalten. Durch den Sonderausgabenkatalog

660 Hierfür ist der doppelte Aufwand, mithin EUR 1.334 notwendig.

661 EUR 1.334 zur Nutzung des Grundhöchstbetrags und zwei mal EUR 667 = EUR 1.334 zur Nutzung des hälftigen Höchstbetrags; vgl. Höchstbeträge in §10 Abs. 2 und 3 EStG.

662 20,5% von EUR 13.015 entspricht EUR 2.668 (Grundhöchstbetrag EUR 1.334 und hälftiger Betrag EUR 667 für den allerdings ein Beitragsaufwand von weiteren EUR 1.334 notwendig ist).

663 Zur Berechnung des Betrags vgl. Anhang: Sonderausgabenhöchstbetragsrechnung.

664 Vgl. VDR (Hrsg.), [Zeitreihen 2002], Frankfurt am Main 2002, Kapitel 11, Tab.:

Entwicklung des Standardrentenniveaus ArV + AnV.

665 Vgl. Leibfritz, W. u.a., [Aufgabenteilung], München 1986, S. 192.

werden mögliche andere Formen der Vorsorge ausgegrenzt. Der Wettbewerb zwischen den Vorsorgeformen wird verzerrt.

7.2.6.4 Rentner-Förderung

Tritt ein Arbeitnehmer aus dem aktiven Erwerbsleben aus und in den Ruhestand ein, so entfallen grds. die bisherigen Beitragszahlungen an die Sozialversicherungskassen, d.h. die Arbeitslosenversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung. Einzig Beiträge an eine gesetzliche Krankenversicherung und Pflegeversicherung müssen weiterhin entrichtet werden. Rentner unterliegen regelmäßig der Krankenversicherung der Rentner (KVdR). Der Beitragssatz für den Eigenanteil des Rentners ist kassenabhängig und beträgt einschließlich Anteil zur Pflegeversicherung durchschnittlich etwa 7,6%.666 Bemessungsgrundlage für den Beitragssatz ist der Rentenbetrag.

Ein Rentner schöpft die ihm zustehenden Sonderausgabenhöchstbeträge mit diesen Beiträgen nicht mehr aus. Die durchschnittliche Bruttorente bei Männern aus den alten Bundesländern betrug für das Jahr 2001 DM 2.003. Nach Abzug des Eigenanteils des Rentners zur KVdR und zur Pflegeversicherung gelangten DM 1.855 zur Auszahlung.667 Bei Frauen aus den alten Bundesländern betrugen die durchschnittlichen Renten im vergleichbaren Zeitraum nur DM 968 bei Auszahlung von DM 896. Auf das Jahr hochgerechnet entrichtet dieser durchschnittliche Rentner somit DM 1.776 (Frauen: DM 864) Beiträge zur KVdR und zur Pflegeversicherung.

Da der Vorwegabzug mangels Einnahmen aus aktiver nichtselbständiger Arbeit668 nicht gekürzt wird steht er für Vorsorgeaufwendungen vollständig zur Verfügung. Zusammen mit dem Grundhöchstbetrag und dem hälftigen Höchstbetrag hat ein Rentner ein bedeutendes meist nicht ausgeschöpftes Potential an Sonderausgabenhöchstbeträgen.

666 Vgl. VDR (Hrsg.), [Zeitreihen 2002], Frankfurt am Main 2002, Kapitel 11, Tab.:

Bemessungswerte der gesetzlichen Rentenversicherung III.

667 Vgl. VDR (Hrsg.), [Zeitreihen 2001], Frankfurt am Main 2001, Kapitel 3, Tab.:

Durchschnittliche Zahlbeträge der Versichertenrenten nach Rentenarten, RV - Männer.

668 § 10 Abs. 3 Nr. 2 EStG.

Beispiel:

Vorwegabzug 6.000 6.000 12.000

Grundhöchstbetrag 2.610 2.610 5.220 Hälftiger Höchstbetrag

Dieses Potential wird meist durch weitere freiwillige Vorsorgeaufwendungen wie z.B. Haftpflichtversicherungen geschmälert, steht aber grds. auch für Beiträge zu Lebensversicherungen zur Verfügung. Soweit alte Lebensversicherungsverträge noch laufen, die auf eine höheres als das 65. Lebensjahr abgeschlossen wurden, gelangt man als Rentner in den Genuss der Nutzung von Sonderausgaben, die zu Zeiten aktiver Erwerbstätigkeit durch Pflichtbeiträge verbraucht waren.

Diesen freien Spielraum können Rentner steuerwirksam auch dann sinnvoll nutzen, wenn sie als Versicherungsnehmer einen neuen Vertrag abschließen, bei dem jedoch wegen der Risikoprämie jüngere Personen, z.B. Enkelkinder, die versicherte Person sind.

Die beschriebene „Rentner-Förderung“ steht im Gegensatz zum eigentlichen Zweck der Vorsorgeaufwendungen. Bei einem Rentner ist der Rentenfall bereits eingetreten. Hier noch den Aufbau einer privaten Altersversorgung zu fördern ist viel zu spät und ein Paradoxon der Steuergesetzgebung.

Die Tendenz ältere Steuerpflichtige stärker zu fördern war auch erkennbar am Altersverdoppelungsbetrag für ältere Steuerpflichtige.669 Steuerpflichtige die die Voraussetzungen erfüllten, konnten doppelte Höchstbeträge für sich in Anspruch nehmen. Die 1949 eingeführte Regelung wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1975 gestrichen.670

7.2.6.5 Inflation und leere Kassen

Die Höchstbeträge und Berechnungsschemata für Sonderausgaben wurden laufend modifiziert, jedoch im Gegensatz zu den Beitragsbemessungsgrenzen der Rentenversicherung nicht regelmäßig an

669 Grds. für über 50-jährige Steuerpflichtige.

670 Vgl. Neubeck, J., [Steuerersparnis], 8. Aufl., Karlsruhe 1975, S. 28.

Preisniveauänderungen angepasst.671 Seit 1. Januar 1993 sind die Sonderausgabenhöchstbeträge nicht mehr der Preis- und Abgabenentwicklung angepasst worden. Zum 1. Januar 1993 wurden u.a.

die Grundhöchstbeträge von DM 2.340 auf DM 2.610 erhöht. Der Grundhöchstbetrag i.H.v. DM 2.340 bestand seit 1. Januar 1982. Anders als die Sonderausgabenhöchstbeträge werden die Beitragsbemessungs-grenzen zu den Sozialversicherungskassen laufend erhöht. Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze für die Rentenversicherung zum 1. Januar 2003 von EUR 4.500 auf EUR 5.100 ist nicht mehr mit Inflationsanpassung begründbar. Es geht im Wesentlichen nur um die Sanierung der leeren Sozialversicherungskassen. Diese Erhöhungen gehen einher mit einer allgemein ansteigenden Abgabenlast. Die Sonderausgabenhöchstbeträge werden schleichend real entwertet. Söhn sieht gar eine „gesetzliche Anpassungspflicht“672 an gestiegene Preise.

Eine ähnliche Problematik ist als sog. „stille Progression“ bekannt. Durch Inflation wird ohne Anpassung des Steuertarifs eine höhere Progressionszone erreicht, ohne dass die steuerliche Leistungsfähigkeit real zugenommen hätte. Tatsächlich sind aber neben den Beitragsbemessungsgrenzen auch die Beitragssätze angestiegen. Dies führt zu einer doppelten Belastung des Arbeitnehmers. Vorübergehende Beitragssatzsenkungen konnten nur durch Gegenfinanzierungsmaß-nahmen durchgesetzt werden. Diese GegenfinanzierungsmaßGegenfinanzierungsmaß-nahmen betreffen im Wesentlichen Erhöhungen des Bundes-zuschusses sowie Teile des Umsatz- und Ökosteueraufkommens. Diese indirekten Abgaben werden grds. von der Gesamtheit der Steuerzahler getragen – also z.T.

auch wieder vom Arbeitnehmer. Die indirekten Abgaben kommen als abzugsfähige Sonderausgaben nicht in Frage. Die indirekte Finanzierung der Rentenkasse führt zu einer Täuschung über die tatsächlichen Kosten der Rentenversicherung.

Anders als die Beiträge zu den Sozialversicherungskassen bleiben Beiträge zu Lebensversicherungen grds. über die Vertragslaufzeit konstant, da die Vertragsbedingungen unverändert bleiben und die Versicherungssumme bzw. Ablaufleistung finanzmathematisch mit den Beiträgen im Zusammenhang steht.

7.2.6.6 Freibetrag versus Zulage

Die Höchstbeträge sind grds. für jeden Steuerpflichtigen, unabhängig von der Höhe der individuellen Einkünfte gleich hoch. Dies soll nivellierend wirken und sei sozialpolitisch erwünscht. Durch den progressiven Einkommensteuertarif wirken sich die abzugsfähigen Sonderausgaben aber auch progressiv bei der Steuerersparnis aus. Bezieher höherer Einkommen befinden sich in einer höheren Progressionszone und erzielen mit dem absolut gleichen Betrag an abzugsfähigen Sonderausgaben eine

671 Die Beitragsbemessungsgrenzen wurden regelmäßig nicht an die

Preisniveauentwicklung, sondern an die stärker gestiegenen Löhne und Gehälter angepasst um die Rentner am Produktivitätsfortschritt zu beteiligen.

672 Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 132 mit Verweisen auf Urteile, z.B. BVerfG v. 22.2.1984 – I BvL 10/80, BVerfGE 66, S. 214, (S. 223; zu § 33a EStG).

höhere Steuerersparnis als Bezieher niedrigerer Einkommen.673 Sind alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt, so können die Beiträge im Rahmen der Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden und vermindern so letztlich auch das zu versteuernde Einkommen. Eine Steuerminderung in Höhe des durchschnittlichen Grenzsteuersatzes im Grenzintervall des zu versteuernden Einkommens vor und nach Abzug der abzugsfähigen Beiträge ist die Folge. Bezieher niedriger Einkommen profitieren bei betragsmäßig gleich hohen Vorsorgeaufwendungen absolut in geringerem Maße als Bezieher höherer Einkommen.

Mehrfach wurden Regelungen dieser Art bereits durch Zulagen ersetzt, ergänzt oder aber waren von Anfang an als Zulage konzipiert. Im Rahmen der Vermögensbildungsgesetze werden Arbeitnehmer-Sparzulagen auf vermögenswirksame Leistungen gewährt. Das Wohnungsbau-prämiengesetz sieht progressionsunabhängige Prämien vor. Kindergeld wird statt Kinderfreibeträgen gewährt, es sei denn der Freibetrag führt zu einem günstigeren Ergebnis. Im Gegensatz zum ehemals angewandten § 10e EStG, bei dem anteilig Anschaffungs- und Herstellungskosten wie Sonderausgaben abgezogen werden konnten, sieht das Eigenheimzulagengesetz Zulagen für die selbstgenutzte Immobilie vor.

Die „Riester-Rente“ sieht ebenfalls eine Zulage für Altersvorsorgebeiträge vor, die im Rahmen einer Günstigerprüfung von zusätzlichen Sonderausgabenhöchstbeträgen flankiert wird.674

Derzeit ist nicht abzusehen, dass die Sonderausgabenregelung von einer progressionsunabhängigen Zulagenregelung abgelöst wird.

Als Sonderausgaben abzugsfähige Beiträge zu Lebensversicherungen wirken mithin ebenfalls progressiv und führen bei Beziehern höherer Einkommen zu einer absolut höheren Steuerentlastung.

7.2.6.7 Millionärs-Förderung

Der Sonderausgabenabzug unterlag bis etwa Mitte der 50er Jahre zeitweise keiner betragsmäßigen absoluten Begrenzung, sondern war bis zu einem bestimmten Prozentsatz der Einkünfte zulässig.675 Insbesondere Empfänger höherer Einkommen konnten durch den Abschluss damals steuerlich noch geförderter verkürzter Lebensversicherungen (z.B.

Laufzeit drei Jahre) erhebliche steuerliche Vorteile erzielen. Ursächlich für die fehlende Begrenzung war, dass der Gesetzgeber die Kapitalansammlung in der Volkswirtschaft nach den kriegsbedingten Vermögensverlusten förderte. Der Aspekt der Altersversorgung war nur zweitrangig. Diese nur relativ begrenzte Förderung kam insbesondere den höheren Einkommensklassen zugute, da bei niedrigem Einkommen regelmäßig wenig Spielraum für hohe Sparquoten vorhanden ist. Die Förderung konnte insoweit mit einer sozial unausgewogenen „Millionärs-Förderung“ gleichgesetzt werden.

673 Vgl. Pagenkopf, H., [Sozialpolitiker], Bonn 1965, S. 89.

674 § 10a EStG.

675 Vgl. Burbach, H.-D., [Steuerbegünstigungen], Nürnberg 1960, S. 121.

Anders als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer haben Personen, die in den gesetzlichen Kassen nicht pflichtversichert sind, vergleichsweise mehr Möglichkeiten die eigenen Vorsorgeaufwendungen zu beeinflussen und auch steuerwirksam anzusetzen. Als weiteres Beispiel für eine heute noch vorhandene „Millionärs-Förderung“ kann ein Privatier mit überwiegenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen dienen. Vergleichbar mit dem oben dargestellten Rentnerfall stehen dem Privatier die Sonderausgabenhöchstbeträge einschließlich des Vorwegabzugs ungeschmälert zur Verfügung. Auch in diesem Fall wird ein Teil bereits von indisponiblen Aufwendungen für eine private Krankenversicherung verbraucht sein. Sollten die Höchstbeträge nicht ausgeschöpft sein, bleibt Spielraum für Beiträge zu Lebensversicherungen. Der Staat unterstützt in diesem Fall den Aufbau einer kapitalbildenden Lebensversicherung durch die Abzugsfähigkeit der Beiträge im Rahmen der Sonderausgaben, und das, obwohl der Steuerpflichtige aufgrund des bereits vorhandenen Vermögens u.U. eine private Altersversorgung nicht mehr aufbauen müsste. Hier wird an der falschen Stelle bzw. zugunsten eines subjektiv leistungsfähigen Steuerpflichtigen gefördert.

7.2.6.8 Negative Sparanreize und umgekehrtes Solidaritätsprinzip

Die gesetzliche Rentenversicherung baut im Rahmen des Generationenvertrags auf der Solidarität der jüngeren Generationen mit den älteren Generationen auf. Die Anerkennung beitragsfreier aber gesellschaftlich wertgeschätzter Zeiten ist auch ein Ausdruck der im Rahmen von staatlichen Sozialversicherungssystemen propagierten Solidarität.

Ein Arbeitnehmer zahlt im Laufe seines aktiv erwerbstätigen Lebens in die gesetzliche Rentenversicherung ein und finanziert im Umlageverfahren diejenigen, die bereits im Ruhestand sind. Damit erwirbt der Arbeitnehmer zugleich Anwartschaftsrechte auf eine gesetzliche Rente, die dann von zukünftigen Arbeitnehmern zu zahlen ist.

Stirbt der Arbeitnehmer hingegen frühzeitig, dann sind die erworbenen Anwartschaftsrechte nur mehr in Form einer deutlich niedrigeren Hinterbliebenenversorgung vorhanden. In jüngster Zeit ist gerade die Hinterbliebenenversorgung im Rahmen von finanziellen Konsolidierungs-maßnahmen eingeschränkt worden. Grds. sind eigene Einkünfte und Bezüge der Hinterbliebenen auf die Hinterbliebenenrente anzurechnen.

Dies kann dazu führen, dass die Hinterbliebenen-versorgung, insbesondere bei aktiver Erwerbstätigkeit des Ehegatten, entfällt oder jedenfalls deutlich gekürzt wird. Negativ auf die Hinterbliebenen-versorgung wirken sich auch für private AltersHinterbliebenen-versorgung gedachte Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung aus.

Derartige Vorschriften konterkarieren den eigentlich nötigen Aufbau einer individuellen Altersversorgung. Wenn privates Sparen und die Erträge daraus später zu einer Kürzung der Bezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung führen, dann wird der Wille zur Bildung einer privaten Altersversorgung gedämpft.

Bei frühzeitigem Versterben, d.h. der Arbeitnehmer erreicht die durchschnittliche Lebenserwartung nicht, stehen ursprüngliche

Beitragsleistung und erworbene Anwartschaftsrechte in einem besonderen Missverhältnis zu den evtl. nie geflossenen Renten. Anders formuliert: Die Kranken mit geringerer Lebenserwartung werden deutlich schlechter gestellt als die Gesunden, lang Lebenden. Die Kranken mussten im Lauf ihres Erwerbslebens den Lebensstandard wegen hoher Abgaben einschränken und erleben den Ruhestand nicht mehr. Die Leistungen kommen den langjährigen Rentnern zugute. Dieses umgekehrte Solidaritätsprinzip ist dem aktuellen Rentenversicherungsrecht immanent.

Bei der kapitalbildenden Lebensversicherung herrscht auch ein Solidaritätsprinzip. Stirbt die versicherte Person frühzeitig, dann erhalten die Begünstigten zumindest die Versicherungssumme, selbst dann, wenn die eingezahlten Beiträge erheblich geringer waren. Der Anteil der Prämie, der als Risikoanteil ausgestaltet ist, fließt in einen Fonds, der zur Finanzierung des Risikoausgleichs im Kollektiv genutzt wird. Überlebt die versicherte Person dagegen die Vertragslaufzeit, dann diente der Risikoanteil der Finanzierung anderer Verträge, bei denen der Todesfall eingetreten ist. Die versicherte Person erhält den Risikoanteil grds. nicht erstattet. Die versicherte Person darf sich aber damit trösten, dass sie im Gegensatz zu anderen noch lebt. Sie erhält am Ende der Vertragslaufzeit die mit der garantierten Verzinsung verzinsten Sparanteile der Prämie samt nicht garantierter Überschussanteile.676

Problematischer erscheint aus diesem Blickwinkel des Solidaritäts-gedankens die private Rentenversicherung. Bei der reinen Form der Rentenversicherung werden auch die Sparanteile gepoolt und dienen der Finanzierung der Renten derjenigen Versicherten, die die durchschnittliche Lebenserwartung überschreiten. Hier wird wiederum Solidarität mit den lang Lebenden geübt. Auf diesem Prinzip baut auch die

„Riester-Rente“ auf.

7.2.6.9 Vorwegabzug

Der Vorwegabzug wurde als zusätzlicher Sonderausgabenhöchstbetrag 1961 eingeführt. Er sollte insbesondere Selbständigen und Steuerpflichtigen mit geringem bis mittlerem Einkommen dienen.677 Selbständige müssen für ihre Altersversorgung voll selbst aufkommen.

Dieser Umstand diente auch der Rechtfertigung von Erhöhungen des Vorwegabzugs in den Folgejahren. Grds. ist der Vorwegabzug zu kürzen um 16 vom Hundert der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, sofern vom Arbeitgeber für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen steuerfreie Leistungen nach sozialversicherungs-rechtlichen Vorschriften erbracht werden.678 Zweck der Kürzung ist die Vermeidung kumulativ auftretender steuerlicher Begünstigungen von Arbeitnehmern gegenüber z.B. Selbständigen, da Arbeitnehmer bereits die Arbeitgeberanteile steuerfrei vereinnahmen und so in den Augen des

676 Und zudem nicht verbrauchte Verwaltungskostenanteile und Risikoanteile.

677 Vgl. Dürkop, H., [Bestandsaufnahme], Bayreuth 1992, S. 104; vgl. Mauch, P., [LV &

StR], Bayreuth 1994, S. 34 m.w.N.; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. P 14; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 28.

678 § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Nr. 62 EStG. Weitere Kürzungen sowie

678 § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Nr. 62 EStG. Weitere Kürzungen sowie

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