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Die Kalküle der Developer und Investoren

Im Dokument Public Private Partnership (Seite 141-147)

Viertes Kapitel: Die Ziele von Public Private Partnership

C. Die Ziele des Private-Sektors

II. Die Kalküle der Developer und Investoren

Auf Seiten des privaten Sektors beteiligen sich Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftsbranchen an kooperativen Arrangements mit der öffentlichen Hand. Je nach Systemlogik und Geschäftspolitik einer Branche oder eines Unternehmens stehen andere Ziele im Vordergrund der strategischen Kooperationsbeziehungen und Zusammenschlüsse. In der Umgangssprache wird vor allem danach unterschieden, ob ein "Developer" oder ein "Investor"

eine Projektentwicklung durchführt:71

- Der Investor realisiert ein bauliches Vorhaben als "Eigengeschäft"; er bleibt Eigentümer der von ihm entwickelten Grundstücke und erstellten Gebäude.

- Der Developer realisiert eine Grundstücksentwicklung/ein bauliches Vorhaben als

"Eigengeschäft" oder "Auftragsgeschäft", um den Entwicklungsgewinn durch Veräußerung der Grundstücke/Gebäude zu realisieren.

Diese Klassifizierung ist durch viele Verwirrungen und Mißverständnisse geprägt, zumal eine eindeutige Unterscheidung nicht möglich ist. So sind viele Investoren keine echten

"Endinvestoren", da sie sich im Rahmen von Fondsmodellen über privates Eigenkapital finanzieren. Auch verfolgen viele Projektentwickler bzw. Investoren eine Mischstrategie, d. h.

sie entwickeln ein komplexes Gebiet, um nur bei einigen Teilflächen auch als Investor tätig zu werden. Grundsätzlich ist in der Projektentwicklung zwischen folgenden Verrichtungs-bedingungen und Produkten zu unterscheiden:72

Vgl. ähnlich Bunzel, Arno u. a. (Hrsg.): Städtebauliche Verträge, Rechtliche Grundlagen, Hinweise zur Vertragsgestaltung, Regelungsbeispiele und Vertragsmuster, DlfU-Beiträge zur Stadtforschung, Bd. 14, (Deutsches Institut für Urbanistik) Berlin 1995, S. 40.

Vgl. zu den Verrichtungsbedingungen ähnlich Müller, Wolfgang-Hans: Projektsteuerung in Kommunalver-waltungen, aus: WIBERA-Bürgermeister Handbuch, Grundwerk 1994 einschließlich Aktualisierungs- und Ergänzungslieferung Februar 1995, (Kognos) Düsseldorf 1995. Abschnitt 5-2.3, S. 10.

Übersicht 4.2: Verrichtungsbedingungen und Produkte der Projektentwicklung

Verrichtungsbedingungen Produkte:

PE als Eigengeschäft

PE als Auftragnehmer

PE als Geschäftsbesorger

X

erschlossene Grundstücke

fertiggestellte Gebäude

fertiggestellte und vermietete Gebäude

1. Der Developer, der ein Projekt als Eigengeschäft betreibt, verkauft entwickelte Grund-stücke in der Regel an (Einzel-)Bauherren bzw. -Investoren; Abnehmer fertiggestellter (und evtl. vermieteter) Gebäude sind typischerweise Fonds oder Versicherungen. Das Ziel des Projektentwicklers ist es, aus den eintretenden Bodenwertsteigerungen eine möglichst hohe Gewinnspanne zu realisieren.

2. Der Projektentwickler, der im Auftrag eines Bauherrn tätig wird, vereinbart mit diesem meist einen Festpreis mit Fertigstellungs- und Termingarantie; er übernimmt also in begrenztem Rahmen eigenes Entwicklungsrisiko.73 Die Einzelabrechnung von Leistungen ist in der Privatwirtschaft weniger üblich, gewinnt aber im Rahmen des noch jungen Marktsegmentes der "Projektentwicklung für öffentliche Trägerhaushalte" an Bedeutung.

Als Richtwerte für die Bezahlung der Tätigkeiten können folgende prozentuale Aufschläge auf den Umsatz gelten:74

- Grundstückskauf: 5 % (Vermittlungsgebühr), - Projektentwicklung: 3 %,

- Baubetreuung: 5 %, - Gewinn: 3 %.

3. Handelt der Entwickler als Geschäftsbesorger, rechnet er die ihm entstehenden Kosten mit seinem Auftraggeber ab. Dies ist bei treuhänderischen Projektentwicklungen für die öffentliche Hand üblich sowie bei Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen der privaten Wirtschaft. Die ECE Projektmanagement GmbH, die ein Drittel Vgl. Schetter, Hans Helmut: Projektmanagement/Projektwirtschaft in der Bauindustrie, in: Motzel, Erhard (Hrsg.): Projektmanagement in der Baupraxis bei industriellen und gewerblichen Bauprojekten, (Ernst &

Sohn) Berlin 1993, S. 49-55, hier S. 51.

Angaben von Herrn Klaus Heidkamp, Mitglied der Geschäftsleitung Unternehmensgruppe Roland Ernst, Gespräche am 26. Februar 1995 in Heidelberg, am 08./09. März in Berlin-Teltow.

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aller deutschen Einkaufszentren baut und managt, agiert als Geschäftsbesorger im Auftrag spezieller Eigentümer- bzw. Objektgesellschaften. Sie werden für jedes Projekt in unterschiedlicher Zusammensetzung gegründet; beteiligt sind vor allem Unternehmen, die mit der Muttergesellschaft, dem Otto-Versand, verflochten sind. In diesem Fall sind Projektentwickler und Investor quasi identisch.75

An PPP-Projektentwicklungen sind privatwirtschaftliche Unternehmen mit sehr unter-schiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten beteiligt. Bezüglich der jeweiligen Interessenlage ist insbesondere zwischen Unternehmen der Immobilienwirtschaft, der Bauwirtschaft und der Finanzwirtschaft zu unterscheiden:

Übersicht 4.3: Die Ziele der privaten Unternehmen nach Branchenzugehörigkeit

P r o j e k t e n t w i c k l u n g d u r c h

Immobilienwirtschaft Bauwirtschaft Finanzwirtschaft Ziel der Projektentwicklung

Vereinigung aller

Projektentwicklungsaktivitäten in einer Hand und Einbeziehung der

"Handelsspannen" vor und nach

die öffentliche Hand in ihrer Funktion als hoheitliche

Quelle: Darstellung z. T. in Anlehnung an Müller, Wolfgang-Hans: Projektsteuerung in Kommunalverwaltungen, in: WIBERA-Bürgermeister Handbuch, Grundwerk 1994 einschließlich Aktualisierungs- und Ergänzungslieferung Februar 1995, (Kognos-Verlag) Düsseldorf 1995, Abschnitt 5-2.3, S. 11 f.

Unternehmen der Bauwirtschaft verfolgen bei einer Beteiligung an einer PPP-Projekt-gesellschaft in der Regel das Ziel, als Auftragnehmer von Hoch- und Tiefbauarbeiten in der Projektentwicklung tätig zu werden. Ihr Kapitaleinsatz und ihre Risikoübernahme innerhalb der Vorhabenrealisierung sind meist sehr begrenzt. Gleiches gilt für die Finanzierungs-institute, die sich häufig als Minderheitengesellschafter an PPP-Projektgesellschaften beteiligen. Sie stellen in der Regel nur sehr wenig Eigenkapital für das Entwicklungsgeschäft zur Verfügung; das Fremdkapital wird meist zu Konditionen gewährt, die nur wenig unter den Angaben von Herrn Schneermann, ECE Projektmanagement GmbH, Hamburg, Gespräch am 13. Dezember 1994 in Hamburg; vgl. auch die Ausführungen über die Projektfinanzierung im fünften Kapitel, C I.

üblichen Marktbedingungen liegen. Das Hauptinteresse der Finanziers richtet sich jedoch nicht auf die Fremdfinanzierung des Vorhabens selbst, sondern auf die Übernahme der Folgefinanzierungen. Nach Erfahrungswerten finanzieren ca. 80 % der Grundstückserwerber über die Bank, die an einer Entwicklungsgesellschaft beteiligt ist/6 Auch viele sonstige Unternehmen, die sich an PPP-Projektgesellschaften beteiligen, verfolgen primär das Ziel, als Dienstleister innerhalb der Projektentwicklung tätig zu werden. Es sind dies vor allem Bau-träger(gesellschaften), Planungs- und Ingenieurbüros und die Landesentwicklungsgesell-schaften.77

Andere private Unternehmen, vor allem Bauträger und professionelle Developer, verfolgen demgegenüber das Ziel, den Entwicklungsgewinn aus der Grundstücksaufbereitung zu reali-sieren. Ihre enge Kooperation mit der öffentlichen Hand, ggf. mit Gesellschaftszusammen-schluß, kann beispielsweise dadurch motiviert sein, daß öffentliche Fördergelder mobilisiert werden können, die für ein rein privatwirtschaftlich agierendes Unternehmen ansonsten nicht zugänglich sind. Vielfach ist es auch die öffentliche Hand, die ihr persönliches Interesse an einer engen Kooperation, an Einflußnahme und Mitbestimmung in der Planungs-und Durchführungsphase durchsetzt. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sie selbst (Teil-)Eigentümerin der zu entwickelnden Grundstücke ist.

Die Attraktivität des reinen Projektentwicklungsgeschäftes ist jedoch bei vielen der meist sehr großdimensionierten PPP-Projekte gering. Es fallen teure Sanierungs- und Bauarbeiten an, es sind in großem Umfang öffentliche Infrastrukturbedarfe zu decken, und das Risiko des Gesamtvorhabens ist in der Regel sehr hoch. Viele Developer willigen daher nur aus dem Grund in die Durchführung einer Projektentwicklung ein, weil die Aussicht besteht, einen Teil der entwickelten Grundstücke im Anschluß selbst zu kaufen, d. h. als Investor tätig zu werden. Häufig verzichten die privaten Unternehmen aus strategischen Gründen darauf, eine Ankaufsoption vertraglich zu fixieren, da ihre Motivation für die Entwicklungstätigkeit offensichtlich würde. "Steht der Verkauf der Grundstücke dann an, findet sich zunächst kein Investor. Der private Partner springt 'großzügig' ein und erwirbt die Grundstücke zu einem Freundschaftspreis."78

III. Die Ziele bei Wahl und Gestaltung der PPP

Die Ziele, die die privaten Projektentwickler mit einer PPP verfolgen, können in ähnlicher Weise systematisiert werden wie die des Public-Sektors. In der Literatur werden vor allem solche Ziele aufgeführt, die sich der Kategorie Partizipiation an den Ressourcen des

76

Angaben von Herrn W. Malte Mahler, Geschäftsführer der Immobilien Development und

Beteiligungsgesell-7 Beteiligungsgesell-7 schaft IDB Niedersachsen, Hannover, Gespräch am 21. August 1995 in Hannover.

7 8 Vgl. zu den Landesentwicklungsgesellschaften die Ausführungen im sechsten Kapitel, B I 2.

Vertrauliche Aussage eines Gesprächspartners.

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öffentlichen Sektors zuordnen lassen: die Einflußnahme auf planungsrechtliche Vorschriften, die Erlangung von Verfügungsrechten über staatliches Grundeigentum, der Erhalt finanzieller Unterstützungsleistungen u. a. m.79 Eine zweite Gruppe von Zielen, deren große Relevanz die Praxisgespräche belegen, bezieht sich auf das Bestreben, die Verfahren der politischen Konsensfindung sowie der Projektplanung und -genehmigung voranzutreiben; die Kategorie wird Beschleunigung des Projektvorhabens genannt.

Bei der konkreten Ausgestaltung eines PPP-Arrangements stehen solche Ziele im Vorder-grund, die der Sicherung von Entscheidungs- und Handlungsautonomie des privatwirt-schaftlichen Agierens dienen: die Reduktion kommunalpolitischer Mitspracherechte und Zustimmungsbedarfe im Entwicklungsprozeß sowie die Absicherung vor Risikoübernahmen für unvorhergesehene Ereignisse. Von Relevanz sind aber auch im privaten Sektor Ziele, die sich in einer Kategorie Imagegewinn und Beziehungspflege zusammenfassen lassen. Eine zynische Beschreibung hierfür findet sich bei Helms: "Das Canary-Wharf-Sanierungsprojekt umhüllt Olympia & York mit der Tugendhaftigkeit des Lokalheroen, der sich Gedanken macht über die langfristige Befriedigung der städtischen Bedürfnisse. Es entsteht ein Bild von O&Y als Retter der Stadt, der sich ein hochriskantes Projekt auf die Schultern lädt, das 'weniger wagemutige' Bauherren nicht anrühren."80

Im einzelnen lassen sich für die vier aufgeführten Bereiche die in Übersicht 4.4 zusammengestellten Ziele nennen.

Wie bereits in Zusammenhang mit dem Public-Sektor ausgeführt, erfolgt die Entscheidung für eine PPP-Projektentwicklung auch im privaten Sektor oftmals nicht aus strategischen Erwägungen, sondern weil die Rahmenbedingungen es erzwingen. In vielen Projekten wird einer Beteiligung öffentlicher Partner an gemeinsamen Grundstücks- oder Projekt-entwicklungsgesellschaften nur aus dem Grund zugestimmt, weil eine Projektentwicklung in alleiniger Verantwortung nicht oder nicht mehr möglich ist.

Das Beispiel Rebstock-Projekt, Frankfurt a. M.: In Frankfurt waren die Planungen der Philipp Holzmann AG für das Rebstock-Projekt bereits weit fortgeschritten: alle Grundstücke - bis auf wenige im Eigentum der öffentlichen Hand - waren angekauft, für alle Flächen Vorverträge mit den zukünftigen Investoren der neuen Bürostadt abgeschlossen, und der CDU-Magistrat hatte dem Projekt zugestimmt. Da es jedoch bis zu den Neuwahlen 1989 nicht gelungen war, den erforderlichen Beschluß der Stadtverordnetenversammlung herbeizuführen,

Vgl. z. B. (als Zusammenfassung verschiedener Autorenbeiträge) Heinz, Werner (Hrsg.): Public Private Partnership - ein neuer W e g zur Stadtentwicklung?, (W. Kohlhammer/Deutscher Gemeindeverlag) Stuttgart u.

a. 1993, S. 501 f.

Helms, Hans G. (Hrsg.): Die Stadt als Gabentisch, Beobachtungen der aktuellen Städtebauentwicklung, (Reclam) Leipzig 1992, S. 180; vgl. zum Projekt die Ausführungen im achten Kapitel, B II 1.

Ü b e r s i c h t 4 . 4 : D i e P P P - s p e z i f i s c h e n Z i e l e d e s p r i v a t e n S e k t o r s

Partizipation a n R e s s o u r c e n des öffentlichen Sektors

Die Sicherung von Entscheidungs- und H a n d l u n g s a u t o n o m i e Mitgestaltung und Modifikation planungsrechtlicher

Vorschriften

Verlagerung von Projektrisiken auf die öffentliche Hand

Erhalt finanzieller Unterstützungsleistungen (z. B. subventionierte Grund-stücke, steuerliche Vergünstigungen, Fördergelder, zinsgünstige Darlehen)

Zugang zu lokalen Befugnissen und Informationskanälen Sicherung von Projektunterstützung auf hoher

politischer Ebene

Motivation der öffentlichen Instifutionen zu einer engagierten Zu- und Mitarbeit

gemeinsame Überwindung von Widerständen Identifikationsförderung der öffentlichen Hand mit Projekt durch Gewinnbeteiligung/Risikoübernahme

Beziehungspflege zur öffentlichen Hand als bedeutender Auftraggeberin

Vgl. zum Projekt die Ausführungen im sechsten Kapitel, C II 3.

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