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8. Fallanalysen

8.1. Analyse unmarkiert verlaufender Überschneidungs- situationen

8.1.5. Situationsbeschreibung des Fragments (6): „teri[ma kasih banyak ya;“

8.1.5.1. Resümierende Evaluationen als Initiierung der

Am Ende einer Beratungssituation bzw. Sprechstunde kommen normalerweise bestimmte Hand- lungsaktivitäten der Gesprächsteilnehmer vor, die im Anschluss an die Sprechstunde mit der Entlassung der Klienten zusammenhängen. Erfahrungsgemäß fassen die Dozenten die Haupt- punkte der Beratung zusammen, um sicherzustellen, dass die Studenten ihre Informationen oder

116 Fallanalysen

Ratschläge verstehen. Sie ergänzen auch manchmal ihre Ratschläge mit Endkommentaren und anschließend könnte, wenn es nötig wäre, eine Terminvereinbarung für die nächste Sprechstunde erfolgen, wie es auch in den Studien von u. a. Nothdurft, Reitemeier und Schröder (1994), Bo- ettcher und Meer (2000), Limberg (2010) und Kiesendahl (2011) gezeigt wird. Zunächst kann es vorkommmen, dass sich die Studenten für den „Service“ der Dozenten bedanken, was im Sinne von Schegloff und Sacks (1973) als „unmentioned mentionables“ bezeichnet wird. Dieser Handlung folgen normalerweise nonverbale Handlungen wie zum Beispiel das Einpacken eigener Bücher oder der mitgebrachten Materialien, das Nehmen der Jacke, eventuell Händeschütteln und schließlich das Verlassen des Büros bzw. des Beratungsortes.208

Diese Handlungen finden in dem oben genannten Fragment statt, wie es in der folgenden Sequenz gezeigt wird:

D (26)

(14.5) IKM2 blättert und liest die Broschüre durch während DDW sieht in eine andere Richtung sieht.

121 IKM2 : [((macht die Broschüre zu, legt sie mit zwei Händen auf die Tischmitte, blickt auf die Broschüre))

122 [BAik ibu jutta;

GUt mutter/frau (Anrede) jutta;

GUt frau jutta;

123 DDW : [((bewegt den Kopf, blickt IKM2 an, Hand berührt die Nase)) 124 IKM2 : [mungkin [segitu dulu (.) NANti ähm:- (--)<<pp>tsk;>

[vielleicht [soviel erstmal (ugs.) (.) SPÄter ähm:- [vielleicht [reicht es diesmal aus. (.)SPÄter ähm:- 125 [((nimmt den Bleistift zu sich, Blick auf die Broschüre)) 126 DDW : [((hebt das Buch, macht es zu, nähert ihren Körper IKM2 an,

Blick an IKM))

127 IKM2 : saya [coba (.) telusuri dulu semuanya di: internet=

ich [versuche (.) blättern erstmal (ugs.) alles in: internet=

ich [versuche (.) alles erstmal im: internet zu surfen=

128 [((ikonische Handgeste: verstreut etwas, nickt))

129 [=YA;

130 DDW : [iJA iJA;

131 [((nickt, blick an IKM2)) 132 IKM2 : terus nanti mungkin kalo:- (--)

dann später vielleicht wenn:- (--) dann wenn es vielleicht später:- (--) 133 saya [coba juga:- (--)

ich [versuche auch:- (--)

134 [((führt den Blicktkontakt zu DDW, Zeigegeste: zeigt nach hinten)) 135 DDW : [((Blick an IKM2))

136 IKM2 : sekolah: KURsus ini <<acc><<dim>apa>Bahasa jermannya=

schule: KURs dies <<acc>><<dim>>was> sprache deutsch=

schule: KURs <<acc>><<dim>>was> deutschkurs=

137 =di sini hihi;

=in hier hihi;

=hier zu machen hihi;

138 DDW : iJA-

139 IKM2 : SUpaya persiaPAN, (--) DAmit vorbereiTUNG, (--) 140

FÜr die vorbereiTUNG, (--) ((nickt))

Bereits in der Zeile 121 impliziert IKM2, das Gespräch zu beenden, indem er die Broschüre zuklappt und sie auf die Tischmitte legt. Dann verbalisiert er die Initiierung in der Zeile 122 mit:

208 Siehe auch Limberg (2010: 301).

D (27)

122 [BAik ibu jutta;

GUt mutter/frau (Anrede) jutta;

GUt frau jutta;

123 DDW : [((bewegt den Kopf, blickt an IKM2, Hand berührt die Nase)) 124 IKM2 : [mungkin [segitu dulu (.) NANti ähm:- (--)<<pp>tsk;>

[vielleicht [soviel erstmal (ugs.) (.) SPÄter ähm:- 125

[vielleicht [reicht es diesmal aus. (.) SPÄter ähm:- [((nimmt den Bleistift zu sich, Blick an die Broschüre))

Wie in der Gesprächseröffnung hat der von Schegloff (1968) als „summons – answer sequence“

bezeichnete Aufruf „BAik ibu jutta;“ (dt. GUt frau jutta;), dem die nonverbale Antwort in der Zeile 123 (Kopfbewegung, Blickänderung, gestische Änderung) folgt, dieselbe Funktion, nämlich die Initiierung der nächsten Handlung. Limberg (2010) nennt es das „pre-closing“, dem meistens eine Pause folgt, wie es sich in der Zeile 124 mit der Mikropause (.) nach der Äußerung

„mungkin [segitu dulu“ (dt. [vielleicht [reicht es diesmal aus) zeigt:

D (28)

124 IKM2 : [mungkin [segitu dulu (.) NANti ähm:- (--)<<pp>tsk;>

[vielleicht [soviel erstmal (ugs.) (.) SPÄter ähm:- [vielleicht [reicht es diesmal aus. (.) SPÄter ähm:-

Die Mikropause (.) gibt eigentlich DDW den nächsten turn, der aber von DDW nicht angenom- men wird, sodass IKM2 seinen turn weiterführt, indem er die bereits von DDW gegebenen Infor- mationen aufzählt und damit zusammenfasst:

D (29)

126 DDW : [((hebt das Buch, macht es zu, nähert sich den Körper zu IKM2, Blick an IKM))

127

128

IKM2 : saya [coba (.) telusuri dulu semuanya di: internet=

ich [versuche (.) blättern erstmal (ugs.) alles in: internet=

ich [versuche (.) alles erstmal im: internet zu surfen=

[((ikonische Handgeste: verstreut etwas, nickt))

129 [=YA;

130 DDW : [iJA iJA;

131 [((nickt, blick an IKM2)) 132 IKM2 : terus nanti mungkin kalo:- (--)

dann später vielleicht wenn:- (--) dann wenn es vielleicht später:- (--) 133 saya [coba juga:- (--)

ich [versuche auch:- (--)

134 [((führt den Blicktkontakt zu DDW, Zeigegeste: zeigt nach hinten)) 135 DDW : [((Blick an IKM2))

136 IKM : sekolah: KURsus ini <<acc><<dim>apa>Bahasa jermannya=

schule: KURs dies <<acc>><<dim>>was> sprache deutsch=

schule: KURs <<acc>><<dim>>was> deutschkurs=

137 =di sini hihi;

=in hier hihi;

=hier zu machen hihi;

138 DDW : iJA-

139 IKM2 : SUpaya persiaPAN, (--) DAmit vorbereiTUNG, (--) FÜr die vorbereiTUNG, (--) 140 ((nickt))

In der Zeile 126 gibt DDW den turn an IKM2 noch einmal nonverbal (Buch schließen, Proxemik mit sich annähernder Körperhaltung, Blickkontakt an IKM2) nach der möglichen TCU in der Zeile 125, die mit dem Verzögerungssignal „ähm:-“ und gleichbleibender Intonation gekennzeichnet ist. Dieses „Angebot“ wird von IKM2 als turn-Übergabe verstanden, indem er in der Zeile 127 seine Aufzählung beginnt:

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D (30)

127 IKM2 : saya [coba (.) telusuri dulu semuanya di: internet=

ich [versuche (.) blättern erstmal (ugs.) alles in: internet=

ich [versuche (.) alles erstmal im: internet zu surfen=

Das Adverb dulu (dt. erst einmal) impliziert die weiteren Aufzählungen, die später in den nächsten Zeilen vorkommen. Dieser Aufzählungsverweis wird mit dem Konnektor „terus“ (dt.

dann) (Z. 132) und dem Adverb „juga“ (dt. auch) (Z. 133) bezeichnet, wie in dem folgenden Sequenzausschnitt erkennbar ist:

D (31)

132 IKM2 : terus nanti mungkin kalo:- (--) dann später vielleicht wenn:- (--) dann wenn es vielleicht später:- (--) 133 saya [coba juga:- (--)

ich [versuche auch:- (--)

134 [((führt den Blicktkontakt zu DDW, Zeigegeste: zeigt nach hinten))

135 DDW : [((Blick an IKM2))

Dieser Versuch wird erfolgreich von DDW verstanden, indem sie die potentielle, mit einer Pause gekennzeichnete, Redeübergabe in der Zeile 133 nicht übernimmt, sondern IKM2 mit seiner Aufzählung fortfahren lässt. Dies erfolgt in den Zeilen 136 und 137 und wird von DDW in der Zeile 138 mit „iJA-“ bestätigt, was gleichzeitig einen Verweis auf den weiteren Redebeitrag signalisiert und von IKM2 erfolgreich verstanden wird, indem er diesen weiterführt:

D (32)

136 IKM2 : sekolah: KURsus ini <<acc><<dim>apa>Bahasa jermannya=

schule: KURs dies <<acc>><<dim>>was> sprache deutsch=

schule: KURs <<acc>><<dim>>was> deutschkurs=

137 =di sini hihi;

=in hier hihi;

=hier zu machen hihi;

138 DDW : iJA-

139 IKM2 : SUpaya persiaPAN, (--) DAmit vorbereTUNG, (--) 140

FÜr die vorbereiTUNG, (--) ((nickt))

Bis dahin verläuft die Aufzählungssequenz fließend und erfolgreich sowie der turn-taking-Pro- zess, der ohne Überlappung entsteht. Die Redeübergabe initiiert IKM2 in der Zeile 140 nonver- bal, indem er nickt. Damit ermöglicht er DDW die Fremdwahl, um ihren turn zu nehmen. Diese Fremdwahl wird von DDW erfolgreich verstanden, indem sie IKM2 ein weiteres „Hilfsangebot“

in der Beratung (Zeile 141 - 142) unterbreitet:

D (33)

141 DDW : (.) dan kalau ada (.) permintaan <<pp>äh> (.) (.) und wenn es gibt (.) nachfrage <<pp>>äh> (.) (.) und wenn es (.) nachfrage gäbe <<pp>>äh> (.) 142 <<acc>PERtanyaan> yang lain <<pp>äh bole:h datang ja>

<<acc>FRAge> andere <<pp>>äh durfe:n kommen ja>

andere <<acc>FRAge> <<pp>> äh könne:n sie kommen ja>

Dieses Angebot ist ein typisches Muster in einem Beratungsgespräch wie Nothdurft, Reitemeier, Schröder (1994), Boettcher und Meer (2000), Limberg (2010) in ihren Studien herausgefunden haben.

Limberg (2010) bezeichnet diese resümierenden Evaluationen in Form einer Aufzählung oder Zusammenfassung des besprochenen Themas oder der gegebenen Ratschläge als „wrapping- up talk“; diese kommen auch in der Gesprächssequenz vor. In den meisten Fällen wird dieser

„wrapping-up talk“ durch die Sequenz „passing turns with pre-closing items“ (Levinson, 1983:

317) und den Austausch von „okay“ oder „gut“ als prototypische Form (Limberg, 2010: 305) ergänzt. Nach Limberg (2010) zeigen die Gesprächsteilnehmer mit diesem „exchange of passing- turns“, dass sie die Sequenz beenden werden. Der Gesprächspartner oder die Gesprächspartnerin kann aber in dieser Phase andere Kommentare oder eine Zusammenfassung geben, indem er/

sie ebenfalls seine/ihre Bereitschaft zur Gesprächsbeendigung zeigt. In einer Beratungssituation nehmen normalerweise Dozenten als Ratgeber (in diesem Fall DDW) diese Position ein. Dies findet aber in den oben zitierten Treffen nicht statt, sondern der Ratsuchende (IKM2) initiiert die Gesprächsbeendigung.