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Überlegungen zur Zielkompatibilität

Im Dokument Public Private Partnership (Seite 147-150)

Viertes Kapitel: Die Ziele von Public Private Partnership

D. Die gemeinsamen Ziele der Kooperanden

I. Überlegungen zur Zielkompatibilität

"Unterschiedliche Ziele bedeuten eine schwache Kooperationsintensität. Nur eine breite Gemeinsamkeit ermöglicht eine hohe Kooperationsintensität."82 Diese für den Unterneh-mensbereich getroffene Aussage gilt grundsätzlich auch für Kooperationen zwischen Unter-nehmen und staatlichen Institutionen. Die Tatsache, daß "nahezu kein Ziel eines privaten Projektentwicklers ein Ziel der öffentlichen Hand tangiert",83 hat einige Autoren zu der Frage veranlaßt, ob es denn überhaupt möglich sei, daß aus einer PPP eine funktionierende Kooperationsbeziehung werde.84 Für die öffentliche Hand ist eine Orientierung an Gewinn-zielen vom Ansatz her ebenso fremd wie für privatwirtschaftlich agierende Unternehmen eine Orientierung an Gemeinwohlzielen.85 Neben den konkurrierenden Zielbeziehungen sind es die Unterschiede in den Handlungsgewohnheiten und Entscheidungsabläufen, die die Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Partnern außerordentlich erschweren.

Eine systemtheoretische Betrachtungsweise legt es nahe, die Hauptfunktion eines PPP-Arrangements nicht in der Herstellung von Konsens zu sehen. Mit einem solchen Anspruch ist die Kooperationsbeziehung überfordert, und es wird gerade verhindert, daß sich ihre eigentliche Stärke entfaltet, "nämlich die präzise Bezeichnung jener Differenzen, die weder nivelliert noch übergangen werden können, die sich aber anbieten als Kristallisationspunkte kompatibilisierbarer Optionen."86 Der Denkansatz ist insofern von Bedeutung, als er überzogene Ansprüche an eine Teilung von Zielen und Verantwortlichkeiten der Partner reduziert. Kooperation wird auch dann als möglich angesehen, wenn die Partner ein wechsel-seitiges Interesse daran haben und in Erwartung eines Nicht-Null-Summen-Spiels einen Prozeß der Zusammenarbeit in Gang halten, für den fundamentale Konfliktsituationen eher die Regel als die Ausnahme sind.87

82

Tietz, Bruno: Zukunftsstrategien für Handelsunternehmen, (Deutscher Fachverlag) Frankfurt a. M. 1993, 83 S- 657.

Eigene Übersetzung aus: Stephenson, Max O.: Whither the public private partnership: A critical overview, in:

8 4 Urban Affaires quarterly, 27. Jg., 1991, Nr. 1 , S. 109-127, hier S. 119.

Vgl. z. B. Whitney, David: Öffentlichprivate Partnerschaften bei der Stadterneuerung und Stadtentwicklung -Sind die Beteiligten der öffentlichen und privaten Hand gleichgestellte Partner? in: Heinz, Werner (Hrsg.):

Public Private Partnership - ein neuer W e g zur Stadtentwicklung?, (W. Kohlhammer/Deutscher Gemeinde-verlag) Stuttgart u. a. 1993, S. 249-273, hier S. 254; vgl. auch Stephenson, Max O.: Whither the public private

g 5 partnership: A critical overview, in: Urban Affaires quarterly, 27. Jg., 1991, Nr. 1 , S. 109-127, hier S. 119 f.

In der öffentlichen Verwaltung gibt es zwar kostenorientierte Zielinhalte, jedoch keine gewinnorientierten;

vgl. Braun, Günther E.: Ziele in öffentlicher Verwaltung und privatem Betrieb, ( N o m o s ) Baden-Baden 1988,

8 6 S. 102-107.

Willke, Helmut: Formen gesellschaftlicher Selbststeuerung, in: Willke, Helmut (Hrsg.): Systemtheorie

entwik-8 7 kelter Gesellschaften, (Juventa) Weinheim und München 1989, S. 111-141, hier S. 139.

Vgl. Whitney, David: Öffentlich-private Partnerschaften bei der Stadterneuerung und Stadtentwicklung - Sind die Beteiligten der öffentlichen und privaten Hand gleichgestellte Partner? in: Heinz, Werner (Hrsg.): Public Private Partnership - ein neuer Weg zur Stadtentwicklung?, (W. Kohlhammer/Deutscher Gemeindeverlag) Stuttgart u. a. 1993, S. 249-273, hier S. 252.

Die vorrangige Leistung einer PPP ist in Anlehnung an Willke darin zu sehen, daß sie die kooperierenden Akteure zu einer abgestimmten Optionenpolitik veranlaßt, wobei jeder der Kooperanden weiterhin nach seiner "Operationslogik" funktioniert. Den Akteuren können also nur solche Optionen unterbreitet werden, die sich innerhalb der Freiheitsgrenzen ihres Handelns bewegen und die "systemische Autonomie" nicht verletzen.88 Die Chance für partielle Konsensbildung über gemeinsam zu verfolgende Strategien bietet sich vor allem dort an, wo die Interessen der Akteure sich inhaltlich annähern.

Übersicht 4.5: Fördernde Bedingungen für Zielkompatibilität

D i e Z i e l k o m p a t i b i l i t ä t w i r d g e f ö r d e r t , w e n n . . . der private Partner daran interessiert ist, den

Wünschen aus Politik und Bevölkerung entgegenzukommen.

Das Interesse daran wird um so größer sein:

die öffentliche Hand daran interessiert ist, ein Projekt möglichst rentabel und möglichst schnell durchzuführen.

Das Interesse daran wird um so größer sein:

je mehr er über lokale Bindungen und Bezüge verfügt;

je mehr Anreize ihm die öffentliche Hand hierfür bieten kann (günstige Grundstücksbereitstellung, ergänzende Infrastrukturerrichtung, Fördermittel-beschaffung, Erteilung öffentlicher Aufträge u. a.);

je mehr 'Druckmittel' die öffentliche Hand besitzt (in Ausübung ihrer Planungshoheit, im Gesetzesvollzug, in der Ausweichmöglichkeit auf andere

Kooperationspartner u. a.);

je mehr Druck die Bevölkerung erzeugt (Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen, fehlende Bereitschaft zu Grundstücksverkäufen und -räumungen, Wahrnehmung von Einspruchsrechten u. a );

je wichtiger ihm die Image-Komponente seines Handelns ist.

je krisenbefallener bzw. -bedrohter der Standort ist;

je mehr sie befürchten muß, daß der Investor sich von dem Vorhaben distanziert;

je mehr kommunale Leistungen der Investor im Rahmen der Projektrealisierung zu übernehmen bereit ist;

je unmittelbarer sie selbst an den Gewinnen und Verlusten des Vorhabens partizipiert;

je mehr die öffentliche Hand sich nicht als Vertreterin ausgleichender Gemeinwohlinteressen, sondern als Dienstleister für Investitionsbereite Unternehmer versteht.

Die Ziele, die die öffentlichen und privaten Akteure bei der Wahl und Gestaltung eines PPP-Arrangements verfolgen, wurden in den vorangegangenen Teilabschnitten dieses Kapitels explizit in einer Weise systematisiert, daß sie sich auf jeweils ähnliche inhaltliche Dimensionen beziehen. Aus einer Gegenüberstellung der Zielbereiche lassen sich so Aussagen über Zielbeziehungen treffen.

88

(Vgl.) Willke, Helmut: Formen gesellschaftlicher Selbststeuerung, in: Willke, Helmut (Hrsg.): Systemtheorie entwickelter Gesellschaften, (Juventa) Weinheim und München 1989, S. 111-141, hier S. 138 f.

Kapitel 4: Die Ziele von Public Private Partnership Seite 129

Übersicht 4.6: Die Zielbeziehungen nach Zielkategorien

Ziele der öffentlichen Hand Ziele der privaten Unternehmer Zielbeziehungen Einflußsicherung in der Projektplanung/

-durchführung

Vermeidung institutioneller Restriktionen

Partizipation an Ressourcen d e s privaten Sektors

Imagegewinn und Beziehungspflege

Autonomiesicherung in der Projekt-planung/-durchführung

Beschleunigung der Vorhaben-durchführung

Partizipation an Ressourcen d e s öffentlichen Sektors

Imagegewinn und Beziehungspflege

stark konkurrierend

eher komplementär

konkurrierend, teils indifferent eher komplementär

Zielkonflikte sind vor allem in den Bereichen zu erwarten, in denen es um Fragen der konkreten Einflußnahme auf Entscheidungen geht. Hier stehen den Autonomiebestrebungen der privaten Akteure Mitbestimmungs- und Kontrollambitionen der öffentlichen Akteure gegenüber. Widerstreitende Interessen beziehen sich auch auf das wechselseitige Bestreben, an den Ressourcen des jeweils anderen Sektors partizipieren zu wollen, dies insbesondere, wenn es um Kapitaleinsatz, Risikoübernahme oder Grundstücksverfügbarkeit geht. Es gibt jedoch durchaus auch Bereiche, in denen die Ziele der Partner tendenziell gleichgerichtet sind und sich gegenseitig eher befördern. Das Ziel der öffentlichen Hand, ein Projekt aus den Strukturen kommunaler Ämter zu lösen und von den Restriktionen kommunaler Haushalte zu befreien, kommt den Interessen der privaten Partner nach einer Vorhabenbeschleunigung und Flexibilisierung der Durchführung entgegen.

Die Bedeutung dieser Umgehungs- bzw. Vermeidungsmotive für die Ausgestaltung eines konkreten PPP-Arrangements kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. In ihren Gestaltungsempfehlungen betonen Praktiker immer wieder, welche Konstruktionen und Regelungen möglichst zu meiden sind, um nicht aufsichtsrechtlichen Kontrollbestimmungen zu unterliegen oder auf häufige Zustimmungen der Gemeinderäte angewiesen zu sein. Von tendenziell gleichgerichteten Interessen ist auch in der Zielkategorie "Imagegewinn und Beziehungspflege" auszugehen: Eine PPP bietet beiden Partnern die Möglichkeit, Zukunfts-orientierung und Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. Die Zielbeziehung in den beiden Bereichen wurde als "eher" komplementär charakterisiert, da es bezüglich konkreter Einzelaspekte durchaus widerstreitende Interessen gibt. So wird die öffentliche Hand eher um eine offene Informationspolitik bemüht sein, während der private Sektor auf Diskretion bezüglich seiner Geschäftspolitik bedacht ist.

Auf Zieldivergenzen bezüglich konkreter Handlungsziele wird später noch eingegangen.

Zunächst interessiert jedoch das gemeinsame übergeordnete Handlungsziel der Kooperanden:

die Realisierung eines städtebaulichen Projektes. Grundsätzliche Übereinstimmung besteht dahingehend, was mit diesem Projekt bewirkt werden soll:89

- die Verbesserung der städtischen/regionalen Umweltbedingungen und die Erhöhung der Lebensqualität,

- die gesamtwirtschaftliche Umwelt- und Wirtschaftsförderung, - die angemessene Verwendung nicht adäquat genutzter Grundstücke.

'Antriebsmotor' für eine PPP ist die Vorstellung von einem Projekt, das der Standort-entwicklung einen neuen Schub verleiht und das von Investoren und künftigen Nutzern in gleicher Weise positiv angenommen wird wie von seinem gesamten Umfeld, kurz: die Vision vom erfolgreichen Projekt.

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