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Die Ausgangssituation in Praxis und Forschung

Im Dokument Public Private Partnership (Seite 21-27)

Erstes Kapitel: Problemstellung und Ziel der Arbeit

A. Die Ausgangssituation in Praxis und Forschung

Immer wieder bemühen Politik und Medien neue Begriffe, die dann im Sprachgebrauch 'Karriere' machen. Seit der amerikanische Präsident Carter 1978 den Begriff der "Public Private Partnership" (PPP) prägte, wurde er zunächst im anglo-amerikanischen, seit Mitte der achtziger Jahre auch im deutschen Sprachraum zu einem wichtigen Schlagwort in der Diskussion um neue Konzepte zur Lösung kommunaler, insbesondere städtebaulicher Probleme. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit solchen "Modewörtern" gestaltet sich schwierig. Sie ziehen ihre Kraft gerade nicht aus einem fest umrissenen Bedeutungsin-halt, sondern aus ihrer Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit. Die Karriere des Public Private Partnership-Begriffes beruht wesentlich darauf, daß er lediglich eine Idee von der groben Richtung vermittelt, daß er positive Assoziationen weckt und, vor allem, daß er einer Vielzahl von gesellschaftlichen Gruppierungen die Möglichkeit bietet, ihre jeweils eigenen Zielvorstel-lungen darin unterzubringen.1 Jeder, der den Begriff nutzt, scheint etwas anderes damit zu meinen; um die Public Private Partnerships herrscht große Sprachverwirrung.

In ihrem ursprünglichen Sinn- und Verwendungszusammenhang bezeichnen die Public Private Partnerships städtebauliche Investitionsvorhaben, die gemeinsam von öffentlichen und privaten Akteuren initiiert und/oder durchgeführt werden. In dieser Bedeutung wird der Begriff auch in der vorliegenden Arbeit verwendet. Bei der Planung und Realisierung städte-baulicher Projekte verfolgen Politik, Verwaltung, Developer, Investoren und Kapitalgeber zunehmend Kooperationsstrategien. Dem öffentlichen Sektor fehlt es an Kapital und Know-h o w f ü r die Initiierung eigener Projekte; der private Sektor sucKnow-ht die Planungsgrundlagen für seine Projektierungen zu optimieren und Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Auch erreichen viele Projekte Größenordnungen, die von einzelnen Akteuren nicht mehr zu bewältigen sind. Das Aushandeln projektspezifischer 'Deals' zwischen Vertre-tern des öffentlichen und privaten Sektors, die gemeinsame Finanzierung komplexer Vorha-ben und der Zusammenschluß der Beteiligten in gemischt-wirtschaftlichen Entwicklungs-gesellschaften sind charakteristische Handlungsstrategien im Rahmen der kooperativen Projektentwicklungen.

In der sozialwissenschaftlichen Technikforschung wird von "Leitbildern" gesprochen. D i e entsprechenden Untersuchungen zeigen, daß der Bedeutungsinhalt solcher Leitbilder durch Diskussionen in Fachkreisen, in den Medien und in der Öffentlichkeit schrittweise konkretisiert wird; vgl. Dierkes, Meinolf: Leitbild und Technik, Zur Entstehung und Steuerung technischer Innovation, hrsg. v. Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, (Rainer Bohn) Berlin 1992.

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In Deutschland stehen diese Entwicklungen noch a m Agfang, und über das Gelingen solcher Kooperationsansätze ist wenig bekannt. Die ersten und bekanntesten deutschen PPP-Projekte, der "Media-Park" in Köln (Planungsbeginn 1985) und die Frankfurter Projekte "Westhafen"

und "Rebstock" (Planungsbeginn um 1987), fallen seit ihrer Initiierung mehr durch Negativ-schlagzeilen als durch Erfolgsmeldungen auf. Dennoch werden derzeit zahlreiche Projekte in Angriff genommen, in denen die Ideen einer Public Private Partnership verwirklicht werden.

Die Beteiligtenstrukturen und die Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilungen zwischen den Kooperanden weisen dabei ein weites Spektrum an unterschiedlichen Konstellationen auf, und ohne detaillierte Analyse der Vertragswerke ist es oft kaum möglich, die Funktionslogik eines PPP-Arrangements zu durchschauen. Von politischer Seite werden die Entwicklungen forciert; in der umfassenden Novellierung des Baugesetzbuches im Jahr 1993 wurde der rechtliche Rahmen für kooperative Handlungsformen erweitert und spezifiziert. Die Verant-wortlichen erhoffen sich eine Beschleunigung bei der Durchführung städtebaulicher Aufga-ben, eine Entlastung der Kommunen und eine Mobilisierung zusätzlichen privaten Kapitals.

Die Public Private Partnerships werden aber auch sehr skeptisch bewertet. Kritiker des Konzeptes sprechen von "Politikverflechtung" und "Kungelet und stellen die demokratische Legitimation der Arrangements in Frage. Das Anti-Wort der "Public Private Dictatorship" ist Ausdruck der Befürchtung, daß die Kommunen von ihren privaten Partnern 'über den Tisch gezogen' werden. Entsprechend unsicher stehen die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden den neuen kooperativen Handlungsformen gegenüber. Sie wissen nicht, für welche Ausgangslagen und Problemsituationen sich PPP-Arrangements anbieten, in welchen Modellen sie die Kooperation mit Developern und Investoren realisieren sollen und wie sie ihre eigenen Interessen dabei sichern können. Die deutschen PPP-Projekte befinden sich nahezu alle noch in der Realisierungsphase, und über die dabei gesammelten Erfahrungen, dringt wenig nach außen.2 Auch erscheint jedes städtebauliche Entwicklungsvorhaben., aufgrund seiner individuellen Problemkonstellation als so einzigartig und komplex, daß jeweils eigene Kooperationsmodelle entwickelt werden müssen.

Die hohe Individualität der Verfahrensansätze und die Neuheit des Forschungsfeldes sind wichtige Gründe dafür, daß in der internationalen wissenschaftlichen Forschung zum Hand-lungsfeld der Public Private Partnerships die "case studies" und "area studies" als einzelfall-bezogene Untersuchungsansätze eindeutig dominieren. Vor allem in der anglo-amerika-nischen Literatur finden sich darunter jedoch viele schillernde "sucess stories", die über wenig analytischen Gehalt verfügen und mehr der Werbung für den Standort und die beteiligten

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Ausländische Erfahrungen lassen sich aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen, politischen und kulturellen Rahmenbedingungen nur schwer auf deutsche Verhältnisse übertragen.

Kapitel 1: Problemstellung und Ziel der Arbeit Seite 3

Akteure dienen. Insgesamt lassen sich bei den Themen und Methoden der Forschungsarbeiten zum Phänomen der Public Private Partnerships drei Schwerpunktorientierungen ausmachen:

- die kasuistischen Ansätze: Von der Thematik her konzentrieren sich Fallstudien im Rahmen der PPP-Forschung auf die Analyse der Wirkungen von PPP-Arrangements, die durch Befragungen oder Beobachtungen erfaßt werden. Dabei richtet sich das Interesse der Forscher in der Regel darauf, diese Wirkungen in ihrer Totalität zu erfassen, indem alle als relevant erachteten Ereignisse einbezogen werden und eine möglichst vollständige Beschreibung von Situationen und Prozessen angestrebt wird. Die Stärken der kasui-stischen Foschungsansätze liegen in ihrem explorativen Potential begründet, ihre Schwächen in der fehlenden Zurechenbarkeit und Vergleichbarkeit der Untersuchungs-ergebnisse.3 Einerseits kann nicht festgestellt werden, ob der Erfolg oder Mißerfolg eines Projektes auf das spezifische PPP-Arrangement oder auf die sonstigen Kontextfaktoren zurückzuführen ist, andererseits können keine Aussagen darüber gemacht werden, ob dieselben Maßnahmen in einem anderen Kontext die gleiche Wirkung haben.

- die generalisierenden Ansätze: Andere Arbeiten setzen sich mit den Public Private Partnerships als abstrakt-prinzipieller Politikform auseinander und treffen stark generali-sierende Aussagen. Sie beschäftigen sich vor allem mit den Möglichkeiten und Gefahren der kooperativen Handlungsformen. In einigen der Veröffentlichungen finden sich 'Rezeptkataloge' für erfolgreiche PPPs. Die meisten der Erörterungen und Empfehlungen sind entweder so allgemein-unverbindlich gehalten oder so stark normativ geprägt, daß sie für die Lösung praktischer Probleme keine Hilfe darstellen können. Auffallend ist, daß nahezu alle Publikationen die Problemsicht der öffentlichen Hand fokussieren und das Entscheidungsverhalten der privaten Akteure als gegebenes Datum betrachten.4 Als Schwäche vieler Analysen läßt sich ausmachen, daß unterschiedliche Bewertungsebenen und Bewertungsmaßstäbe weder getrennt noch erklärt werden und pauschale Behauptungen sowie grobe Verallgemeinerungen ungeprüft weitergetragen werden.

- die anwendungsbezogenen Ansätze: die angewandte Forschung hat primär das Ziel, Planungs- und Entscheidungshilfen für die Praxis zu erarbeiten.5 Unmittelbar anwendungsbezogen sind die Studien, die als Auftragsarbeiten von Unternehmensberatern und Experten angefertigt werden und der Argumentation bei kurz- und mittelfristigem

3

Vgl. Kubicek, Heribert: Empirische Organisationsforschung, Konzeption und Methodik, (C. E. Poeschel)

4 Stuttgart 1975, S. 5 8 f.

Vgl. hierzu auch Fainstein, Susan S.: The City Builders: property, politics and planning in London and N e w

5 York, (Blackwell Publishers) Oxford and Cambridge 1994, S. 5.

Diese Forschungsrichtung wird heute meist als "Evaluationsforschung" bezeichnet. Sie hat primär das Ziel, praktische Maßnahmen zu überprüfen, zu verbessern oder über sie zu entscheiden; vgl. Wottawa, Heinrich:

Lehrbuch Evaluation, (Huber-Psychologie-Lehrbuch) Bern, Stuttgart, Toronto 1990, hier S. 9; vgl. auch Wollmann, Hellmut: Implementationsforschung / Evaluierungsforschung, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Wörter-buch Staat und Politik, 4. Aufl., (Serie Piper) München 1996, S. 268-272.

Entscheidungsbedarf dienen. Ihre Themen, Methoden und Arbeitsweisen sind den Zielen der Auftraggeber verpflichtet.6 An der Schnittstelle von anwendungsbezogenen und kasuistischen Ansätzen läßt sich die wissenschaftliche Begleitforschung einordnen, wie sie z. B. im Rahmen des Bundesforschungsprogrammes "ExWoSt" für ausgewählte PPP-Projekte durchgeführt wird.7 Diese Form der Implementations- bzw. Evaluationsforschung soll unter anderem auf Bedarfe zur Modifizierung und Konkretisierung bestehender Förderprogramme und Gesetze hinweisen. Trotz der Vorgabe einheitlicher Fragestellungen und des regelmäßigen Erfahrungsaustausches zwischen den beteiligten Praktikern und Forschungsinstituten ist die Ableitung vergleichender und generalisierender Aussagen kaum möglich.8

Resümierend läßt sich festhalten, daß es in der bisherigen Forschung kaum Arbeiten gibt, die über retrospektiv-analysierende Einzelfallaussagen hinaus das vergleichende Erkenntnis-potential mehrerer Fallstudien nutzen. Detailliertes Erfahrungswissen aus der Praxis wird bislang nicht themenspezifisch, sondern nur projektspezifisch aufgearbeitet. Es fehlt an Foschungsansätzen, die die Konzeptualisierung des Forschungsgegenstandes an die Sicht-weise und Problemperzeption der Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft anknüpfen und auf systematische Weise Problemfelder und Gestaltungsperspektiven identifizieren.

Selbst wenn die PPP-Forschung sich insgesamt stark an den Geschehnissen in der Praxis orientiert und wenig theoriebeladen ist, beschreiben auch die empirisch-deskriptiven Ansätze nie bloß die vorgefundene Wirklichkeit, sondern interpretieren und organisieren sie unter einem spezifizierten Frageaspekt. Bei der Beschreibung und Erklärung von Inhalten, Voraus-setzungen und Folgen der Public Private Partnerships lassen sich verschiedene Blickrich-tungen ausmachen, die jeweils eigene Schwerpunkte setzen und andere Begriffe und Zusammenhänge in den Vordergrund rücken:

- Die kritisch-dialektischen Ansätze9 setzen ihre kritische Gegenwartsanalyse an den politischen und sozialen Machtstrukturen der Gesellschaft, insbesondere der fortgesetzten

Vgl. hierzu auch Hamm, Bernd: Neue Entwicklungen in der Stadt-Sozialwissenschaft, in: Archiv für

7 Kommunalwissenschaften (AfK), 34. Jg., 1995, 1. Band, S. 1-29, hier S. 20.

Vgl. zu d e m Forschungsprogramm Fuhrich, Manfred: Anwendungsorientierte Forschung als Mittel der Politikberatung, in: Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): Aktuelle Forschungsfelder des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus, Materialien zur Raumentwicklung, Heft

8 65, Bonn 1994, S. 1-6.

Eine spätere vergleichende Auswertung der Forschungsberichte findet nicht statt. D i e s erscheint angesichts der unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Wiedergabe und Interpretation von Ergebnissen auch als sehr

9 schwierig.

Vgl. (speziell PPP-bezogen) z. B. Helms, Hans G. (Hrsg.): D i e Stadt als Gabentisch, Beobachtungen der aktuellen Städtebauentwicklung, (Reclam) Leipzig 1992, vgl. auch Venturi, Marco: Tangentopoli - der unauf-haltsame Anstieg der städtischen Großereignisse, in: Brech, Joachim (Hrsg.): N e u e W e g e der Planungskultur, Orientierungen in der Zeit des Umbruchs, (Verlag für wissenschaftliche Publikationen) Darmstadt 1993, S.

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Konzentration des Finanzkapitals an. Ihre Denkansätze lassen die Nähe zur politischen Ökonomie von Marx erkennen. Sie beurteilen die PPPs sehr kritisch, da sie zu einem Machtzusammenschluß der einflußreichsten gesellschaftlichen Gruppierungen führen. Die öffentliche Hand degeneriert in einer PPP zu einem reinen Erfüllungsgehilfen finanz-kapitalistischer Interessen.

- Die normativ-diskursiven Ansätze10 sind weniger radikal gesellschaftskritisch und stärker demokratietheoretisch ausgerichtet. PPP als offener Dialog, als konsensorientiertes Entscheiden, als kooperatives Handeln wird grundsätzlich positiv gewertet, allerdings nicht in der Form, wie es realiter praktiziert wird. Im Vordergrund der empirisch-analytischen Studien stehen Fragen der politischen Legitimation und der sozial-gesellschaftlichen Folgen von Arrangements. Einige Vertreter dieser Richtung definieren das PPP-Konzept anhand idealtypischer Kriterien und stellen klare normative Wertkonzepte auf, um die Public Private Partnerships in eine 'gute' Politikform zu transformieren.11

- Die realistisch-pragmatischen Ansätze12 entwickeln das, was PPP leisten kann und soll, aus dem, was es objektiv feststellbar leistet. Die Anhänger dieser Richtung wenden sich gegen die Übersteigerungen und Projektionen, die von den normativ geprägten Forschungsansätzen ausgehen. Es geht darum zu sehen, was in der derzeitigen Situation zu tun ist, und dem keine Ideen- oder Charakterhaltung entgegenzustellen. In dem Phänomen einer "Finanzkapitalherrschaft" sehen die 'Realisten' keinen Defekt. Sie gehen von der empirischen Erfahrung aus, daß stadtentwicklungspolitisch bedeutsame Entscheidungen seit jeher von den Personen gefällt werden, die das Geld und die Macht im Staat haben -und das sind heute nun mal Finanzinstitute -und große Handelskonzerne.13

2 7 9 - 2 8 8 ; vgl. (allgemein) z. B. Jiri, Kosta: Politische Ökonomie, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Wörterbuch Staat

1 0 und Politik, 4. Aufl., (Serie Piper) München 1996, S. 575-581.

D i e normativen Ansätze erleben derzeit in Form der kommunikations- und handlungsorientierten Theorien im pluralistischen und nicht-deterministischen Sinne ein 'come back'; vgl. (speziell PPP-bezogen) z. B.

Stephenson, Max O.: Whither the public private partnership: A critical overview, in: Urban Affaires quarterly, 27. Jg., 1991, Nr. 1, S. 109-127, hier S. 122 ff.; vgl. auch Kietzander, Andreas: Public Private Partnership als Gefahr für lokale Demokratie und Verteilungsgerechtigkeit? Das Beispiel Stadterneuerung in Nordengland, in:

Archiv für Kommunalwissenschaften, hrsg. v. Deutschen Institut für Urbanistik, (W. Kohlhammer/Deutscher Gemeindeverlag) 34. Jg., 1995, Band I, S. 119-133; vgl. weiter Friedman, John: Zum Verhältnis von Staat und Gesellschaft am Ende des 20. Jahrhunderts, Vortrag anläßlich des Dortmunder Wissenschaftsfrühlings am 25.

( 1 April 1991 in Dortmund, unveröff. Vortragsmanuskript.

Vgl. z. B. Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkundungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v. Institut für Raumplanung Fachbereich Raumplanung, Universität Dortmund, Dortmund 1994, S. 80; vgl. auch Kestermann, Reiner: N e u e Formen der Kooperation - innovatives Element in der Stadt- und Regionalentwicklung? Einführungsvortrag zum gleich-lautenden Kolloquium im Rahmen des Dortmunder Wissenschaftsfrühlings 1991 am 22. April 1991 in

1 2 Dortmund, unveröff. Vortragsmanuskript, S. 6 ff.

1 3 D i e s e Sichtweise entspricht im wesentlichen der der 'Praxis' und der ihr eng verbundenen Studien.

Der letzte Satz ist die sinngemäße Wiedergabe eines Zitats von Herrn Johannes Schnermann, ECE Projekt-management GmbH, Hamburg, Gespräch am 13. Dezember 1994 in Hamburg.

- Die systemtheoretischen Ansätze14 entwickeln neue Steuerungstheorien für komplexe Gesellschaften. Postmoderne und Autopoiese schärfen den Blick für die Fragmentierung der Gesellschaft und für den Eigensinn, mit dem Teilbereiche sich der politischen Inter-vention entziehen. Für die Vertreter dieser Richtung stellen die Public Private Partnerships eine spezifische Form der gesellschaftlichen Selbststeuerung dar. Das PPP-Konzept wird positiv gesehen, da mit der stärkeren Kombination von Steuerungspotentialen staatlicher Instanzen mit Steuerungspotentialen gesellschaftlicher Teilsysteme der staatlichen Gesellschaftssteuerung eine neue Qualität verliehen werden kann.15

- Die ökonomischen Ansätze16 nutzen das entscheidungslogische Instrumentarium der modernen Wirtschaftstheorie für die Erklärung ökonomischer und politischer Strukturen und Prozesse. Sie setzen an der Effizienz der gesellschaftlichen Leistungserstellung an.

Aus Sicht der "Property-Rights"-Theorie bieten die PPPs die Chance, über eine Umvertei-lung von Verfügungsrechten hin zum privatwirtschaftlichen Sektor Verschwendungen im gesellschaftlichen Ressourceneinsatz zu vermeiden. Der "Transaktionskosten"-Ansatz richtet sein Forschungsinteresse auf die Vermeidung von Reibungskosten bei der Koordi-nation arbeitsteilig erbrachter Leistungen. Die PPPs können eine effiziente Alternative zu den Koordinationsformen in marktlichen oder hierarchischen Beziehungsgefügen darstellen.

Keiner der Ansätze scheint geeignet, einen umfassenden theoretischen Bezugsrahmen für die Integration und Analyse empirischer Erkenntnis zu liefern. Eine PPP-Theorie, die aktuellen wissenschaftlichen Standards genügt, müßte komplex und elastisch genug sein, die

14

Hier ist von den strukturell-funktionalen Systemansätzen die Rede, die die Theoriebildung derzeit am stärksten prägen; vgl. (speziell PPP-bezogen) z. B. Kruzewicz, Michael: Lokale Kooperation in Nordrhein-Westfalen:

Private Public Partnership auf kommunaler Ebene, 1. Aufl., hrsg. v. Institut für Landes- und Stadtentwick-lungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS), Dortmund 1993, S. 17-20 und S. 64; vgl. (allgemein) z. B. Weihe, Ulrich: Systemtheorie, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Wörterbuch Staat und Politik, 2. Aufl., (Serie Piper) München 1993, S. 6 8 6 - 6 9 0 ; vgl. auch Willke, Helmut: Formen gesellschaftlicher Selbssteuerung, in:

Willke, Helmut (Hrsg.): Systemtheorie entwickelter Gesellschaften, (Juventa) Weinheim und München 1989, ,5 S. 111-141.

Einen steuerungstheoretischen Denkansatz verfolgt auch die sog. Korporatismus- und Neo-Korporatismus-Forschung; vgl. (speziell PPP-bezogen) z. B. Kruzewicz, Michael: Lokale Kooperation in Nordrhein-West-falen: Public Private Partnership auf kommunaler Ebene, 1. Aufl., hrsg. v. Institut für Landes- und Stadtent-wicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS), Dortmund 1993, S. 17- 25 und S. 64 f; vgl.

(allgemein) z. B. Glagow, Manfred; Schimank, Ute: Korporatistische Verwaltung, in: Politische

Vierteljahres-1 6 schrift, 24. Jg., 1983, Heft 3, S. 2 5 3 - 2 7 4 .

Die vorgestellten Denkansätze stammen aus dem Gebiet der Neuen Institutionenökonomik; vgl. (speziell PPP-bezogen) z. B. Wagner, Thilo: Public Private Partnership im Rahmen der Immobilienprojektentwicklung, Diplomarbeit an der European Business School, Schloß Reichartshausen am Rhein 1993; vgl. (allgemein) z.

B. Richter, Rudolf: Institutionen ökonomisch analysiert: zur jüngeren Entwicklung auf einem Gebiet der Wirtschaftstheorie, (J. C. B. Mohr) Tübingen 1994; vgl. auch Williamson, Oliver, E.: Transaktionskosten-ökonomik, hrsg. v. Dietl, Helmut, Universität München, dt. Übersetzung von Christina Erlei, (Ökonomische Theorie der Institutionen, Band 3, LIT) Münster, Hamburg 1993; vgl. weiter Lehner, Franz: Ökonomische Theorien der Politik, in: Nohlen, Dieter (Hrsg.): Wörterbuch Staat und Politik, 4. Aufl., (Serie Piper) München 1996, S. 476-482.

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spezifischen Fragen und Folgerungen auch unterschiedlicher Sichtweisen heuristisch sinnvoll aufeinander zu beziehen. Eine entsprechende Theorie liegt nicht einmal ansatzweise vor. Die bisherigen Untersuchungen beschränken sich meist auf einzelne Zielwerte wie "Demokratie", "Verteilungsgerechtigkeit" oder "Effizienz". Es lassen sich kaum Forschungsarbeiten ausmachen, die einen integrativen Ansatz suchen, d. h. empirische Daten und Erkenntnisse aus der Organisationssoziologie, der politischen Psychologie und anderen Spezialdisziplinen ebenso berücksichtigen wie die relevanten Fragen, die gesellschaftlichen Zielvorstellungen und Bewertungen, die Hoffnungen und Befürchtungen, die sich mit den Public Private Partnerships jeweils verbinden.17

Im Dokument Public Private Partnership (Seite 21-27)