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Das Problem der Zielkonkretisierung

Im Dokument Public Private Partnership (Seite 156-160)

Viertes Kapitel: Die Ziele von Public Private Partnership

E. Ausgewählte Probleme der Zielkoordination

II. Das Problem der Zielkonkretisierung

Die Forderung nach einer präzisen Definition der öffentlichen Zielvorstellungen im Vorfeld von Vertragsverhandlungen resultiert aus der theoretischen Überlegung und praktischen Erfahrung, daß der private Unternehmer - unabhängig von seiner faktischen Verhandlungs-macht und Verhandlungstaktik - einen Verhandlungsvorteil allein dadurch besitzt, daß seine Ziele klar definiert sind und als 'harte Fakten' auf dem Verhandlungstisch liegen. Hinzu kommen Befürchtungen, daß bei einer Gleichzeitigkeit von kommunalem Zielfindungsprozeß und PPP-Verhandlungsprozeß die Kommune ihre Interessenneutralität nicht wahren kann.

Die Vorstellung von einer verbindlichen Vorab-Definition kommunaler Ziele ist jedoch vom Ansatz her in gleicher Weise realitätsfern wie die Forderung nach Zieltransparenz, stellt sich doch auch hier ein Problem von grundsätzlicher, systemischer Art. Dies wird bei einem Vergleich der grundlegenden Zielcharakteristika und Zielfunktionen in öffentlichem und privatem Sektor deutlich:

99

Vertrauliche Angaben eines Gesprächspartners.

Kapitel 4: D i e Ziele von Public Private Partnership Seite 137

Übersicht 4.9: Die tendenzielle Ausprägung der Zieldimensionen

Zieldimensionen öffentlicher Sektor privater Sektor

Eindeutigkeit der Zielformulierung gering hoch

Meßbarkeit der Zielinhalte nominal/kardinal kardinal/ordinal

zeitlicher Bezug mittel-/langf ristig kurz-/mittelfristig

Konfliktintensität innerhalb des Zielsystems hoch niedrig Zielforderungen von außerhalb der

Organisation

viele wenige

Zielbildungsprozeß mehrzentrig einzentrig

Planungsfunktion der Ziele niedrig hoch

Quelle: Darstellung in Anlehnung an Braun, Günther E.: Ziele in öffentlicher Verwaltung und privatem Betrieb, ( N o m o s ) Baden-Baden 1988, S. 133.

In privaten Unternehmen haben die Ziele die Funktion, Handlungsalternativen zu entwickeln, deren Konsequenzen zu beschreiben und zu bewerten sowie das Handeln systematisch zu kontrollieren. Das setzt voraus, daß Prioritäten im Zielsystem bekannt sind und die Ziele sach-lich und zeitsach-lich mögsach-lichst präzise formuliert sind.100 Im öffentlichen Sektor sind Ziele, z. B.

das Gemeinwohlkonzept, bewußt vage formuliert, da sie die Funktion haben, eine Vielzahl inkonsistenter Werte, Ziele und Überzeugungen zu integrieren. Eine rein analytische Konfliktbewältigung durch Zielgewichtung kann das Problem der konfligierenden Ziele nicht lösen. Die Konkretisierung von Zielen ist im öffentlichen Bereich ein politischer Prozeß, der die Lösung eines Verteilungskonfliktes zum Inhalt hat.101 In der Praxis scheitert die konkrete Formulierung von Handlungszielen schon aus dem Grund, daß alternative Handlungskonzepte und ihre Konsequenzen völlig unklar sind:

"Obwohl Flächen und Bedürfnisse definiert werden können, ist es doch im Regelfall schwierig, für große Areale kommunale Ziele zu definieren, zumal dem sofortigen Verwertungsdruck eher langfristige Perspektiven der kommunalen Entwicklung gegenüber-stehen.(...) Es braucht nicht besonders darauf hingewiesen zu werden, daß gerade in den neuen Bundesländern die Prozesse der Erarbeitung von Flächennutzungskonzeptionen, von Abwägungen zwischen innerstädtischen Entwicklungen und außenliegenden Bereichen noch in vollem Gange sind und deshalb besonders größere Areale in der Nutzungsperspektive und den Zeithorizonten Probleme aufwerfen. Was soll beispielsweise 1ÖÖ

Vgl. Braun, Günther E.: Ziele in öffentlicher Verwaltung und privatem Betrieb, (Nomos) Baden-Baden 1988,

1 0 1S . l 4 7 f .

Vgl. Braun, Günther E.: Ziele in öffentlicher Verwaltung und privatem Betrieb, ( N o m o s ) Baden-Baden 1988, S. 134-146, hier S. 136.

eine Stadt Merseburg, gesegnet mit 2 Kasernenanlagen und einem über 20 ha reichenden Flugplatz, anfangen oder gar entscheiden? Hier müssen zunächst die Autobahntrassen, Verkehrserschließung, Ver- und Entsorgung im Grundsatz auf den W e g gebracht werden, um überhaupt Detailuntersuchungen zuzulassen, Ziele zu definieren etc., ganz zu schweigen von der Bewältigung von Altlasten oder anderen nicht kompatiblen Vornutzungen, die möglicherweise noch gar nicht bekannt sind."102

In Zusammenhang mit der Konkretisierung kommunaler Zielvorstellungen stellen sich zwei grundsätzliche Fragen:

1. Wann ist der geeignete Zeitpunkt für die Zieldefinition und -artikulation, z. B. die Aus-arbeitung von B-Plänen, die Beauftragung von Gutachtern, die AusAus-arbeitung städte-baulicher Konzepte?

2. Ist es möglich und sinnvoll, kommunale Ziele in ähnlicher Weise zu operationalisieren wie privatwirtschaftliche Ziele?103

zu 1.: Es wurde in diesem Kapitel bereits darauf hingewiesen, wie problematisch 'Alleingänge' der Kommune bezüglich der Konkretisierung städtebaulicher Planungen sind: wird ein (Groß-)Investor gefunden, so hat er in der Regel eigene Vorstellungen über die Standort- und Objektgestaltung. Entweder kann die Gesamtkonzeption nicht realisiert werden, oder es fallen aufwendige Umplanungen an. Auf der anderen Seite ist es für Kommunen wesentlich einfacher, (Einzel-)Investoren zu finden, wenn bereits Planungs-recht besteht. So hat sich die Stadt Ludwigshafen im Projekt Rheinufer-Süd entschieden, ein B-Planverfahren für die noch nicht verkauften Grundstücke einzuleiten. "Dieses Vorgehen widerspricht den Vorstellungen von Public Private Partnership eklatant. Wir machen jedoch die Erfahrung, daß die Investoren kein Interesse am Standort haben, wenn noch kein Planungsrecht besteht. Wir können ihnen nicht klarmachen, daß auch ohne Planungsrecht Pianungsicherheit besteht - schließlich sind die Grundstücke städtisches Eigentum."1 0 4

zu 2.: Die Ziele, die die Kommune mit einem Projektvorhaben verfolgt, sind nicht von betriebswirtschaftlicher Art; sie lassen sich nur schwer spezifizieren oder gar quantifizieren.1 0 5 Dem daraus resultierenden Verhandlungsnachteil begegnen vor allem

102

POET-Ingenieurgesellschaft für Projeksteuerung, Ökologische Entwicklungsplanung und Technologietransfer mbH (Hrsg.): Konversionsflächen und ihr städtebauliches Potential, unveröff. Manuskript, Lauchheim o. J.

1 0 3( l 9 9 4 ) , S . 3 f .

Die Operationalität verlangt eindeutige Meß Vorschriften, anhand derer die Zielerreichung zu kontrollieren ist;

vgl. Meffert, Heribert: Marketing, Bd. 1: Grundlagen der Absatzpolitik, 7., Überarb. u. erw. Aufl., (Gabler)

1 0 4Wiesbaden 1991, S. 81.

Aussage von Herrn Dillinger, Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft ( W E G ) Ludwigshafen a. Rh., Gespräch am

1 0 S07. N o v e m b e r 1994 in Ludwigshafen.

Vgl. hierzu auch die Ausführungen im achten Kapitel, D VI.

Kapitel 4: Die Ziele von Public Private Partnership Seite 139

Unternehmensberater mit der Forderung nach einer umfassenden Berechnung des kommunalen "Projektnutzens", indem alle ökonomischen Konsequenzen erfaßt werden, die für eine Kommune aus dem Bau und Betrieb eines Projektvorhabens entstehen. Im Rahmen einer sog. "Kommunalwirtschaftlichkeitsrechnung" werden die mittel- und unmittelbaren Be-, Entlastungs- und Einnahmepositionen der Kommunalhaushalte saldiert, die sich aus diversen Umsatz-, Beschäftigungs-, Einwohner-, Wertschöpfungs- und daraus resultieren-den Steuerwirkungen ergeben. Diese werresultieren-den als Kriterium dafür herangezogen, welchen eigenen Beitrag die öffentliche Hand im Rahmen einer Projektentwicklung leisten kann.106

Die Modellrechnungen finden in der Praxis bei der Bewertung von Einzelanlagen, vor allem aus dem Freizeitbereich, Anwendung. Die Vielzahl von Eingangs- und Steuergrößen würden vergleichbare Berechnungen für große städtebauliche Entwicklungsvorhaben jedoch zu komplex gestalten. Wichtige Verhandlungsargumente ergeben sich hier aus der Quantifizierung von Kostenparametern, die der Kommune aus der Vorhabenrealisierung entstehen.107 "Für den Investor ist es nachvollziehbar, daß eine Stadt nicht ohne weiteres bereit ist oder bereit sein kann, die Realisierung eines großen Wohngebietes durch einen Bauträger zu verdauen, ohne gleichzeitigen Ausgleich der sozialen Folgekosten, die im Regelfall zwischen 15.000,- und 20.000,- DM pro Wohneinheit anzusetzen sind.108

106

Vgl. ausführlich Franck, Jochen; Kirsch, Daniela: Die Kommunalwirtschaftlichkeitsrechnung als Grundlage der Bestimmung "fairer" PPP-Modelle im Freizeitbereich, unveröff. Manuskript, Hamburg und Saarbrücken 1 0 7 1 9 9 5 .

1 0 8Vgl. die Ausführungen im siebten Kapitel, D I.

Aussage von Herrn Hermann Laistner, Geschäftsführer der Ingenieurgesellschaft für Projektsteuerung, Ökologische Entwicklungsplanung und Technologietransfer mbH (POET), Gespräche u. a. am 05. Mai 1994 in Lauchheim, am 08. Februar 1995 in Bonn.

Fünftes Kapitel: Die Leistungsprogrammstrategien von

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