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Entwicklung des § 10 EStG

Im Dokument Tabellen- und Abbildungsverzeichnis (Seite 135-144)

9 Ergebnisse und Fazit

7.2.4 Entwicklung des § 10 EStG

Die hier beschriebene Entwicklung der Sonderausgabenregelung beschränkt sich auf die als Vorsorgeaufwendungen anerkannten Versicherungsbeiträge.

Die Sonderausgabenregelung ist eine der am häufigsten geänderten Vorschriften des EStG. Söhn sieht den Grund für die Vielzahl der Änderungen darin, dass die h.M. davon ausginge der Gesetzgeber sei frei,

„ob und welche Ausgaben er in den Katalog der Sonderausgaben aufnehmen wolle“ und dass somit „§ 10 zum Einfallstor für die Verfolgung außersteuerrechtlicher, zum Teil ideologisch gefärbter Ziele im

594 § 10 Abs. 3 Nr. 3 EStG; gilt für nach dem 31.12.1957 geborene Steuerpflichtige.

595 § 10 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 3 Nr. 62 EStG. Weitere Kürzungen sowie

Einschränkungen der Kürzung z.B. bei Versorgungsbezügen vgl. § 10 Abs. 3 Nr. 2 S.

2 EStG.

596 § 10 Abs. 3 Nr. 4 EStG.

597 § 10c EStG; Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 10c Rz. 2: „Die komplizierte Gesamtregelung ist vom Wortlaut her nahezu unverständlich und nur mit EDV-Hilfe noch praktikabel.“

598 § 10a EStG, § 82 EStG.

599 Vgl. hierzu ausführlich Kapitel 7.6 „Riester-Rente“.

Einkommensteuerrecht“600 wurde. Er kritisiert hierbei, dass steuersystematische Grundsatzfragen nicht gestellt wurden und meint damit, dass der Gesetzgeber keineswegs freie Hand bei § 10 EStG hat, sondern das Prinzip der subjektiven Leistungsfähigkeit berücksichtigen muss. Die Vorsorgeaufwendungen wurden im Wesentlichen hinsichtlich der Abzugsvoraussetzungen und der Höchstbeträge geändert.

Der heutige § 10 EStG besteht in dieser Form erst seit der Gesetzgebung des Jahres 1974. Obwohl zwischenzeitlich viele weitere Änderungen stattgefunden haben, ist die Grundstruktur des § 10 EStG erhalten geblieben. § 10 EStG entstand aus einer Zusammenfassung einzelner Vorschriften.

Die Entwicklung des heutigen deutschen Steuersystems ist im Wesentlichen auf die Reichsgründung von 1871 zurück zu führen. Die vorher in den Einzelstaaten existenten Steuergesetze wurden durch Schaffung einer funktionsfähigen Finanzverwaltung und Definition eines Einkommensbegriffs zusammengeführt. Selbst in Preußen existierten für Stadt und Land unterschiedliche Steuervorschriften, bis der preußische Finanzminister Johannes von Miquel 1891 ein einheitliches Einkommensteuergesetz durchsetzte.601 Erst im Jahr 1891 und somit nahezu ein Jahrhundert später als in England, wurden in Preußen aus Gründen der Vereinfachung der Veranlagung Aufwendungen zusammengefasst, die im Rahmen der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens von den Einnahmen, neben den Werbungskosten, Schuldzinsen und dauernden Lasten, abziehbar waren. Die Zusammenfassung erfolgte im § 9 Abs. 1 Preuß. EStG 1891 und betraf neben Werbungskosten auch enumerativ aufgezählte persönliche Aufwendungen. Das Enumerationsprinzip für private Aufwendungen ist bis heute erhalten geblieben. Die Aufwendungen umfassten u.a. gesetzlich oder vertraglich vereinbarte Ausgaben für Kranken-, Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherungen, Witwen-, Waisen- und Pensionskassen.

Erstmals abzugsfähig waren Versicherungsbeiträge bis M 600 p.a. für Versicherungen auf den Todes- oder Erlebensfall des Steuerpflichtigen, die an private Versicherungsunternehmen gezahlt wurden.602 Ausschlaggebend für die Entscheidung des preußischen Abgeordnetenhauses eine Abzugsfähigkeit dieser Versicherungsprämien zuzulassen, war die Gleichstellung von Steuerpflichtigen, die mangels Anstellung im Staats- oder Kommunaldienst keinen Anspruch auf Pensionen hatten und ihre Hinterbliebenen daher mit anderen Mitteln versorgen mussten.603 Bereits 1891 wurde unterschieden zwischen förderwürdigen Prämien, bei denen der Vertrag Versicherungscharakter hatte und nicht abzugsfähigen Prämien für den Fall, dass der Vertrag Kapitalanlagecharakter hatte. Die Begründung des Gesetzentwurfs zu § 9 Preuß. EStG sprach allgemein die Berücksichtigung der steuerlichen

600 Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 94; vgl. ebenda auch Rz. A 8 m.w.N. und Rz. A 76ff.

601 Gesetz vom 24. Juni 1891; vgl. Greisler, P., [Historie], DSWR 2002, S. 94 (S. 94).

602 § 9 Abs. 1 Nr. 7 Preuß. EStG 1891 v. 24. Juni 1891; vgl. Mauch, P., [LV & StR], Bayreuth 1994, S. 83ff.; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 76f.

Fn. 1 m.w.N.; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 107 m.w.N.

603 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1989, S. 51 m.w.N.

Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen an.604 Jedenfalls soll nach Willgerodt die Steuerbegünstigung von Lebensversicherungsprämien als Teil der Vermögenspolitik „das älteste Instrument zur Förderung des privaten Sparens“605 in Deutschland sein.

Im Zuge des preußischen Einkommensteuergesetzes von 1906 wurde der Katalog abzugsfähiger privater Ausgaben erweitert. Versicherungs-prämien für Haushaltsangehörige des Steuerpflichtigen, die nicht selbständig veranlagt wurden, konnten in Abzug gebracht werden. Der Höchstbetrag von M 600 blieb bestehen.606

Erst 1920 wurde die Abzugsfähigkeit der Lebensversicherungsbeiträge überregional in den deutschen Gebieten anerkannt. Das EStG 1920 war das Ergebnis der Erzbergerschen Finanzreform und das erste einheitliche d.h. gesamtstaatliche Einkommensteuergesetz für das Deutsche Reich.

Es lehnte sich an das Preuß. EStG 1891 an und übernahm das Enumerationsprinzip für abzugsfähige persönliche Aufwendungen in § 13.

Der wiederum erweiterte Katalog umfasste Beiträge des Steuerpflichtigen für sich und seine nicht selbständig veranlagten Haushaltsangehörigen u.a. zu Angestellten-, Invaliden-, Witwen-, Waisen- und Pensionskassen.

Der Höchstbetrag von M 600 blieb weiterhin bestehen.607

Beginnend mit einem ersten Einkommensteueränderungsgesetz (EStÄndG) im Jahr 1921 wurde der abzugsfähige Betrag für Beiträge zu Versicherungen auf den Todes- oder Erlebensfall von M 1.000 inflationsbedingt bis auf M 48.000 im Rahmen eines EStÄndG 1922 nominell erhöht. Die Einkommensbesteuerung wich im Zuge des Zusammenbruchs der Währung im Herbst 1923 vorübergehend einer Konsumbesteuerung.608

Das EStG 1925609 unterschied begrifflich bei den abzugsfähigen privaten Ausgaben neben den Schuldzinsen sog. Sonderleistungen610 sowie Renten und dauernde Lasten. Lebensversicherungsbeiträge waren den Sonderleistungen zugeordnet.611 Ursprünglich waren für bestimmte Arten

604 Vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 78 m.w.N.; vgl. zum Gang der Verhandlungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 6ff.

605 Willgerodt, H. u.a., [Vermögen], Düsseldorf / Wien 1971, S. 253. So auch Exo:„Die Steuerbegünstigung der Lebensversicherung ist die älteste steuerliche

Sparförderung.“ Exo, R., [Struktur], Berlin 1967, S. 103.

606 Preuß. EStG 1906, PrGS 1906 S. 241; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG,

§ 10 Rz. A 79 m.w.N.; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 107 m.w.N.

607 Reichsfinanzminister Erzberger; EStG v. 29.3.1920, RGBl. 1920 S. 359; vgl. Söhn, H.

in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 80; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 108.

608 EStÄndG 1921 I v. 24.3.1921, RGBl. 1921 S. 313. Weitere Erhöhungen fanden im Zuge des EStÄndG 1921 II v. 20.12.1921, EStÄndG 1922 I v. 20.7.1922 sowie EStÄndG 1922 II v. 23.12.1922 statt, vgl. ausführlich Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 14f. m.w.N.; § 13 Abs. 1 Nr. 5 EStG 1920; vgl. Söhn, H. in:

Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 81.

609 Vgl. EStG v. 10.8.1925, RGBl. I 1925 S. 189; vgl. Mauch, P., [LV & StR], Bayreuth 1994, S. 87f.; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 84.

610 § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 17 EStG 1925.

611 § 17 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1925.

von Aufwendungen Höchstbeträge vorgesehen. Mit dem EStG 1925 wurde eine Gesamthöchstbetragsregelung implementiert, die auf abgegrenzte Aufwendungsarten in Summe anzuwenden war. Dieser Gesamthöchstbetrag wurde begrifflich als Grundhöchstbetrag bezeichnet, der in fortentwickelter Form heute noch gilt. Er war zudem durch weitere Erhöhungsbeträge gestaffelt, die in Abhängigkeit des Familienstandes und der zum Haushalt gehörenden Zahl nicht selbständig veranlagter Kinder gewährt wurden.612 Die amtliche Begründung für die Abzugsfähigkeit von Sonderleistungen beruhte auf sozialen Gründen. Kritisiert wird, dass es nicht nur soziale sondern vielerlei Gründe seien, die zu abzugsfähigen Sonderleistungen führen. Wenn Steuerpflichtige Lebensversicherungs-prämien bezahlen oder Sparrücklagen bilden können, dann wären diese Steuerpflichtigen immer noch leistungsfähiger als diejenigen, die ihr gesamtes Einkommen für den laufenden Unterhalt verausgaben müssen.

Insoweit sei die Abzugsfähigkeit dieser Beiträge nicht zwangsläufig sozial, da diese Vergünstigungen nur ohnehin leistungsfähigeren Steuerpflichtigen zugute kämen.613 Im Rahmen des EStÄndG 1927614 wurden Grund- und Erhöhungsbeträge angehoben.

§ 10 EStG 1934 erweiterte wiederum den Katalog der abzugsfähigen Ausgaben – insbesondere um Bausparbeiträge – und fasste unter dem heute noch genutzten Begriff Sonderausgaben einen Teil der Sonderleistungen des § 17 Abs. 1 EStG 1925 und bestimmte Ausgabenarten des § 15 Abs. 1 Nr. 3 EStG 1925, d.h. Schuldzinsen sowie Renten und dauernde Lasten zusammen.615 Nationalsozialistischem Gedankengut hinsichtlich Bevölkerungswachstum entsprechend, fand eine stärkere Betonung der Kinder- und Familienkomponente durch großzügigere Kinderadditive statt.

Lebensversicherungsbeiträge waren nur insoweit abzugsfähig, als sie an Versicherer mit Sitz, Geschäftsleitung oder Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland gezahlt werden.616

1946 wurden Versicherungsbeiträge als nicht mehr abzugsfähig erklärt.

Einzig die gesetzlichen Sozialversicherungsbeiträge blieben im Rahmen von herabgesetzten Höchstbeträgen abzugsfähig. Inflation sollte durch Abschöpfung von Kaufkraft eingedämmt und die öffentlichen Haushalte ausgeglichen werden.617

612 § 17 Abs. 2 EStG 1925.

613 Vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 85 und Rz. A 88 m.w.N.;

vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 17 ff. m.w.N.

614 EStG 1925 v. 10.8.1925 i.d.F. des EStÄndG 1927 v. 22.12.1927, RGBl. I 1927 S. 485;

vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 19, S. 111.

615 EStG 1934 v. 16.10.1934, RGBl. I 1934 S. 1005; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 89 Fn. 24; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S.

111.

616 § 10 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG 1934; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S.

19ff., S. 111.

617 KRG Nr. 12 v. 11.2.1946, StuZBl 1946 S. 2; vgl. Mauch, P., [LV & StR], Bayreuth 1994, S. 89; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl.

Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 21 m.w.N. und S. 112.

1948 wurde bei geänderter Höchstbetragsregelung die Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen wieder eingeführt. Ein Grundhöchstbetrag berücksichtigte den Steuerpflichtigen mit Erhöhungsbeträgen für Ehegatten und Kinder.618 Ein besonderer Höchstbetrag konnte bei ausgeschöpftem Grundhöchstbetrag unter weiteren Voraussetzungen zusätzlich abgezogen werden.619 Die Höchstbeträge werden im Vergleich zur Vorkriegszeit erhöht.

1949 erhöhte der Gesetzgeber die Höchstbeträge für beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben. Zudem wurden diese Höchstbeträge verdoppelt für Steuerpflichtige, die das 50. Lebensjahr vollendet hatten.620 Weitere Änderungen der Höchstbetragsregelungen fanden in den Jahren 1950, 1951, 1953, 1954 statt.621 Ein wesentliches Ziel der Änderungen war die Bildung von Kapital in der Volkswirtschaft durch Förderung von Ersparnissen.

1953 wurde ein grundsätzliches Verbot der Kreditfinanzierung von Versicherungsbeiträgen sowie eine Sperrfrist für Versicherungsverträge eingeführt. Die Nichteinhaltung der Sperrfristen kann zur Nachversteuerung führen. 1954 wurde das Kreditfinanzierungsverbot aufgehoben. Mit dem ESt- und KStÄndG 1956 wurde ein grundsätzliches Kreditfinanzierungsverbot wieder eingeführt.622 Auch zukünftig wurde das Verbot der Fremdfinanzierung je nach Vertragsart gelockert oder verschärft. Sperrfristen für Versicherungsverträge mit Einmalbetrag wurden gesenkt. Die Höchstbeträge für beschränkt abzugsfähige Sonderausgaben wurden, wie auch später im Jahr 1958 erhöht.623 Mindestvertragsdauern für Versicherungen mit Einmalbetrag wurden geändert. Die Altersverdoppelung sollte nur noch bis zum 31. Dezember 1963 gelten. Ein zusätzlicher Höchstbetrag für Versicherungsbeiträge wurde in Form des auch heute noch so bezeichneten Vorwegabzugs durch das StÄndG 1961 eingeführt. Der Vorwegabzug sollte insbesondere den Selbständigen zugute kommen, die im Gegensatz zu Arbeitnehmern

618 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1993, S. 25; vgl. Söhn, H. in:

Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96. Vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 114 demnach EStG 1947 v. 24.10.1947 i.d.F. des Gesetzes Nr. 64 v.

20.6.1948.

619 Zunächst ein „drei/achteliger Höchstbetrag“, ab 1949 ein bis heute so bezeichneter

„hälftiger Höchstbetrag“; § 10 Abs. 2 Nr. 3 EStG 1947 v. 24.10.1947 i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur vorläufigen Neuordnung von Steuern v. 20.4.1949; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 21f und S. 22 Fn. 128, S. 115.

620 Sog. Altersverdoppelung; EStG 1947 v. 24.10.1947 i.d.F. des II. StNG v. 20.4.1949, StuZbl 1949 S. 135; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl.

Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 115.

621 Vgl. StÄndG v. 29.4.1950, BGBl. 1950 S. 49; vgl. StÄndG v. 27.6.1951, BGBl. 1951 S.

411; StÄndG v. 24.6.1953, BGBl. I 1953 S. 413; StNG v. 16.12.1954, BGBl. I 1954 S.

373; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Mauch, P., [LV

& StR], Bayreuth 1994, S. 90f.

622 EStG 1951 i.d.F. des Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung v. 24.6.1953, BStBl. I 1953 S. 192 sowie StÄndG v.

5.10.1956 i.d.F. v. 19.12.1956, BGBl. I 1956 S. 781; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 23, S. 118, S. 123 m.w.N.

623 Vgl. StÄndG v. 18.7.1958, BStBl. I 1958 S. 412; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96.; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 22 und S.

123.

nicht von steuerbefreiten Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung profitierten. Entsprechend war bei Arbeitnehmern der Vorwegabzug grds.

um steuerfreie Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zu vermindern.624

Im Zuge der Rentenreform 1957 wird trotz deutlicher Leistungsverbesserungen der gesetzlichen Rentenversicherung die Abzugsfähigkeit von Lebensversicherungsbeiträgen beibehalten um eine Benachteiligung der Personengruppen zu vermeiden, die nicht im gesetzlichen System erfasst sind. Teilnehmer an der gesetzlichen Rentenversicherung profitieren von der Vermögensteuerfreiheit der Ansprüche, der Versicherungssteuerfreiheit der Beiträge und der Lohnsteuerfreiheit des Arbeitgeberanteils.625

Die ursprüngliche Befristung der Altersverdoppelung bis zum 31.

Dezember 1963 wurde mit dem StÄndG 1963 um ein Jahr verlängert. Mit dem StÄndG 1964 wurde die Befristung vollständig gestrichen und der Altersverdoppelungsbetrag sollte bis auf weiteres gelten. Der Vorwegabzug wurde verdoppelt. Laufende Beiträge zu Lebensversicherungen mit Sparanteil können nach dem StÄndG 1965 nur noch dann geltend gemacht werden, wenn die Versicherungsdauer mindestens sieben Jahre statt bisher fünf Jahre betrug. Ohne Rücksicht auf Mindestvertragsdauern wurden reine Risikolebensversicherungen in den Katalog der abzugsfähigen Privatausgaben aufgenommen.626

Mit dem StÄndG 1966 wurden die Mindestvertragsdauern auf grundsätzlich zwölf Jahre angehoben, sowohl für Verträge mit laufender Beitragszahlung als auch mit Einmalbeitrag. Durch eine altersabhängige Staffelung für Steuerpflichtige, die das 48. Lebensjahr vollendet hatten, konnte die Mindestvertragsdauer um bis zu 5 Jahre verkürzt werden.627

1970 kodifizierte der Gesetzgeber die Steuerfreiheit der Arbeitgeberzuschüsse zur Zukunftssicherung in § 3 Nr. 62 EStG. Damit ging das Verbot des Abzugs von Versicherungsbeiträgen einher, die im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen.628

624 Vgl. StÄndG v. 13.7.1961, BGBl. I 1961 S. 981; vgl. Greb, W., [Verhältnis], Karlsruhe 1968, S. 104 m.w.N.; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96;

vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 28 Fn. 156., S. 126 m.w.N.

625 Vgl. Borscheid, P., [Sicherheit], Greven / Münster 1993, S. 55f.

626 Vgl. StÄndG v. 25.11.1963, BGBl. I 1963 S. 845 sowie StÄndG v. 16.11.1964, BGBl. I 1964 S. 885 und StÄndG v. 14.5.1965, BGBl. I 1965 S. 377; vgl. Greb, W.,

[Verhältnis], Karlsruhe 1968, S. 104; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 126 m.w.N. und S.

128.

627 Vgl. StÄndG v. 23.12.1966, BGBl. I 1966 S. 702; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 128.

628 Gesetz v. 21.12.1970, BGBl. I 1970 S. 1770; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 129.

Ursprünglich war die Steuerfreiheit der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung nur in den Lohnsteuerrichtlinien und nicht im EStG kodifiziert.

Das EStRG 1974 führte zu einer Neufassung des § 10 EStG. U.a. wurde der Katalog der abzugsfähigen privaten Ausgaben im Bereich der Versicherungsbeiträge hinsichtlich der an Versicherungsverträge auf den Erlebens- oder Todesfall zu stellenden Voraussetzungen konkreter, die altersmäßig gestaffelte Herabsetzung von Mindestvertragsdauern und die Altersverdoppelung der Höchstbeträge wurde gestrichen. Der Vorwegabzug für Versicherungsbeiträge wurde mit Blick auf die Gleichstellung der Selbständigen erhöht, ebenso der Grundhöchstbetrag sowie die weiteren Höchstbeträge und Kinderadditive. Vor 1975 konnten Einmalbeiträge zu Kapitallebensversicherungen noch als Sonder-ausgaben geltend gemacht werden. Ziel war nun eine verstärkte Förderung der Lebens- und Altersvorsorge, mithin eine Beschränkung der Förderung auf Verträge mit Vorsorgecharakter.629 Beiträge zu fondsgebundenen Lebensversicherungen wurden ausgenommen, da sie den Charakter von Kapitalansammlungsverträgen hätten.

Im Rahmen des StÄndG 1977630 wurde der Vorwegabzug auch gekürzt bei Personen, die im Rahmen ihrer Berufstätigkeit Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung erwerben, ohne dafür eigene Beiträge zu leisten (z.B. Beamte, Richter, Berufssoldaten, Geistliche). Der Grundhöchstbetrag wurde ab Veranlagungszeitraum (VZ) 1978 erhöht. Der Vorwegabzug ist nun pauschal um 9% der Einnahmen aus der Beschäftigung, höchstens der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung, zu kürzen.

Der Vorwegabzug wurde im Rahmen des StÄndG 1979 ab dem VZ 1980 erhöht. Das Kreditaufnahmeverbot muss nur noch für Versicherungsbeiträge mit Sparanteil und Bausparbeiträge berücksichtigt werden.631

Die folgende Erhöhung des Vorwegabzugs und des Grundhöchstbetrags für den Zeitraum ab 1982 fand im Zuge des Gesetzes zur Steuerentlastung und Familienförderung 1981 statt. Das Subventionsabbaugesetz (SubvAbG) führt 1981 dazu, dass der Sonderausgabenabzug nicht kumulativ zu einer Förderung nach dem Vermögensbildungsgesetz (VermBG) gewährt wird. Zulagenbegünstigte vermögenswirksame Leistungen sind ab VZ 1982 nicht mehr als Sonderausgaben abzugsfähig.632

629 EStRG v. 5.8.1974, BGBl. I 1974 S. 1769; vgl. Kreußler, U. / Nörig, H.,

[Versicherungsaußendienst], 3. Aufl., Karlsruhe 1993, S. 59; vgl. Mauch, P., [LV &

StR], Bayreuth 1994, S. 93ff.; vgl. Neubeck, J., [Steuerersparnis], 8. Aufl., Karlsruhe 1975, S. 25f.; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl.

Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 28 Fn. 156, S. 31 m.w.N. und S. 129ff.

630 StÄndG 1977 v. 16.8.1977, BGBl. I 1977 S. 1586; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 133.

631 StÄndG 1979 v. 30.11.1978, BGBl. I 1978 S. 1849; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 33 und S. 134f.

632 StEntlG 1981 v. 16.8.1980, BGBl. I 1980 S. 1381; SubvAbG v. 26.6.1981, BStBl. I 1981 S. 523; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl.

Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 34 und S. 136f.

Das Steuersenkungsgesetz 1986/88 führte ab dem VZ 1986 zu einer Streichung der Kinderadditive, d.h. der zusätzlichen Höchstbeträge für Kinder. Die Kinderadditive sind im Wesentlichen in höheren Kinderfreibeträgen aufgegangen.633

Mit dem StRG 1990 wurde ab dem VZ 1990 der Vorwegabzug erhöht. Der Vorwegabzug ist bei rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern um 9% des Arbeitslohnes zu kürzen. Dieser Satz erhöht sich bei (üblicherweise vorhandenem) Krankenversicherungsschutz um 3% auf 12%. Bausparbeiträge können im Rahmen des Grund- und hälftigen Höchstbetrags nur noch zu 50% abgezogen werden.634

Das StÄndG 1992 verschärfte die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall erheblich. Die Finanzierung mit Policendarlehen sollte wieder eingedämmt werden. Grds. sind Beiträge zu Verträgen nicht mehr abzugsfähig, die der Tilgung oder Sicherung von Darlehen dienen, deren Finanzierungskosten Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Bei steuerschädlicher Verfügung kann es zur Nachversteuerung kommen.635

Mit dem Zinsabschlaggesetz 1992 wurde der Grundhöchstbetrag und der Vorwegabzug ab VZ 1993 erhöht.636 Ab dem VZ 1993 ist der Vorwegabzug zunächst um 9% des Arbeitslohns bei Renten-versicherungspflicht zuzüglich 4% bei Krankenversicherungsschutz und weiteren 3% bei Arbeitslosenversicherungsschutz zu kürzen. Rückwirkend wird diese Kürzungsvorschrift vereinfacht.

Ab dem VZ 1994 werden diese Prozentsätze zu einem einheitlichen Kürzungssatz von 16% der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit – ohne Versorgungsbezüge – zusammengefasst. Der Vorwegabzug ist u.a. zu kürzen, wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen steuerfreie Arbeitgeberleistungen zu gesetzlichen Sicherungssystemen, wie im typischen Arbeitnehmerverhältnis üblich, erbracht werden.637

Mit Wirkung zum VZ 1995 wird ein zusätzlicher Sonderausgabenhöchstbetrag über DM 360 für jeden Steuerpflichtigen eingeführt. Er kann von Geburtsjahrgängen ab 1958 zum Abzug zusätzlicher freiwilliger Pflegeversicherungen genutzt werden.

Ab VZ 1996 sind Bausparbeiträge nicht mehr absetzbar. Ab VZ 1997 ist Voraussetzung für den Abzug von Lebensversicherungsbeiträgen, dass

633 StSenkG 1986/1988 v. 26.6.1985, BGBl. I 1985 S. 1153; vgl. Neubeck, J.,

[Steuerersparnis], 10. Aufl., Karlsruhe 1987, S. 7, 20; vgl. Söhn, H. in: Kirchhof, P. / Söhn, H., EStG, § 10 Rz. A 96; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 139.

634 StRG v. 25.7.1988, BStBl. I 1988 S. 224; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 34 und S. 141.

635 Vgl. zu den Ausnahmen Kapitel 7.2.2 Voraussetzungen; StÄndG 1992 v. 25.2.1992, BGBl. I 1992 S. 297; vgl. Heinicke, W., in: Schmidt, L., EStG, § 10 Rz. 186.; vgl.

Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 35 und S. 146f.

636 Zinsabschlaggesetz v. 9.11.1992, BStBl. I 1992 S. 682; vgl. Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 36.

637 § 10 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 3 Nr. 62 EStG.

nach dem 31. Dezember 1996 erworbene Ansprüche nicht im Wege der Abtretung erworben worden sind.

Mit dem VZ 2002 werden die Sonderausgabenhöchstbeträge auf Euro umgestellt. Auf eine inflationsbedingte Anpassung der seit VZ 1993 unveränderten Höchstbeträge wurde verzichtet.

Zusammenfassend erkennt man, dass § 10 EStG allein im Bereich der hier aufgeführten Änderungen hinsichtlich Versicherungsbeiträgen tatsächlich sehr häufig „reformiert“ wurde. Insbesondere ist keine langfristige Richtung und keine Strategie in diesen Änderungen zu erkennen. Einige Änderungen wurden wenige Jahre nach ihrer Einführung wieder rückgängig gemacht, nur um in den darauffolgenden Perioden dann doch wieder eingeführt zu werden. Andererseits erkennt man, dass es sich bei den Änderungen selten um einen „großen Wurf“ gehandelt hat.

Um der sozialpolitischen und wirtschaftspolitischen Bedeutung der §§ 10ff.

EStG gerecht zu werden, wäre strategische Weitsicht des Gesetzgebers gefordert.

Direkte Auswirkungen der Änderungen des § 10 EStG auf die Lebensversicherungsnachfrage bzw. -neuabschlüsse können nicht eindeutig festgestellt werden. Zu unterschiedlich sind die Gründe, die bei dieser meist langfristigen Investitionsentscheidung eine Rolle spielen. Des Weiteren sind manche Änderungen der gesetzlichen Vorschriften im Bereich des § 10 EStG geringer Art und kaum entscheidungsrelevant.638 Da bei rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern der Sonder-ausgabenhöchstbetrag regelmäßig bereits durch die Sozialversicherungs-abgaben ausgeschöpft ist, spielt der Sonderausgabenabzug heute eine geringe Rolle bei der Entscheidung für eine Lebensversicherung.

638 Ausführlichere Stellungnahmen zu den Veränderungen der Sonderausgabenregelung finden sich in steuerlichen Kommentierungen zu § 10 EStG. Eine Aufstellung der textlichen Veränderungen des § 10 EStG im Rahmen der Gesetzgebung kann im Anhang 2, 5 und 6 bei Treisch, C., [private RV], Wiesbaden 1995, S. 107ff.

nachgelesen werden.

Im Dokument Tabellen- und Abbildungsverzeichnis (Seite 135-144)