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PPP als neues Planungsparadigma

Im Dokument Public Private Partnership (Seite 81-85)

Drittes Kapitel: Die Gestaltungsbedingungen für die PPP- PPP-Strategien

B. Die planungspolitischen Gestaltungsbedingungen

I. PPP als neues Planungsparadigma

In den Kernbereichen des Städtebaus vor allem Wohnungs, Industrie und Gewerbebau -fallen Planen und Handeln in unterschiedliche Einflußsphären: Es plant die Kommune, der Kreis, das Land; es handelt der private Grundeigentümer, Landnutzer, Bauherr.70 Die Vor-stellungen, welchen Stellenwert der Planung in dem arbeitsteiligen Prozeß zukommt und in welchem Umfang staatliche Einflußnahme auf das Verhalten privater Akteure erfolgen darf und soll, variieren über ein breites Spektrum. In einem geschichtlichen Rückblick lassen sich in enger Beziehung zu den jeweils dominierenden Vorstellungen über die Rolle des Staates in der Gesellschaft unterschiedliche Stufen im Planungsverständnis ausmachen, die von der groben Rahmensetzung für die Flächennutzung bis hin zu einem umfassenden städtebaulichen Gestaltungsanspruch reichen. In den letzten Jahren weist die wachsende Zahl von Fachbei-trägen in der deutschsprachigen Literatur auf ein neuerwachtes Interesse an planungs-theoretischer, konzeptioneller Diskussion hin.71 Die Public Private Partnership, verstanden als frühzeitige, konstruktive, interessengeleitete Zusammenarbeit zwischen Planern und Investoren ist dabei Schlüsselbegriff und Leitbild eines modernen Planungsverständ-nisses.

Gegenüber der planungspolitischen Position der "integrierten langfristigen Entwicklungs-planung", die die Planungsvorstellungen der sechziger und frühen siebziger Jahre dominierte,

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Angaben von Herrn Klaus Heidkamp, Mitglied der Geschäftsleitung Unternehmensgruppe Roland Ernst, Gespräche am 26. Februar 1995 in Heidelberg und am 08./09. März in Berlin-Teltow; vgl. auch (kritisch) o.V.: Offenes Herz, Privatfirmen erobern lukrativen Klinik-Markt, in: Der Spiegel, Nr. 46, 13. November

6 9 1995, S. 5 4 - 5 7 .

7 0 Vgl. hierzu auch die Ausführungen im vierten Kapitel, C III.

Vgl. Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkundungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v. Institut für Raumplanung Universität Dortmund,

7 1 Dortmund 1994, S. 84.

Vgl. hierzu den umfassenden Literaturüberblick in: Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkun-dungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v.

Institut für Raumplanung Universität Dortmund, Dortmund 1994, S. 335-357.

zeichnet sich die PPP-Planungskultur durch einen reduzierten staatlichen Planungsanspruch

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und einen stärkeren Bezug zu umsetzungsbezogenen Problemen aus. Im Wandel des Planungsverständnisses hin zur Public Private Partnership lassen sich drei zentrale Neuorientierungen ausmachen: die Gleichzeitigkeit von Planen und Handeln, die Planung als kooperativer Prozeß und die Planung durch Projekte.

Die Gleichzeitigkeit von Planen und Handeln

Die grundsätzliche Vorstellung über die idealtypische Arbeitsteilung zwischen den

"planenden" und "handelnden" Akteuren im Städtebau kommt in der Benennung des zentralen Instrumentes räumlicher Planung auf gemeindlicher Ebene treffend zum Ausdruck: es ist dies die Bauleitplanung. Im BauGB-Kommentar heißt es dazu: Die Bauleitplanung hat

"vorbereitende und leitende Aufgaben"; der Bauleitplanung kommt die Funktion einer

"Angebotsplanung" zu, das heißt, sie eröffnet ein Angebot, "die im Bauleitplan vorgesehene Nutzung zu verwirklichen."73 In dieser Grundfigur liegt das vielfach zu beobachtende Auseinanderfallen von Plan und Realität begründet: oft findet das Angebot keine Abnehmer, laufen planerische Absichten ins Leere, entscheidet der Markt anders als der Plan.74

Als Paradebeispiel für ein unkoordiniertes Nebeneinander und Gegeneinander von öffentlicher Planung und Handeln der Investoren führt Speer die Situation am Potsdamer Platz in Berlin an. "Die Ergebnisse eines städtebaulichen Wettbewerbs und der Entwurf der Investoren stehen sich nun gegenüber und sind unvergleichbar, da die Voraussetzungen, Anforderungen und zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten weit auseinanderklaffen."75 Mit dem Koordinationsproblem eng zusammen hängt das Zeitproblem. "Können Sie sich vorstellen, daß schon beim Bau eines Kindergartens von den ersten Planungen bis zur Realisierung 15 Jahre vergehen? Sie können es sich nicht vorstellen, man kann es sich einfach nicht vorstellen, es ist unglaublich, aber es ist so."76

Vgl. zu den planungspolitischen Positionen der Vergangenheit ausführlich Albers, Gerd: Über den Wandel im Planungsverständnis, in: Wentz, Martin (Hrsg.): Die Zukunft des Städtischen, Frankfurter Beiträge Band 4, (Campus) Frankfurt a. M., N e w York 1993, S. 45-55; vgl. auch Ganser, Karl: Public-private partnership:

Reduktion des politischen Handlungsspielraumes, in: Swoboda, Hannes: Wien, Identität und Stadtgestalt, (Böhlau) Wien, Köln 1990, S. 66-74; vgl. weiter Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkundungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v. Institut für

7 3 Raumplanung Universität Dortmund, Dortmund 1994, S. 36-58.

Vgl. Ernst, Werner; Zinkahn, Willy; Bielenberg, Walter (Hrsg.): Baugesetzbuch, Loseblatt-Kommentar, 6.

7 4 Aufl., (C. H. Beck) München 1994, Kapitel I, 1. Teil, S. 27 f.

Vgl. Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkundungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v. Institut für Raumplanung Universität Dortmund,

7 5 Dortmund 1994, S. 85.

Speer, Albert: Städtebau zwischen Staat und Investoren, in: Wentz, Martin (Hrsg.): Planungskulturen,

7 6 (Campus) Frankfurt a. M„ N e w York 1992, S. 36-42, hier S. 38.

Aussage von Herrn Heinz Peter Willfurth, Industrie- und Wohnbau Groth & Graalfs GmbH, Berlin, Gespräch am 10. Oktober 1995 in Berlin.

Kapitel 3: Die Gestaltungsbedingungen für die PPP-Strategien _____ Seite 63

Mit der Public Private Partnership verbindet sich die Vorstellung, durch ein frühzeitiges Zusammenführen spezieller Fähigkeiten beider Seiten und durch eine frühzeitige Offenlegung der beiderseitigen Ansprüche an ein Vorhaben die zunehmende Komplexität von Projekten besser zu bewältigen und den ausufernden Zeitrahmen, der zur Vorbereitung und Entwicklung von Projekten erforderlich ist, wieder überschaubar und kalkulierbar zu machen.77 Ganser resümiert treffend: "Es ist natürlich logisch, erst zu denken, dann zu planen, dann zu bauen.

Nur: eine mehrjährige ermüdende Planungsroutine als logischer Vorlauf für ausgeklügelte Maßnahmen tötet das Thema. Dies lehrt mich die Planungsgeschichte der letzten 20 Jahre;

also laßt uns bauen und planen zugleich."78

Die Planung als kommunikativer Prozeß

Als eine der wesentlichen Voraussetzungen der modernen Planungskultur gilt die Kommunikation, verstanden als gleichzeitiger Dialog aller Beteiligten. Das Schlagwort vom

"runden Tisch" kennzeichnet eine vom traditionellen Planungsverständnis abweichende Prozeßgestaltung, in der Entscheidungsmacht auf solche kommunikativen Prozesse verlagert wird. Die kooperative Meinungs- und Entscheidungsbildung ist dabei durch prinzipielle Offenheit gekennzeichnet: "Gefordert ist die Skepsis gegenüber dem singulären Entwurf, ist die Kunst des Offenhaltens, die Toleranz des Unfertigen, das Beharren auf Nischen und Brüchen, die Wahrnehmung des Pluralismus im Widerstreit der unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten."79 Das Problem widerstreitender Interessen und Konfrontations-haltungen soll durch Instrumente der Verhandlung (negotiation) gelöst werden; das Problem von Verhandlungs-Ungleichgewichten und verhärteten Fronten durch die Einschaltung neutraler Dritter (moderation, mediation) bewältigt werden.80 Das "negotiation-planning" wird dabei nicht als Ersatz, sondern als Vorform und Ergänzung des traditionellen Planungs-handelns verstanden.

Den Wandel im Planungsverständnis hin zur Kooperationsplanung (Public Private Partnership) hat Seile in 12 Merkmalen zusammengefaßt:

Vgl. Schriever, Wolf: Projektentwicklung als kommunale Handlungsstrategie, Vortrag zum

ebs-Immobilien-7 8 Professional-Colleg am 3. März 1994 in Berlin, unveröff. Vortragsmanuskript, S. 6.

Ganser, Karl, in: Stadt Frankfurt (Hrsg.): Ergebnisbericht Grün-Gürtel-Planung, Frankfurt 1990/91, S. 235;

zit. nach: Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los? Erkundungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v. Institut für Raumplanung Universität

7 9 Dortmund, Dortmund 1994, S. 28.

Hamman, Winfried; Strohmeyer, Klaus: Großstadt am Stadtrand, Modell einer zukünftigen Stadtentwicklung, in: Kursbuch 112, Städte bauen, Juni 1993, S. 65-77, hier S. 69; zit nach: Hatzfeld, Ulrich: Innenstadt, Handel, Verkehr, in: Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): Informationen zur Raumentwicklung, Heft 3 1994: Revitalisierung der Innenstädte in den neuen Bundesländern, S. 181-195, hier

so s- 195

-Vgl. hierzu die Ausführungen im sechsten Kapitel, E II 2 und die dortigen Literaturangaben.

Übersicht 3.2: Die Elemente der neuen Planungskultur

Dimension Merkmale Gegenpol

1. Struktur nicht-hierarchisch:

Heterarchie, Netzwerk

hierarchisch

2. Beziehung tauschförmig, auf Verhandlungen basierend, dialogisch

direktiv, monologisch

3. Form vielfältig (vom Erfahrungs-austausch bis zur PPP)

eindeutig, vorgeschriebene Wege und Verfahren 4. Ortsbezug vom Ort ausgehend, auf

endogene Potentiale ausgerichtet

ortsunspezifisch, generalisiert

5. Ergebnis-orientierung

handlungs-/projektorientiert auf die Erstellung eines Planes ausgerichtet

7. Zielbezug offen, multivalider Prozeß definiertes Ziel 8. Akteursbezug teiloffen (selektive

Einbeziehung)

dynamisch, instabil stabil, dauerhaft, unflexibel

Quelle: Seile, Klaus: Was ist bloß mit der Planung los?, Erkundungen auf dem W e g zum kooperativen Handeln, Dortmunder Beiträge zur Raumplanung, Heft 69, hrsg. v. Institut für Raumplanung Universität Dort-mund, Dortmund 1994, S. 80.

Die Planung durch Projekte

Ein weiteres zentrales Merkmal der neuen Planungsphilosophie ist die Projektorientierung:

Planungen beziehen sich nicht mehr auf den gesamten Raum, auf flächendeckende Konzepte, sondern auf Projekte, auf den Versuch, an einzelnen, als besonders wesentlich angesehen Punkten bis zur Realität, bis zum Bauen und Gestalten durchzudringen.81 "Wenn man von der Planung 'durchbrechen' will zur Umsetzung, wenn Ideen nicht nur geplant, sondern Realität werden sollen, dann steigt der Energieaufwand (der Einsatz von Personal, Ideen, Mitteln und

Vgl. Seile, Klaus: N e u e Bilder von Planen? Offener Prozeß, kooperative Problemlösung, intermediäre Akteure, in: Brech, Joachim (Hrsg.): N e u e W e g e der Planungskultur, Orientierungen in der Zeit des Umbruchs, (Verlag für wissenschaftliche Publikationen) Darmstadt 1993, S. 274-278, hier S. 275.

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Zeit) enorm. Auf diese intensive Weise ist nicht mehr die ganze Fläche zu beplanen."82 Neue Ideen und Konzepte lassen sich in einzelnen Projekten leichter realisieren. "In der gemeinsamen Arbeit an einem konkreten Projekt wird die kreative, zielgerichtete Inter-pretation von Vorgaben, Vorschriften und Förderprogrammen angeregt: Das Bewußtsein, an einem ganzheitlichen und schönen, 'anfaßbaren und bildträchtigen' Projekt mitzuarbeiten, motiviert und beflügelt die Verfahrensphantasie. Neben die 'Sach-kreativität' des Entwerfens tritt so die 'Verfahrenskreativität' des intelligenten Kombinierens von Förderungsprogrammen und Verfahrenswegen, des Zusammenbringens von engagierten Persönlichkeiten und der Mobilisierung der Öffentlichkeiten als komplexe Innovationsstrategie."83

Die Gefahr, daß die neuen Planungsleitbilder zu ungewollten Handlungspraktiken führen, ist von zahlreichen Autoren thematisiert worden. Bezüglich der Kooperationsplanung werden die Fehlentwicklungen insbesondere in der Ausbildung einer "closed-shop"-Mentalität gesehen, bei der sich die Kooperanden gegenüber außenstehenden, betroffenen Interessen abschotten und Problembewältigung als 'Absprache im Hinterzimmer' praktizieren.84 So sehen die 'neuen' Planer eine ihrer Hauptaufgaben darin, offene, geregelte Verfahren der Konflikt-benennung und -bewältigung unter Einbindung verschiedener Interessengruppen zu entwickeln. Im Hinblick auf die Projektplanung wird vor allem befürchtet, daß Planung durch Projekte in ein orientierungsloses "muddling through" mündet oder sich in der "splendid isolation" einzelner Vorzeigeprojekte fängt.85 Daher sind die Planer auf der Suche nach Ansätzen, um Projekte im Kontext von inhaltlichen Leitideen und räumlichen Leitkonzepten zu entwickeln.86

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